Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart.....

Dieses Thema im Forum "Allgemeines und Begleiterkrankungen" wurde erstellt von Muckel, 28. September 2004.

  1. Muckel

    Muckel Das Muckelchen

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    Liebe RO-ler,

    in den letzten Tagen und Wochen sind viele Berichte von (neuen) Usern geschrieben worden, die verzweifelt waren und nicht mehr weiterwussten bzw. einfach keine Kraft mehr hatten, weiter gegen die Krankheit anzukämpfen. Zudem melden sich immer mehr neue RO-ler an, bei denen keine Diagnose feststeht, wo Ärzte Rheuma ausgeschlossen haben oder die sich mit immer neuen Diagnosen konfrontiert sehen.

    Ich denke, dass es an der Zeit ist, mal zu schreiben, dass es auch mal wieder bessere Zeiten gibt und nicht alles so hoffnungslos ist, wie es manchmal scheint. Vielleicht kann ich mit meiner Geschichte einigen Mut machen, nicht aufzugeben. Zudem denke ich, dass es einige bei uns im Forum gibt, die mit ihrer Erkrankung gut klarkommen bzw. gelernt haben die Situation irgendwie zu meistern!

    Aber Vorsicht, Beitrag ist lang! *schäm*

    Viele von Euch kennen mich und wissen, dass ich auch harte Monate hinter mir habe...

    Bis zu meinem 20. Lebensjahr war mein Leben einfach perfekt: schöne Kindheit, nie Schulprobleme und ein großer Freundeskreis. Meine große Leidenschaft war das Tennisspielen. Ich habe in 2 Mannschaften gespielt, in der einen als Spielführer an erster Stelle, und war mindestens 4-5 Mal pro Woche auf dem Platz, auch mehrere Jahre Vereinsmeister bei den Jugendlichen. Doch damit nicht das Leben nur aus Sport bestand, habe ich Flöte, Akkordeon, Gitarre und Keyboard gespielt. Ich habe jeden Tag genossen und von mir aus hätte er ruhig deutlich mehr als 24 Stunden haben können! Abitur, Beginn einer Ausbildung, das Leben lag vor mir, ich wollte noch soviel erreichen!

    Und dann mit 21 die Wende: Fieberschübe, Gelenkschmerzen und einfach ein allgemeines Krankheitsgefühl. Bestimmt nur ein Infekt, Antibiotika und das wird wieder. Doch alle anderes Symptome fehlten, die auf die Art des Infektes hätten hinweisen können. Viele Untersuchungen folgten und als letzter Ausweg dann die Rheumaambulanz in einem KH. Ergebnis- entzündlich rheumatische Gelenkerkrankung unbekannter Herkunft. Na dann, ist doch besser als ein Infekt, dann nehme ich halt ein paar Tabletten und das wird schon wieder. Woher hätte ich auch wissen sollen, was noch alles auf mich zukam?!

    Die ersten 2 Jahre verginge auch recht gut, manchmal tat das eine oder andere Gelenk weh, aber mit Antirheumatika konnte ich es gut ertragen. Es war zwar nervig, aber konnte mich nicht abhalten- Abschluss der Berufsausbildung, Beginn des Studiums und zudem noch ein Attraktives Angebot von meinem früheren Arbeitgeber, die Karriere war also auch schon vorprogrammiert, läuft doch eigentlich alles bestens.

    Doch mit den gesteigerten Anforderungen an mich stieg auch die Krankheitsaktivität an. Die Schübe wurden stärker, die Schmerzmittel reichten nicht mehr aus und die Gelenke funktionierten nicht mehr so, wie sie eigentlich sollten. Die steifen Gelenke am Morgen konnte ich schon gar nicht gebrauchen. Mein Leben sah schließlich anders aus, ich war jung, dynamisch und voller Tatendrang und nicht alt und krank!

    Der ersten Cortisonstoß folgte und der erste Aufenthalt in der Rheumaklinik. Der blanke Horror: kranke Menschen, die einige Medikamente nahmen und in regelmäßiger ärztlicher Betreuung standen, für mich unvorstellbar. Doch irgendwie gehörte ich auch dazu...

    Ich bekam mein erstes Basismedikament, Azulfidine RA, was ich auch brav nahm, schließlich wollte ich gesund werden. Die Rückenschmerzen wurden besser, ich hatte einige Wochen Erleichterung. Doch irgendwie hat sich die Krankheit vorgenommen, es mir nicht so einfach zu machen. Ich brauchte immer mehr Cortison und ging schließlich zum niedergelassenen Rheumatologen. „MTX statt Azulfidine, in ein paar Wochen geht es ihnen besser!“

    Doch wenn ich was mache, mache ich es richtig: Immer mehr Gelenkentzündungen, immer mehr Cortison und zu dem MTX in erhöhter Dosierung die Azulfidine zusätzlich. O-Ton Rheumadoc: „Super Kombination, das hilft garantiert“. Bei vielen Patienten, die ich kennen gelernt habe, war das auch so. Nun bin ich ja nicht irgendeiner- bei mir tat sich nicht viel. Es wurde zwar zunächst etwas besser, aber mein Rheuma ließ sich doch von den paar Tabletten und der Mtx-Spritze nicht beeindrucken. Cortison wurde immer höher dosiert, unter die 10mg-Grenze kam ich schon lange nicht mehr. Dann der letzte Versuch vom Rheumatologen: 3er Kombination MTX, Azulfidine und Resochin + Cortison 7,5 mg. Netter Gedanke, doch leider ein totaler Fehlschlag. Eher durchschnittlich das doppelte an Cortison., so dass ich nicht mehr alleine weiterleben musste, sonder ein netter Begleiter namens Cushing-Syndrom (Nebenwirkung vom Cortison) ging meinen Weg mit mir. Vollmondgesicht, damit man nicht mehr so krank aussieht, Wassereinlagerungen und Gewichtszunahme, um endliche meine mühsam aufgebaute Tennisfigur zu verstecken. Braucht ja auch nicht jeder zu sehen! Aber wenigstens bekommt man Sonderurlaub als Rheumatiker- in 1,5 Jahren 10 Wochen Vollpension in der Rheumaklinik einschließlich Gelenkinjektionen und Wellnessprogramm!

    Doch was bedeutet das für den Menschen, der hinter der Krankheit steckt und inzwischen ganze 25 Jahre alt ist? Das Studium liegt nahezu still, dafür ist die Krankheit zu aktiv, die Karrierechancen von einem Tag zum anderen zerschlagen. Tennisspielen- natürlich nicht mit so vielen entzündeten Gelenken. Musizieren geht natürlich auch nicht, da machen die Finger und Handgelenke nicht mehr mit. Freundeskreis- na ja, ist eine wahre Freundin ein Freundeskreis? Der Rest hat sich schnell verabschiedet. Schließlich kann ich nicht die ganze Nacht durchfeiern und mit Krücken macht der Einkaufsbummel auch keinen großen Spaß mehr. Der Tag könnte ruhig weniger als 24 Stunden haben, vor allem die Nacht könnte kürzer sein. Abends geht man spät ins Bett, weil man schon ahnt, was einem am nächsten Morgen erwartet. Doch erst einmal kommt die Nacht- gegen 3, 4 oder 5 Uhr wacht man auf, da die Gelenke und der Rücken schmerzen. Also raus aus dem Bett und Fernseher an. Nach einiger Zeit und etwas Bewegung vielleicht doch noch etwas schlafen, bevor man morgens wieder den Kampf mit den Gelenken aufnimmt. Dazu kommen noch regelmäßige Fieberschübe in den Entzündungsphasen. Und die Familie- die leidet mit, manchmal vielleicht noch etwas mehr als man selber. Dazu kam bei mir noch, dass mich mein Rheumatologe als austherapiert hat sitzen lassen: „Finden sie sich mit der Situation ab, das wird sowieso nichts mehr!“ Das hat gesessen, also nicht mehr weiterkämpfen, einfach „vor sich hinleben“ und die anderen das Leben leben lassen!

    Mein Leben hat sich durch die Psoriasisarthritis geändert, so, wie ich es nie befürchtet hätte.

    Doch es gibt auch positive Dinge: Die Familie, die trotz allem zu einem steht. Wahre Freundschaften, die auch eine Erkrankung überdauern. Viele tolle Menschen hier bei RO, die einem Halt geben, mitdenken und fühlen und bei denen man so sein kann, wie man ist, auch mit Schwächen!

    Und eine Freundin von mir hat mir mehr als geholfen- als ich ganz am Boden war, hat sie einen Arzt angeschrieben, um ihn zu fragen, was es noch für Möglichkeiten geben würde.

    Ich muss zugeben, dass ich auf einen erneuten Arztbesuch nicht mehr viel Lust hatte und eigentlich auch gar keine Kraft mehr. Doch ich habe es für meine Freundin und für meine Familie getan und einen Termin bei diesem Arzt gemacht.

    Dieser Termin ist nun 2 Wochen her. Inzwischen nehme ich Enbrel, das Resochin und die Azulfidine-Tabletten wurden abgesetzt. Heute war der Besprechungstermin und.... es geht mir gut! Die Schmerzen haben deutlich abgenommen, die Knöchel, die an dem Tag nach dem Besuch beim Rheumadoc angeschwollen waren, sehen fast normal aus. Ich habe nach einer Woche Enbrel zum ersten Mal seit 4!!!!!!!!! Jahren wieder durchgeschlafen (auch wenn ich dadurch leider meine Fernsehserie verpasst habe, die ich sonst immer nachts geguckt habe). Die Morgensteifigkeit hat sich um mehr als die Hälfte verringert und meine Schmerzmitteldosis ist auch schon um einiges reduziert. Am Wochenende habe ich mich seit langer Zeit mal wieder an`s Keyboard gesetzt- es hat funktioniert, zwar nicht so wie früher, aber „Ballade pour Adeline“ klappt noch! Und das schönste: meine Großeltern haben heute weinend in ihrem Wohnzimmer gesessen, wie sie es leider öfters in den letzten Jahren gemacht haben, aber dieses mal vor Freude. Und das nur, weil ich zum ersten Mal seit langer Zeit mal wieder mit dem Hund spielen konnte.

    Das Leben liegt nun wieder vor mir. Ich habe wieder eine Zukunft und muss nicht mehr in der Vergangenheit leben!

    Das nächste Ziel ist die Cortisonreduktion. In 5 Wochen, bei meinem nächsten Termin beim Rheumadoc, will ich auf 7,5 mg sein, damit liege ich unter der Cushing-Schwelle, zum ersten Mal seit fast 2 Jahren.....

    Tut mir leid, dass mein Bericht so lang geworden ist. Vielleicht gibt er aber dem ein oder anderen Mut, mit der Krankheit anders umzugehen und für eine Besserung zu kämpfen. Es gibt inzwischen so viele Rheumamittel, die einem wirklich helfen könne. Man braucht nur einen guten Rheumadoc, der einem bei der Suche hilft. Und wenn der erste nicht der beste ist- einfach weitersuchen, von dieser „Sorte“ gibt es mehrere, auch wenn man manchmal weit fahren muss!

    Und nichts ist so aussichtslos, wie es manchmal scheint!!!!!!

    Einen schönen Abend wünscht Euch

    Muckel, zum ersten Mal glücklich seit langer Zeit
     
    #1 28. September 2004
    Zuletzt bearbeitet: 29. September 2004
  2. Ulla

    Ulla "hessische Hexe"

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    Hallo Muckel,

    deine Geschichte hat mich beeindruckt,
    wenn ich das lese werde ich an meine eigene Odysee erinnert, damals habe ich RO kennen gelernt und hier bekam ich Mut und wertvolle Ratschläge.

    Vor allem nicht aufgeben!!!

    Freue mich für dich das das Enbrel so gut anschlägt.

    liebe Grüße

    ulla
     
  3. Ruth

    Ruth Bekanntes Mitglied

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    Hallo,Muckel!

    Das ist ein wirklich lesenswerter,toller Beitrag!
    Viele Grüße von Ruth
     
  4. Neli

    Neli Optimistin

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    Rheinland
    Hallo, liebe Muckel,

    ich freue mich mit Dir.

    Es ist einfach ein Glück, daß es doch noch interessierte,
    erfahrene und dazu noch Menschlichkeit ausstrahlende Ärzte
    gibt, und einen solchen hab ich glücklicherweise auch,
    und das schon seit 13 Jahren. Du ahnst sicher, von wem ich
    spreche.

    Dadurch geht es mir wirklich zufriedenstellend und ich bin sehr
    dankbar dafür.

    Ich wünsche Dir eine lange, angenehme Nachtruhe.

    Viele liebe Grüße
    Neli
     
  5. poldi

    poldi Aktives Mitglied

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    Hallo Muckel

    Ich wünsche Dir alles Gute. Bleib weiter so tapfer. Gerade für so junge Menschen wie Du, wünscht man sich doch, dass es mal Mittel gibt die wirklich helfen.

    Alles Liebe von Poldi
     
  6. Jula

    Jula Der Solling ist groß

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    Am schönen Solling
    Hallo Muckel,

    mußte jetzt 2 Anläufe nehmen,da ich so berührt von Deinem Beitrag war.Ich hoffe,das Du jetzt lange Zeit gut klar kommst.Ich suche für mich selber noch weiter,aber Du siehst ja,die Hofnung stirbt zuletzt!
    Lieben Gruß Jula
     
  7. susannegru

    susannegru Neues Mitglied

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    Hallo Muckel,
    toll, dass Enbrel so schnell bei Dir angeschlagen hat. Dann kann es wirklich nur besser werden. Dieses Gefühl, ein neuer Mensch zu sein, kenne ich dank Humira auch. Zuerst ist man froh, wenn diese vollständige Zerschlagenheit weg ist. Später bessern sich dann auch die Gelenke. Eine Warnung möchte ich Dir nur als alter Cortisonhase sagen: nicht zu schnell reduzieren!!!! Der Körper produziert nach einer solchen langen Zeit der erhöhten Dosierung nicht mehr genügend Cortisol. Der Absturz ist sonst vorprogrammiert. Wenigstens 4 Wochen mit einer Dosierung durchmachen, wenn Du unter 10 mg gehst.
    Weiter gute Besserung und Lebensfreude wünscht Dir Susanne
     
  8. bibbi

    bibbi Neues Mitglied

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    Hallo Muckel,

    das hast Du ganz toll geschrieben und es macht doch deutlich das man die Hoffnung wirklich niemals aufgeben soll.

    Ich habe ähnliches mitgemacht und mache es jetzt schon zum 2. Mal mit.

    Das erste Mal (1983-90) war mit meiner Tochter.... Ich bin 7 Jahre lang von Arzt zu Arzt und von Krankenhaus zu Krankenhaus. Die ganzen Jahre als hysterische Mutter bezeichnet worden die ihrem Kind was anhängen will. Aussagen der Ärzte wie: Was wollen sie überhaupt, ihre Tochter hat doch gar nichts und andere total belämmerte Aussagen haben mich nicht davon abgehalten weiter zu suchen. Dann kam der Tag an dem eine Kinderärztin die Diagnose stellte! "Neurofibromatose" oder "Morbus Recklinghausen" genannt.... Grosse Erleichterung bei uns allen das man endlich weiss was es ist, es hat zwar fast ein Jahr gedauert die Krankheit/Diagnose und die Tatsache zu verdauen das man nichts machen kann - ausser abzuwarten wie es kommt, eine Krankheit wo keine Medikamente usw. helfen können... Alleine die Tatsache das man weiß wo man dran ist und was auf einen zukommen kann bringt schon große Erleichterung und man kann besser damit umgehen.

    Ich renne für mich jetzt schon über 4 Jahre und habe auch schon einige Diagnosen (Psoriasisarthritis, Arthrosen, RLS u.a.) bekommen und es werden wohl noch mehr...... Manchmal möchte ich einfach aufgeben und aufhören zu kämpfen weil ich einfach nicht mehr kann, dies liegt aber auch daran das man von div. Ärzten **wieder mal** die Aussagen bekommt "Was wollen sie, sie haben doch nichts" oder "alles psychisch" aber die Schmerzen und die Tatsache das es mir durch aufgeben bestimmt nicht besser gehen wird lassen mich weiter rennen ---- wodurch ich erfreulicherweise auch hierher gefunden und schon viele gute Tipps die einem weiterhelfen bekommen habe ---- aber ich werde auch so lange weitersuchen bis alles geklärt ist und ich auch für mich weiss wo ich dran bin und was man machen kann.... oder auch nicht.

    Allen die noch keine genaue Diagnose haben kann ich nur empfehlen weiter zu suchen und zu kämpfen --- auch wenn es lange dauert und man am liebsten aufgeben möchte --- bis der richtige Doc / Diagnose gefunden wird.

    Ich wünsche Euch allen eine gute und erholsame Nacht
    bibbi
     
  9. Sabinerin

    Sabinerin Bekanntes Mitglied

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    @Muckel

    Hallöchen Du liebes Muckelschaf *knuddel*, hallo an alle :)

    @Muckel
    Es freut mich sehr, daß Du zu den Patienten gehörst, bei denen Enbrel so gut und so schnell wirkt *freu**vorsichtigknuddel*
    Ja, ich kann nachfühlen, wie sich "leben" anfühlen kann....

    @Muckel und alle anderen
    Muckel, Du kennst ja meine Einstellung *lächel*, trotzdem möchte ich noch etwas ergänzen.

    Enbrel und die anderen hochwirksamen Medikamente sind ein Gewinn für alle Patienten, keine Frage. Das Problem bei manchen ist nur, daß sie dann glauben, einfach in ihr "altes Leben" schlüpfen zu können, weil ja plötzlich eine gewohnte Beweglichkeit einsetzt.
    Ich kann den Satz bestätigen "Enbrel, back to life" und bin dankbar, daß es so ist. ABER ich bin trotzdem krank.....

    Diese Medikamente ermöglichen ein "lebenswertes Leben" zu führen, sie geben die Möglichkeit auf Bewegung, auf weniger Schmerzen, auf Lebensgefühl....aber der Mensch bleibt krank.

    Muckel, Du weisst wie ich das meine :) und meine Zeilen sollen Deine Freude nicht mindern!! Ich freue mich so sehr für Dich und für alle anderen, die dieses neue Lebensgefühl erleben dürfen.

    Mit Enbrel & co bekommt man aber nicht zwangsläufig die Option für das "alte Leben" mit Karriere, mit bisherigen Sporterfolgen etc.
    Das "neue" Leben ist evt. eingeschränkter als das "alte" Leben, aber mindestens - wenn nicht mehr... - genauso lebens- und liebenswert wie das "alte" Leben.

    Übrigens: Wenn ich wählen könnte, so würde ich auch niemals mehr in mein "altes" Leben zurück. Es bestand aus Karriere, Erfolgen, Oberflächkeiten etc. Durch und mit der Erkrankung habe ich gelernt, daß für mich (und ich rede nur für mich!!) das Leben aus mehr besteht als aus diesen Oberflächlichkeiten. Natürlich ist nichts gegen eine gute Karriere zu sagen *lächel*, wenn jemand das für sich als Ziel setzt...

    Mein Leben ist zwar - trotz Enbrel - sehr viel eingeschränkter als früher, aber sehr viel intensiver, gefühlvoller und gefüllt mit Dingen, die das Leben so schön machen....für mich sind es die "berühmten einfachen Dinge des Lebens".

    Ich wünsche allen, daß sie die, für sie "richtige" Medikation finden. Ferner wünsche ich allen, daß sie sehen lernen, daß ein Leben mit Erkrankung keinesfalls schlecht sein muß. Es ist anders, aber nicht zwangsläufig schlechter, was aber jeder für sich selbst herausfinden kann, muß, darf, soll....

    Zum Thema "Karriere" möchte ich noch etwas ergänzen:
    "Karriere" wird meistens gleichgesetzt mit "Anerkennung". Deshalb fallen so viele in ein tiefes Loch, wenn es plötzlich nichts mehr mit der Karriere wird. Ich bin vor einigen Jahren berentet worden, auf dem schnellen und steilen Weg der Karriereleiter. Ich hatte bereits die Stelle für den gehobenen Dienst inne, mir fehlte "nur" noch ein Jahr meiner Fortbildung und ich hätte sogar das Geld dafür bekommen ;)
    Mit der Berentung verlor ich auch das Selbstbewusstsein und die Selbstachtung, weil ich die Karriere mein einziger Lebensinhalt war. Es dauerte lange lange Zeit, bis ich mich von diesem Tiefschlag erholte.

    Heute ist mir klar, daß ich natürlich auch über Karriere und Erfolg Anerkennung erhalte, aber dies sollte nicht der einzige Weg sein. Es tut nähmlich weh, wenn diese Anerkennung komplett entzogen wird.

    Mein Anerkennung heute bekomme ich also nicht über Karriere und Erfolg, sondern durch mich selbst. Den anderen, aber kleineren Teil der Anerkennung erhalte ich über meine Tätigkeiten bzw. durch andere Personen. Diese Gewichtung ist für mich persönlich wichtiger und "richtiger". Sollte ich aus diversen Gründen diese Tätigkeiten nicht mehr erfüllen können, wollen, dürfen, so fehlt lediglich ein kleiner Teil dieser Anerkennung. Mir wird aber nicht mehr "der Boden unter den Füßen weggezogen"...

    Herzliche Grüße
    Sabinerin
     
  10. gisela

    gisela kleine Käsemaus

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    Hallo Muckel,
    ich freue mich riesig für Dich, das es Dir jetzt endlich wieder besser geht. Tja mit dem richtigen Medi und einem super Doc schaut die Welt schon viel besser aus.

    Liebe Knuddelgrüße
    gisela
     
  11. Valanessa

    Valanessa Guest

    Schwer beeindruckt

    Liebe Muckel,

    dein Beitrag hat mich schwer beeindruckt.

    Ich möchte dir wünschen das der jetzige Zustand deiner Gesundheit sehr sehr lange anhällt. Nachdem es dir solange schlecht ging hoffe ich das du deinen neuen Lebensabschnitt genießen kannst.

    Alles Gute und viele liebe Grüße
    Karin


     
  12. liebelein

    liebelein Carpe Diem.....

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    *froi*

    liebe muckel,.

    mensch was freue ich mich zu lesen, das dir enbrel wirklich so gut hilft....schick dir ganz viele freudesdrücker und fände es toll,dich mal bald wieder zu sehen. so weit wech wohne ich ja bald auch nimmer....gell?!:)

    eine gute nacht und viel freude an der neugewonnen freiheit wünscht dir von ganzem herzen

    liebi:D
     
  13. Muckel

    Muckel Das Muckelchen

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    Vielen Dank für Eure Antworten!

    @Liebelein: Hoffe auch, dass wir uns dann mal öfter sehen, wird bestimmt viel Spass bringen, woll?!

    @bibbi: Kann mir gut vorstellen, was Du hinter Dir hast, besonders, was Deine Tochter angeht. Es ist echt unverständlich, wie manche Ärzte sich benehmen, schließlich haben die meisten diesen Beruf gewählt, um kranken Menschen zu helfen. Umso unverständliche sind manchmal ihre Verhaltensweisen!
    Wenn es um andere Menschen, besonders um die eigenen Kinder geht, bringt man wahrscheinlich mehr Kräfte auf, als wenn es einen selber betrifft. Dein "Werdegang" ist leider auch nicht der einfachste gewesen und ich kann wirklich nachvollziehen, wie es in der aussieht. Du hast es bei Deiner Tochter schon einmal geschafft, an´s Ziel zu kommen, Du wirst es nun auch sicher für Dich schaffen. Lass Dich bitte nicht beirren, für Dich gibt es auch Hilfe. Und schließlich hast Du einen netten Mann, der voll hinter Dir steht! Ich drücke dir jedenfalls die Daumen!

    @Sabinerin: Du hast Recht, sein altes Leben bekommt man durch die neuen Medikamente bestimmt nicht wieder. Ob man das will, ist auch eine andere Sache. Ich jedenfalls möchte mein altes Leben in dieser Form nicht mehr wiederhaben. Erst die Krankheit hat mir gezeigt, was wirklich dahintersteckte- Freunde, die einen nur mögen, wenn man funktioniert und nur das Streben nach Erfolg. Die wirklich wichtigen Dinge im Leben blieben leider zurück. Wie schön es ist, einfach mal durch die schönen bunten Wälder zu gehen oder mit einer Tasse Tee ein gutes Buch zu lesen, das alles habe ich früher nie zu schätzen gewusst. Wie auch, dafür hatte ich keine Zeit. Gerade, was mein Studium betrifft, habe ich eine andere Einstellung bekommen, wozu mir zu einem großen Teil auch mein Psychologe verholfen hat- warum mache ich das, um schnell fertig zu werden und das Diplom in den Händen zu halten, oder weil mich das Thema interessiert? Ich werde sicher länger als andere für das Studium brauchen, doch ich freu mich immer, wenn ich ein Thema bearbeitet habe und Dinge mit anderen Augen sehen kann.
    Habe heute mal wieder eine Mail von einer Mitauszubildenden bekommen und die Antworten dazu von einigen anderen. Es ist echt traurig, was die Leute bewegt oder wie es ihnen bisher ergangen ist, wird gar nicht beachtet. Nur, wer wieweit im Studium oder im Beruf gekommen ist und wieviele Stunden er pro Tag arbeiten muss. Einer übertrifft natürlich dabei den anderen, und nur wer sein Pensum schafft, führt ein tolles Leben. Ein Treffen ist für November geplant, um sich mal richtig auszutauschen. Bin mir nicht sicher, ob ich mit diesen Leuten, die mir vor 2 Jahren so wichtig waren, noch was gemeinsam habe. Ob ihr Leben lebenswerter ist als unseres? Das wage ich doch schwer zu bezweifeln......
    Man sollte sie vielleicht mal bitte, einige Beiträge hier im Forum zu lesen, vielleicht wachen sie dann mal auf, aber ob sie das wirklich alles nachvollziehen könnten?????

    Wünsche Euch allen noch eine angenehme Woche mit wenig Schmerzen!

    Haltet den kopf hoch, liebe Grüße

    Muckel
     
  14. liebelein

    liebelein Carpe Diem.....

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    liebe muckel...

    das hast du wirklich schön geschrieben....

    kann mich auch nicht daran erinnern, wann ich mal zu meiner "arbeitszeit" wieder so herzlich gelacht habe ohne großartig mir gedanken zu machen, wie oftmals jetzt....na klar gibt es auch die tage an denen ich viel weine..oder wo nach dem lachen direkt die tränen kommen....

    aber mein altes leben wie es war möchte ich so auch nicht zurück haben....

    wir werden uns sicherlich wieder sehen. *dasisteinedrohung*;) :D

    alles gute

    liebi:)
     
  15. Gerhard

    Gerhard Badener - in memoriam 08.07.2010 †

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    Hegau
    Seelenfarben

    Hoy Muckel ;) ;) ;)
    Du Sprichst mir aus der Seele und wie ich denk nicht nur mir
    Gruß Gerhard
    (Ps.Mein Hobby ist auf dem Bild)
     

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  16. liebelein

    liebelein Carpe Diem.....

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    mal vielleicht eine kostprobe...

    lieber gerhard,

    wenn wir uns mal treffen sollten....könnte ich dann eine kostprobe von dir zu hören bekommen? so mit lagerfeuer etc.? und gruseligen oder auch schönen geschichten erzählen? das wäre toll....

    das ist mein neues lebensgefühl....

    alles gute
    liebi:)
     
  17. matzi

    matzi Bekanntes Mitglied

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    Hallo liebe Muckel!

    Ich freue mich riesig, für Dich !!
    Dein Bericht hat mir mal wieder gezeigt nicht aufzugeben!!
    Durch Ihn habe ich wieder Hoffnung geschöpft,denn ich war heute so
    tief unten, wie ich das noch nie von mir kannte.


    Liebe Grüße
    Matzi
     
  18. Sabinerin

    Sabinerin Bekanntes Mitglied

    Registriert seit:
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    @Muckel

    Guten Morgen liebe Muckel,

    es freut mich sehr Deine Zeilen zu lesen :):)

    Und noch mehr freut es mich, daß Enbrel bei Dir so gut wirkt und Du wieder "leben" kannst, also nicht dieses "überleben"...tagtäglich...
    Ich wünsche Dir von Herzen, daß es Dir eine lange lange lange Zeit so geht :) *knuddel*



    Auf die Gefahr, daß ich mich mal wieder in die Nesseln setze *g* möchte ich dazu folgendes sagen:
    Ich glaube, daß so mancher (nicht alle) diese Erfahrung macht....Erfolg=Beliebtheit.
    Ich glaube viele interpretieren es, weil sie selbst diese Art zu denken haben. "Wenn ich leiste, bin ich wer. Leiste ich nicht, bin ich Nichts" und so untergraben wir unser Selbstbewusstsein und vermitteln es unserem Gegenüber.
    Wer hat nicht schon Sätze gesagt wie:"Nein, heute habe ich nichts, nicht viel geschafft!!" Wenn man das seinem Gegenüber ständig mitteilt, so muß er doch genauso denken oder?? ;)



    Eben, wir haben doch früher genauso gelebt, oder?? ;) Machen, machen, eilen, hetzen...war Dir der Waldspaziergang früher genug??
    Mir nicht... ;)


    Nicht viele Menschen denken darüber nach, ob sie das, was sie tun wirklich wollen oder machen, "weil es so ist".
    Jeder ist gewissen Pflichten und Regeln unterworfen. Viele "müssen" arbeiten gehen. Aber mit einer etwas anderen Sicht zu den Dingen, zu der eigenen Arbeit, kann man aus "müssen" auch "wollen" machen und so manches fällt ein wenig leichter.

    Schwierig bzw. unmöglich wird es, wenn man gemobbt wird. Ich habe es damals am eigenen Leib erfahren und solche Situationen sind sehr sehr schwer zu ertragen....


    Mmh, ich denke nicht, daß es darum geht, ob Du etwas mit ihnen gemeinsam hast, sondern ob Du es erträgst. Theorie und Praxis...
    Dir hat das Studium viel bedeutet und Du bist einige Schritte nach vorn gegangen. Respekt! Aber kannst Du diese Meinung auch wirklich vertreten bzw. bist Du stark genug, dem Mitleid der anderen standzuhalten?
    Die Theorie beherrscht Du gut, unter Gleichgesinnten (RO) ist vieles so einfach und eindeutig, im wahren Leben besteht die Gefahr, daß man schnell davon abrutscht.

    Jeder macht eigene Erfahrungen, ich möchte mal kurz meine schildern.
    Ich musste meinen Lehrgang zum gehobenen Dienst erst unterbrechen, dann absagen. Es tat weh...
    Meine Studienkollegen haben ihre Prüfung bestanden und mich dazu eingeladen. Ich habe mich für sie gefreut....Zuhause...
    Dann saß ich zwischen ihnen. Sie redeten über Klausuren, Punkte, Karriere, wer welche Stelle hat oder bekommen wird.
    Dann der Blick auf mich:"Aber Du hast tapfer durchgehalten. Das ist doch auch etwas...."
    In dem Moment hätte ich mich am liebsten verkrochen. Die ganze Theorie "Für mich ist das so besser.." und "Ich hätte die Prüfung wohl kräftemäßig nicht durchgehalten"...all das waren theoretische Sätze.
    Ich habe DIESE Prüfung gewollt, ich WOLLTE in den gehobenen Dienst, da ich die Stelle bereits ausfüllte.
    Und ich saß dort und fühlte mich so elendig, so minderwertig und nutzlos...als arme alte Rentnerin ;)

    Es war der falsche Zeitpunkt, ich hätte an diesem Treffen nicht teilnehmen sollten, die Wunden waren selbst nach einem Jahr zu frisch...und das obwohl ich die Theorie doch so gut beherrschte.

    Muckel, ich will Dich mit diesen Zeilen nicht abschrecken, ich möchte Dir das lediglich als meinen Erfahrungwert mitgeben...mehr nicht!!! *knuddel*

    Mmh, was ist "lebenswert"?? Jeder Mensch definiert es wohl anders.

    Damals...in meinem ersten Leben ;);)... habe ich mir keine Gedanken über "lebenswert", "Lebensgefühl", "Achtsamkeit" gemacht. Es zählten Ziele, Erfolge, Karriere.
    Und wenn mir jemand gesagt hätte, daß ein Spaziergang im Herbstwald mein Herz mit Lebensgefühl und Freude überquellen lässt, daß ich vor Glück weinen könnte, weil es so wunderschön ist...ich hätte ihn ausgelacht oder zumindest mitleidig angeschaut.

    Herbstwald...weinen?? Es gibt doch Wichtigeres...

    Wenn ich damals kranke Menschen anschaute, hatte ich Mitleid (nicht Mitgefühl!). Was können diese Menschen schon machen??

    Aus diesem Grund kann ich die Ansicht anderer Menschen gut nachvollziehen, auch wenn ich sie selbst nicht mehr lebe.

    Ich lebe heute anders, bewusster, gehaltvoller, intensiver....ich liebe mein Leben. Ich mache Dinge, die mir wichtig sind, ich möchte etwas tun, verändern und nicht nur klagen über die schlimmen Zustände der Gesellschaft. Ich habe erfüllende Aufgaben gefunden, wo ich gebe und auch selbst etwas bekomme.

    Einige Menschen können meine Beweggründe nachvollziehen, ermuntern mich, indem sie nicken, lächeln und mich einfach in den Arm nehmen. Sie versuchen zu verstehen, daß mir mein Leben so gefällt, wie ich es führe. Vielleicht bleibt es erst mal so, vielleicht werde ich es wieder ändern.

    Andere Menschen denken: "Ach schau mal. Die kann nicht mehr arbeiten und sucht sich deshalb Beschäftigung, damit der Tag nicht so lang wird. Sie ist schon arm dran..."

    In den Augen der ersten Betrachter bin ich ein zufriedener Mensch, der seinen Weg sucht und geht, in den Augen der zweiten Betrachter bin ich ein bemitleidenswerter Mensch.

    Du siehst, jeder Mensch sieht das, was er sehen will ;)

    Wenn ich gesund wäre, würde ich vielleicht denken wie die zweiten Betrachter. Ich würde evt. mein Leben nach äusseren Dingen bewerten, weil ich nicht auf den Gedanken käme bzw. keine Zeit und Muße hätte nach innen zu schauen.
    Ich weiß es nicht, denn es ist rein hypothetisch und für mich auch unwichtig.

    Ich finde mein Leben so ok wie es ist, aber es ist sicher nicht allgemein "richtig". Wer sagt, daß das Streben nach den vielgelobten "inneren Werten" wirklich erstrebenswert ist?

    Ich habe über die Jahre gelernt meinen Weg anzuschauen und zu achten. Mich nicht zu verlieren, wenn die zweiten Betrachter meinen Weg kreuzen. Es gelingt mir meistens, aber nicht immer und dann arbeite ich daran, daß ich bei mir bleibe und ich mich weiterhin so schätze wie ich bin.
    Aber ich habe auch gelernt, daß es noch "das andere Leben" gibt, das Leben, welches ich auch mal geführt habe.

    Ich versuche immer wieder, kein Leben als besser anzusehen und soweit bei mir zu bleiben, wie es geht.

    Wie gesagt, daß ich meine Ansicht zu den Dingen und jeder kann und soll es so sehen, wie er es kann und mag.

    Herzliche Grüße
    Sabinerin
     
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