Der Schmetterling Ein Räuplein saß auf kleinem Blatt, Es saß nicht hoch, doch aß es satt Und war auch wohl geborgen; Da ward das kleine Raupending Zum Schmetterling, An einem schönen Morgen Zum bunten Schmetterling. Der Schmetterling blickt um sich her, Es wogt um ihn ein goldnes Meer Von Farben und von Düften; Er regt entzückt die Flügelein: Muß bei euch sein, Ihr Blumen auf den Triften, Muß ewig bei euch sein! Christian Friedrich Hebbel
Nachtigallen schwingen Lustig ihr Gefieder, Nachtigallen singen Ihre alten Lieder. Und die Blumen alle, Sie erwachen wieder Bei dem Klang und Schalle Aller dieser Lieder. Und meine Sehnsucht wird zur Nachtigall Und fliegt in die blühende Welt hinein, Und fragt bei den Blumen überall, Wo mag doch mein, mein Blümchen sein? August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) ,
Das erste Bad (Johannes Trojan) Heut nahm der Heinz das erste Bad, nein, wie der Heinz geschrien hat! So lange, als er noch war trocken, war er merkwürdig unerschrocken, doch als er mit dem einen Zeh erst eben drin war in der See und heraus hatte, sie wäre nass, da schrie er ohne Unterlass. So fürchterlich hat er geschrien, sie mussten es hören in Berlin. Die Fische kriegten einen Schreck, schwammen alle vom Ufer weg. Die Fischer, die ausgegangen waren, sind schnell wieder nach Hause gefahren, weil sie dachten, das Meer fiel ein, so gar entsetzlich war sein Schrein Sommerfest Ihr lieben Gäste fern und nah nun ist der Sommer wieder da. Darum feiern wir heute ein Fest und grüßen euch auf's Allerbest. Und bitte seid ringsum recht still, wenn eins von uns was sagen will. So sag ich einen schönen Gruß den lieben Leuten allen. Und wünsche, dass dieses Sommerfest recht gut euch wird gefallen. Tannenwald (Johannes Troja) Wo bin ich gewesen? Nun rat einmal schön! Im Wald bist gewesen, das kann ich ja sehn, Spinnweben am Kleidchen, Tannadeln im Haar, das bringt ja nur mit, wer im Tannenwald war. Was tat ich im Walde? Sprich, weißt du das auch? Hast Beerlein gepickt vom Heidelbeerstrauch. O sieh nur , wie blau um das Mündchen du bist! Das bekommt man ja nur , wenn man Heidelbeern isst!
Theodor Fontane An einem Sommermorgen, Da nimm den Wanderstab, Es fallen deine Sorgen Wie Nebel von dir ab. Des Himmels heitre Bläue Lacht dir ins Herz hinein Und schließt wie Gottes Treue Mit seinem Dach dich ein. Rings Blüten nur und Triebe Und Halm, vom Segen schwer. Dir ist's als zög die Liebe Des Weges nebenher.
Regenlied Walle, Regen, walle nieder, Wecke mir die Träume wieder, Die ich in der Kindheit träumte, Wenn das Naß im Sande schäumte! Wenn die matte Sommerschwüle Lässig stritt mit frischer Kühle, Und die blanken Blätter tauten, Und die Saaten dunkler blauten. Welche Wonne, in dem Fließen Dann zu stehn mit nackten Füßen, An dem Grase hin zu streifen Und den Schaum mit Händen greifen. Oder mit den heißen Wangen Kalte Tropfen aufzufangen, Und den neuerwachten Düften Seine Kinderbrust zu lüften! Wie die Kelche, die da troffen, Stand die Seele atmend offen, Wie die Blumen, düftertrunken, In dem Himmelstau versunken. Schauernd kühlte jeder Tropfen Tief bis an des Herzens Klopfen, Und der Schöpfung heilig Weben Drang bis ins verborgne Leben. Walle, Regen, walle nieder, Wecke meine alten Lieder, Die wir in der Türe sangen, Wenn die Tropfen draußen klangen! Möchte ihnen wieder lauschen, Ihrem süßen, feuchten Rauschen, Meine Seele sanft betauen Mit dem frommen Kindergrauen. Klaus Groth
Der Strauß, den ich gepflücket, Grüße dich vieltausendmal! Ich hab mich oft gebücket, Ach, wohl eintausendmal, Und ihn ans Herz gedrücket Wie hunderttausendmal! Johann Wolfgang von Goethe
Man soll hören süßes Singen In den Auen überall, Lieblich hell Gesang erklingen Voraus vor der Nachtigall! Schauet auf den Anger breit, Schauet an die lichte Heide, Wie sie schon sich mit dem Kleide Zu dem Maien hat bekleid't. Mancherhande Blümelein Lachen aus des Maien Tau In der lichten Sonne Schein; Schöne Zeit zu werter Schau! (Jacob von der Warte )
Der Lindenbaum Am Brunnen vor dem Tore Da steht ein Lindenbaum Ich träumt in seinem Schatten So manchen süßen Traum Ich schnitt in seine Rinde so manches liebes Wort Es zog in Freud und Leide |: Zu ihm mich immer fort :| Ich mußt auch heute wandern Vorbei in tiefer Nacht Da hab ich noch im Dunkel Die Augen zugemacht Und seine Zweige rauschten Als riefen sie mir zu: "Komm her zu mir, Geselle |: Hier findst du deine Ruh :| Die kalten Winde bliesen Mir grad ins Angesicht Der Hut flog mir vom Kopfe Ich wendete mich nicht Nun bin ich manche Stunde Entfernt von diesem Ort Und immer hör ich's rauschen: |: "Du fändest Ruhe dort :| Wilhelm Müller, 1822 (1794-1827)
Das Häslein Unterm Schirme, tief im Tann, hab ich heut gelegen, durch die schweren Zweige rann reicher Sommerregen. Plötzlich rauscht das nasse Gras - stille! Nicht gemuckt! -: Mir zur Seite duckt sich ein junger Has - Dummes Häschen, bist du blind? Hat dein Näschen keinen Wind? Doch das Häschen, unbewegt, nutzt, was ihm beschieden, Ohren, weit zurückgelegt, Miene, schlau zufrieden. Ohne Atem lieg ich fast, laß die Mücken sitzen; still besieht mein kleiner Gast meine Stiefelspitzen ... Um uns beide - tropf - tropf - tropf - traut eintönig Rauschen ... Auf dem Schirmdach - klopf - klopf - klopf ... Und wir lauschen ... lauschen ... Wunderwürzig kommt der Duft durch den Wald geflogen; Häschen schnuppert in die Luft, fühlt sich fortgezogen; Schiebt gemächlich seitwärts, macht Männchen aller Ecken ... Herzlich hab ich aufgelacht -: Ei, der wilde Schrecken! Christian Morgenstern
Land der dunklen Wälder (Ostpreußenlied) Erich Hannighofer Land der dunklen Wälder Und kristallnen Seen, Über weite Felder Lichte Wunder gehn. Starke Bauern schreiten Hinter Pferd und Pflug; Über Ackerbreiten Streicht der Vogelzug. Und die Meere rauschen Den Choral der Zeit. Elche stehn und lauschen In die Ewigkeit. Tag hat aufgegangen Über Haff und Moor. Licht ist aufgegangen Steigt im Ost empor.
Feldeinsamkeit Ich ruhe still im hohen grünen Gras und sende lange meinen Blick nach oben, von Grillen rings umschwirrt ohn Unterlaß, von Himmelsbläue wundersam umwoben. Und schöne weiße Wolken ziehn dahin durchs tiefe Blau wie schöne stille Träume; - Mir ist, als ob ich längst gestorben bin Und ziehe selig mit durch ewge Räume. Hermann Allmers
Es regnet, wenn es regnen soll und regnet seinen Lauf und wenn`s genug geregnet hat, dann hört es wieder auf.
O Lust, o Lust, vom Berg ein Lied in's Land hinab zu singen! Der kleinste Ton hinunter zieht, so wie auf Riesenschwingen! Der stillste Hauch aus lauter Brust, in Leid und Lust entrungen, er wird zum Klange, unbewußt für alle Welt gesungen. Es schwingt sich erd- und himmelwärts der Seele klingend Sehnen und fällt der ganzen Welt an's Herz - ob freudig, ob in Tränen. Was still sonst nur die Brust durchzieht, fliegt aus auf lauten Schwingen o Lust, o Lust, vom Berg ein Lied in's Land hinab zu singen. Hermann Rollet (1819-1904)
Das ist ein Tag, der klingen mag - die Wachtel schlägt im Korn, die Lerche jauchzt mit Jubelschlag wohl überm hellen grünen Hag, der Jäger bläst in's Horn. Frau Nachtigall ruft süßen Schall, durch's Laub ein Flüstern zieht, das Echo tönt im Widerhall, es klingt und singt allüberall, das ist ein Frühlingslied. Hermann Rollet (1819-1904)
Warum denn warten Von Tag zu Tag? Es blüht im Garten, Was blühen mag. Wer kommt und zählt es, Was blüht so schön? An Augen fehlt es, Es anzuseh'n. Die meinen wandern Vom Strauch zum Baum; Mir scheint, auch andern Wär's wie ein Traum. Und von den Lieben, Die mir getreu Und mir geblieben, Wär'st du dabei! Klaus Groth
Auf den bunt beblümten Feldern, in den schattenreichen Wäldern herrscht, in stiller Einsamkeit, Unschuld, und Zufriedenheit. Fern vom städtischen Getümmel, als in einem ird'schen Himmel, find' ich hier die güld'ne Zeit. Barthold Heinrich Brockes (1680-1747)
Guter Rat An einem Sommermorgen Da nimm den Wanderstab, Es fallen deine Sorgen Wie Nebel von dir ab. Des Himmels heitere Bläue Lacht dir ins Herz hinein, Und schließt, wie Gottes Treue, Mit seinem Dach dich ein. Rings Blüten nur und Triebe Und Halme von Segen schwer, Dir ist, als zöge die Liebe Des Weges nebenher. So heimisch alles klinget Als wir im Vaterhaus, Und über die Lerchen schwinget Die Seele sich hinaus. Fontane,Theodor (1819-1898)
Unvergessbare Sommersüße Rote Dächer. Aus den Schornsteinen, hier und da, Rauch; oben, hoch, in sonniger Luft, ab und zu, Tauben. Es ist Nachmittag. Aus Mohdrickers Garten her gackert eine Henne. Bruthitze brastet. Die ganze Stadt riecht nach Kaffee. Dass mir doch dies alles noch so lebendig geblieben ist! Ich bin ein kleiner achtjähriger Junge, liege, das Kinn in beide Fäuste, platt auf dem Bauch und kucke durch die Bodenluke. Unter mir, steil, der Hof hinter mir, weggeworfen, ein Buch. Franz Hoffmann. "Die Sklavenjäger." Wie still das ist! Nur drüben, in Knorrs Regenrinne, zwei Spatzen, die sich um einen Strohhalm zanken, irgendwo ein Mann, der sägt, und, dazwischen, deutlich von der Kirche her, in kurzen Pausen regelmäßig hämmernd, der Kupferschmied Thiel. Wenn ich unten runter sehe, sehe ich gerade auf Mutters Blumenbrett. Ein Topf Goldlack, zwei Töpfe Levkojen, eine Geranie, Fuchsien und mittendrin, zierlich, in einem Zigarrenkistchen, ein Hümpelchen Reseda. Wie das riecht! Bis zu mir rauf! Und die Farben! Die Farben! Jetzt! Wie der Wind drüber weht! Die wunder-, wunder-, wunder- schönen Farben! Nie blinkten mir schönere! Ein halbes Leben, ein ganzes Menschenalter verrann! Ich schließe die Augen. Ich sehe sie noch immer! Arno Holz Zurück
besonders konstruktive Beiträge Auf einem Baum, da sitzt ein Specht Der Baum ist hoch - dem Specht ist schlecht. Und draußen in dem dunklen Forst Erwacht die Gans im Adlerhorst. Sie sieht sich um und spricht betroffen: "Mein lieber Schwan war ich besoffen!". zum besten gegeben von Heinz Erhard....
Gleich und gleich Ein Blumenglöckchen vom Boden hervor War früh gesprosset in lieblichem Flor; Da kam ein Bienchen und naschte fein: Die müssen wohl beide für einander sein. Johann Wolfgang von Goethe