Nähe (Erich Fried) Wenn ich weit weg bin von Dir und wenn ich die Augen zumache und die Lippen öffne dann spüre ich wie Du schmeckst nicht nach Seife und antiseptischen Salben nur nach Dir und immer näher nach Dir und immer süßer nach Dir je länger ich an Dich denke und manchmal nach uns nach Dir und nach mir und nach Dir. Aber wenn ich bei Dir bin und wenn ich Dich küsse und trinke und Dich einatme und ausatme und wieder einatme wenn ich mit offenen Augen fast nichts von Dir sehe ganz vergraben in Dich in Deine Haut und in Deine Haare und Deine Decken die duften nach Dir dann denk ich an Dein Gesicht weit oben wie es jetzt leuchtet oder sich schön verzieht in rascherem Atmen und denke an Deine klugen genauen Worte und an Dein Weinen zuletzt im Fenster des Zuges Wenn ich bei Dir bin ist vieles voller Abschied und wenn ich ohne Dich bin voller Nähe und Wärme von Dir.