Krankheitsbewältigungs-Strategien

Dieses Thema im Forum "Allgemeines und Begleiterkrankungen" wurde erstellt von Gast_, 13. Juni 2014.

  1. Clara07

    Clara07 Aktives Mitglied

    Registriert seit:
    19. Oktober 2011
    Beiträge:
    1.157
    Hallo Puffel und Forum

    Wenn alles nach Sprüchen und Methoden ginge, bräuchte ich nur ein paar Sachbücher. "Lies es und du kannst es."
    Mich hat es immer traurig gemacht, wenn teuer ausgebildete Psychologen mit recht hohem Stundenlohn einfach ihren "Stibbel durchziehen". Nee, nö, zur Psychotherapie gehört schon die Wahrnehmung des Klienten, die Akzeptanz seiner Situation und die gemeinsame Erarbeitung, was möglich ist - und was nicht. Gute Leute kennen mehrere Methoden, die sie je nach Situation mischen.

    Für mich war es immer enttäuschend, wenn mir jemand eine "Technik" beibringen wollte und dann auch noch mich für beschubbert hielt, weil mir die nicht half. Ich bin nicht für das Wohlbefinden des Therapeuten zuständig, gelle.

    Wenn ich Schmerzen und/oder Einschränkungen habe, frage ich mich, wo das her kommt. Zuweilen frage ich auch einen Experten, ob er mir helfen kann. Helfen ist nicht Draufhauen ;). Ich bin auch traurig, weine, fühle mich hilflos und frage mich, wie das weiter geht. Meistens wird der Mist ja irgendwann weniger oder geht sogar weg. Das merke ich mir für die nächste Katastrophe. :) Geht ja vielleicht wieder weg.

    Was ist, das ist. Einschränkungen, Schmerzen, Übelkeit, Müdigkeit.... gehören nun mal zu mir. Ich will leben. Nun kommt mein großes Plus: Ich überlege, was trotzdem noch geht. Ich überlege, was mich davon gerade am meisten fesseln kann. Dazu gehören auch "Psychologen-Techniken". Bei mir ist es Jacobson Training oder Feldenkrais oder Bewegung oder Imagination oder Fernseher an oder Musik hören oder Malen... Selbstverständlich findet man Anleitungen dazu auch in Büchern, man kann einen Psychologen für eine Zeit zu seinem persönlichen Manager machen. Es gibt Biografiearbeiter, die mit einem das Leben nach Stärken und Interessen durchforschen. Es gibt Volkshochschulen und Nachbarschaftstreffpunkte und Rehas..... zwischendurch heul ich dann mal wieder und hänge eine Weile verzweifelt rum.

    Liebe Grüße
    Clara
     
    #21 7. November 2015
    Zuletzt bearbeitet: 7. November 2015
  2. Marly

    Marly Guest

    Libe Puffi,

    tut mir leid, dass du wieder vermehrt unter Rücken leidest :pftroest:

    Die Frage habe ich auch schon oft an Ärzte und Therapeuten gestellt.

    Die Antworten bei mir auch immer die gleichen:

    - die guten Tage genießen (mache ich!)
    - sich jede Woche eine kleine oder große Belohnung gönnen (mach ich eh an den guten Tagen....)
    - Tagebuch der guten Dinge führen (seit Jahren in Arbeit)
    - sich an Kleinigkeiten freuen (woran sonst?)
    - sich eine reelle Aufgabe suchen, die mich von den Schmerzen ablenkt und mir viel Freude bereitet und meinem Leben einen Sinn gibt (das suche ich schon seit Jahren)
    usw.
    Meine Psychotherapeutin ist zwar klasse, ich mag die Stunden, fühl mich auch besser, aber nur für kurze Zeit.

    Wenn ich wieder tage- oder wochenlang nicht an Aktivitäten teilnehmen kann und keine Menschen außer meinem Mann und meiner Putzfrau treffe, hilft mir das alles nichts.
    Ich werde dann schnell depri und komme nur mühsam wieder da raus, Sinn finde ich keinen mehr. Jedenfalls keinen der die Schmerzen und die Isoliertheit rechtfertigt oder so...

    ... ist doch alles Mist....
     
  3. Akkordeon1987

    Akkordeon1987 Neues Mitglied

    Registriert seit:
    20. August 2009
    Beiträge:
    290
    Ort:
    Chemnitz
    Huhu,

    Ich denke, dass sich viele von den Begriffen Schmerzbewältigung bzw Krankheitsbewältigung irgendwie mehr erhoffen als es unterm Strich sein kann.

    Es erinnert stark an Stressbewältigung, hat aber einen leider entscheidenden Haken: es gibt keine Strategie um die Existenz der Ursache zu umgehen wie es zb bei Stress möglich wäre. Es bleibt einfach da und lebt seine Launen aus.

    Für mich persönlich heißt die Krankheit akzeptieren auch nicht, dass ich es einfach so hinnehme und emotional ignoriere.

    Der Psychologe damals war super. Der meinte er hätte kein Bock mir das ganze schön zu reden.

    Wenn mir danach ist darf ich wütend sein.
    Wenn mir danach ist darf ich fluchen, weinen usw.

    Was mir momentan irgendwie schwer fällt ist wenn es mir so lala geht und ich unter Leute mag. Ich habe teilweise das Gefühl ich bin ein grünes Männchen so wie ich angeguckt werde auf offener Straße. Zum Teil auch nachgemacht werde. Aber ich weiß ich würde mir selbst auch nur ungern beim laufen zusehen wollen. Ente oder Pinguin trifft mein Gangbild ganz gut und das wenn ich grad fit bin.
    Da habe ich außer Augen zu und durch auch noch keine Lösung. Ich bilde mir auch ein das ist schlimmer geworden (ich wackel ja schon immer). Vor ein paar Jahren wurde weniger geglotzt.

    Zu Hause richte ich vieles so ein "wie es für mich passt". Etwas das ich nicht öffnen kann zb shampoo oder ähnliches wird nicht gekauft. So muss ich es mir nicht unnötig schwer machen und über Dinge nachdenken die funktionieren könnten wenn....
    Effektiv ist es somit selbstveräppelung. Klappt bei vielen Dingen aber ganz gut.

    Ganz wichtig:
    Was funktioniert ist erlaubt.
    Alles was funktioniert hebt die Laune.
    Und was die Laune hebt kann nicht verkehrt sein.
    Man darf sich nur keinen "Normalzustand" erhoffen. Wir sind eben besonders statt langweilig normal.

    LG Ramona
     
  4. Sabinerin

    Sabinerin Bekanntes Mitglied

    Registriert seit:
    30. April 2003
    Beiträge:
    3.234
    Ich ergänze diese Worte mit:

    "Lernen auszuhalten und sich in den dunklen, schwierigen Phasen daran erinnern, dass es besser, erträglicher war und auch wieder besser, erträglicher wird."

    Krankheits- und Schmerzbewältigung bedeutet ja nicht, dass man es akzeptiert und dann abhaken kann. Es ist ein Prozess, die Tiefen kommen von alleine, für die Höhen muss man viel tun..und immer wieder tun....nach jedem Tief muss man sich erinnern, dass es auch wieder erträglicher wird...wenn man etwas dafür tut.

    Mein Körper baut seit 20 Jahren Ende Oktober sehr schlimm ab und ab Ende April wird es erträglicher. Mal ist die schwierige Zeit schlimmer, mal ist sie kürzer und erträglicher, aber irgendwie ist es eine "Sisyphusarbeit" :rolleyes:
    Jedes Frühjahr packe ich mich am Schopfe und fordere meinen Körper auf aktiv zu werden, mit dem Wissen, dass die ganze Mühe im November für die Katz war :rolleyes:
    Der Winter kommt und schreitet vorbei und ich fange wieder an, mit dem Wissen.....

    Mühselig, ja es ist mühselig und manchmal auch frustrierend. Aber es nicht zu tun, bedeutet aufgegeben zu haben und es gibt ja auch bessere Phasen, für die es sich lohnt zu tun.... :)
     
  5. Clara07

    Clara07 Aktives Mitglied

    Registriert seit:
    19. Oktober 2011
    Beiträge:
    1.157
    ... und in guten Zeiten was zu machen, ist auch eine Art von Sport.

    L.G.
    Clara
     
  6. Johanna Nielsen

    Johanna Nielsen Neues Mitglied

    Registriert seit:
    5. Februar 2014
    Beiträge:
    1.656
    Ort:
    Hamburg
    Liebe Akko, um auf deinen Beitrag zu antworten, ich kenne es durchaus das man mir nach schaut, weil ich eben nicht mehr gerade sondern halt stark gebückt durch das Leben gehen
    muss.
    Aber ich habe es gelernt damit um zu gehen, und ich sage dir ganz ehrlich es interesiert mich schon lange nicht mehr , wer schaut mir hinterher und wer nicht.
    Oft passiert es auch , das mir ein Spruch hinein gedrückt wird da stehe ich mittlerweile drüber.

    Liebe akko, ich wünsche dir alles liebe und Gute.

    Joe






     
  7. Berghexe

    Berghexe Mitglied

    Registriert seit:
    10. November 2014
    Beiträge:
    723
    Ort:
    Hinterland von München
    Hallo,
    ich lese diesen Thread mit großem Interesse. Bei mir ist es Durch versch. Umstände wieder unsicher ( naja so richtig sicher glaub ich war es nun Auch nie )welche Krankheiten ich denn nun habe. Also sicher ist eine Migräne die mittels Topiramat zur Zeit unter Kontrolle ist. Bis vor Kurzem galt als relativ gesichert undifferenziert. Kollagenose und seronegative Spondylarthritis. Nun da ich seit einem Jahr im er noch keine richtige Besserung habe steht alles in Frage und evtl auch Fibromyalgie im Raum. Nun hab ich Ende November einen ambulanten Kliniktermin der hoffentlich zur Klärung beitragen wird. Für mich ist es sehr schwierig diese Ungewissheit ich könnte mich besser mit der Krankheit arrangieren wenn ich weiß was ich nun habe. Seit einem Jahr ist es ein ständiges arztgerenne, ich finde es leichter mit etwas umzugehen und damit Frieden zu schließen wenn ich weiß was es ist. Es macht die Krankheit nicht leichter, das ist mir schon klar aber das Zweifeln und die Unklarheit wären nicht mehr so da. Ansonsten fällt es mir schon schwer aufgrund dessen, dass meine Kinder doch noch relativ klein sind , dass ich manchmal nicht so kann wie ich will. Ich versuche schon alles mitzumachen, leider heißt das auch dass ich mich dann manchmal übernehme, was ich im Sommer leider schmerzlich erfahren musste ( einmal ein Tag Freibad, drei Tage brutalste Schmerzen). Ich muss noch schauen den Mittelweg zu finden und lernen, dass ich mich wohl nicht mehr mit den Normal Muttis vergleichen darf und auch lernen muss deshalb kein schlechtes Gewissen zu haben.
    Schwierig mit der Krankheit ich weiß nicht wie es euch da geht finde ich der Umgang mit dem Umfeld. Ich musste schmerzlich erfahren, dass meine beste Freundin wohl nicht meine beste Freundin ist. Ich war damals als ihre Mutter krank und dadurch anstrengender für Sie da und hab stundenlang mit ihr telefoniert. Sie frägt nicht mal in den letzten Monaten in denen es mir schlecht geht nach wie es mir geht und wenn wir reden erzählt sie nur von ihrer Arbeit. Ich hab nur das Forum und einige User m
    hieraus mit denen ich mich mit PN darüber unterhalte sonst niemanden. Natürlich sieht man es mir an, viele sagen du siehst schlecht aus. Manche fragen was hast du. Da ich es ja im Moment selber nicht weiß ist es blöd darauf zu antworten.
    Liebe Grüße,
    berghexe
     
  8. Johanna Nielsen

    Johanna Nielsen Neues Mitglied

    Registriert seit:
    5. Februar 2014
    Beiträge:
    1.656
    Ort:
    Hamburg
    Liebe Berghexe, die erste Frage wäre für mich ist diese Freundin eine wahre Freundin, oder findet sie es sehr angenehm das du ihr zuhörst, wobei du auf der Strecke bleibst, ist sie eine wahre Freundin dann bemerkt sie es durchaus, das dir deine Schmerzen im Gesicht geschrieben stehen.

    Alles Gute Berghexe!

    Joe
     
  9. kroma

    kroma Dermatomyositis

    Registriert seit:
    29. April 2010
    Beiträge:
    3.801
    Ort:
    Bayern/ am grünen Fluss
    Akkordeon dein Psychologe gefällt mir! :D
    Wenn mich bestimmte Schmerzen übermannen fluche ich wie ein Droschkenkutscher - und das ist gut so!
    Und wenn ich heulen muss, dann tu ich auch das, auch grundlos, einfach so.
    Ich käme nie auf den Gedanken mich für das eine oder andere zu rechtfertigen - wer bin ich denn!?

    Dumme Sprüche kann ich auch ganz gut mal überhören, kommt auf den Spruch an und die Person, die ihn ablässt. Kritisch wird es, wenn mir fremde Menschen lachend sagen welch bequemes "Gerät" ich doch unter meinen Armen habe und dass man sich ja so schön darauf stützen kann.
    Da frage ich schon mal wie lange der/die jenige meine Krankheit übernehmen will - 4 Wochen Minimum.

    Und Freunde, Bekannte.... sind mir auch einige anhanden gekommen. Selbst diejenigen, die vom med. Fach sind kapierens nicht. Da hilft nur abhaken!
     
  10. Marly

    Marly Guest

    Ich kann mittlerweile auch richtig meine Wut rauslassen, das tut gut. Ich kann auch viel heulen und ich kann mich auch viel mehr an Sachen erfreuen und loslachen.....einfach so.

    Wer weiß wozu das alles gut ist :)

    @Berghexe: austauschen über die Erkrankung kann ich mich auch nur hier und mit Therapeuten.

    Mein Mann unterstützt mich sehr, Freunde die mich unterstützen habe ich nicht in der Nähe. Meine Freunde von hier habe ich schon lange nicht mehr. Mit mir kann mal halt nichts anfangen......

    Darum gehe in die VHS zum Töpfern und zur Zeit zum Feldenkrais. Da sind echt nette Leute und wir verstehen uns gut und treffen uns auch mal so alle zum gemeinsamen Essen gehen.....
    Das ist richtig gut für mich.

    Alles Gute für den Termin!!!!

    LG
     
  1. Diese Seite verwendet Cookies. Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden