Frühlingsfeier Süßer, goldner Frühlingstag! Inniges Entzücken! Wenn mir je ein Lied gelang, Sollt' es heut' nicht glücken? Doch warum in dieser Zeit An die Arbeit treten? Frühling ist ein hohes Fest: Laßt mich ruhn und beten! Ludwig Uhland
Maienkätzchen, erster Gruß, Ich breche euch und stecke euch An meinen alten Hut. Maienkätzchen, erster Gruß, Einst brach ich euch und steckte euch Der Liebsten an den Hut. Detlev von Liliencron (1844-1909)
Holder klingt der Vogelsang, Wenn die Engelreine, Die mein Jünglingsherz bezwang Wandelt durch die Haine. Röter blühen Tal und Au, Grüner wird der Wasen, Wo die Finger meiner Frau Maienblumen lasen. Ohne sie ist alles tot, Welk sind Blüt' und Kräuter; Und kein Frühlingsabendrot Dünkt mir schön und heiter. Traute, minnigliche Frau, Wollest nimmer fliehen; Daß mein Herz, gleich dieser Au, Mög' in Wonne blühen! Ludwig Heinrich Christoph Hölty
So hört doch, was die Lerche singt! Hört, wie sie frohe Botschaft bringt! Es kommt auf goldnem Sonnenstrahl Der Frühling heim in unser Tal, Er streuet bunte Blumen aus Und bringet Freud' in jedes Haus. Winter, ade! Frühling, juchhe! Was uns die liebe Lerche singt, In unsern Herzen wiederklingt. Der Winter sagt: ade! ade! Und hin ist Kälte, Reif und Schnee Und Nebel hin und Dunkelheit - Willkommen, süße Frühlingszeit! Winter, ade! Frühling, juchhe! August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Was rauschet, was rieselt, was rinnet so schnell? Was blitzt in der Sonne? Was schimmert so hell? Und als ich so fragte, da murmelt der Bach: »Der Frühling, der Frühling, der Frühling ist wach!« Was knospet, was keimet, was duftet so lind? Was grünet so fröhlich? Was flüstert im Wind? Und als ich so fragte, da rauscht es im Hain: »Der Frühling, der Frühling, der Frühling zieht ein!« Was klingelt, was klaget, was flötet so klar? Was jauchzet, was jubelt so wunderbar? Und als ich so fragte, die Nachtigall schlug: »Der Frühling, der Frühling!«- da wusst' ich genug! Heinrich Seidel (1842-1906)
Säuselnde Lüfte wehend so mild Blumiger Düfte atmend erfüllt! Wie haucht ihr mich wonnig begrüßend an! Wie habt ihr dem pochenden Herzen getan? Es möchte euch folgen auf luftiger Bahn! Wohin? Bächlein, so munter rauschend zumal, Wollen hinunter silbern ins Tal. Die schwebende Welle, dort eilt sie dahin! Tief spiegeln sich Fluren und Himmel darin. Was ziehst du mich, sehnend verlangender Sinn, Hinab? Grüßender Sonne spielendes Gold, Hoffende Wonne bringest du hold! Wie labt mich dein selig begrüßendes Bild! Es lächelt am tiefblauen Himmel so mild Und hat mir das Auge mit Tränen gefüllt! Warum? Grünend umkränzet Wälder und Höh'! Schimmernd erglänzet Blütenschnee! So dränget sich alles zum bräutlichen Licht; Es schwellen die Keime, die Knospe bricht; Sie haben gefunden, was ihnen gebricht: Und du? Ludwig Rellstab (1799-1860)
Feldeinsamkeit Ich ruhe still im hohen grünen Gras Und sende lange meinen Blick nach oben, Von Grillen rings umschwirrt ohn Unterlaß, Von Himmelsbläue wundersam umwoben. Und schöne weiße Wolken ziehn dahin Durchs tiefe Blau, wie schöne, stille Träume; – Mir ist, als ob ich längst gestorben bin Und ziehe selig mit durch ewge Räume. Hermann Allmers
Frühlingsdämmerung In der stillen Pracht, In allen frischen Büschen und Bäumen Flüsterts wie Träumen Die ganze Nacht. Denn über den mondbeglänzten Ländern Mit langen weißen Gewändern Ziehen die schlanken Wolkenfraun wie geheime Gedanken, Senden von den Felsenwänden Hinab die behenden Frühlingsgesellen, die hellen Waldquellen, Die's unten bestellen An die duftgen Tiefen, Die gerne noch schliefen. Nun wiegen und neigen in ahnendem Schweigen Sich alle so eigen Mit Ähren und Zweigen, Erzählens den Winden, Die durch die blühenden Linden Vorüber den grasenden Rehen Säuselnd über die Seen gehen, Daß die Nixen verschlafen auftauchen Und fragen, Was sie so lieblich hauchen – Wer mag es wohl sagen? Joseph von Eichendorff
Über'n Garten durch die Lüfte Hört ich Wandervögel ziehn, Das bedeutet Frühlingsdüfte, Unten fängt's schon an zu blühn. Jauchzen möcht' ich, möchte weinen, Ist mir's doch, als könnt's nicht sein! Alte Wunder wieder scheinen Mit dem Mondesglanz herein. Und der Mond, die Sterne sagen's, Und im Traume rauscht's der Hain, Und die Nachtigallen schlagen's: Sie ist deine! Sie ist dein! Josef von Eichendorff
An den Frühling Willkommen, schöner Jüngling! Du Wonne der Natur! Mit deinem Blumenkörbchen Willkommen auf der Flur! Ei! ei! da bist ja wieder! Und bist so lieb und schön! Und freun wir uns so herzlich, Entgegen dir zu gehn. Denkst auch noch an mein Mädchen? Ei, Lieber, denke doch! Dort liebte mich das Mädchen, Und 's Mädchen liebt mich noch! Fürs Mädchen manches Blümchen Erbat ich mir von dir - Ich komm' und bitte wieder, Und du? - du gibst es mir? Willkommen, schöner Jüngling! Du Wonne der Natur! Mit deinem Blumenkörbchen Willkommen auf der Flur! Friedrich Schiller
Der Weiher Er liegt so still im Morgenlicht, So friedlich, wie ein fromm Gewissen; Wenn Weste seinen Spiegel küssen, Des Ufers Blume fühlt es nicht; Libellen zittern über ihn, Blaugoldne Stäbchen und Karmin, Und auf des Sonnenbildes Glanz Die Wasserspinne führt den Tanz; Schwertlilienkranz am Ufer steht Und horcht des Schilfes Schlummerliede; Ein lindes Säuseln kommt und geht, Als flüstre's: Friede! Friede! Friede! — Annette von Droste-Hülshoff
Nun ist er endlich kommen doch in grünem Knospenschuh. »Er kam, er kam ja immer noch«, die Bäume nicken sich's zu. Die konnten ihn all erwarten kaum, nun treiben sie Schuß auf Schuß; im Garten der alte Apfelbaum er sträubt sich, aber er muß. Wohl zögert auch das alte Herz und atmet noch nicht frei, es bangt und sorgt: »Es ist erst März, und März ist noch nicht Mai.« O schüttle ab den schweren Traum und die lange Winterruh', es wagt es der alte Apfelbaum, Herze, wag's auch du! Theodor Fontane
Ich ging im Walde So für mich hin, Und Nichts zu suchen, Das war mein Sinn. Im Schatten sah ich Ein Blümchen stehn, Wie Sterne leuchtend, Wie Äuglein schön. Ich wollt' es brechen, Da sagt' es fein: "Soll ich zum Welken Gebrochen sein?" Ich grub's mit allem Den Würzlein aus, Zum Garten trug ich's Am hübschen Haus. Und pflanzt' es wieder Am stillen Ort; Nun zweigt es immer Und blüht so fort. Johann Wolfgang von Goethe
Es flattert um die Quelle die wechselnde Libelle, mich freut sie lange schon, mich freut sie lange schon. Sie schwirrt und schwebet, und rastet nie, und rastet nie. Bald dunkel... und bald helle, wie der Chamäleon. Bald blau, bald grün, o daß ich in der Nähe doch ihre Farben sähe! Doch stille! sie setzt sich an die Weiden. Da hab' ich sie, und nun betracht' ich sie genau, und seh' ein traurig dunkles Blau. Johann Wolfgang von Goethe
Frühlingslied Es brechen im schallenden Reigen Die Frühlingsstimmen los, Sie können's nicht länger verschweigen, Die Wonne ist gar zu groß! Wohin, sie ahnen es selber kaum, Es rührt sie ein alter, ein süßer Traum! Die Knospen schwellen und glühen Und drängen sich an das Licht, Und warten in sehnendem Blühen, Daß liebende Hand sie bricht. Wohin, sie ahnen es selber kaum, Es rührt sie ein alter, ein süßer Traum! Und Frühlingsgeister, sie steigen Hinab in der Menschen Brust, Und regen da drinnen den Reigen Der ew'gen Jugendlust. Wohin, sie ahnen es selber kaum, Es rührt sie ein alter, ein süßer Traum! Karl Klingemann (1798-1862)
Es färbte sich die Wiese grün, Und um die Hecken sah ichs blühn, Tagtäglich sah ich neue Kräuter Mild war die Luft der Himmel heiter. Ich wußte nicht wie mir geschah Und wie das wurde was ich sah. Und immer dunkler ward der Wald, Auch bunter Sänger Aufenthalt, Es drang mir bald auf allen Wegen Ihr Klang im süßen Duft entgegen Ich wußte nicht wie mir geschah Und wie das wurde was ich sah. Es quoll und trieb nun überall Mit Leben, Farben, Duft und Schall; Sie schienen gern sich zu vereinen, Das alles möchte lieblich scheinen. Ich wußte nicht wie mir geschah Und wie das wurde was ich sah. So dacht' ich ist ein Geist erwacht Der alles so lebendig macht Und der mit tausend schönen Waaren Und blüten sich will offenbaren? Ich wußte nicht wie mir geschah Und wie das wurde was ich sah. Wie ich so stand und bei mir sann Ein mächt'ger Trieb in mir begann, Ein freundlich Mädchen kam gegangen Und nahm mir jeden Sinn gefangen. Ich wußte nicht wie mir geschah Und wie das wurde was ich sah. Uns barg der Wald vor Sonnenschein Das ist der Frühling! fiel mir ein Und kurz ich sah daß jetzt auf Erden Die Menschen sollten Gotter werden. Nun wußt' ich wohl wie mir geschah Und wie das wurde was ich sah. Novalis (1772-1801) [pseudonym]
Die blauen Frühlingsaugen schau'n aus dem Gras hervor; Das sind die lieben, lieben Veilchen, die ich zum Strauß erkor. Ich pflücke sie und denke, und die Gedanken all, Die mir im Herzen seufzen, singt laut die Nachtigall. Ja, was ich denke, singt sie lautschmetternd, daß es schallt; Mein zärtliches Geheimnis weiß schon der ganze Wald. Heinrich Heine (1797-1856)
Der Schmetterling ist in die Rose verliebt, Umflattert sie tausendmal, Ihn selber aber goldig und zart Umflattert der liebende Sonnenstrahl. Jedoch, in wen ist die Rose verliebt? Das wüßt' ich gar so gern. Ist es die singende Nachtigall? Ist es der schweigende Abendstern? Ich weiß nicht, in wen die Rose verliebt; Ich aber lieb' euch all?: Rose, Schmetterling, Sonnenstrahl, Abendstern und Nachtigall. Heinrich Heine (1797-1856)
Die Lotosblume ängstigt Sich vor der Sonne Pracht, Und mit gesenktem Haupte Erwartet sie träumend die Nacht. Der Mond, der ist ihr Buhle, Er weckt sie mit seinem Licht, Und ihm entschleiert sie freundlich Ihr frommes Blumengesicht. Sie blüht und glüht und leuchtet, Und starret stumm in die Höh; Sie duftet und weinet und zittert Vor Liebe und Liebesweh. Heinrich Heine