Sonnentage Der Herbst streut seine letzten Sonnentage, die kostbar sind wie Diamant. Ich möchte seine Lichter fassen und nicht mehr geben aus der Hand. Maria Holschuh, verstorben im März 2003
Blätterfall Der Herbstwald raschelt um mich her... Ein unabsehbar Blättermeer entperlt dem Netz der Zweige. Du aber, dessen schweres Herz mitklagen will den großen Schmerz - sei stark, sei stark und schweige! Du lerne lächeln, wenn das Laub, dem leichten Wind ein leichter Raub, hinabschwankt und verschwindet. Du weißt, dass just Vergänglichkeit das Schwert, womit der Geist der Zeit sich selber überwindet. Christian Morgenstern
.... Ein grünes Blatt Ein Blatt aus sommerlichen Tagen, Ich nahm es so im Wandern mit, Auf dass es einst mir möge sagen, Wie laut die Nachtigall geschlagen, Wie grün der Wald, den ich durchschritt. Theodor Storm
... dieses Gedicht aus Tirol wurde mir von Monsti zugeschickt. Herbstln duats! Gonz longsam, awa sicha meld si da Herest u. D'Natur dö wechslt s'Gwandl a dö Bam ist fast koa Lab mer dru. Ma nutzt dö letztn warma Dag, geht wondan oda Radl fohn, a dahoam gibt's latz vui Arwöt dö deaf ma a nit üwagwan. An Goschtn i so vui zon doa Bisch aussireißn, Staudn schneidn, dö Bam no a wenk zuache stutzn wuscht's amendö a daleidn. S'Summagwond is zon vorama s*Wintazoig vom Dachbodn hoin, fü'n Kachö-Ofn s'Holz herrichtn und dazua no a baar Koin. Wer a Haus hot muaß drau schau dass ois dicht ist, koane Klossn. Und a s'Auto - falls oas do is - muaß ma üwapriafn lossn. Da Herest, da mocht gwiß vui Arwöt, boid ois du is komb dö Freid. Ma wort scho auf'n easchtn Schnee, auf d'Advent- und Weihnachtszeit. Hilde Möschl (St. Johann i. Tirol)
Noch ein Herbstgedicht aus Tirol Herest Herest, wenn i di betracht mit dei gonza Farbnpracht hon i jedsmol so a Freid bist für mi a schene Zeit! Hock i mi no untern Bam wo i so vor mi hintram. Nohmol zlachts vorbei des Johr oamal trüab und oamal klar. Greawern, Wasen und des Blüahn, Gartlputzn - fest bemüahn! Sommerhitz und Regntag, Mahn und Heign und gonz vui Plag! Ob ham mar en Keller trogn "Geltsgott Herr!", muaß i no sogn. Viacha treibms vom Berg ins Tal. Abschiednehma hoaßts allmal. Von an Summa in Gotsnam ... "i ban Banke pack ah zam, jeder stellt si die groß Frog ob i nohmol kemma mog?" Falln die Blattl von die Bam ist vorbei mei schönster Tram. Bald werd's wieder trüab und grau, schwarmüatig werd ah mei Gschau. Ziacht da Winter scho sei Spua, geht des Johr an End bald zua! (Marianne Wieshofer, Goldegg)
Tür ins Leben Türen ins Leben Was jetzt nicht geht, könnte in einer Stunde gelingen. Und was in einer Stunde vielleicht nicht mehr möglich ist, könnte sich jetzt ereignen. Manche Türen ins Leben stehen nur kurze Zeit offen. Sie ähneln den kleinen Zielscheiben der Schießbuden auf dem Jahrmarkt, die sich dem Schützen nur einige Sekunden zeigen und dann in der Versenkung verschwinden. Schießt er nicht rechtzeitig, hat er das Nachsehen. Versäumen wir den richtigen Augenblick, haben wir eine Chance verpaßt, die vielleicht nie wiederkommt. Doch wenn wir ihr nachtrauern, sehen wir nicht die nächste, die sich uns bietet. Ein Gedicht von Hans kruppa
Erlafsee Mir ist so wohl, so weh' Am stillen Erlafsee; Heilig Schweigen In Fichtenzweigen, Regungslos Der blaue Schoß, Nur der Wolken Schatten flieh'n Überm glatten Spiegel hin, Frische Winde Kräuseln linde Das Gewässer Und der Sonne Güldne Krone Flimmert blässer. Mir ist so wohl, so weh' Am stillen Erlafsee. Mayrhofer, Johann Baptist
Im Herbste Es rauscht, die gelben Blätter fliegen,_ am Himmel steht ein falber Schein;_ du schauerst leis und drückst dich fester in deines Mannes Arm hinein._ Was nun von Halm zu Halme wandelt,_ was nach den letzten Blumen greift,_ hat heimlich im Vorübergehen_ auch dein geliebtes Haupt gestreift._ Doch reißen auch die zarten Fäden,_ die warme Nacht auf Wiesen spann –_ es ist der Sommer nur, der scheidet;_ was geht denn uns der Sommer an!_ Du legst die Hand an meine Stirne_ und schaust mir prüfend ins Gesicht;_ aus deinen milden Frauenaugen_ bricht gar zu melancholisch Licht._ Erlosch auch hier ein Duft, ein Schimmer,_ ein Rätsel, das dich einst bewegt,_ daß du in meine Hand gefangen_ die freie Mädchenhand gelegt?_ O schaudre nicht! Ob auch unmerklich_ der hellste Sonnenschein verrann –_ es ist der Sommer nur, der scheidet;_ was geht denn uns der Sommer an!_ Theodor Storm
Das Herbstlaub Das Herbstlaub fällt zur Erde nieder, schon wird es düster, rau und kalt. Das Herbstlaub fällt, es mahnt uns wieder, die Zeit entflieht, wir werden alt. Noch einmal möchte es fern umsäumen die Liebe meines Herzensraum, An deinem Herzen lass mich träumen, O. gönne mir den Frühlingstraum. Das Herbstlaub fällt zur Erde nieder und bleicher wird der Sonne Schein. Die Vöglein singen Abschiedslieder, verödet stehen Flur und Hain - Da rauscht es in des Waldes Räumen, ein Flüstern geht von Baum zu Baum An deinem Herzen lass mich träumen O, gönne mir den Frühlingstraum Anna Weber (1900-1977)
Das Laub fällt von den Bäumen Gestern fand ich das Herbstlaub noch so schön, aber heute kann ich das wirklich nicht mehr verstehn. Es sieht alles nur noch dunkel und dreckig aus, am liebsten ginge ich nicht aus dem Haus. Aber ich muss mich einfach etwas bewegen, und vor dem Haus mal die gelben Blätter fegen! Die Bäume sind jetzt fast leer und es fällt mir wirklich sehr schwer. Wie heißt es, Buchen sollst Du suchen? Ich brauch sie nicht zu suchen, diese Buchen, überall liegen die Blätter herum, und ich bücke mich krumm und krumm. Vor den Eichen sollst Du weichen? Ich finde auch Blätter von den Eichen, die gar nicht bei mir im Garten stehn, wie kann das denn gehen? Nein wirklich, es ist nicht gelogen, von allen fremden Bäumen kommen die Blätter zu mir geflogen, bis sie an meinem Gartenzaun dann stecken bleiben, man sollte es doch nicht übertreiben! Hab ich nicht schon Ahornblätter genug, die zu mir fliegen Zug um Zug, und auch nach abgebrochenen Ästen muss ich mich bücken, leider ohne jegliches Entzücken! Vor ein paar Tagen hat noch die Gucki über das Laub gestöhnt, und ich hätte sie fast in Gedanken verhöhnt, Jetzt weiß ich, das Fegen fällt auch mir so schwer, käme doch endlich ein Helfer daher! Aber alle Vorübergehenden spazieren voller Ruh, und sie lächeln mir auch noch zu. Könnt Ihr Euch denken, wie ich das finde, und das jetzt auch noch bei starkem Winde? Und ganz plötzlich kommt ein starker Regen und ich kann ja auch meine Gelenke kaum noch bewegen, ich schmeiße den Rechen und den Besen auf den Balkon und mache mich schnellstens in die Wohnung davon. Auch weil ich nicht mehr pusten kann, vielleicht kommt ja morgen ein hilfsbereiter Mann? Und jetzt will ich mir ein Tässchen Kaffee holen und vielleicht das Bildungsbuch von dem , wie heißt er noch... Bohlen? Ich zeig auch nur noch den Blättermatsch vor dem Teich, und frag Euch: Gehört das auch zu meinem Fegebereich? Neli
Herbst Das Laub fällt von den Bäumen, Das zarte Sommerlaub, Das Leben mit seinen Träumen Zerfällt in Asch' und Staub. Die Vöglein traulich sangen Wie schweigt der Wald jetzt still! Die Lieb' ist fortgegangen, Kein Vöglein singen will. Die Liebe kehrt wohl wieder Im künft'gen lieben Jahr, Und alles tönt dann wieder, Was hier verklungen war. Mahlmann, Siegfried-August
für Gucki Drei Tage Regen fort und fort, Kein Sonnenschein zur Stunde; Drei Tage lang kein gutes Wort Aus meiner Liebsten Munde! Sie trutzt mit mir und ich mit ihr, So hat sie's haben wollen; Mir aber nagt's am Herzen hier, Das Schmollen und das Grollen. Willkommen denn, des Jägers Lust, Gewittersturm und Regen: Fest zugeknöpft die heiße Brust, Und jauchzend euch entgegen! Nun sitzt sie wohl daheim und lacht Und scherzt mit den Geschwistern; Ich höre in des Waldes Nacht Die alten Blätter flüstern. Nun sitzt sie wohl und weinet laut Im Kämmerlein in Sorgen; Mir ist es wie dem Wilde traut In Finsternis geborgen. Kein Hirsch und Rehlein überall! Ein Schuß zum Zeit vertreibe! Gesunder Knall und Wiederhall Erfrischt das Mark im Leibe. - Doch wie der Donner nun verhallt In Tälern, durch die Runde, Ein plötzlich Weh mich überwallt, Mir sinkt das Herz zu Grunde. Sie trutzt mit mir und ich mit ihr, So hat sie's haben wollen; Mir aber frißt's am Herzen hier, Das Schmollen und das Grollen. Und auf! Und nach der Liebsten Haus! Und sie gefaßt um's Mieder! "Drück' mir die nassen Locken aus, Und küß' und hab' mich wieder!" Eduard Mörike
Herbstentschluß Trübe Wolken, Herbstesluft, Einsam wandl ich meine Straßen, Welkes Laub, kein Vogel ruft – Ach, wie stille! wie verlassen! Todeskühl der Winter naht; Wo sind, Wälder, eure Wonnen? Fluren, eurer vollen Saat Goldne Wellen sind verronnen! Es ist worden kühl und spät, Nebel auf der Wiese weidet, Durch die öden Haine weht Heimweh; – alles flieht und scheidet. Herz, vernimmst du diesen Klang Von den felsentstürzten Bächen? Zeit gewesen wär es lang, Daß wir ernsthaft uns besprechen! Herz, du hast dir selber oft Wehgetan und hast es andern, Weil du hast geliebt, gehofft; Nun ists aus, wir müssen wandern! Auf die Reise will ich fest Ein dich schließen und verwahren, Draußen mag ein linder West Oder Sturm vorüberfahren. Nikolaus Lenau
Der kalte Wind Es wohnt ein Wind in Leningrad, der pustet kalt, wer da nicht einen Mantel hat, der hustet bald. Heinz Erhardt
ich auch mal was schreiben will zum Herbst, Verklärter Herbst Gewaltig endet so das Jahr mit goldnem Wein und Frucht der Gärten. Rund schweigen Wälder wunderbar und sind des Einsamen Gefährten. Da sagt der Landmann: Es ist gut. Ihr Abendglocken lang und leise gebt noch zum Ende frohen Mut. Ein Vogelzug grüßt auf der Reise. Es ist der Liebe milde Zeit. Im Kahn den blauen Fluß hinunter wie schön sich Bild an Bildchen reiht - das geht in Ruh und Schweigen unter von Georg Trakl ehe sie fallen, blühen im Herbst die Blätter in allen Farben. Gruß Lilli
Frühling im Herbst Ich hab es gleich beim Fensteröffnen gerochen, heute nachmittag war der Frühling ausgebrochen. Es war eine Sonne hell und klar, die da bei uns im Rheinland war. Ich lief natürlich sofort aus dem Haus und an die Sonne in den Garten hinaus. Ich schaute mir den Weihnachtsbaum vom vorigen Jahre an, ob man den wohl noch gebrauchen kann? Er machte wirklich keine Faxen und war sogar noch größer und schöner gewachsen. Also muss er in diesem Jahr wieder dran glauben, auch wenn er hat die paar Flecken von den Tauben. Dann köpfte ich die Stauden in einem Knick, da knackte es auf einmal in meinem Genick. Deshalb mußte ich natürlich etwas ruhn, nachher wollte ich wirklich dann etwas tun. Glücklicherweise und Gott sei Dank stand da noch meine alte Gartenbank. Ich hatte ja zwei wärmende Pullover an, einen alten von mir und den besten von meinem Mann. Während ich an den Stauden gerüttet, hatte mein Mann in der Küche Kaffee aufgeschüttet. aber leider dachte er dann wohl, dass ich ihn mir am besten selber hol. Wenn man im Garten soviel Kräfte verliert, dann bekäme man die Getränke auch gern serviert! Ich dachte, ich würde gleich nachher vor Kräften überborden, aber da war es auf einmal fast dunkel geworden. Eines hab ich heute wirklich gesehn, dass es Herbst ist, auch wenn ein paar Frühlingslüfte wehn. Notfalls zieh ich mich morgen dann noch wärmer an, einen Pullover von mir und zwei von meinem Mann. Neli
Herbstgefühl Grünen, Blühen, Duften, Glänzen, Reichstes Leben ohne Grenzen, Alles steigernd, nirgends stockend. Selbst die kühnsten Wünsche lockend: Ja, da kann ich wohl zerfließen, Aber nimmermehr genießen; Solche Flügel tragen weiter Als zur nächsten Kirschbaum-Leiter. Doch, wenn rot die Blätter fallen, Kühl die Nebelhauche wallen, Leis durchschauernd, nicht erfrischend, In den warmen Wind sich mischend: Dann vom Endlos-Ungeheuren Flücht' ich gern zum Menschlich-Teuren, Und in einer ersten Traube Sieht die Frucht der Welt mein Glaube. Christian Friedrich Hebbel
Sehnsucht Ach, aus dieses Tales Gründen, Die der kalte Nebel drückt, Könnt ich doch den Ausgang finden, Ach, wie fühlt ich mich beglückt! Dort erblick ich schöne Hügel, Ewig jung und ewig grün! Hätt ich Schwingen, hätt ich Flügel, Nach den Hügeln zög ich hin. .....
.... Harmonieen hör ich klingen, Töne süßer Himmelsruh, Und die leichten Winde bringen Mir der Düfte Balsam zu, Goldne Früchte seh ich glühen, Winkend zwischen dunkelm Laub, Und die Blumen, die dort blühen, Werden keines Winters Raub. Ach wie schön muß sich's ergehen Dort im ew'gen Sonnenschein, Und die Luft auf jenen Höhen, O wie labend muß sie sein! Doch mir wehrt des Stromes Toben, Der ergrimmt dazwischen braust, Seine Wellen sind gehoben, Das die Seele mir ergraust. Einen Nachen seh ich schwanken, Aber ach! Der Fährmann fehlt. Frisch hinein und ohne Wanken! Seine Segel sind beseelt. Du mußt glauben, du mußt wagen, Denn die Götter leihn kein Pfand, Nur ein Wunder kann dich tragen In das schöne Wunderland. Friedrich Schiller
Für Mimmi in Schweden Der erste Schnee Herbstsonnenschein. Des Winters Näh' Verrät ein Flockenpaar; Es gleicht das erste Flöckchen Schnee Dem ersten weißen Haar. Noch wird - wie wohl von lieber Hand Der erste Schnee dem Haupt - So auch der erste Schnee dem Land Vom Sonnenstrahl geraubt. Theodor Fontane