Herbstnebel Herbstnebel wallen bläulich überm See; Vom Reif bezogen stehen alle Gräser; Man meint, ein Künstler habe Staub von Jade Über die feinen Blüten ausgestreut. Der süsse Duft der Blumen ist verflogen; Ein kalter Wind beugt ihre Stengel nieder. Bald werden die verwelkten, gold'nen Blätter Der Lotosblüten auf dem Wasser zieh'n. Aus dem Lied von der Erde (mach Chang-Tsi)
Oktoberlied Der Nebel steigt, es fällt das Laub; Schenk ein den Wein, den holden! Wir wollen uns den grauen Tag Vergolden, ja vergolden Und geht es draußen noch so toll, Unchristlich oder christlich, Ist doch die Welt, die schöne Welt, So gänzlich unverwüstlich! Und wimmert auch einmal das Herz - Stoß an und laß es klingen . Wir wissen's doch, ein rechtes Herz Ist gar nicht umzubringen. Der Nebel steigt, es fällt das Laub; Schenk ein den Wein, den holden! Wir wollen uns den grauen Tag Vergolden, ja vergolden! Wohl ist es Herbst; doch warte nur, Doch warte nur ein Weilchen! Der Frühling kommt, der Himmel lacht, Es steht die Welt in Veilchen. Die blauen Tage brechen an, Und ehe sie verfließen, Wir wollen sie, mein wackrer Freund, Genießen, ja genießen! Theodor Storm
Allerheiligen Wieder so ein Trauertag, da geht zum Friedhof, wer es mag, um der lieben Verstorbenen zu gedenken und ihnen ein Blümchen fürs Grab zu schenken. Ganz leise weht der Wind, an der Hand der Freundin hüpft ihr Enkelkind. Aber plötzlich kommt ein Regen auf, die Trauer nimmt jetzt ihren Lauf. Am Grab stehen wir dann ganz betreten, endlich können wir für die Verstorbene beten. Wir können die Trauer auch wieder überwinden, wenn wir eine wärmende Kerze anzünden. Wie schön, dass wir so liebevoll der Toten gedenken und dass wir sie können mit Blumen beschenken. Neli
Wolken Wolken, leise Schiffe, fahren über mir und rühren mich mit den zarten, wunderbaren Farbenschleiern wunderlich. Aus der blauen Luft entquollen, eine farbig, schöne Welt, die mich mit geheimnisvollen Reizen oft gefangen hält. Leichte, lichte, klare Schäume, alles Irdischen befreit, ob ihr schöne Heimwehträume der befleckten Erde seid? - H. Hesse (August 1904)
Hallo ihr Lieben!!! Vor ein paar Tagen habe ich von meiner Tante ein Buch geschenkt bekommen, in dem Gedichte sind, die eine Hunsrückerin geschrieben hat. Natürlich ist alles im tiefsten Platt verfasst!!! Ich habe nun, als ich dieses Thema entdeckt habe, noch eimal nachgesehen, ob ich auch ein passendes Gedicht zum Herbst finde. Siehe da - ich wurde fündig. So, nun aber lange genug herumgeredet... Ich will es euch ja schließlich nicht noch länger vorenthalten... Herebschd E Herebschd wie im Bilderbuch, wer wollt meer dat bestreite. Die Trauwe harre Sunn genuch, konnt gurer Wein drauß reife. Die Kumbeere sinn ausgemach, die Äbbel sinn gebroch; die Gwetscheschmeer is iingekocht, wat wolle meer dann noch! Geranie hott de Froschd gehuult, Aschtere sinn verblieht. Naachts freert's unn morjens is'd gereift, Ostluft singt ehr kalt Lied. Holz far de Winter is gespalt, jetzt kann ma wiere scheere unn hott ma warem in de Stu, kann än kää Wääre steere! (Elfriede Karsch) Ich hoffe, dass ihr dieses Gedicht überhaupt verstehen könnt, denn ich muss zugeben, dass ich bei vielen "Wörtern", die in dem besagten Buch verwendet werden, selbst ziemlich lange überlegen muss, was sie bedeuten... Manchmal gelingt es mir trotz allem nicht, alles zu verstehen... LG Ramona
Übersetzung Hallo Sunflower! Könnte ja sein, daß es doch einige gibt, die unseren Dialekt nicht verstehen. Hier die Übersetzung. Herbst! Ein Herbst wie im Bilderbuch, wer will mir das bestreiten Die Trauben hatten Sonne genug, ‚konnt guter Wein ‚draus reifen. Kartoffel, sie sind ausgemacht, die Äpfel sind gebroch‘, die Marmelad‘ ist eingekocht, was wollen wir dann noch. Geranien hat der Frost geholt, die Astern sind verblüht. Nachts gibt’s Frost, am Morgen Reif, die Ostluft singt ihr Lied. Holz für den Winter ist gespalten, jetzt kann man wieder schüren, und hat man’s warm, in der Stub‘, kann uns kein Wetter stören. Gruß Wolf
Im Herbst Der Wald wird falb, die Blätter fallen, Wie öd und still der Raum! Die Bächlein nur gehn durch die Buchenhallen Lind rauschend wie im Traum, Und Abendglocken schallen Fern von des Waldes Saum. Was wollt ihr mich so wild verlocken In dieser Einsamkeit? Wie in der Heimat klingen diese Glocken Aus stiller Kinderzeit - Ich wende mich erschrocken, Ach, was mich liebt, ist weit! So brecht hervor nur, alte Lieder, Und brecht das Herz mir ab! Noch einmal grüß ich aus der Ferne wieder, Was ich nur Liebes hab, Mich aber zieht es nieder Vor Wehmut wie ins Grab. (Joseph von Eichendorff)
Herbstrose Nun laß den Sommer gehen, Laß Sturm und Winde wehen. Bleibt diese Rose mein, Wie könnt ich traurig sein? Joseph Freiherr von Eichendorff
Sonniger Herbsttag Abschiedshauch durchweht die Lüfte, Letzte Farben, letzte Düfte, Und ein letzter holder Klang. - Wo sind jene schönen Tage, Da aus jedem Blütenhage Tönte Nachtigallensang? Zwar noch blüht die letzte Rose, Doch die bleiche Herbstzeitlose Schimmert schon im Wiesengrün; Sie verschlief das beste Wetter Und nun kommt sie ohne Blätter Sich beizeit noch auszublühn. Träumerisch in sich versunken Und wie von Erinnrung trunken Liegt die Welt so blau und weit, Sehnsuchtsvoll, mit sanfter Klage, Still gedenkend goldner Tage Und der schönen Rosenzeit! Heinrich Seidel
O wie schön O wie schön ist deine Welt, Vater, wenn sie golden strahlet! Wenn dein Glanz herniederfällt Und den Staub mit Schimmer malet, Wenn das Rot, das in der Wolke blinkt, In mein stilles Fenster sinkt! Karl Gottlieb Lappe
O wunderbares tiefes Schweigen Oh wunderbares, tiefes Schweigen, wie einsam ist`s doch auf der Welt! Die Wälder nur sich leise neigen, als ging der Herr durchs stille Feld. Ich fühl mich recht wie neu erschaffen. Wo ist die Sorge, wo die Not? Was mich noch gestern wollt erschlaffen- ich schäm mich des im Morgenrot. Die Welt mit ihrem Gram und Glücke will ich,ein Pilger, frohbereit betreten nur wie eine Brücke zu Dir, Herr, übern Strom der Zeit. Joseph von Eichendorff
Herbst Seht nur, wie die Blätter fliegen, wie sie sich in den Bäumen wiegen, dieses Schauspiel bekommt ihr jetzt zu sehn, ihr müsst nur in die Natur hinausgehn. Und was macht uns denn der Wind, wenn wir warm angezogen sind? Ihr werdet es sehn, jetzt ist der Herbst besonders schön. So herrliche Farben in allen Bäumen, davon kann man noch nicht einmal träumen, bald ziehen die Bäume sich in sich zurück, aber der Frühling bringt wieder neue Blätter und neues Glück! Neli
Novembertag Für Augenblicke schweigt die Ferne mir, und alle Berge leuchten bläulich herüber aus der feuchten Novemberluft in junger, weißer Zier. Die blanken Gipfel stehen, wie ich in guter Zeit sie oft voll Lust gesehen und weit hinunter frisch verschneit. Kein Mensch ringsum, die Herden sind im Tal, verlassene Weiden schweigen winterkahl. Auf kühler Rast meß ich die Ferne mit ruhigem Blick, und sehe Abendblau, und ahne hinterm Grat die ersten Sterne, und wittre atmend nahen Reif und Tau. Da mit dem Abendschauer kommt mir Erinnerung zurück und Zorn und Leid und tiefe Trauer ade, mein Wanderglück! Hermann Hesse
Welkes Blatt Jede Blüte will zur Frucht, Jeder Morgen Abend werden, Ewiges ist nicht auf Erden Als der Wandel, als die Flucht. Auch der schönste Sommer will Einmal Herbst und Welke spüren. Halte, Blatt, geduldig still, Wenn der Wind dich will entführen. Spiel dein Spiel und wehr dich nicht, Lass es still geschehen. Lass vom Winde, der dich bricht, Dich nach Hause wehen. (Hermann Hesse)
Herbst Astern blühen schon im Garten, Schwächer trifft der Sonnenpfeil. Blumen, die den Tod erwarten Durch des Frostes Henkerbeil. Brauner dunkelt längst die Heide, Blätter zittern durch die Luft. Und es liegen Wald und Weide Unbewegt in blauem Duft. Pfirsich an der Gartenmauer, Kranich auf der Winterflucht. Herbstes Freuden, Herbstes Trauer, Welke Rosen, reife Frucht. Detlev Freiherr von Liliencron (1844-1909)
Spätherbst Schon mischt sich Rot in der Blätter Grün, Reseden und Astern im Verblühn, Die Trauben geschnitten, der Hafer gemäht, Der Herbst ist da, das Jahr wird spät. Und doch (ob Herbst auch) die Sonne glüht. Weg drum mit der Schwermut aus deinem Gemüt! Banne die Sorge, genieße, was frommt, Eh Stille, Schnee und Winter kommt. Theodor Fontane
Herbst Traum liegt über den Gärten Stille webt goldene Töne Ein Hauch von Duft trägt letzte Schmetterlinge Sonne liebkost Blüten Farben werden zu Lichtern. Vögel ziehen in blaue Fernen. Abschied flüstern die Bäume. Die Blätter erbleichen Das Herz schlägt beklommen. Maria Holschuh Der Schmetterling wurde von Monsti aufgenommen
Laterne, Laterne Laterne, Laterne! Sonne, Mond und Sterne, Die doch sonst am Himmel stehn, Lassen heut sich nimmer sehn; Zwischen Wasserreih und Schloß Ist die Finsternis so groß, Gegen Löwen rennt man an, Die man nicht erkennen kann! Kleine freundliche Latern', Sei du Sonne nun und Stern: Sei noch oft der Lichtgenoß Zwischen Wasserreih und Schloß Oder - dies ist einerlei - Zwischen Schloß und Wasserreih! Theodor Storm
Wünschelrute Schläft ein Lied in allen Dingen, Die da träumen fort und fort, Und die Welt hebt an zu singen, Triffst du nur das Zauberwort. Joseph von Eichendorff
Herbst Herbst Ich hielt ihn für ein welkes Blatt im Aufwind Dann auf der Hand: ein gelber Schmetterling Es wird nicht länger dauern als ein Blatt das fallen muß in diesem großen Herbst (und ich nicht länger als ein gelber Falter in deiner Liebe großer Flut und Ebbe) und flattert doch und streichelt meine Hand auf der er sich bewegt und weiß es nicht. Erich Fried