Das macht, es hat die Nachtigall Die ganze Nacht gesungen; Da sind von ihrem süßen Schall, Da sind in Hall und Widerhall Die Rosen aufgesprungen. Sie war doch sonst ein wildes Blut, Nun geht sie tief in Sinnen, Trägt in der Hand den Sommerhut Und duldet still der Sonne Glut Und weiß nicht, was beginnen. Theodor Storm (1817-1888)
Morgenlied Erwacht in neuer Stärke, Begrüß' ich, Gott, dein Licht, Und wend' auf deine Werke Mein frohes Angesicht. Wie herrlich strahlt die Sonn' empor Und weckt des Lebens lauten Chor! Von Jubelliedern schallen Schon Feld, Gebüsch und Luft, Und aus des Waldes Hallen Strömt frisch der Morgenduft. Das Vöglein schüttelt ab den Tau, Fliegt auf und singt im hellen Blau. Schon höher schwebt die Sonne In ihrem Siegeslauf, Was lebt, das atmet Wonne, Und was da schlief, wacht auf. O Gott, in deinem Sonnenschein, Wie herrlich ist's lebendig sein! Johann Heinrich Voss (1751-1826)
Nach einem Gewitter Auf den Blumen flimmern Perlen, Philomenens Klagen fließen, Mutiger nun dunkle Erlen In die reinen Lüfte sprießen. Und dem Tale, so erblichen, Kehret holde Röte wieder, In der Blüten Wohlgerüchen Baden Vögel ihr Gefieder. Hat die Brust sich ausgewittert, Seitwärts lehnt der Gott den Bogen, Und sein golden Antlitz zittert Reiner auf versöhnten Wogen. Johann Baptist Mayrhofer (1787-1836)
geh aus mein herz Geh aus mein Herz und suche Freud In dieser lieben Sommerszeit An deines Gottes Gaben; Schau an der schönen Gärtenzier Und siehe, wie sie mir und dir Sich ausgeschmücket haben. Die Bäume stehen voller Laub, Das Erdreich decket seinen Staub Mit einem grünem Kleide; Narzissen und die Tulipan, Die ziehen sich viel schöner an Als Salomonis Seide. Die Lärche schwingt sich in die Luft, Das Täublein fleugt aus seiner Kluft Und macht sich in die Wälder; Die hochbegabte Nachtigall Ergötzt und füllt mit ihrem Schall Berg, Hügel, Tal und Felder. Die Glucke führt ihr Völklein aus, Der Storch baut und bewohnt sein Haus, Das Schwälblein speist die Jungen; Der schnelle Hirsch, das leichte Reh Ist froh und kommt aus seiner Höh ins tiefe Gras gesprungen. Die Bächlein rauschen in dem Sand Und malen sich an ihren Rand Mit schattenreichen Myrten; Die Wiesen liegen hart dabei Und klingen ganz vom Lustgeschrei Der Schaf und ihrer Hirten. Die unverdroßne Bienenschar Fliegt hin und her, sucht hier und da Ihr edle Honigspeise Des süßen Weinstocks starker Saft Bringt täglich neue Stärk’ und Kraft In seinem schwachen Reise Der Weizen wächset mit Gewalt Darüber jauchzet jung und alt Und rühmt die große Güte Des, der so überflüssig labt Und mit so manchem Gut begabt Das menschliche Gemüte Ich selber kann und mag nicht ruhn Des großen Gottes großes Tun Erweckt mir alle Sinnen Ich singe mit, wenn alles singt Und lasse was dem Höchsten klingt Aus meinem Herzen rinnen Ach denk ich bist Du hier so schön Und läßt Du’s uns so lieblich gehn Auf dieser armen Erde Was will doch wohl nach dieser Welt Dort in dem reichen Himmelszelt Und güldnen Schlosse werden? Welch hohe Lust, welch heller Schein Wird wohl in Christi Garten sein! Wie wird es da wohl klingen? Da so viel tausend Seraphim Mit unverdroßnem Mund und Stimm Ihr Halleluja singen Oh wär ich da, o stünd ich schon Ach süßer Gott vor Deinem Thron Und trüge meine Palmen! So wollt ich nach der Engel Weis’ Erhöhen Deines Namens Preis, Mit tausend schönen Psalmen Doch gleichwohl will ich weil ich noch Hier trage dieses Leibes Joch Auch gar nicht stille schweigen. Mein Herze soll sich fort und fort An diesem und an allem Ort Zu Deinem Lobe neigen Hilf mir und segne meinen Geist Mit Segen, der vom Himmel fleußt, Daß ich Dir stetig blühe; Gib, daß der Sommer Deiner Gnad In meiner Seele früh und spat Viel Glaubensfrücht erziehe Mach in mir Deinem Geiste Raum, Daß ich Dir werd ein guter Baum, Und laß mich Wurzeln treiben; Verleihe, daß zu Deinem Ruhm, Ich Deines Gartens schöne Blum Und Pflanze möge bleiben Erwähle mich zum Paradeis, Und laß mich bis zur letzten Reis An Leib und Seele grünen; So will ich Dir und Deiner Ehr Allein und sonstern Keinem mehr Hier und dort ewig dienen. Gerhardt, Paul
Am Waldessaume träumt die Föhre, am Himmel weisse Wölkchen nur, [size=+1]es ist so still, dass ich sei höre, die tiefe Stille der Natur.[/size] [size=+1]Rings Sonnenschein auf Wies und Wegen, die Wipfel stumm, kein Lüftchen wach,[/size] [size=+1]und doch, es klingt, als ström ein Regen, leis tönend auf das Blätterdach.[/size] [size=+1] (Theodor Fontane)[/size]
Auf der Riesenkoppe Hoch auf dem Gipfel deiner Gebirge Steh ich und staun ich. Glühend begeistert, hellige Koppe, Himmelsstürmerin! Weit in die Ferne Schweifen die trunknen, freudigen Blicke; Überall Leben, üppiges Streben, Überall Sonnenschein! Blühende Fluren, schimmernde Städte, Dreier Könige glückliche Länder Schau ich begeistert, schau ich mit hoher, Mit inniger Lust. Auch meines Vaterlands Grenzen erblick ich, Wo mich des Leben freundlich begrüßte, Wo mich der Liebe hellige Sehnsucht Glühend ergriff. Sei mir gesegnet hier in der Ferne, Liebliche Heimat! Sei mir gesegnet, Land meiner Träume, Kreis meiner Lieben, sei mir gegrüßt! Theodor Körner (1791-1813)
Sommer Weißt du, wie der Sommer riecht? Nach Birnen und nach Nelken, nach Äpfeln und Vergissmeinnicht, die in der Sonne welken, nach heißem Sand und kühlem See und nassen Badehosen, nach Wasserball und Sonnencrem, nach Straßenstaub und Rosen. Weißt du, wie der Sommer schmeckt? Nach gelben Aprikosen und Walderdbeeren, halb versteckt zwischen Gras und Moosen, nach Himbeeren, Vanilleeis und Eis aus Schokolade, nach Sauerklee vom Wiesenrand und Brauselimonade. Weißt du, wie der Sommer klingt? Nach einer Flötenweise, die durch die Mittagsstille dringt, ein Vogel zwitschert leise, dumpf fällt ein Apfel in das Gras, ein Wind rauscht in den Bäumen, ein Kind lacht hell, dann schweigt es schnell und möchte lieber träumen. (Ilse Kleberger)
Der Mond ist aufgegangen, Die goldenen Sternlein prangen Am Himmel hell und klar; Der Wald steht schwarz und schweiget, Und aus den Wiesen steiget, Der weiße Nebel wunderbar. Wie ist die Welt so stille Und in der Dämmrung Hülle So traulich und so hold Als eine stille Kammer, Wo ihr des Tages Jammer Verschlafen und vergessen sollt. Seht ihr den Mond dort stehen? Er ist nur halb zu sehen Und ist doch rund und schön! So sind wohl manche Sachen, Die wir getrost belachen, Weil unsre Augen sie nicht sehn. Wir stolze Menschenkinder sind eitel arme Sünder und wissen gar nicht viel; wir spinnen Luftgespinste und suchen viele Künste und kommen weiter von dem Ziel. Gott, laß dein Heil uns schauen Auf nichts Vergänglichs trauen Nicht Eitelkeit uns freun! Laß uns einfältig werden, Und vor dir hier auf Erden Wie Kinder fromm und fröhlich sein! Wollst endlich sonder Grämen aus dieser Welt uns nehmen durch einen sanften Tod, und wenn du uns genommen, laß uns in Himmel kommen, du, unser Herr und unser Gott! So legt euch denn, ihr Brüder, in Gottes Namen nieder! Kalt ist der Abendhauch, Verschon uns, Gott, mit Strafen und laß uns ruhig schlafen und unsern kranken Nachbar auch! Matthias Claudius (1740-1815)
Glocken läuten hinterm Walde, Auf dem Gras liegt Morgentau. Lerchen tragen Silberklänge von der Erde hoch ins Blau. Der Pirol singt und die Amsel, nah am Teich, auf hohem Halm, schlüpfen heute die Libellen, Jede Blüte ist ein Psalm auf des Tages frohe Feier. Birken senden Düfte aus, Ach, wenn ich die Augen schließe, rieche ich, ich bin zu Haus. Und ich sitze in der Sonne wie auf einer Woge Glück. Schließlich hat sogar der Reichste Nichts als nur den Augenblick. Elfi Fritz
Das sind die Sommertage In früher Morgenstunde die Lerche steigt empor. Sie singt aus vollem Munde, ihr Lied dringt in mein Ohr. Vom Himmel strahlt die Sonne; das Herz klopft laut vor Lust; die Seele sprüht vor Wonne, erfüllt mit Freud die Brust. Das Rauschen grüner Bäume klingt in mir wie ein Lied, und unvergessene Träume, die schwingen leise mit. Der Seele wachsen Flügel, sie schwingt sich himmelwärts; trägt über Tal und Hügel, was einst bedrückt das Herz. Das sind die Sommertage, die spielend dies vollbracht. Das ist des Vaters Gnade, die mich so glücklich macht. Annegret Kronenberg
Tiefer sinket schon die Sonne, Und es atmet alles Ruhe, Tages Arbeit ist vollendet, Und die Kinder scherzen munter. Grüner glänzt die grüne Erde, Eh' die Sonne ganz versunken. Milden Balsam hauchen leise In die Lüfte nun die Blumen, Der die Seele zart berühret, Wenn die Sinne selig trunken. Kleine Vögel, ferne Menschen, Berge, himmelan geschwungen, Und der große Silberstrom, Der im Tale schlank gewunden, Alles scheint dem Dichter redend, Denn er hat den Sinn gefunden: Und das All ein einzig Chor, Manches Lied aus einem Munde. Friedrich von Schlegel (1772-1829)
Ich bin die Blum' im Garten, Und muß in Stille warten, Wann und in welcher Weise Du trittst in meine Kreise. Kommst du, ein Strahl der Sonne, So werd' ich deiner Wonne Den Busen still entfalten Und deinen Blick behalten. Kommst du als Tau und Regen, So werd' ich deinen Segen In Liebesschalen fassen, Ihn nicht versiegen lassen. Und fährtest du gelinde Hin über mich im Winde, So werd' ich dir mich neigen, Sprechend: Ich bin dein eigen. Friedrich Rückert (1788-1866)
Zärtlichkeit Der blaue und der weiße Flieder Umduftet unsere Laubenbucht, Goldregen pendelt auf uns nieder Der blütenschwere Zweige Wucht. Viele weiße Schmetterlinge fliegen, Der Spötter singt im Rosendorn, Ganz langsam sich die Zweige wiegen. Ein warmer Wind geht über das Korn. Die Sonne spielt auf deinen Händen, Die lässig ruhn auf deinem Kleid, Mein Blick will sich davon nicht wenden, Mein Herz denkt lauter Zärtlichkeit. Liebesgedicht von Hermann Löns (1866-1914)
Es ist ein halbes Himmelreich, Wenn, Paradiesesblumen gleich, Aus Klee die Blumen dringen; Und wenn die Vögel silberhell Im Garten hier, und dort am Quell, Auf Blütenbäumen singen. Ludwig Heinrich Christoph Hölty (1748-1776)
Kein schöner Land in dieser Zeit Als wie das uns're weit und breit Wo wir uns finden Wohl unter Linden Zur Abendszeit. Da haben wir so manche Stund' Gesessen da in froher Rund Und taten singen Die Lieder klingen Im Eichengrund. Daß wir uns hier in diesem Tal Noch treffen so viel hundertmal Gott mag es schenken Gott mag es lenken Er hat die Gnad. Nun Brüder eine gute Nacht Der Herr im hohen Himmel wacht In seiner Güte Uns zu behüten Ist Er bedacht. (Volkslied um 1840)
Danke, Neli, daß Du das Lied mir wieder in Erinnerung gebracht hast! Ich habe es als Kind, so bis zu 10 Jahre ca., immer mit meiner Oma und der von ihr geleiteten Seniorengruppe gesungen... sehr schöne Erinnerungen...
Sommergewitter Die Hitze ist fast unerträglich, kein Lüftchen heute sich bewegt, die Luft, sie flimmert unbeweglich, der Sommer ist gut aufgelegt. Die Sonne brennt vom Himmel nieder, den Schatten mag heut jeder gerne, doch horch, da ist es plötzlich wieder, das dumpfe Grollen in der Ferne. Die ersten Regentropfen, ein frischer Wind, Blitz und Donner, Hagelschlag. Die Schwüle, sie wird vertrieben geschwind, nun ist's ein erträglicher Sommertag. von Elise Henner
Wie bist du schön, du tiefer, blauer See! Es zagt der laue West, dich anzuhauchen, Und nur der Wasserlilie reiner Schnee Wagt aus dem keuschen Busen dir zu tauchen. Hier wirft kein Fischer seine Angelschnur, Kein Kahn wird je durch deine Fluten gleiten! Gleich einer Dithyrambe der Natur Rauscht nur der Wald durch diese Einsamkeiten! Wildrosen streun dir Weihrauch, ihr Arom Die schlanken Tannen, die dich rings umragen, Und die wie Säulen einen mächt'gen Dom Ob sich des Himmels blau' Gewölbe tragen. Einst kannt' ich eine Seele, ernst, voll Ruh, Die sich der Welt verschloss mit sieben Siegeln; Die, rein und tief, geschaffen schien wie du, Nur um den Himmel in sich abzuspiegeln. Heinrich Leuthold (1827-1879)
Wär nicht das Auge sonnenhaft Wär nicht das Auge sonnenhaft, Die Sonne könnt es nie erblicken; Läg nicht in uns des Gottes eigne Kraft, Wie könnt uns Göttliches entzücken? (Goethe)
Die Blumen. Kinder der verjüngten Sonne, Blumen der geschmückten Flur, Euch erzog zu Lust und Wonne, Ja, euch liebte die Natur. Schön das Kleid mit Licht gesticket, Schön hat Flora euch geschmücket Mit der Farben Götterpracht. Holde Frühlingskinder, klaget! Seele hat sie euch versaget, Und ihr selber wohnt in Nacht. Nachtigall und Lerche singen Euch der Liebe selig Loos, Gaukelnde Sylphiden schwingen Buhlend sich auf eurem Schooß. Wölbte eures Kelches Krone Nicht die Tochter der Dione Schwellend zu der Liebe Pfühl? Zarte Frühlingskinder, weinet! Liebe hat sie euch verneinet, Euch das selige Gefühl. Aber hat aus Nannys Blicken Mich der Mutter Spruch verbannt, Wenn euch meine Hände pflücken Ihr zum zarten Liebespfand, Leben, Sprache, Seelen, Herzen, Stumme Boten süßer Schmerzen, Goß euch dies Berühren ein, Und der mächtigste der Götter Schließt in eure stillen Blätter Seine hohe Gottheit ein. (Schiller)