Gruß Ihr Vöglein in den Lüften, Schwingt mit Gesang euch fort Und grüßet mir den teuren, Den lieben Heimatsort! Ihr Lerchen, nehmt die Blüten, Die zarten mit hinaus! Ich schmückte sie zur Zierde Für's teure Vaterhaus. Du Nachtigall, o schwinge Dich doch zu mir herab Und nimm die Rosenknospe Auf meines Vaters Grab! Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844-1900)
Die Liebe saß als Nachtigall im Rosenbusch und sang; es flog der wundersüße Schall den grünen Wald entlang. Und wie er klang, da stieg im Kreis aus tausend Kelchen Duft, und alle Wipfel rauschten leis', und leiser ging die Luft; die Bäche schwiegen, die noch kaum geplätschert von den Höh'n, die Rehlein standen wie im Traum und lauschten dem Getön. Und hell und immer heller floß der Sonne Glanz herein, um Blumen, Wald und Schlucht ergoß sich goldig roter Schein. Ich aber zog den Weg entlang und hörte auch den Schall. Ach! was seit jener Stund' ich sang, war nur sein Widerhall. Geibel, Emanuel von (1815-1884)
Ich denke, dieses Gedicht paßt auch gut zum Sommer: Ach, wenn ich doch ein Immchen wär, Frisch, flinck und frei und klein und fein: An jedem süßem Blumenblatt Tränk ich im Frühlingsduft mich satt. Wie wollt ich säugen Tag und Nacht An all der frischen Frühlingspracht. Husch! gings zu allen Blumen hin, Sie wissen schon, daß ich es bin. Die ganze, ganze Frühlingslust Sög ich dann ein in meine Brust, Und hätt ich ihn so ganz in mir, Den Frühling, Liebchen, brächt ich dir. Wilhelm Osterwald (1820-1887)
An dies Schifflein schmiege, Holder See, dich sacht! Frommer Liebe Wiege, Nimm sie wohl in Acht! Deine Wellen rauschen; Rede nicht so laut! Laß mich ihr nur lauschen, Die mir viel vertraut! Deine Wellen leuchten, Spiegeln uns zurück Tausendfach die feuchten Augen voller Glück! Deine Wellen zittern Von der Sonne Glut; Ob sie's heimlich wittern, Wie die Liebe tut? Weit und weiter immer Rück den Strand hinaus! Aus dem Himmel nimmer Laß mich steigen aus! Fern von Menschenreden Und von Menschensinn, Als ein schwimmend Eden Trag dies Schifflein hin! Christian Reinhold (1813-1856)
Seht! wie die Tage sich sonnig verklären! Blau ist der Himmel und grünend das Land. Klag' ist ein Mißton im Chore der Sphären! Trägt denn die Schöpfung ein Trauergewand? Hebet die Blicke, die trübe sich senken! Hebet die Blicke: des Schönen ist viel. Tugend wird selber zu Freuden uns lenken; Freud' ist der Weisheit belohnendes Ziel. Öfnet die Seele dem Lichte der Freude, Horcht! ihr ertönet des Hänflings Gesang. Atmet! sie duftet im Rosengestäude, Fühlet! sie säuselt am Bächlein entlang. Koset! sie glüht uns im Safte der Traube, Würzet die Früchte beim ländlichen Mahl. Schauet! sie grünet im Kräutern und Laube, Mahlt uns die Aussicht ins blumige Tal. Mancherlei Sorgen und mancherlei Schmerzen Quälen uns warlich aus eigener Schuld. Hoffnung ist Labsal dem wundesten Herzen, Duldende stärket gelaßne Geduld. Wenn euch die Nebel des Trübsinns umgrauen, Hebt zu den Sternen den sinkenden Mut; Heget nur männliches, hohes Vertrauen; Guten ergeht es am Schluße doch gut. Mutig! auch Leiden, sind einst sie vergangen, Laben die Seele, wie Regen die Au: Gräber, von Trauerzypressen umhangen, Mahlet bald stiller Vergismeinnichtblau. Freunde, wir sollen, wir sollen uns freuen; Freud' ist des Vaters erhabnes Gebot. Freude der Unschuld kann niemals gereuen, Lächelt durch Rosen dem nahenden Tod. Johann Gaudenz Freiherr von Salis-Seewis (1762-1834)
Da droben auf jenem Berge, Da steh ich tausendmal, An meinem Stabe Und schaue hinab in das Tal. Dann folg ich der weidenden Herde, Mein Hündchen bewahret mir sie. Ich bin herunter gekommen Und weiß doch selber nicht wie. Da stehet von schönen Blumen Die ganze Wiese so voll. Ich breche sie, ohne zu wissen, Wem ich sie geben soll. Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Ruhe, Süßliebchen, im Schatten Der grünen, dämmernden Nacht: Es säuselt das Gras auf den Matten, Es fächelt und kühlt dich der Schatten Und treue Liebe wacht. Schlafe, schlaf ein, Leiser rauscht der Hain, Ewig bin ich dein. Schweigt, ihr versteckten Gesänge, Und stört nicht die süßeste Ruh'! Es lauschet der Vögel Gedränge, Es ruhen die lauten Gesänge, Schließ, Liebchen, dein Auge zu. Schlafe, schlaf ein, Im dämmernden Schein, Ich will dein Wächter sein. Murmelt fort, ihr Melodien, Rausche nur, du stiller Bach. Schöne Liebesphantasien Sprechen in den Melodien, Zarte Träume schwimmen nach. Durch den flüsternden Hain Schwärmen goldne Bienelein Und summen zum Schlummer dich ein. Johann Ludwig Tieck (1773-1853)
Ich glaube, da könnte Schiller den Sommer besungen haben: Sehnsucht Ach, aus dieses Tales Gründen, Die der kalte Nebel drückt, Könnt' ich doch den Ausgang finden, Ach, wie fühlt' ich mich beglückt! Dort erblick' ich schön Hügel, Ewig jung und ewig grün! Hätt' ich Schwingen hätt ich Flügel, Nach den Hügeln zög' ich hin. Harmonien hör' ich klingen, Töne süßer Himmelsruh', Und die leichten Winde bringen Mir der Düfte Balsam zu, Gold'ne Früchte seh' ich glühen, Winkend zwischen dunkelm Laub, Und die Blumen, die dort blühen, Werden keines Winters Raub. Ach wie schön muß sich's ergehen Dort im ew'gen Sonnenschein, Und die Luft auf jenen Höhen, O wie labend muß sie sein! Doch mir wehrt des Stromes Toben, Der ergrimmt dazwischen braust, Seine Wellen sind gehoben, Daß die Seele mir ergraust. Einen Nachen seh ich schwanken, Aber ach! der Fährmann fehlt. Frisch hinein und ohne Wanken, Seine Segel sind beseelt. Du mußt glauben, du mußt wagen, Denn die Götter leih'n kein Pfand, Nur ein Wunder kann dich tragen In das schöne Wunderland. Friedrich von Schiller (1759-1805)
Nicht im Schlafe hab' ich das geträumt, Hell am Tage sah ich's schön vor mir. Eine Wiese voller Margeriten; Tief ein weißes Haus in grünen Büschen; Götterbilder leuchten aus dem Laube. Und ich geh' mit einer, die mich lieb hat, Ruhigen Gemütes in die Kühle Dieses weißen Hauses, in den Frieden, Der voll Schönheit wartet, daß wir kommen. Otto Julius Bierbaum (1865-1910)
Goldne Abendsonne, o, wie bist du schön! Nie kann ohne Wonne deinen Glanz ich sehn! Schon in zarter Jugend sah ich gern nach dir, und der Trieb der Tugend glühte mehr in mir! Doch von dir, o Sonne! wend' ich meinen Blick mit noch grössrer Wonne auf mich selbst zurück! Schuf uns ja doch beide Eines Gottes Hand! dich im Strahlenkleide, mich im Staubgewand! Anna Barbara Urner (1760-1803)
Mir ist so wohl, so weh' Am stillen Erlafsee; Heilig Schweigen In Fichtenzweigen, Regungslos Der blaue Schoß, Nur der Wolken Schatten flieh'n Überm glatten Spiegel hin, Frische Winde Kräuseln linde Das Gewässer Und der Sonne Güldne Krone Flimmert blässer. Mir ist so wohl, so weh' Am stillen Erlafsee. Johann Baptist Mayrhofer (1787-1836)
Du schönes Fischermädchen, Treibe den Kahn ans Land; Komm zu mir und setze dich nieder, Wir kosen Hand in Hand. Leg an mein Herz dein Köpfchen Und fürchte dich nicht zu sehr; Vertraust du dich doch sorglos Täglich dem wilden Meer. Mein Herz gleicht ganz dem Meere, Hat Sturm und Ebb' und Flut, Und manche schöne Perle In seiner Tiefe ruht. Heinrich Heine (1797-1856)
Sinke, liebe Sonne, sinke! Ende deinen trüben Lauf, Und an deine Stelle winke Bald den Mond herauf. Herrlich und schöner dringe Aber Morgen dann herfür, Liebe Sonn'! und mit dir bringe Meinen Lieben mir. Gabriele von Baumberg (1768-1839)
Walle, Regen, walle nieder, Wecke mir die Träume wieder, Die ich in der Kindheit träumte, Wenn das Naß im Sande schäumte! Wenn die matte Sommerschwüle Lässig stritt mit frischer Kühle, Und die blanken Blätter tauten, Und die Saaten dunkler blauten. Welche Wonne, in dem Fließen Dann zu stehn mit nackten Füßen, An dem Grase hin zu streifen Und den Schaum mit Händen greifen. Oder mit den heißen Wangen Kalte Tropfen aufzufangen, Und den neuerwachten Düften Seine Kinderbrust zu lüften! Wie die Kelche, die da troffen, Stand die Seele atmend offen, Wie die Blumen, düftertrunken, In dem Himmelstau versunken. Schauernd kühlte jeder Tropfen Tief bis an des Herzens Klopfen, Und der Schöpfung heilig Weben Drang bis ins verborgne Leben. Walle, Regen, walle nieder, Wecke meine alten Lieder, Die wir in der Türe sangen, Wenn die Tropfen draußen klangen! Möchte ihnen wieder lauschen, Ihrem süßen, feuchten Rauschen, Meine Seele sanft betauen Mit dem frommen Kindergrauen. Hans Groth
Erde, die uns dies gebracht, Sonne, die es reif gemacht: Liebe Sonne, liebe Erde, Euer nie vergessen werde! Christian Morgenstern (1871-1914)
Des Sonntags in der Morgenstund', Wie wandert's sich so schön Am Rhein, wenn rings in weiter Rund Die Morgenglocken gehn. Ein Schifflein zieht auf blauer Flut, Da singt's und jubelt's drein. Du Schifflein, gelt,das fährt sich gut In all die Lust hinein? Vom Dorfe hallet Orgelton, Es tönt ein frommes Lied; Andächtig in der Frühe schon Das Volk zur Kirche zieht. Und ernst in all die Herrlichkeit Die Burg herniederschaut, Und spricht von alter, starker Zeit, Die auf dem Fels gebaut. Das alles baut der prächt'ge Rhein An seinem Rebenstrand, Und spiegelt recht in hellem Schein Das ganze Vaterland. Das fromme, treue Vaterland In seiner vollen Pracht, Mit Lust und Liedern allerhand Vom lieben Gott bedacht. Robert Reinick (1838)
An die Sonne Königliche Morgensonne, Sei gegrüßt in deiner Wonne, Hoch gegrüßt in deiner Pracht! Golden fließt schon um die Hügel Dein Gewand, und das Geflügel Eines jeden Waldes wacht. Alles fühlet deinen Segen; Fluren singen dir entgegen, Alles wird Zusammenklang: Und du hörest gern die Chöre Froher Wälder, o so höre, Hör' auch meinen Lobgesang. Christoph August Tiedge (1752-1841)
Mondnacht Es war, als hätt' der Himmel, Die Erde still geküßt, Daß sie im Blütenschimmer Von ihm nur träumen müßt. Die Luft ging durch die Felder, Die Ähren wogten sacht, Es rauschten leis die Wälder, So sternklar war die Nacht. Und meine Seele spannte Weit ihre Flügel aus, Flog durch die stillen Lande, Als flöge sie nach Haus. Josef von Eichendorff (1788-1857)
Wie soll ich nicht tanzen, Es macht keine Mühe, Und reizende Farben Schimmern hier im Grünen. Immer schöner glänzen Meine bunten Flügel, Immer süßer hauchen Alle kleinen Blüten. Ich nasche die Blüten, Ihr könnt sie nicht hüten. Wie groß ist die Freude, Sei's spät oder frühe, Leichtsinnig zu schweben Über Tal und Hügel. Wenn der Abend säuselt, Seht ihr Wolken glühen; Wenn die Lüfte golden, Scheint die Wiese grüner. Ich nasche die Blüten, Ihr könnt sie nicht hüten. Friedrich von Schlegel (1772-1829)