Bitte alle mitmachen: Naturgedichte und -lieder

Dieses Thema im Forum "Kaffeeklatsch" wurde erstellt von Neli, 18. März 2007.

  1. Mimimami

    Mimimami Immer ein (B)Engel

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    Im schönsten Fleckchen Deutschlands
    Die vier Brüder

    Vier Brüder geh'n Jahr aus, Jahr ein
    Im ganzen Jahr spazieren;
    Doch Jeder kommt für sich allein,
    uns Gaben zuzuführen.

    Der erste kommt mit leichtem Sinn,
    in reines Blau gehüllet,
    streut Knospen, Blätter, Blüten hin,
    Die er mit Düften füllet.

    Der zweite tritt schon ernster auf
    Mit Sonnenschein und Regen,
    Streut Blumen aus in seinem Lauf,
    Der Ernte reichen Segen.

    Der Dritte naht mit Überfluss
    Und füllet Küch' und Scheune,
    Bringt uns zum süßesten Genuss
    Viel Äpfel, Nüss und Weine.

    Verdrießlich braust der Vierte her,
    In Nacht und Graus gehüllet,
    Zieht Feld und Wald und Wiesen leer,
    die er mit Schnee erfüllet.

    Wer sagt mir, wer die Brüder sind,
    die so einander jagen?
    Leicht rät sie wohl ein jedes Kind,
    Drum brauch' ich's nicht zu sagen.
     
    #101 23. Juli 2007
    Zuletzt bearbeitet: 14. September 2007
  2. Neli

    Neli Optimistin

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    Goldne Abendsonne,
    o, wie bist du schön!
    Nie kann ohne Wonne
    deinen Glanz ich sehn!

    Schon in zarter Jugend
    sah ich gern nach dir,
    und der Trieb der Tugend
    glühte mehr in mir!

    Doch von dir, o Sonne!
    wend' ich meinen Blick
    mit noch grössrer Wonne
    auf mich selbst zurück!

    Schuf uns ja doch beide
    Eines Gottes Hand!
    dich im Strahlenkleide,
    mich im Staubgewand!


    Anna Barbara Urner (1760-1803)
     

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  3. Neli

    Neli Optimistin

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    Sinke, liebe Sonne, sinke!
    Ende deinen trüben Lauf,
    Und an deine Stelle winke
    Bald den Mond herauf.

    Herrlich und schöner dringe
    Aber Morgen dann herfür,
    Liebe Sonn'! und mit dir bringe
    Meinen Lieben mir.


    Gabriele von Baumberg (1768-1839
     

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  4. Neli

    Neli Optimistin

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    An die Entfernte

    Die Welt ruht still im Hafen,
    Mein Liebchen, gute Nacht!
    Wann Wald und Berge schlafen,
    Treu' Liebe einsam wacht.

    Ich bin so wach und lustig,
    Die Seele ist so licht,
    Und eh' ich liebt', da wußt' ich
    Von solcher Freude nicht.

    Ich fühl' mich so befreiet
    Von eitlem Trieb und Streit,
    Nichts mehr das Herz zerstreuet
    In seiner Fröhlichkeit.

    Mir ist, als müßt' ich singen
    So recht aus tiefster Lust
    Von wunderbaren Dingen,
    Was niemand sonst gewußt.

    O könnt' ich alles sagen!
    O wär' ich recht geschickt!
    So muß ich still entragen,
    Was mich so hoch beglückt.


    Joseph von Eichendorff
     

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  5. Neli

    Neli Optimistin

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    Du schönes Fischermädchen,
    Treibe den Kahn ans Land;
    Komm zu mir und setze dich nieder,
    Wir kosen Hand in Hand.

    Leg an mein Herz dein Köpfchen
    Und fürchte dich nicht zu sehr;
    Vertraust du dich doch sorglos
    Täglich dem wilden Meer.

    Mein Herz gleicht ganz dem Meere,
    Hat Sturm und Ebb' und Flut,
    Und manche schöne Perle
    In seiner Tiefe ruht.


    Heinrich Heine



     

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  6. Neli

    Neli Optimistin

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    Ich bin die Blum' im Garten,
    Und muß in Stille warten,
    Wann und in welcher Weise
    Du trittst in meine Kreise.

    Kommst du, ein Strahl der Sonne,
    So werd' ich deiner Wonne
    Den Busen still entfalten
    Und deinen Blick behalten.

    Kommst du als Tau und Regen,
    So werd' ich deinen Segen
    In Liebesschalen fassen,
    Ihn nicht versiegen lassen.

    Und fährtest du gelinde
    Hin über mich im Winde,
    So werd' ich dir mich neigen,
    Sprechend: Ich bin dein eigen.


    Friedrich Rückert (1788-1866)
     

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  7. Neli

    Neli Optimistin

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    Ach, wenn ich doch ein Immchen wär,
    Frisch, flinck und frei und klein und fein:
    An jedem süßem Blumenblatt
    Tränk ich im Frühlingsduft mich satt.
    Wie wollt ich säugen Tag und Nacht
    An all der frischen Frühlingspracht.

    Husch! gings zu allen Blumen hin,
    Sie wissen schon, daß ich es bin.
    Die ganze, ganze Frühlingslust
    Sög ich dann ein in meine Brust,
    Und hätt ich ihn so ganz in mir,
    Den Frühling, Liebchen, brächt ich dir.


    Wilhelm Osterwald (1820-1887)
     

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  8. Neli

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    Gruß


    Ihr Vöglein in den Lüften,
    Schwingt mit Gesang euch fort
    Und grüßet mir den teuren,
    Den lieben Heimatsort!

    Ihr Lerchen, nehmt die Blüten,
    Die zarten mit hinaus!
    Ich schmückte sie zur Zierde
    Für's teure Vaterhaus.

    Du Nachtigall, o schwinge
    Dich doch zu mir herab
    Und nimm die Rosenknospe
    Auf meines Vaters Grab!


    Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844-1900)
     

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  9. Neli

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    Jeden Morgen geht die Sonne auf
    In der Wälder wundersamer Runde.
    Und die hohe, heilge Schöpferstunde,
    Jeden Morgen nimmt sie ihren Lauf.

    Jeden Morgen aus dem Wiesengrund
    Heben weiße Schleier sich ins Licht,
    Uns der Sonne Morgengang zu künden,
    Ehe sie das Wolkentor durchbricht.

    Jeden Morgen durch des Waldes Hall'n
    Hebt der Hirsch sein mächtiges Geweih.
    Der Pirol und dann die Vöglein alle
    Stimmen an die große Melodei.

    Hermann Claudius
     

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  10. Neli

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    O Sonnenschein, o Sonnenschein!
    Wie scheinst du mir ins Herz hinein,
    Weckst drinnen lauter Liebeslust,
    Daß mir so enge wird die Brust!

    Und enge wird mir Stub' und Haus,
    Und wenn ich lauf zum Tor hinaus,
    Da lockst du gar ins frische Grün
    Die allerschönsten Mädchen hin!

    O Sonnenschein! Du glaubest wohl,
    Daß ich wie du es machen soll,
    Der jede schmucke Blume küßt,
    Die eben nur sich dir erschließt?

    Hast doch so lang die Welt erblickt,
    Und weißt, daß sich's für mich nicht schickt;
    Was machst du mir denn solche Pein?
    O Sonnenschein! o Sonnenschein!


    Robert Reinick (1805-1852)
     

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  11. Neli

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    Die Sonne scheint, die Sonne scheint,
    das ist der Zauber,
    die Blumen wachsen,
    die Wurzeln strecken sich,
    das ist der Zauber.
    Leben und stark sein,
    das ist der Zauber,
    er ist in mir,
    er ist in uns allen.

    Burnett, Frances Hodgson (1849-1924)
     

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    #111 30. August 2007
    Zuletzt bearbeitet: 30. August 2007
  12. Neli

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    Ich denke Dein, wenn mir der Sonne Schimmer
    Vom Meere strahlt;
    Ich denke dein, wenn sich des Mondes Flimmer
    In Quellen malt.

    Ich sehe dich, wenn auf dem fernen Wege
    Der Staub sich hebt;
    In tiefer Nacht, wenn aufdem schmalen Stege
    Der Wandrer bebt.

    Ich höre dich, wenn dort mit dumpfem Rauschen
    Die Welle steigt.
    Im stillen Haine geh ich oft zu lauschen,
    Wenn alles schweigt.

    Ich bin bei dir, du seist auch noch so ferne,
    Du bist mir nah!
    Die Sonne sinkt, bald leuchten mir die Sterne.
    O wärst du da!

    Johann Wolfgang von Goethe
     

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  13. Neli

    Neli Optimistin

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    Das Glück

    Es ist das Glück ein flüchtig Ding,
    Und war's zu allen Tagen;
    Und jagtest du um der Erde Ring,
    Du möchtest es nicht erjagen.

    Leg' dich lieber ins Gras voll Duft
    Und singe deine Lieder;
    Plötzlich vielleicht aus blauer Luft
    Fällt es auf dich hernieder.

    Aber dann pack' es und halt' es fest
    Und plaudre nicht viel dazwischen;
    Wenn du zu lang' es warten läßt,
    Möcht' es dir wieder entwischen.

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    Emanuel Geibel (1815-1884)
     
  14. Gucki

    Gucki Guest

    im Herbst

    Ach, wie schnell die Tage fliehen,
    Wo die Sehnsucht neu erwacht,
    Wo die Blumen wieder blühen;
    Und der Frühling wieder lacht!

    Alle Wonne soll erstehen,
    In Erfüllung alles gehen.
    Ach, wie schnell die Tage fliehen,
    Wo die Sehnsucht neu erwacht!

    Seht, die Tage gehn und kommen,
    Zieh'n vorüber blütenschwer,
    Sommerlust ist bald verglommen,
    Und der Herbstwind rauscht daher.

    Ach, das rechte Blühn und Grünen,
    Es ist wieder nicht erschienen!
    Ach, wie schnell die Tage fliehen,
    Wo die Sehnsucht neu erwacht!


    Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847)
     
  15. Neli

    Neli Optimistin

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    Ich bin hinausgegangen
    Des Morgens in der Früh,
    Die Blümlein täten prangen,
    Ich sah so schön sie nie.

    Wagt' eins davon zu pflücken,
    Weil mir's so wohl gefiel;
    Doch als ich mich wollt bücken,
    Sah ich ein lieblich Spiel.

    Die Schmetterling' und Bienen,
    Die Käfer hell und blank,
    die mußten all ihm dienen
    Bei fröhlichem Morgensang;

    Und scherzten viel und küßten
    Das Blümlein auf den Mund,
    Und trieben's nach Gelüsten
    Wohl eine ganze Stund.

    Und wie sie so erzeiget
    Ihr Spiel die Kreuz und Quer,
    Hat's Blümlein sich geneiget
    Mit Freuden hin und her.

    Da hab ich's nicht gebrochen,
    Es wär ja morgen tot,
    Und habe nur gesprochen:
    Ade, du Blümlein rot!

    Und Schmetterling' und Bienen,
    Die Käfer hell und blank,
    Die sangen mit frohen Mienen
    Mir einen schönen Dank.


    Robert Reinick (1805-1852)
     

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  16. Gucki

    Gucki Guest

    an einen lichten Morgen

    An einem lichten Morgen,
    da klingt es hell im Tal:
    wach' auf, du liebe Blume,
    ich bin der Sonnenstrahl!

    Erschließe mit Vertrauen
    dein Blütenkämmerlein
    und laß die heiße Liebe
    in's Heiligtum hinein.

    Ich will ja nichts verlangen
    als liegen dir im Schoß
    und deine Blüte küssen,
    eh' sie verwelkt im Moos.

    Ich will ja nichts begehren
    als ruh'n an deiner Brust
    und dich dafür verklären
    mit sonnenheller Lust

    Clara Schumann (1819-1896)
     
  17. Gucki

    Gucki Guest

    Wohin

    Bächlein, wohin eilest du?
    Dem Strome zu!
    Strom! Wohin entrollest du?
    Dem Meere zu!
    Meer, wohin aufsteigest du?
    Dem Himmel zu!
    Und der Himmel sendet liebend
    Wolkentränen Dank mir zu.

    Herz, mein Herz, du Bach im Frieden,
    Du in Aufruhr Strom und Meer!
    Ach, wohin drängt deine Woge
    Gar so heiß und bang und schwer.

    Sieh, dir öffnet seine Arme
    Ja des Weltall?s Riesendom!
    Und es wölbt sich Liebe blickend
    Über dir der Himmelsdom!

    Heinrich Stieglitz (1801-1849)
     
  18. Fallingstar

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    Herbst
    [FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]Die Blätter fallen, fallen wie von weit, [/FONT]
    [FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]als welkten in den Himmeln ferne Gärten; [/FONT]
    [FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]sie fallen mit verneinender Gebärde. [/FONT]

    [FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]Und in den Nächten fällt die schwere Erde [/FONT]
    [FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]aus allen Sternen in die Einsamkeit. [/FONT]

    [FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]Wir alle fallen. Diese Hand da fällt. [/FONT]
    [FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]Und sieh dir andre an: es ist in allen. [/FONT]

    [FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen [/FONT]
    [FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]unendlich sanft in seinen Händen hält. [/FONT]

    Rainer Maria Rilke
     
  19. Fallingstar

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    Herbstlied
    Bunt sind schon die Wälder,
    Gelb die Stoppelfelder;
    Und der Herbst beginnt!
    Rothe Blätter fallen;
    Graue Nebel wallen;
    Kühler weht der Wind!

    Wie die volle Traube,
    Aus dem Rebenlaube,
    Purpurfarbig strahlt!
    Am Geländer reifen
    Pfirsiche, mit Streifen
    Roth und weiß bemalt!

    Dort, im grünen Baume
    Hängt die blaue Pflaume,
    Am gebognen Ast.
    Gelbe Birnen winken,
    Daß die Zweige sinken
    Unter ihrer Last.

    Welch ein Apfelregen
    Rauscht vom Baum! Es legen
    In ihr Körbchen sie
    Mädchen, leicht geschürzet,
    Und ihr Röckchen kürzer
    Sich bis an die Knie.

    Winzer, füllt die Fässer!
    Eimer, krumme Messer,
    Butten sind bereit!
    Lohn für Müh`und Plage
    Sind die frohen Tage
    In der Lesezeit!

    Unsre Mädchen singen
    und die Träger springen;
    Alles ist so froh:
    Bunte Bänder schweben,
    Zwischen hohen Reben,
    Auf dem Hut von Stroh.

    Geige tönt und Flöte
    Bei der Abendröthe
    Und im Mondenglanz:
    Schöne Winzerinnen
    Winken und beginnen
    Deutschen Ringeltanz.

    Johann Gaudenz von Salis-Seewis
     
  20. Neli

    Neli Optimistin

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    Das sind die Stunden, da ich mich finde.
    Dunkel wellen die Wiesen im Winde,
    allen Birken schimmert die Rinde,
    und der Abend kommt über sie.

    Und ich wachse in seinem Schweigen,
    möchte blühen mit vielen Zweigen,
    nur um mit allen mich einzureigen
    in die einige Harmonie...


    Rainer Maria Rilke (1875-1926)
     

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    #120 9. September 2007
    Zuletzt bearbeitet: 9. September 2007
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