Im Winter Der Winter steigt, ein Riesenschwan, hernieder, Die weite Welt bedeckt sein Schneegefieder. Er singt kein Lied, so sterbensmatt er liegt, Und brütend auf die tote Saat sich schmiegt; Der junge Lenz doch schläft in seinem Schoß, Und saugt an seiner kalten Brust sich groß, Und blüht in tausend Blumen wohl herauf, Und jubelt einst in tausend Liedern auf. So steigt, ein bleicher Schwan, der Tod hernieder, Senkt auf die Saat der Gräber sein Gefieder, Und breitet weithin über stilles Land, Selbst still und stumm, das starre Eisgewand; Manch frischen Hügel, manch verweht Gebein, Wohl teure Saaten, hüllt sein Busen ein; Wir aber stehn dabei und harren still, Ob nicht der Frühling bald erblühen will? (Anastasius Grün, 1808 - 1876)
Winter Die Kälte kann wahrlich brennen Wie Feuer. Die Menschenkinder Im Schneegestöber rennen Und laufen immer geschwinder. Oh, bittre Winterhärte! Die Nasen sind erfroren, Und die Klavierkonzerte Zerreißen uns die Ohren. Weit besser ist es im Summer, Da kann ich im Walde spazieren, Allein mit meinem Kummer, Und Liebeslieder skandieren. (Heinrich Heine, 1797 - 1856)
Hoffnung Und dräut der Winter noch so sehr mit trotzigen Gebärden, und streut er Eis und Schnee umher, es muß doch Frühling werden. Blast nur, ihr Stürme, blast mit Macht, mir soll darob nicht bangen, auf leisen Sohlen über Nacht kommt doch der Lenz gegangen. Drum still! Und wie es frieren mag, o Herz, gib dich zufrieden, es ist ein großer Maientag der ganzen Welt beschieden. Und wenn dir oft auch bangt und graut, als sei die Höll' auf Erden, nur unverzagt auf Gott vertraut! Es muß doch Frühling werden. Emanuel Geibel (1815-1884)
Ein Lied hinterm Ofen zu singen Der Winter ist ein rechter Mann, Kernfest und auf die Dauer; Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an, Und scheut nicht süß noch sauer. War je ein Mann gesund wie er? Er krankt und kränkelt nimmer, weiß nichts von Nachtschweiß noch Vapeurs und schläft im kalten Zimmer. Er zieht sein Hemd im Freien an und lässt´s vorher nicht wärmen und spottet über Fluss im Zahn und Kolik in Gedärmen. Aus Blumen und aus Vogelsang weiß er sich nichts zu machen, Hasst warmen Drang und warmen Klang und alle warmen Sachen. Doch wenn die Füchse bellen sehr, wenn´s Holz im Ofen knittert, und um den Ofen Knecht und Herr die Hände reibt und zittert; Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht und Teich und Zehen krachen: Das klingt ihm gut, das hasst er nicht, dann will er tot sich lachen.- Sein Schloss von Eis liegt ganz hinaus Beim Nordpol an dem Strande; Doch hat er auch ein Sommerhaus im lieben Schweizerlande. Da ist er denn bald dort, bald hier; gut Regiment zu führen; und wenn er durchzieht, stehen wir und sehn ihn an und frieren. (Matthias Claudius 1740 - 1815)
Auf dem See Und frische Nahrung, neues Blut Saug' ich aus freier Welt' Wie ist Natur so hold und gut, die mich am Busen hält! Die Welle wieget unsern Kahn Im Rudertakt hinauf, Und Berge, wolkig, himmelan, Begegnen unserm Lauf. Aug', mein Aug', was sinkst du nieder? Goldne Träume, kommt ihr wieder? Weg, du Traum! so gold du bist; Hier auch Lieb' und Leben ist. Auf der Welle blinken Tausend schwebende Sterne; Weiche Nebel trinken Rings die türmende Ferne; Morgenwind umflügelt Die beschattete Bucht, Und im See bespiegelt Sich die reife Frucht.
Winterlandschaft Unendlich dehnt sie sich, die weiße Fläche, Bis auf den letzten Hauch von Leben leer; Die muntern Pulse stocken längst, die Bäche, Es regt sich selbst der kalte Wind nicht mehr. Der Rabe dort, im Berg von Schnee und Eise, Erstarrt und hungrig, gräbt sich tief hinab, Und gräbt er nicht heraus den Bissen Speise, So gräbt er, glaub ich, sich hinein ins Grab. Die Sonne, einmal noch durch Wolken blitzend, Wirft einen letzten Blick aufs öde Land, Doch, gähnend auf dem Thron des Lebens sitzend, Trotzt ihr der Tod im weißen Festgewand. (Friedrich Hebbel, 1813 - 1863)
Mutter Natur Nimm mich, du Gütige, still an dein Herz! Kühle, du Mächtige, sanft meinen Schmerz! Sieh nur, ich trage so müde mein Los — gib mir die Ruhe in deinem Schoß! Mutter Natur, erbarme dich mein, wiege zum ewigen Schlummer mich ein! Mathilde von Bayern
Winter Ein weißes Feld, ein stilles Feld. Aus veilchenblauer Wolkenwand Hob hinten, fern am Horizont, Sich sacht des Mondes roter Rand. Und hob sich ganz heraus und stand Bald eine runde Scheibe da, In düstrer Glut. Und durch das Feld Klang einer Krähe heisres Kräh. Gespenstisch durch die Winternacht Der große dunkle Vogel glitt, Und unten huschte durch den Schnee Sein schwarzer Schatten lautlos mit. ( Gustav Falke, 1902 )
Winterlüfte wehen... Winterlüfte wehen durch des Äthers Raum, halb entblättert stehen Strauch und Kraut und Baum, Tot sind Floras Kinder, hin ihr Wohlgeruch, starr deckt sie der Winter mit dem Leichentuch. Welk ist, was mit Prangen feil sich bot zur Schau, selbst des Himmels Wangen färbt ein trübes Grau. (Franz Grillparzer 1791 - 1872)
Es wächst viel Brot... Es wächst viel Brot in der Winternacht, Weil unter dem Schnee frisch grünet die Saat; Erst wenn im Lenze die Sonne lacht, Spürst du, was Gutes der Winter tat. Und deucht die Welt dir öd und leer, Und sind die Tage dir rau und schwer, Sei still und habe des Wandels acht: Es wächst viel Brot in der Winternacht. (Friedrich Wilhelm Weber ,1813-1894)
Man läßt den Winter sich noch gefallen. Man glaubt, sich freier auszubreiten, wenn die Bäume so geisterhaft, so durchsichtig vor uns stehen. Sie sind nicht, aber sie decken auch nichts zu. (Johann Wolfgang von Goethe, 1749 - 1832)
Februar Schon leuchtet die Sonne wieder am Himmel und schmilzt die Schneelast von den Dächern und taut das Eis auf an den Fenstern und lacht ins Zimmer: wie geht's? wie steht's? Und wenn es auch noch lang nicht Frühling, so laut es überall tropft und rinnt... du sinnst hinaus über deine Dächer... du sagst, es sei ein schreckliches Wetter, man werde ganz krank! und bist im stillen glückselig drüber wie ein Kind. (Cäsar Flaischlen, 1864-1920)
Winter Weg und Wiese zugedeckt, Und der Himmel selbst verhangen, Alle Berge sind versteckt, Alle Weiten eingegangen. Ist wie eine graue Nacht, Die sich vor den Tag geschoben, Die der Sonne glühe Pracht Schleierdicht mit Dunst umwoben. Oder seid ihr alle tot: Sonne, Mond und lichte Sterne? Ruht das wirkende Gebot, Das euch trieb durch Näh und Ferne? Leben, lebst du noch ringsum? Sind verschüttet alle Wege? Grau und eng die Welt und stumm. Doch mein Herz schlägt seine Schläge. Otto Julius Bierbaum (1865-1910)
Hingesprüht wie Sahneflöckchen löchrig wie ein Küchensieb ist der Schnee des letzten Jahres, der auf grauen Feldern liegt. Erste Sonnenstrahlen glitzern in dem Meer aus Einsamkeit nur ein leises Vogelzwitschern füllt die Lüfte weit und breit. Burgunderrot geht auf die Kugel, strahlendblauer Horizont, Schäfchenwolken ziehn in Stille Und bedecken sanft den Mond. Häschen schieben lange Ohren aus dem Bau und hoppeln dann auf ein Hügelchen aus Erde schnuppern Morgenluft fortan. Einsam steht ein Weidenbäumchen neigt die Krone schon recht tief zeigt manch zartes grünes Blättchen gestern es noch friedlich schlief. Doch dann wird es flüsternd wispernd durch ein Läuten wachgeküsst Schneeglöckchen zu seinen Füssen haben mit dem Kopf genickt. Vielleicht mag es etwas dauern, bis letztendlich es begreift, Wintertage sind vergangen, allseits neues Leben reift.
Die Glocken läuten das Ostern ein In allen Enden und Landen, Und fromme Herzen jubeln darein: Der Lenz ist wieder erstanden! Es atmet der Wald, die Erde treibt Und kleidet sich lachend in Moose, Und aus den schönen Augen reibt Den Schlaf sich erwachend die Rose. Das schaffende Licht, es flammt und kreist Und sprengt die fesselnde Hülle; Und über den Wassern schwebt der Geist Unendlicher Liebesfülle.
Ich mach auch mal mit und poste mein Lieblingsgedicht. Es ist von Theodor Fontane Im Herbst Es fällt das Laub wie Regentropfen, So zahllos auf die Stoppelfuhr; Matt pulst der Bach wie letztes Klopfen Im Todeskampfe der Natur. Still wird's! Und als den tiefen Frieden Ein leises Wehen jetzt durchzog, Da mocht es sein, dass abgeschieden, Die Erdenseele aufwärts flog.
Ein klenes Gedicht oder auch nicht? Der Frühling ist da Die Sonne scheint so schön Ich möchte gerne Baden gehen. Doch der Wind ist so furchtbar kalt Drum gehe ich lieber in den Wald. Hier riecht es nach Moder und Moos Denke auch hier ist nichts los. Plötzlich ein Huschen über den Rasen Da laufen ganz viele Hasen Na klar es ist auch Osterzeit Eiersuchen ist nicht mehr weit Schnelle Schritte ganz entspannt Laufe ich den Weg entlang. Da husch ein Reh vor meinen Füßen Und lasst mich ganz herzlich Grüßen Von vielen Freunden aus den Internet Man das fang ich ja ganz nett Schnell sprang es weiter Und sang dabei heiter Das kleine Lied vom Frühling pur Dieses kannten die Tiere nur.
Fröhliche Ostern Da seht aufs neue dieses alte Wunder: Der Osterhase kakelt wie ein Huhn und fabriziert dort unter dem Holunder ein Ei und noch ein Ei und hat zu tun. Und auch der Mensch reckt frohbewegt die Glieder - er zählt die Kinderchens: eins, zwei und drei . . . Ja, was errötet denn die Gattin wieder? Ei, ei, ei ei, ei ei! Der fleißige Kaufherr aber packt die Ware ins pappne Ei zum besseren Konsum: Ein seidnes Schnupftuch, Nadeln für die Haare, die Glitzerbrosche und das Riechparfum. Das junge Volk, so Mädchen wie die Knaben, sucht die voll Sinn versteckte Leckerei. Man ruft beglückt, wenn sies gefunden haben: Ei, ei, ei ei, ei ei! Und Hans und Lene Steckens in die Jacke, das liebe Osterei - wen freut es nicht? Glatt, wohlfeil, etwas süßlich im Geschmacke, und ohne jedes innre Gleichgewicht. Die deutsche Politik . . . Was wollt ich sagen? Bei uns zu Lande ist das einerlei - und kurz und gut: Verderbt euch nicht den Magen! Vergnügtes Fest! Vergnügtes Osterei! Kurt Tucholski (1890 - 1935)