Bitte alle mitmachen: Naturgedichte und -lieder

Dieses Thema im Forum "Kaffeeklatsch" wurde erstellt von Neli, 18. März 2007.

  1. Neli

    Neli Optimistin

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    Ihr Vöglein in den Lüften,
    Schwingt mit Gesang euch fort
    Und grüßet mir den teuren,
    Den lieben Heimatsort!

    Ihr Lerchen, nehmt die Blüten,
    Die zarten mit hinaus!
    Ich schmückte sie zur Zierde
    Für's teure Vaterhaus.

    Du Nachtigall, o schwinge
    Dich doch zu mir herab
    Und nimm die Rosenknospe
    Auf meines Vaters Grab!


    Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844-1900)


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  2. Neli

    Neli Optimistin

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    Willkommen, klare Sommernacht,
    die auf betauten Fluren liegt!
    Gegrüßt mir, goldne Sternenpracht,
    die spielend sich im Weltraum wiegt!

    Das Urgebirge um mich her
    ist schweigend, wie mein Nachtgebet;
    weit hinter ihm hör' ich das Meer
    im Geist und wie die Brandung geht.

    Ich höre einen Flötenton,
    den mir die Luft von Westen bringt,
    indes herauf im Osten schon
    des Tages leise Ahnung dringt.

    Ich sinne, wo in weiter Welt
    jetzt sterben mag ein Menschenkind
    und ob vielleicht den Einzug hält
    das viel ersehnte Heldenkind.

    Doch wie im dunklen Erdental
    ein unergründlich Schweigen ruht,
    ich fühle mich so leicht zumal
    und wie die Welt so still und gut.

    Der letzte leise Schmerz und Spott
    verschwindet aus des Herzens Grund;
    es ist, als tät' der alte Gott
    mir endlich seinen Namen kund.


    Gottfried Keller (1819-1890)


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  3. Neli

    Neli Optimistin

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    Komm, Trost der Welt, du stille Nacht!
    Wie steigst du von den Bergen sacht,
    Die Lüfte alle schlafen,
    Ein Schiffer nur noch, wandermüd',
    Singt übers Meer sein Abendlied
    Zu Gottes Lob im Hafen.

    Die Jahre wie die Wolken gehn
    Und lassen mich hier einsam stehn,
    Die Welt hat mich vergessen,
    Da tratst du wunderbar zu mir,
    Wenn ich beim Waldesrauschen hier
    Gedankenvoll gesessen.

    O Trost der Welt, du stille Nacht!
    Der Tag hat mich so müd' gemacht,
    Das weite Meer schon dunkelt,
    Laß ausruhn mich von Lust und Not,
    Bis dass das ew'ge Morgenrot
    Den stillen Wald durchfunkelt.


    Joseph von Eichendorff


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  4. Lagune

    Lagune Bekanntes Mitglied

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    Feldeinsamkeit

    Ich ruhe still im hohen, grünen Gras
    und sende lange meinen Blick nach oben,
    von Grillen rings umschwirrt ohn Unterlass,
    von Himmelsbläue wundersam umwoben.
    Und schöne weiße Wolken ziehn dahin
    durchs tiefe Blau, wie schöne stille Träume; -
    mir ist, als ob ich längst gestorben bin,
    und ziehe selig mit durch ewge Räume.

    Hermann Allmers (1821-1902)

    Den Anhang 63647 betrachten
     
  5. Neli

    Neli Optimistin

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    Es ist schon spät geworden,
    die Sternlein schlummern lind
    im weichen Wolkenbette.
    Schlummre auch Du mein Kind!

    In stillen Wiesenblumen
    träumet der müde Wind
    von rothen Morgenrosen.
    Träume auch Du, mein Kind!

    Nur meine Lieb' und Treue
    beide noch munter sind
    und schwingen sich über die Wälder,
    zu wachen bei dir, mein Kind!


    August Corrodi (1826-1885)

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  6. Juliane

    Juliane Neues Mitglied

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    Schööön!
    LG von Juliane.
     
  7. coalblack

    coalblack Neues Mitglied

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    Potsdam
    In seinem Zaun das Känguru –
    es hockt und guckt dem Sperling zu.
    Der Sperling sitzt auf dem Gebäude –
    doch ohne sonderliche Freude.
    Vielmehr, er fühlt, den Kopf geduckt,
    wie ihn das Känguru beguckt.
    Der Sperling sträubt den Federflaus –
    die Sache ist auch gar zu kraus.
    Ihm ist, als ob er kaum noch säße …
    Wenn nun das Känguru ihn fräße?!
    Doch dieses dreht nach einer Stunde
    den Kopf, aus irgend einem Grunde,
    vielleicht auch ohne tiefem Sinn,
    nach einer andern Richtung hin.

    Christian Morgenstern
    (1871 - 1914)

    Ist vielleicht nicht so ganz passend, aber ich finde C. Ms Gedichte total klasse! :D

    LG coalblack
     
  8. ColdOlivia

    ColdOlivia Neues Mitglied

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    Die Maus

    Kann denn Fressen Sünde sein,
    sprach ein Mäuschen voller Keck,
    eilte über Stock und Stein,
    hin zu Fleischers besten Speck,
    und frass ihm eine Seite weg.

    Doch der Fleischer war nicht dumm,
    er liess sich nicht gern beklauen,
    drehte sich zum Mäuschen um,
    und begann sehr bös zu schauen,
    und dann feste drauf zu hauen.

    Vom frechen Tierchen blieb nicht mehr,
    als ein roter ,flacher Flunder,
    die Faust des Fleischers traf gar schwer,
    die Maus war tot, kein Wunder,
    und den Rest von ihr würgte die Katz runter.

    Und die Moral von der Geschicht,
    ernähr von Fleischers Speck dich nicht.
    blaumaus.gif
     
  9. Neli

    Neli Optimistin

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    Sehnsucht

    Ich sehne mich nach einem Häuschen
    in Bayern oder an der Spree,
    ein Zimmer braucht es nur zu haben,
    dazu ein Bad und ein W.C.

    Im Zimmer würde ich notieren,
    was ich beim Baden grad gedichtet,
    und im W.C. würd’ dann das Machwerk
    von mir gleich hinterrücks vernichtet.


    Heinz Erhardt


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  10. Neli

    Neli Optimistin

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    Ruhe, Süßliebchen, im Schatten
    Der grünen, dämmernden Nacht:
    Es säuselt das Gras auf den Matten,
    Es fächelt und kühlt dich der Schatten
    Und treue Liebe wacht.
    Schlafe, schlaf ein,
    Leiser rauscht der Hain,
    Ewig bin ich dein.

    Schweigt, ihr versteckten Gesänge,
    Und stört nicht die süßeste Ruh'!
    Es lauschet der Vögel Gedränge,
    Es ruhen die lauten Gesänge,
    Schließ, Liebchen, dein Auge zu.
    Schlafe, schlaf ein,
    Im dämmernden Schein,
    Ich will dein Wächter sein.

    Murmelt fort, ihr Melodien,
    Rausche nur, du stiller Bach.
    Schöne Liebesphantasien
    Sprechen in den Melodien,
    Zarte Träume schwimmen nach.
    Durch den flüsternden Hain
    Schwärmen goldne Bienelein
    Und summen zum Schlummer dich ein.


    Johann Ludwig Tieck (1773-1853)


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  11. Neli

    Neli Optimistin

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    Der See ruht tief im blauen Traum
    Von Wasserblumen zugedeckt;
    Ihr Vöglein hoch im Fichtenbaum,
    Daß ihr mir nicht den Schläfer weckt!

    Doch leise weht das Schilf und wiegt
    Das Haupt mit leichtem Sinn;
    Ein blauer Falter aber fliegt
    Darüber einsam hin.


    Julius Mosen (1803-1867)

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  12. Neli

    Neli Optimistin

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    Ich bin hinausgegangen
    Des Morgens in der Früh,
    Die Blümlein täten prangen,
    Ich sah so schön sie nie.

    Wagt' eins davon zu pflücken,
    Weil mir's so wohl gefiel;
    Doch als ich mich wollt bücken,
    Sah ich ein lieblich Spiel.

    Die Schmetterling' und Bienen,
    Die Käfer hell und blank,
    die mußten all ihm dienen
    Bei fröhlichem Morgensang;

    Und scherzten viel und küßten
    Das Blümlein auf den Mund,
    Und trieben's nach Gelüsten
    Wohl eine ganze Stund.

    Und wie sie so erzeiget
    Ihr Spiel die Kreuz und Quer,
    Hat's Blümlein sich geneiget
    Mit Freuden hin und her.

    Da hab ich's nicht gebrochen,
    Es wär ja morgen tot,
    Und habe nur gesprochen:
    Ade, du Blümlein rot!

    Und Schmetterling' und Bienen,
    Die Käfer hell und blank,
    Die sangen mit frohen Mienen
    Mir einen schönen Dank.


    Robert Reinick (1805-1852)

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  13. Lagune

    Lagune Bekanntes Mitglied

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    Wolken

    Am nächtigen Himmel
    Ein Drängen und Dehnen,
    Wolkengewimmel
    In hastigem Sehnen,
    In lautloser Hast
    — Von welchem Zug
    Gebietend erfasst? —
    Gleitet ihr Flug,
    Es schwankt gigantisch
    Im Mondesglanz
    Auf meiner Seele
    Ihr Schattentanz,
    Wogende Bilder,
    Kaum noch begonnen,
    Wachsen sie wilder,
    Sind sie zerronnen,
    Ein loses Schweifen ...
    Ein Halb-Verstehn ...
    Ein Flüchtig-Ergreifen ...
    Ein Weiterwehn ...
    Ein lautloses Gleiten,
    Ledig der Schwere,
    Durch aller Weiten
    Blauende Leere.


    Hugo von Hofmannsthal (1892)

    Den Anhang 63921 betrachten
     
  14. Neli

    Neli Optimistin

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    O wunderbares, tiefes Schweigen,
    Wie einsam ist's noch auf der Welt!
    Die Wälder nur sich leise neigen,
    Als ging' der Herr durchs stille Feld.

    Ich fühl mich recht wie neu geschaffen,
    Wo ist die Sorge nun und Not?
    Was mich noch gestern wollt' erschlaffen,
    Ich schäm' mich dess im Morgenrot.

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    Die Welt mit ihrem Gram und Glücke
    Will ich, ein Pilger, frohbereit
    Betreten nur wie eine Brücke
    Zu dir, Herr, übern Strom der Zeit.


    Joseph von Eichendorff
     
  15. Neli

    Neli Optimistin

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    Ans Haff nun fliegt die Möwe,
    Und Dämmerung bricht herein;
    Über die feuchten Watten
    Spiegelt der Abendschein.

    Graues Geflügel huschet
    Neben dem Wasser her;
    Wie Träume liegen die Inseln
    Im Nebel auf dem Meer.

    Ich höre des gärenden Schlammes
    Geheimnisvollen Ton,
    Einsames Vogelrufen -
    So war es immer schon.

    Noch einmal schauert leise
    Und schweigt dann der Wind;
    Vernehmlich werden die Stimmen,
    Die über der Tiefe sind.


    Theodor Storm


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  16. dorothe

    dorothe Neues Mitglied

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    Aus einem tiefen Weltschmerz reißt mich zuweilen ,
    sehr wohltätig , ein kleines Alltagsärgernis .....

    Francoise Sagan
    Schriftstellerin



    Den Anhang 64305 betrachten
     
    #1056 14. September 2011
    Zuletzt bearbeitet: 14. September 2011
  17. Neli

    Neli Optimistin

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    Wenn ich durch Wald und Fluren geh',
    Es wird mir dann so wohl und weh
    In unruhvoller Brust.
    So wohl, so weh, wenn ich die Au
    In ihrer Schönheit Fülle schau',
    Und all die Frühlingslust.

    Denn was im Winde tönend weht,
    Was aufgetürmt gen Himmel steht,
    Und auch der Mensch, so hold vertraut
    Mit all der Schönheit, die er schaut,
    Entschwindet, und vergeht.

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    Matthäus Kasimir von Collin (1779-1824)

     
  18. Lagune

    Lagune Bekanntes Mitglied

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    Septembermorgen

    Im Nebel ruhet noch die Welt,
    Noch träumen Wald und Wiesen:
    Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
    Den blauen Himmel unverstellt,
    Herbstkräftig die gedämpfte Welt
    In warmem Golde fließen.

    Eduard Mörike
    (1827, Erstdruck 1828)
     
  19. Juliane

    Juliane Neues Mitglied

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    Guten Morgen zusammen,
    ein schönes "Wort zum Tage"
    vielen Dank an alle.
    LG von Juliane.
     
  20. Neli

    Neli Optimistin

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    Nacht


    Dämmern Wolken über Nacht und Tal,
    Nebel schweben, Wasser rauschen sacht.
    Nun entschleiert sich's mit einemmal:
    O gib Acht! Gib Acht!

    Weites Wunderland ist aufgetan.
    Silbern ragen Berge, traumhaft groß,
    Stille Pfade silberlicht talan
    Aus verborg'nem Schoß;

    Und die hehre Welt so traumhaft rein.
    Stummer Buchenbaum am Wege steht
    Schattenschwarz, ein Hauch vom fernen Hain
    Einsam leise weht.


    Carl Hauptmann (1858-1921)


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