Bitte alle mitmachen: Naturgedichte und -lieder

Dieses Thema im Forum "Kaffeeklatsch" wurde erstellt von Neli, 18. März 2007.

  1. Neli

    Neli Optimistin

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    Abschiedshauch durchweht die Lüfte,
    Letzte Farben, letzte Düfte,
    Und ein letzter holder Klang. -
    Wo sind jene schönen Tage,
    Da aus jedem Blütenhage
    Tönte Nachtigallensang?

    Zwar noch blüht die letzte Rose,
    Doch die bleiche Herbstzeitlose
    Schimmert schon im Wiesengrün;
    Sie verschlief das beste Wetter
    Und nun kommt sie ohne Blätter
    Sich beizeit noch auszublühn.

    Träumerisch in sich versunken
    Und wie von Erinnrung trunken
    Liegt die Welt so blau und weit,
    Sehnsuchtsvoll, mit sanfter Klage,
    Still gedenkend goldner Tage
    Und der schönen Rosenzeit!


    Heinrich Seidel

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  2. Gitta

    Gitta Aktives Mitglied

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    Welkes Blatt

    Jede Blüte will zur Frucht,
    jeder Morgen Abend werden.
    Ewiges ist nicht auf Erden
    als der Wandel, als die Flucht.

    Auch der schönste Sommer will
    einmal Herbst und Welke spüren.
    Halte, Blatt, geduldig still,
    wenn der Wind dich will entführen.

    Spiel dein Spiel und wehr dich nicht,
    laß es still geschehen.
    Laß vom Winde, der dich bricht,
    dich nach Hause wehen.

    Hermann Hesse
     
  3. Brundhilde

    Brundhilde Brundhilde

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    Schneeflöckchen- Weissröckchen
    bald ist es soweit....

    ...und dann kommt der Schneepflug, und der fährt Dich breit.

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  4. Neli

    Neli Optimistin

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    O Sonnenschein, o Sonnenschein!
    Wie scheinst du mir ins Herz hinein,
    Weckst drinnen lauter Liebeslust,
    Daß mir so enge wird die Brust!

    Und enge wird mir Stub' und Haus,
    Und wenn ich lauf zum Tor hinaus,
    Da lockst du gar ins frische Grün
    Die allerschönsten Mädchen hin!

    O Sonnenschein! Du glaubest wohl,
    Daß ich wie du es machen soll,
    Der jede schmucke Blume küßt,
    Die eben nur sich dir erschließt?

    Hast doch so lang die Welt erblickt,
    Und weißt, daß sich's für mich nicht schickt;
    Was machst du mir denn solche Pein?
    O Sonnenschein! o Sonnenschein!


    Robert Reinick (1805-1852)

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  5. Juliane

    Juliane Neues Mitglied

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    Ach,

    ist das schööön!

    LG von Juliane.
     
  6. Neli

    Neli Optimistin

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    Liebe Juliane, das freut mich!
    Für Dich hier noch ein Gedicht von der Sonne:



    An einem lichten Morgen,
    da klingt es hell im Tal:
    wach'auf, du liebe Blume,
    ich bin der Sonnenstrahl!

    Erschließe mit Vertrauen
    dein Blütenkämmerlein
    und laß die heiße Liebe
    in's Heiligtum hinein.

    Ich will ja nichts verlangen
    als liegen dir im Schoß
    und deine Blüte küssen,
    eh' sie verwelkt im Moos.

    Ich will ja nichts begehren
    als ruh'n an deiner Brust
    und dich dafür verklären
    mit sonnenheller Lust.


    Hermann Rollet (1819-1904)



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  7. Neli

    Neli Optimistin

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    Allerseelen

    Stell auf den Tisch die duftenden Reseden,
    Die letzten roten Astern trag herbei,
    Und laß uns wieder von der Liebe reden,
    Wie einst im Mai.

    Gib mir die Hand, daß ich sie heimlich drücke
    Und wenn man's sieht, mir ist es einerlei,
    Gib mir nur einen deiner süßen Blicke,
    Wie einst im Mai.

    Es blüht und funkelt heut auf jedem Grabe,
    Ein Tag im Jahr ist ja den Toten frei,
    Komm an mein Herz, daß ich dich wieder habe,
    Wie einst im Mai.


    Hermann von Gilm zu Rosenegg (1812-1864)


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  8. Gitta

    Gitta Aktives Mitglied

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    Novembertag

    Nebel hängt wie Rauch ums Haus,
    drängt die Welt nach innen;
    ohne Not geht niemand aus;
    alles fällt in Sinnen.

    Leiser wird die Hand, der Mund,
    stiller die Gebärde.
    Heimlich, wie auf Meeresgrund,
    träumen Mensch und Erde.

    Christian Morgenstern
    (1871 - 1914)
     
  9. Neli

    Neli Optimistin

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    Schwarzgraue Wolken ziehen
    von Westen ohne Ruh,
    Zugvögelscharen fliehen
    dem warmen Süden zu.

    Vom Baume löst sich leise
    das letzte gelbe Blatt,
    und legt nach kurzer Reise
    sich müde in den Staub.

    Ein Käuzchen hör ich klagen
    im öden Waldrevier;
    den Herbstwind hör ich fragen:
    Was tust denn du noch hier?



    Johann Gottfried Herder (1744-1803)



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  10. Neli

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    Wem Gott will rechte Gunst erweisen,
    Den schickt er in die weite Welt,
    Dem will er seine Wunder weisen
    In Berg und Wald und Strom und Feld.

    Die Bächlein von den Bergen springen,
    Die Lerchen schwirren hoch vor Lust,
    Was sollt' ich nich mit ihnen singen
    Aus voller Kehl' und frischer Brust?

    Den lieben Gott laß ich nur walten;
    Der Bächlein, Lerchen, Wald und Feld,
    Und Erd' und Himmel will erhalten,
    Hat auch mein Sach' aufs Best' bestellt.


    Josef von Eichendorff


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  11. Gitta

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    Herbstlaunen


    Ganz allmählich übergab
    der Sommer dem Herbst
    das Regiment.
    Mit zaghaftem Pinsel
    setzt dieser seine ersten
    Markenzeichen.
    Er verwandelt die Natur
    in ein einziges Märchenbild.
    Irgendwann hatte er genug
    von all der Schönheit.
    Er stürmte und tobte,
    riss die Blätter von den Bäumen
    und ließ die Natur nackt und
    verwüstet zurück.
    Jetzt kann man nur hoffen,
    dass der Winter
    schnell alles
    unter eine weiße Decke
    verschwinden lässt.

    von Annegret Kronenberg
     
  12. Neli

    Neli Optimistin

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    Zu Golde ward die Welt;
    zu lange traf
    der Sonne süßer Strahl
    das Blatt, den Zweig.
    Nun neig
    dich, Welt, hinab.


    Bald sinkt's von droben dir
    in flockigen Geweben
    verschleiernd zu -
    und bringt dir Ruh,
    o Welt,
    o dir, zu Gold geliebtes Leben
    ,
    Ruh.



    Christian Morgenstern


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  13. Neli

    Neli Optimistin

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    Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
    als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
    sie fallen mit verneinender Gebärde.

    Und in den Nächten fällt die schwere Erde
    aus allen Sternen in die Einsamkeit.

    Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
    Und sieh dir andre an: es ist in allen.

    Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
    unendlich sanft in seinen Händen hält.


    Rainer Maria Rilke


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  14. Gitta

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    Georg Trakl (1887 - 1914)
    Verklärter Herbst
    Gewaltig endet so das Jahr
    Mit goldnem Wein und Frucht der Gärten.
    Rund schweigen Wälder wunderbar
    Und sind des Einsamen Gefährten.

    Da sagt der Landmann: Es ist gut.
    Ihr Abendglocken lang und leise
    Gebt noch zum Ende frohen Mut.
    Ein Vogelzug grüßt auf der Reise.

    Es ist der Liebe milde Zeit.
    Im Kahn den blauen Fluss hinunter
    Wie schön sich Bild an Bildchen reiht -
    Das geht in Ruh und Schweigen unter.
     
  15. Neli

    Neli Optimistin

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    Die Vögel fliehn geschwind
    Zum Nest im Wetterhauche,
    Doch schleudert sie der Wind
    Weitab von ihrem Strauche.

    Das Wild mit banger Hast
    Ist ins Gebüsch verkrochen;
    Manch grüner frischer Ast
    Stürzt nieder, sturmgebrochen.

    Das Heer der Wolken schweift
    Mit roten Blitzesfahnen,
    Aufspielend wirbelt, pfeift
    Die Bande von Orkanen.

    Das Bächlein, sonst so milde,
    Ist ausser sich geraten,
    Springt auf an Bäumen wild,
    Verwüstend in die Saaten.

    Der Donner bricht herein,
    Es kracht die Welt in Wettern,
    Als wollt' am Felsgestein
    Der Himmel sich zerschmettern.

    Der Regen braust; nun schwand
    Das Tal in seiner Dichte;
    Verpfählt hat er das Land
    Vor meinem Augenlichte.

    Doch mir im Herzensgrund
    Ist Heiterkeit und Stille;
    Mir wächst in solcher Stund
    Und härtet sich der Wille.



    Nikolaus Lenau (1802-1850)


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  16. Neli

    Neli Optimistin

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    Jetzt ist es Herbst,
    Die Welt ward weit,
    Die Berge öffnen ihre Arme
    Und reichen dir Unendlichkeit.
    Kein Wunsch, kein Wuchs ist mehr im Laub,
    Die Bäume sehen in den Staub,
    Sie lauschen auf den Schritt der Zeit.

    Jetzt ist es Herbst,
    das Herz ward weit.
    Das Herz, das viel gewandert ist,
    Das sich verjüngt mit Lust und List,
    Das Herz muss gleich den Bäumen lauschen
    Und Blicke mit dem Staube tauschen.
    Es hat geküsst, ahnt seine Frist,
    Das Laub fällt hin, das Herz vergisst.



    Max Dauthencdey (1867-1918)


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  17. Neli

    Neli Optimistin

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    Schon mischt sich Rot in der Blätter Grün,
    Reseden und Astern im Verblühn,
    Die Trauben geschnitten,
    der Hafer gemäht,
    Der Herbst ist da,
    das Jahr wird spät.

    Und doch (ob Herbst auch)
    die Sonne glüht.
    Weg drum mit der Schwermut
    aus deinem Gemüt!
    Banne die Sorge,
    genieße, was frommt,
    Eh Stille, Schnee und Winter kommt.


    Theodor Fontane

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  18. Neli

    Neli Optimistin

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    Rheinland
    Jetzt reifen schon die roten Berberitzen,
    alternde Astern atmen schwach im Beet.
    Wer jetzt nicht reich ist, da der Sommer geht,
    wird immer warten und sich nie besitzen.


    Wer jetzt nicht seine Augen schließen kann,
    gewiß, daß eine Fülle von Gesichten in ihm
    nur wartet bis die Nacht begann,
    um sich in seinem Dunkel aufzurichten:-
    der ist vergangen wie ein alter Mann.


    Dem kommt nichts mehr, dem stößt kein Tag mehr zu,
    und alles lügt ihn an, was ihm geschieht;
    auch du, mein Gott.
    Und wie ein Stein bist du,
    welcher ihn täglich in die Tiefe zieht.



    Rainer Maria Rilke


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  19. Ruth

    Ruth Bekanntes Mitglied

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    württemberg
    Laternen-Lieder

    Ich geh´mit meiner Laterne,
    und meine Laterne mit mir.
    Da oben leuchten die Sterne,
    und unten leuchten wir.
    Mein Licht ist aus,
    ich geh´nach Haus´,
    rabimmel-rabammel-rabum....

    Laterne, Laterne,
    Sonne, Mond und Sterne!
    Brenne auf, mein Licht, brenne auf, mein Licht,
    aber nur meine liebe Laterne nicht!

    Die Verfasser kenne ich nicht.
     
  20. Neli

    Neli Optimistin

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    Rheinland
    Wie so leis' die Blätter wehn,
    In dem lieben, stillen Hain,
    Sonne will schon schlafen gehn,
    Läßt ihr goldnes Hemdelein
    Sinken auf den grünen Rasen,
    Wo die schlanken Hirsche grasen
    In dem roten Abendschein.

    In der Quellen klaren Flut
    Treibt kein Fischlein mehr sein Spiel,
    Jedes suchet, wo es ruht,
    Sein gewöhnlich Ort und Ziel,
    Und entschlummert überm Lauschen
    Auf der Wellen leises Rauschen
    Zwischen bunten Kieseln kühl.

    Schlank schaut auf der Felsenwand
    Sich die Glockenblume um;
    Denn verspätet über Land
    Will ein Bienchen mit Gesumm
    Sich zur Nachtherberge melden,
    In der blauen, zarten Zelten,
    Schlüpft hinein und wird ganz stumm.

    Treuer Gott, du bist nicht weit,
    Dir vertraun wir ohne Harm
    In der wilden Einsamkeit
    Wie in Hofes eitlem Schwarm.
    Du wirst uns die Hütte bauen,
    Daß wir fromm und voll Vertrauen
    Sicher ruhn in deinem Arm.


    Clemens von Brentano

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