Wie ein Grüssen, wie ein Singen geht mir's innig durch's Gemüt, nah und fern die Glocken klingen und der Tag ist nun verblüht. Doch in meiner Brust tief innen blühet weiter Duft und Glanz, daß ich Dein mit allen Sinnen, Dein nur bin, ich fühl' es ganz! Otto Roquette (1824-1896)
Erde, die uns dies gebracht, Sonne, die es reif gemacht: Liebe Sonne, liebe Erde, Euer nie vergessen werde! Christian Morgenstern (1871-1914)
August Das war des Sommers schönster Tag, Nun klingt er vor dem stillen Haus In Duft und süßem Vogelschlag Unwiederbringlich leise aus. In dieser Stunde goldnen Born Gießt schwelgerisch in roter Pracht Der Sommer aus sein volles Horn Und feiert seine letzte Nacht. Hermann Hesse
Ich danke Gott und freue mich Wie's Kind zur Weihnachtsgabe, Daß ich hier bin! Und daß ich dich Schön menschlich Antlitz habe. Daß ich die Sonne, Berg und Meer, Und Laub und Gras kann sehen Und abends unterm Sternenheer Und lieben Monde gehen. Ich danke Gott mit Saitenspiel, Dass ich kein König worden; Ich wär' geschmeichelt worden viel Und wär' vielleicht verdorben. Gott gebe mir nur jeden Tag. So viel ich darf zum Leben, Er gibt's dem Sperling auf dem Dach; Wie sollt' er's mir nicht geben! Matthias Claudius (1740-1815)
Der blinde Knabe O sagt, ihr Lieben, mir einmal, Welch Ding ist's, Licht genannt? Was sind des Sehens Freuden all', Die niemals ich gekannt? Die Sonne, die so hell ihr seht, Mir Armen scheint sie nie; Ihr sagt, sie auf- und niedergeht, Ich weiß nicht, wann noch wie. Ich mach' mir selbst so Tag und Nacht, Dieweil ich schlaf' und spiel', Mein inn'res Leben schön mir lacht, Ich hab' der Freuden viel. Zwar kenn' ich nicht, was euch erfreut, Doch drückt mich keine Schuld, Drum freu' ich mich in meinem Leid Und trag' es mit Geduld. Ich bin so glücklich, bin so reich Mit dem, was Gott mir gab, Bin wie ein König froh, obgleich Ein armer, blinder Knab'. Jakob Nikolaus (1797-1855)
Die Welt ist allezeit schön Im Frühling prangt die schöne Welt In einem fast Smaragden Schein. Im Sommer glänzt das reife Feld, Und scheint dem Golde gleich zu sein. Im Herbste sieht man, als Opalen, Der Bäume bunte Blätter strahlen. Im Winter schmückt ein Schein, wie Diamant Und reines Silber, Flut und Land. Ja kurz, wenn wir die Welt aufmerksam sehn, Ist sie zu allen Zeit schön. Barthold Heinrich Brockes (1680-1747)
Der Schmetterling Wie soll ich nicht tanzen, Es macht keine Mühe, Und reizende Farben Schimmern hier im Grünen. Immer schöner glänzen Meine bunten Flügel, Immer süßer hauchen Alle kleinen Blüten. Ich nasche die Blüten, Ihr könnt sie nicht hüten. Wie groß ist die Freude, Sei's spät oder frühe, Leichtsinnig zu schweben Über Tal und Hügel. Wenn der Abend säuselt, Seht ihr Wolken glühen; Wenn die Lüfte golden, Scheint die Wiese grüner. Ich nasche die Blüten, Ihr könnt sie nicht hüten. Friedrich von Schlegel
Ach hätte die Rose Flügel, sie flöge hinüber zu dir, und brächte dir tausend Grüsse, und du wüsstest sie kämen von mir. O könnte die Rose singen, ich sendete sie an dich und sie sänge dir dieses Liedchen, und du dächtest dabei an mich. Sie kann nicht fliegen, nicht singen! Ich bin die Sehnsucht so müd, drum fliege ich selber und bringe dir Gruß und Rose und Lied. R.E. Wegener
Im September ist alles aus Gold: Die Sonne, die durch das Blau hinrollt, Das Stoppelfeld, Die Sonnenblume, schläfrig am Zaun, Das Kreuz auf der Kirche, Der Apfel am Baum. Ob er hält? Ob er fällt? Da wirft ihn geschwind Der Wind in die goldene Welt. Georg Britting
So ruhig geh' ich meinen Pfad, So still ist mir zu Mut; Es dünkt mir jeder Weg gerad' Und jedes Wetter gut. Wohin mein Weg mich führen mag, Der Himmel ist mein Dach, Die Sonne kommt mit jedem Tag, Die Sterne halten Wach'. Und komm' ich spät und komm' ich früh Ans Ziel, das mir gestellt: Verlieren kann ich mich doch nie, O Gott, aus Deiner Welt! Josef von Eichendorff
Bunte Blätter ... Die Sonne strahlt die Blätter braun der Herbst ergreift so seinen Raum Im leuchtend bunt der vielen Farben der Herbst der hat viel schöne Tage Die Jahreszeit die Wälder ziert bis das der Schnee die Landschaft ziert Der Herbst der schmückt die Jahreszeit Der Sommer ist Vergangenheit Autor: Gerhard Ledwina (*1949)
[SIZE=+1]Sonniger Herbsttag[/SIZE] Abschiedshauch durchweht die Lüfte, Letzte Farben, letzte Düfte, Und ein letzter holder Klang. - Wo sind jene schönen Tage, Da aus jedem Blüthenhage Tönte Nachtigallensang? Zwar noch blüht die letzte Rose, Doch die bleiche Herbstzeitlose Schimmert schon im Wiesengrün; Sie verschlief das beste Wetter Und nun kommt sie ohne Blätter Sich beizeit noch auszublühn. Träumerisch in sich versunken Und wie von Erinnrung trunken Liegt die Welt so blau und weit, Sehnsuchtsvoll, mit sanfter Klage, Still gedenkend goldner Tage Und der schönen Rosenzeit! Seidel, Heinrich (1842-1906)
Septembermorgen Im Nebel ruhet noch die Welt, Noch träumen Wald und Wiesen. Bald siehst Du, wenn der Schleier fällt, Den blauen Himmel unverstellt, Herbstkräftig die gedämpfte Welt Im warmem Golde fließen. Eduard Mörike
Komm, stiller Abend, nieder, Auf unsre kleine Flur, Dir tönen unsre Lieder! Wie schön bist du Natur! Schon steigt die Abendröthe, Herab in's kühle Thal, Schon glänzt auf unsrer Flöte, Der Sonne letzter Strahl. All überall herrscht Schweigen, Nur schwingt der Vögel Chor Noch aus den dunkeln Zweigen Den Nachtgesang empor. Matthias Claudius
Ich weiss mir ein Plätzchen So heimlich und kühl, Das lockt mich mit Freundlichkeit an, Das gibt mir wohltätig Der Freuden so viel. Da bin ich so oft ich nur kann. Wie schön hier Gipfel Des Berges begrenzt Die Burg, die so herrlich sich zeigt, Am herrlichsten, wenn sie In Feuergold glänzt Und Phöbus zum Meere sich neigt. Die Kräuter der Wiesen, Die Blüten im Hain Verstreuen erquickenden Duft. Kommt Zephyr und schmeichelt Bei dämmerndem Schein Des Hespers die schlummernde Luft. Da sitz ich verloren In glücklicher Ruh, Der Unmut zerfliesst dann wie Schaum. Das Götterkind Phantasus Schleicht sich hinzu Und schwatzt mich in seligen Traum. Dichter unbekannt
Liebe 1mimo1, vielen Dank für Deinen Tipp. Ich freue mich sehr, dass so viele die Naturgedichte lesen. Die Seite, aus der ich das Gedicht bzw. Lied habe, schreibt so: by Anonymous/Unidentified Artist sometimes misattributed to Johann Georg Jacobi (1740-1814) Leider weiß ich nicht, was genau "misattributed" genau heißt. Nach dem google Übersetzer heißt es "korrekt bewertet". Ich nehme also an, das das Gedicht dann von Johann Georg Jacobi bekannt gemacht wurde, er aber auch nicht genau wußte, von wem es geschrieben wurde. Der Titel des Gedichtes ist "Mein Plätzchen". Auf jeden Fall gefällt es mir sehr, ich hoffe, Euch auch. Viele liebe Grüße Neli
Auch kleine Dinge können uns entzücken, Auch kleine Dinge können teuer sein. Bedenkt, wie gern wir uns mit Perlen schmücken; Sie werden schwer bezahlt und sind nur klein. Bedenkt, wie klein ist die Olivenfrucht, Und wird um ihre Güte doch gesucht. Denkt an die Rose nur, wie klein sie ist, Und duftet doch so lieblich, wie ihr wißt. Paul Heyse (1830-1914)
Wo lebt' ich glücklicher verborgen, Als unterm Úlmenschatten hier! Es fliehen, fern von Gram und Sorgen, In süßer Ruh die Tage mir. Im edlen Selbstgenusse schwindet Mein Leben ohne Sehnsuchtsglut, Und meine heitre Seele findet Im Frieden nur das höchste Gut. Was mangelt mir zum Erdenglücke? An Blum' und Frucht ist reich die Au; Es kleidet meinem freien Blicke Der Himmel sich in schön'res Blau. Und wann Gewitter ihn umzogen, Wann Hagel rauscht und Donner kracht, So strahlt der milde Regenbogen Bald Frieden durch die Wolkennacht. Die Zwietracht herrscht im Weltgetümmel Und jeden Schritt verfolgt der Schmerz; Kaum lacht, o Einsamkeit! dein Himmel, So kehret Ruh' in's bange Herz. Seht ihr dort wilde Fluten schäumen Und tobend über Klippen fliehn? Besänftigt unter meinen Bäumen Rinnt still dasselbe Wasser hin. Karl Philipp Lohbauer (1777-1809)
Dauer im Wechsel Hielte diesen frühen Segen, Ach, nur Eine Stunde fest! Aber vollen Blütenregen Schüttelt schon der laue West. Soll ich mich des Grünen freuen, Dem ich Schatten erst verdankt? Bald wird Sturm auch das zerstreuen Wenn es falb im Herbst geschwankt. Willst du nach den Früchten greifen, Eilig nimm dein Teil davon! Diese fangen an zu reifen, Und die andern keimen schon; Gleich mit jedem Regengusse, Ändert sich dein holdes Tal, Ach, und in demselben Flusse Schwimmst du nicht zum zweitenmal. Du nun selbst! Was felsenfeste Sich vor dir hervorgetan, Mauern siehst du, siehst Paläste Stets mit andern Augen an. Johann Wolfgang von Goethe
Die Knospe träumte von Sonnenschein, Vom Rauschen der Blätter im grünen Hain, Von der Quelle melodischem Wogenfall, Von süssen Tönen der Nachtigall, Und von den Lüften, die kosen und schaukeln, Und von den Düften, die schmeicheln und gaukeln. Und als die Knospe zur Ros' erwacht, Da hat sie mild durch Tränen gelacht Und hat geschaut und hat gelauscht, Wie's leuchtet und klingt, Wie's duftet und rauscht. Als all ihr Träumen nun wurde wahr, Da hat sie vor süssem Staunen gebebt Und leis geflüstert: Ist mir's doch gar, Als hätt ich das alles schon einmal erlebt. Friedrich von Sallet (1812-1843)