Dämmernd liegt der Sommerabend Über Wald und grünen Wiesen; Goldner Mond, am blauen Himmel, Strahlt herunter, duftig labend. An dem Bache zirpt die Grille, Und es regt sich in dem Wasser, Und der Wandrer hört ein Plätschern, Und ein Atmen in der Stille. Dorten, an dem Bach alleine, Badet sich die schöne Elfe; Arm und Nacken, weiß und lieblich, Schimmern in dem Mondenscheine. Heinrich Heine
Walle, Regen, walle nieder, Wecke mir die Träume wieder, Die ich in der Kindheit träumte, Wenn das Naß im Sande schäumte! Wenn die matte Sommerschwüle Lässig stritt mit frischer Kühle, Und die blanken Blätter tauten, Und die Saaten dunkler blauten. Welche Wonne, in dem Fließen Dann zu stehn mit nackten Füßen, An dem Grase hin zu streifen Und den Schaum mit Händen greifen. Oder mit den heißen Wangen Kalte Tropfen aufzufangen, Und den neuerwachten Düften Seine Kinderbrust zu lüften! Wie die Kelche, die da troffen, Stand die Seele atmend offen, Wie die Blumen, düftertrunken, In dem Himmelstau versunken. Schauernd kühlte jeder Tropfen Tief bis an des Herzens Klopfen, Und der Schöpfung heilig Weben Drang bis ins verborgne Leben. Walle, Regen, walle nieder, Wecke meine alten Lieder, Die wir in der Türe sangen, Wenn die Tropfen draußen klangen! Möchte ihnen wieder lauschen, Ihrem süßen, feuchten Rauschen, Meine Seele sanft betauen Mit dem frommen Kindergrauen. Klaus Groth (1819-1899)
Ein blauer Sommer glanz- und glutenschwer Geht über Wiesen, Felder, Gärten her. Die Sonnenkrone glüht auf seinen Locken, Sein warmer Atem läutet Blütenglocken. Ein goldnes Band umzieht die blaue Stirne, Schwer aus den Zweigen fällt die reife Frucht Und Sens' und Sichel blitzt auf Flur und Feld, Und rot von Rosen ist die ganze Welt. Karl Busse (1872-1918)
Nicht im Schlafe hab' ich das geträumt, Hell am Tage sah ich's schön vor mir. Eine Wiese voller Margeriten; Tief ein weißes Haus in grünen Büschen, Götterbilder leuchten aus dem Laube. Und ich geh' mit einer, die mich lieb hat, Ruhigen Gemütes in die Kühle Dieses weißen Hauses, in den Frieden, Der voll Schönheit wartet, daß wir kommen. Und ich geh' mit einer, die mich lieb hat, In den Frieden voll Schönheit. Julius Bierbaum
Die Lotosblume ängstigt Sich vor der Sonne Pracht Und mit gesenktem Haupte Erwartet sie träumend die Nacht. Der Mond, der ist ihr Buhle Er weckt sie mit seinem Licht, Und ihm entschleiert sie freundlich Ihr frommes Blumengesicht, Sie blüht und glüht und leuchtet Und starret stumm in die Höh'; Sie duftet und weinet und zittert Vor Liebe und Liebesweh. Heinrich Heine
Metamorphose Ein Schmetterling, des Gaukelns satt, bequemt sich müde auf ein Blatt. Dort spreizet er, wer säh´es nicht, sein Flügelpaar im Sonnenlicht. Auf einmal sieht der bunte Falter, wie eine Raupe, hoch im Alter, sich über einen steilen Stiel zum Nachbarblatt hoch ziehen will. Das hat sie nur mit lezter Kraft am Ende schließlich doch geschafft. "Ich sterbe nun,"so spricht sie leise, "dies war wohl meine lezte Reise." Der Schmetterling ihr Trost anbot: "Vielleicht gibts ein Leben nach dem Tod." :a_smil08:
So ruhig geh' ich meinen Pfad, So still ist mir zu Mut; Es dünkt mir jeder Weg gerad' Und jedes Wetter gut. Wohin mein Weg mich führen mag, Der Himmel ist mein Dach, Die Sonne kommt mit jedem Tag, Die Sterne halten Wach'. Und komm' ich spät und komm' ich früh Ans Ziel, das mir gestellt: Verlieren kann ich mich doch nie, O Gott, aus Deiner Welt! Josef von Eichendorff
Im Garten klagt die Nachtigall und hängt das feine Köpfchen nieder, was hilft's dass ich so schöne Lieder und wundersüsse Töne habe - solange ich dies grau Gefieder und der Rose Schöne habe ! Im Blumenbeet die Rose klagt: Wie soll das Leben mir gefallen ? Was hilft's, dass vor den Blumen allen ich Anmut, Duft und Schöne habe - solang ich nicht der Nachtigallen Gesang und süsse Töne habe ! Mirza Schaffy entschied den Streit. Er sprach: "Lasst euer Klagen beide, Du Rose mit dem duft'gen Kleide, du Nachtigall mit deinen Liedern: Vereint zur Lust und Ohrenweide der Menschen, euch in meinen Liedern!" Friedrich Martin von Bodenstedt (1819-1892)
Wie soll ich nicht tanzen, Es macht keine Mühe, Und reizende Farben Schimmern hier im Grünen. Immer schöner glänzen Meine bunten Flügel, Immer süßer hauchen Alle kleinen Blüten. Ich nasche die Blüten, Ihr könnt sie nicht hüten. Wie groß ist die Freude, Sei's spät oder frühe, Leichtsinnig zu schweben Über Tal und Hügel. Wenn der Abend säuselt, Seht ihr Wolken glühen; Wenn die Lüfte golden, Scheint die Wiese grüner. Ich nasche die Blüten, Ihr könnt sie nicht hüten. Friedrich von Schlegel /1172-1829)
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, Ein Birnbaum in seinem Garten stand, Und kam die goldene Herbsteszeit Und die Birnen leuchteten weit und breit, Da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl, Der von Ribbeck sich beide Taschen voll, Und kam in Pantinen ein Junge daher, So rief er: "Junge, wiste 'ne Beer?" Und kam ein Mädel, so rief er: "Lütt Dirn, Kumm man röwer, ick hebb 'ne Birn." So ging es viel Jahre, bis lobesam Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam. Er fühlte sein Ende. 's war Herbsteszeit, Wieder lachten die Birnen weit und breit; Da sagte von Ribbeck: "Ich scheide nun ab. Legt mir eine Birne mit ins Grab." Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus, Trugen von Ribbeck sie hinaus, Alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht Sangen "Jesus meine Zuversicht", Und die Kinder klagten, das Herze schwer: "He is dod nu. Wer giwt uns nu 'ne Beer?" So klagten die Kinder. Das war nicht recht - Ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht; Der Neue freilich, der knausert und spart, Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt. Aber der Alte, vorahnend schon Und voll Misstrauen gegen den eigenen Sohn, Der wusste genau, was damals er tat, Als um eine Birn' ins Grab er bat, Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus Ein Birnbaumsprössling sprosst heraus. Und die Jahre gehen wohl auf und ab, Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab, Und in der goldenen Herbsteszeit Leuchtet's wieder weit und breit. Und kommt ein Jung' übern Kirchhof her, So flüstert's im Baume: "Wiste 'ne Beer?" Und kommt ein Mädel, so flüstert's: "Lütt Dirn, Kumm man röwer, ick gew' di 'ne Birn." So spendet Segen noch immer die Hand Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.. Theodor Fontane
Noch ist die Zeit des Jahrs zu sehn, und die Gefilde Des Sommers stehn in ihrem Glanz, in ihrer Milde; Des Feldes Grün ist prächtig ausgebreitet, Allwo der Bach hinab mit Wellen gleitet. So zieht der Tag hinaus durch Berg und Tale, Mit seiner Unaufhaltsamkeit und seinem Strahle, Und Wolken ziehn in Ruh', in hohen Räumen, Es scheint das Jahr mit Herrlichkeit zu säumen. Friedrich Hölderlin
Tiefer sinket schon die Sonne, Und es atmet alles Ruhe, Tages Arbeit ist vollendet, Und die Kinder scherzen munter. Grüner glänzt die grüne Erde, Eh' die Sonne ganz versunken. Milden Balsam hauchen leise In die Lüfte nun die Blumen, Der die Seele zart berühret, Wenn die Sinne selig trunken. Kleine Vögel, ferne Menschen, Berge, himmelan geschwungen, Und der große Silberstrom, Der im Tale schlank gewunden, Alles scheint dem Dichter redend, Denn er hat den Sinn gefunden: Und das All ein einzig Chor, Manches Lied aus einem Munde. Friedrich von Schlegel (1772-1829)
Ich war erst sechzehn Sommer alt, Unschuldig und nichts weiter, Und kannte nichts als unsern Wald, Als Blumen, Gras und Kräuter. Da kam ein fremder Jüngling her; Ich hatt' ihn nicht verschrieben, Und wußte nicht wohin noch her; Der kam und sprach von Lieben. Er hatte schönes langes Haar Um seinen Nacken wehen; So einen Nacken, als der war, Hab' ich noch nie gesehen. Sein Auge, himmelblau und klar! Schien freundlich was zu flehen, So blau und freundlich, als das war, Hab ich noch kein's gesehen. Und sein Gesicht, wie Milch und Blut Ich hab's nie so gesehen; Auch was er sagte, war sehr gut. Nur konnt' ich's nicht verstehen. Er ging mir allenthalben nach, Und drückte mir die Hände, Und sagte immer O und Ach, Und küßte sie behende. Ich sah ihn einmal freundlich an, Und fragte, was er meinte; Da fiel der junge schöne Mann Mir um den Hals und weinte. Das hatte niemand noch getan; Doch war's mir nicht zuwider Und meine beiden Augen sahn In meinen Busen nieder. Ich sagt' ihm nicht ein einzig Wort, Als ob ich's übel nähme, Kein einzig's, und - er flohe fort; Wenn er doch wieder käme! Matthias Claudius (1740-1815)
Es blüht um mich des Abends Stille, es klingt noch fern ein letztes Lied, das von den weiten Gärten drüben im Abendwind herüberzieht. Das ist des Tages letztes Klingen, nun naht die nächtlich dunkle Ruh und deckt mit ihren Friedensschleiern still alle heiße Sehnsucht zu. Theo Schäfer (1872)
Ihr Vöglein in den Lüften, Schwingt mit Gesang euch fort Und grüßet mir den teuren, Den lieben Heimatsort! Ihr Lerchen, nehmt die Blüten, Die zarten mit hinaus! Ich schmückte sie zur Zierde Für's teure Vaterhaus. Du Nachtigall, o schwinge Dich doch zu mir herab Und nimm die Rosenknospe Auf meines Vaters Grab! Friedrich Nietzsche (1844-1900)
Ein Hase sitzt auf einer Wiese, des Glaubens, niemand sähe diese. Doch, im Besitze eines Zeisses, betrachtet voll gehaltnen Fleißes vom vis-a-vis gelegnen Berg ein Mensch den kleinen Löffelzwerg. Ihn aber blickt hinwiederum ein Gott von fern an, mild und stumm. Christian Morgenstern
Du schönes Fischermädchen, Treibe den Kahn ans Land; Komm zu mir und setze dich nieder, Wir kosen Hand in Hand. Leg an mein Herz dein Köpfchen Und fürchte dich nicht zu sehr; Vertraust du dich doch sorglos Täglich dem wilden Meer. Mein Herz gleicht ganz dem Meere, Hat Sturm und Ebb' und Flut, Und manche schöne Perle In seiner Tiefe ruht. Heinrich Heine
Sonnenuntergang Wo bist du ? trunken dämmert die Seele mir Von aller deiner Wonne; denn eben ists, Daß ich gelauscht, wie, goldner Töne Voll, der entzückende Sonnenjüngling Sein Abendlied auf himmlischer Leier spielt'; Es tönten rings die Wälder und Hügel nach. Doch fern ist er zu frommen Vökern, Die ihn noch ehren, hinweggegangen. Friedrich Hölderlin
Raupe und Schmetterling Es kriecht im Gras eine Raupe fürbaß, Und neben ihr ein Schmetterling fliegt. Die Raupe eilfertig sich krümmt und biegt, Der Schmetterling tanzt auf luftiger Straß'. Grashalme wollen erklettert sein Von jedem kriechenden Raupenbein. Der Schmetterling wiegt sich über den Dingen, Wie Wünsche, die flink den Tod überspringen; Wie Gedanken der Liebsten, die mich begleiten, Fortflüchtend spielend aus irdischen Zeiten, Gedanken, die schnell voraus schon eilen, Den Worten auf geschriebenen Zeilen. Max Dauthendey
Hoch auf dem Gipfel deiner Gebirge Steh ich und staun ich. Glühend begeistert, hellige Koppe, Himmelsstürmerin! Weit in die Ferne Schweifen die trunknen, freudigen Blicke; Überall Leben, üppiges Streben, Überall Sonnenschein! Blühende Fluren, schimmernde Städte, Dreier Könige glückliche Länder Schau ich begeistert, schau ich mit hoher, Mit inniger Lust. Auch meines Vaterlands Grenzen erblick ich, Wo mich des Leben freundlich begrüßte, Wo mich der Liebe hellige Sehnsucht Glühend ergriff. Sei mir gesegnet hier in der Ferne, Liebliche Heimat! Sei mir gesegnet, Land meiner Träume, Kreis meiner Lieben, sei mir gegrüßt! Theodor Körner