Kein Hälmlein wächst auf Erden, Der Himmel hat's betaut, Und kann kein Blümlein werden, Die Sonne hat's erschaut. Wenn du auch tief beklommen In Waldesnacht allein: Einst wird von Gott dir kommen Dein Tau und Sonnenschein. Dann sproßt, was dir indessen Als Keim im Herzen lag, So ist kein Ding vergessen, Ihm kommt ein Blütentag. Albert Emil Brachvogel (1824-1878)
Rose, Meer und Sonne Sind ein Bild der Liebsten mein, Die mit ihrer Wonne Faßt mein ganzes Leben ein. Aller Glanz, ergossen, Aller Tau der Frühlingsflur, Liegt vereint beschlossen In dem Kelch der Rose nur. Alle Farben ringen, Alle Düft' im Lenzgefild', Um hervorzubringen Im Verein der Rose Bild. Alle Ströme haben Ihren Lauf auf Erden bloß, Um sich zu begraben Sehnend in des Meeres Schoß. Alle Quellen fließen In den unerschöpften Grund, Einen Kreis zu schließen Um der Erde blüh'ndes Rund. Friedrich Rückert
Kornblumen flecht ich dir zum Kranz... Kornblumen flecht' ich dir zum Kranz Ins blonde Lockenhaar. Wie leuchtet doch der blaue Glanz Auf goldnem Grund so klar! Der blaue Kranz ist meine Lust; Er sagt mir stets aufs neu, Wohl keine sei in tiefster Brust Wie du, mein Kind, so treu. Auch mahnt sein Himmelblau zugleich Mich heimlich süßer Art, Daß mir ein ganzes Himmelreich In deiner Liebe ward. Emanuel Geibel
Mit geheimnisvollen Düften Grüßt vom Hang der Wald mich schon, Über mir in hohen Lüften Schwebt der erste Lerchenton. In den süßen Laut versunken Wall' ich hin durchs Saatgefild, Das noch halb vom Schlummer trunken Sanft dem Licht entgegenschwillt. Welch ein Sehnen! welch ein Träumen! Ach, du möchtest vorm Verglühn Mit den Blumen, mit den Bäumen, Altes Herz, noch einmal blühn. Emanuel Geibel
Der Sonntag ist gekommen, Ein Sträußchen auf dem Hut; Sein Aug ist mild und heiter, Er meint's mit allen gut. Er steiget auf die Berge, Er wandelt durch das Tal, Er ladet zum Gebete Die Menschen allzumal. Und wie in schönen Kleidern Nun pranget jung und alt, Hat er für sie geschmücket Die Flur und auch den Wald. Und wie er allen Freude Und Frieden bringt und Ruh, So ruf auch du nun jedem "Gott grüß dich" freundlich zu. August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
In des Sees Wogenspiele Fallen durch den Sonnenschein Sterne, ach, gar viele, viele, Flammend leuchtend stets hinein. Wenn der Mensch zum See geworden, In der Seele Wogenspiele Fallen aus des Himmels Pforten Sterne, ach, gar viele, viele. Franz Seraph Ritter von Bruchmann (1798-1867)
Die Blümelein sie schlafen schon längst im Mondenschein, sie nicken mit den Köpfen auf ihren Stengelein. Es rüttelt sich der Blütenbaum, es säuselt wie im Traum: Schlafe, schlafe, schlaf du, meine Kindelein! Die Vögelein sie sangen so süß im Sonnenschein, sie sind zur Ruh gegangen in ihre Nestchen klein. Das Heimchen in dem Ährengrund, es tut allein sich kund: Schlafe, schlafe, schlaf du, meine Kindelein! Sandmännchen kommt geschlichen und guckt durchs Fensterlein, ob irgend noch ein Liebchen nicht mag zu Bette sein. Und wo es nur ein Kindchen fand, streut er ihm in die Augen Sand. Schlafe, schlafe, schlaf du, meine Kindelein! Sandmannchen aus dem Zimmer, Es schlaft mein Herzchen fein, Es is gar fest verschlossen Schon sien Guckäugelein. Es leuchtet morgen mir Willkomm das Äugelein so fromm! Schlafe, schlafe, schlaf du, meine Kindelein! Anton Wilhelm Florentin von Zuccalmaglio (1802-1869) __________________
Mohnblumen sind die runden, rotblutigen gesunden, die sommersproßgebraunten, die immer froh gelaunten, kreuzbraven, kreuzfidelen, tanznimmermüden Seelen; die unter'm Lachen weinen und nur geboren scheinen, die Kornblumen zu necken, und dennoch oft verstecken die weichsten, besten Herzen, im Schlinggewächs von Scherzen; die man, weiß Gott, mit Küssen ersticken würde müssen, wär' man nicht immer bange, umarmest du die Range, sie springt ein voller Brander aufflammend auseinander. Felix Ludwig Julius Dahn (1834-1912)
Grün ist der Jasminenstrauch Abends eingeschlafen, Als ihn mit des Morgens Hauch Sonnenlichter trafen, Ist er schneeweiß aufgewacht: "Wie geschah mir in der Nacht?" Seht, so geht es Bäumen, Die im Frühling träumen. Friedrich Rückert
Kindheit Ein Gärtlein weiß ich noch auf Erden, Drin wandl' ich gern bei Tag und Nacht; Das kann mir nie verwüstet werden, Es ist von Engeln stets bewacht. Da zeigt sich noch den Augen immer Der Himmel wolkenleer und blau, Da äugelt noch wie Demantschimmer An Gras und Blättern Himmelsthau. Da fließen noch die Brünnlein helle, Nichts hemmt noch trübet ihren Lauf; Da sprießen noch an jeder Stelle Die schönsten Blumen Morgens auf. Da schwirren noch auf güldnen Schwingen Die Käfer Freud und Lust uns zu; Und aus den dunklen Büschen singen Uns Nachtigallen Fried' und Ruh. Da müssen noch die Klagen schweigen; Da ist das Herz noch allzeit reich, Da hangt an immer grünen Zweigen Noch traulich Blüth' und Frucht zugleich. Da giebt's noch keine finstern Mienen, Nicht Zank noch Neid nicht, Haß noch Zorn; Da summen stachellos die Bienen Und Rosen blühen ohne Dorn. Da lächelt schöner noch die Sonne, Und heller blinkt uns jeder Stern; Nur nahe sind uns Freud' und Wonne, Und alle Sorgen bleiben fern. O sucht das Gärtlein nicht auf Erden! Es ist und bleibt uns immer nah: Wir dürfen nur wie Kinder werden -- Und sieh, gleich ist das Gärtlein da. August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Wärst du nicht, heil'ger Abendschein! Wärst du nicht, sternerhellte Nacht! Du Blütenschmuck! Du üpp'ger Hain! Und du, Gebirg', voll ernster Pracht! Du Vogelsang aus Himmeln hoch! Du Lied aus voller Menschenbrust! Wärst du nicht, ach, was füllte noch In arger Zeit ein Herz mit Lust? Justinus Kerner (1786-1862)
Geh aus, mein Herz, und suche Freud In dieser lieben Sommerzeit An deines Gottes Gaben; Schau an der schönen Gärten Zier, Und siehe, wie sie mir und dir Sich ausgeschmücket haben. Die Bäume stehen voller Laub, Das Erdreich decket seinen Staub Mit einem grünen Kleide; Narzissus und die Tulipan, Die ziehen sich viel schöner an Als Salomonis Seide. Die Lerche schwingt sich in die Luft, Das Täublein fleugt aus seiner Kluft Und macht sich in die Wälder, Die hochbegabte Nachtigall Ergötzt und füllt mit ihrem Schall Berg, Hügel, Tal und Felder. Die Glucke führt ihr Völklein aus, Der Storch baut und bewohnt sein Haus, Das Schwälblein speist die Jungen, Der schnelle Hirsch, das leichte Reh Ist froh und kommt aus seiner Höh Ins tiefe Gras gesprungen. Die Bächlein rauschen in dem Sand Und malen sich und ihren Rand Mit schattenreichen Myrten; Die Wiesen liegen hart dabei Und klingen ganz vom Lustgeschrei Der Schaf und ihrer Hirten. Die unverdroßne Bienenschar Fliegt hin und her, sucht hie und da Ihr edle Honigspeise, Des süßen Weinstocks starker Saft Bringt täglich neue Stärk' und Kraft In seinem schwachen Reise. Der Weizen wächset mit Gewalt, Darüber jauchzet jung und alt Und rühmt die große Güte Des, der so überflüssig labt Und mit so manchem Gut begabt Das menschliche Gemüte. Ich selbsten kann und mag nicht ruhn, Des großen Gottes großes Tun Erweckt mir alle Sinnen: Ich singe mit, wenn alles singt, Und lasse was dem Höchsten klingt Aus meinem Herzen rinnen. Paul Gerhardt (1606-1676)
Laßt mich ruhen, laßt mich träumen, Wo die Abendwinde linde Säuseln in den Blütenbäumen, Wo der Nachtigallen Lieder Wieder in der Zweige Dämmrung schallen! Wie des Mondes Silberhelle Auf des Baches dunkler Welle Spielt in dieser lichten Stunde Auf des Weges dunklem Grunde Der vergangnen Tage Freud' und Klage. Der Erinnrung Lust und Schmerzen Flimmern auf in meinem Herzen - Laßt mich ruhen, laßt mich träumen Bei der Nachtigallen Sange Unter vollen Blütenbäumen Lange -- lange! August Heinrich Hugo von Fallersleben
Ach hätte die Rose Flügel, sie flöge hinüber zu dir, und brächte dir tausend Grüsse, und du wüsstest sie kämen von mir. O könnte die Rose singen, ich sendete sie an dich und sie sänge dir dieses Liedchen, und du dächtest dabei an mich. Sie kann nicht fliegen, nicht singen! Ich bin die Sehnsucht so müd, drum fliege ich selber und bringe dir Gruß und Rose und Lied. R. E. Wegener
Jeden Morgen geht die Sonne auf In der Wälder wundersamer Runde. Und die hohe, heilge Schöpferstunde, Jeden Morgen nimmt sie ihren Lauf. Jeden Morgen aus dem Wiesengrund Heben weiße Schleier sich ins Licht, Uns der Sonne Morgengang zu künden, Ehe sie das Wolkentor durchbricht. Jeden Morgen durch des Waldes Hall'n Hebt der Hirsch sein mächtiges Geweih. Der Pirol und dann die Vöglein alle Stimmen an die große Melodei. Hermann Claudius
Bienchen, Bienchen, Wiegt sich im Sonnenschein, Spielt um mein Kindelein, Summt dich in Schlummer ein, Süßes Gesicht. Spinnchen, Spinnchen, Flimmert im Sonnenschein, Schlummre mein Kindelein, Spinnt dich in Träume ein, Rühre dich nicht! Tiefedelinchen Schlüpft aus dem Sonnenschein Träume mein Kindelein Haucht dir ein Seelchen ein: Liebe zum Licht. Richard Fedor Leopold Dehmel (1863-1920)
Mondnacht Es war, als hätt' der Himmel, Die Erde still geküßt, Daß sie im Blütenschimmer Von ihm nun träumen müßt. Die Luft ging durch die Felder, Die Ähren wogten sacht, Es rauschten leis die Wälder, So sternklar war die Nacht. Und meine Seele spannte Weit ihre Flügel aus, Flog durch die stillen Lande, Als flöge sie nach Haus. Josef von Eichendorff
Die Sonnenblume möchte dich begrüßen dieweil sie sich so gern zur Sonne wendet. Nur steht zur Zeit sie noch zurückgewiesen; doch du erscheinst und sie ist gleich vollendet. Johann Wolfgang von Goethe
Ich bin die Blum' im Garten, Und muß in Stille warten, Wann und in welcher Weise Du trittst in meine Kreise. Kommst du, ein Strahl der Sonne, So werd' ich deiner Wonne Den Busen still entfalten Und deinen Blick behalten. Kommst du als Tau und Regen, So werd' ich deinen Segen In Liebesschalen fassen, Ihn nicht versiegen lassen. Und fährtest du gelinde Hin über mich im Winde, So werd' ich dir mich neigen, Sprechend: Ich bin dein eigen. Friedrich Rückert
Sommerruh, wie schön bist du! Nachtigallenseelen tragen Ihre weichen süßen Klagen Sich aus dunkeln Lauben zu. Sommerruh, wie schön bist du! Sommerruh, wie schön bist du! Klare Glockenklänge klingen Aus der Lüfte lauen Schwingen Von der mondumblitzten Fluh. Sommerruh, wie schön bist du! Sommerruh, wie schön bist du! Welch ein Leben, himmlisch Weben! Engel durch die Lüfte schweben Ihrer blauen Heimat zu. Sommerruh, wie schön bist du! Christian Konrad Schad (1821-1871)