Fliegt der erste Morgenstrahl Durch das stille Nebeltal, Rauscht erwachend Wald und Hügel: Wer da fliegen kann, nimmt Flügel! Und sein Hütlein in die Luft Wirft der Mensch vor Lust und ruft: Hat Gesang doch auch noch Schwingen, Nun, so will ich fröhlich singen! Hinaus, o Mensch, weit in die Welt, Bangt dir das Herz in krankem Mut; Nichts ist so trüb in Nacht gestellt, Der Morgen leicht macht's wieder gut. Josef von Eichendorff (1788-1857)
Ich ruhe still im hohen grünen Gras Und sende lange meinen Blick nach oben, Von Grillen rings umschwirrt ohn Unterlaß, Von Himmelsbläue wundersam umwoben. Und schöne weiße Wolken ziehn dahin Durchs tiefe Blau, wie schöne, stille Träume; – Mir ist, als ob ich längst gestorben bin Und ziehe selig mit durch ewge Räume. Hermann Allmers
Wie herrlich leuchtet mir die Natur! Wie glänzt die Sonne! Wie strahlt die Flur Es dringen Blüten aus jedem Zweig und tausend Stimmen aus dem Gesträuch Und Freud und Wonne aus jeder Brust. O Erd, o Sonne O Glück, o Lust! Du segnest herrlich das frische Feld, im Blütendampfe die volle Welt. Johann Wolfgang von Goethe
Auf der Bank im Walde han sich gestern zwei geküßt. Heute kommt die Nachtigall und holt sich, was geblieben ist. Das Mädchen hat beim Scheiden die Zöpfe neu sich aufgesteckt... Ei, wie viel blonde Seide da die Nachtigall entdeckt! Den Schnabel voller Fäden, kehrt Nachtigall nach Haus und legt das zarte Nestchen mit ihrem Golde aus. Freund Nachtigall, Freund Nachtigall, so bleib's in allen Jahren! Mir werd' ein Schnäblein voll Gesang, dir eins voll Liebchens Haaren! Christian Morgenstern (1871-1914)
Wie wundersam ist doch ein Hügel, der sich ans Herz der Sonne legt, indes des Winds gehaltner Flügel des Gipfels Gräser leicht bewegt. Mit buntem Faltertanz durchwebt sich, von wilden Bienen singt die Luft, und aus der warmen Erde hebt sich ein süßer, hingegebner Duft. Christian Morgenstern
Nach so vielen trüben Tagen Send' uns wiederum einmal, Mitleidsvoll für uns're Klagen, Einen sanften milden Strahl. Liebe Sonne! trink' den Regen, Der herab zu stürzen dräut; Deine Strahlen sind uns Segen, Deine Blicke - Seligkeit. Schein', ach, scheine, liebe Sonne! Jede Freude dank' ich dir; Alle Geists- und Herzenswonne, Licht und Wärme kommt von dir. Gabriele von Baumberg (1758-1839)
Es kehrt die dunkle Schwalbe Aus fernem Land zurück, Die frommen Störche kehren Und bringen neues Glück. An diesem Frühlingsmorgen, So trüb' verhängt und warm, Ist mir, als fänd' ich wieder Den alten Liebesharm. Es ist als ob mich leise Wer auf die Schulter schlug, Als ob ich säuseln hörte, Wie einer Taube Flug. Es klopft an meine Türe, Und ist doch niemand draus; Ich atme Frühlingsdüfte, Und habe keinen Strauß. Es ruft mir aus der Ferne, Ein Auge sieht mich an, Ein alter Traum erfaßt mich Und führt mich seine Bahn. Karl August Candidus
Der Frühling begrüsset die junge Natur, Ein wogendes Blumenmeer decket die Flur, Und Nachtigallchöre besingen die Bäume Die Bäume mit liebliche Klingen. Die Blümchen des Maises bespiegeln sich Im traulich, melodisch sie lockenden Quell, Und froh zu der himmlischen Sphäre Erhebt sich der Halm und die Ähre. Der Schmetterling zeiget im Bilde dem Geist, Dass dieser einst siegend die Hülle durchreisst, Wenn er sich aus düsterem Dunkel Aufschwinget mit Glanzesgefunkel. Glühwürmchen durchschweben im flimmenden Tanz Die Lüfte mit goldenem leuchtendem Glanz, Sie wiegen sich selig und irren und schwanken Wie ahnend verschwimmende Traumesgedanken. Dilia Helena (1818-1894)
Es lächelt aufs neu Der fröhliche Mai In buntem festlichen Kleide. Von Höhen und Tal Tönt überall Die süße Stimme der Freude. In Wiesen und Flur Gibt uns die Natur Die schönsten Blumen zu pflücken. Drum will ich zum Tanz Mit einem Kranz Die blonden Haare mir schmucken. Doch sollt ich nicht den, Der alles so schön Erschuf, erst brünstig erheben? Durch Jubelgesang Preis ihn mein Dank, Doch mehr: mein künftiges Leben! Christian Felix Weisse (1726-1804)
Nach einem Gewitter Auf den Blumen flimmern Perlen, Philomelens Klagen fließen, Mutiger nun dunkle Erlen In die reinen Lüfte sprießen. Und dem Tale, so erblichen, Kehret holde Röte wieder, In der Blüten Wohlgerüchen Baden Vögel ihr Gefieder. Hat die Brust sich ausgewittert, Seitwärts lehnt der Gott den Bogen, Und sein golden Antlitz zittert Reiner auf versöhnten Wogen. Johann Baptist Mayrhofer (1787-1836)
Wie soll ich nicht tanzen, Es macht keine Mühe, Und reizende Farben Schimmern hier im Grünen. Immer schöner glänzen Meine bunten Flügel, Immer süßer hauchen Alle kleinen Blüten. Ich nasche die Blüten, Ihr könnt sie nicht hüten. Wie groß ist die Freude, Sei's spät oder frühe, Leichtsinnig zu schweben Über Tal und Hügel. Wenn der Abend säuselt, Seht ihr Wolken glühen; Wenn die Lüfte golden, Scheint die Wiese grüner. Ich nasche die Blüten, Ihr könnt sie nicht hüten. Friedrich von Schlegel (1772-1829)
Es strahlt der Lenz aus tausend Zweigen, Froh hat sich die Natur verjüngt. Die Jugend schließt den muntern Reigen, Horch, wie dort durch des Haines Schweigen Das süße Lied der Vögel klingt. Doch schöner als der Klang im Liede Färbt sich am Quell die zarte Blüte. Theodor Körner (1815-1880)
Ich stand auf Berges Halde, als heim die Sonne ging und sah, wie überm Walde des Abends Goldnetz hing. Des Himmels Wolken tauten der Erde Frieden zu, bei Abendglockenlauten ging die Natur zur Ruh. Mich fasset ein Verlangen, daß ich zu dieser Frist hinauf nicht kann gelangen, wo meine Heimat ist. Friedrich Rückert (1788-1866)
Vice Versa Ein Hase sitzt auf einer Wiese, des Glaubens, niemand sähe diese. Doch, im Besitze eines Zeißes, betrachtet voll gehalt´nen Fleißes vom vis-a-vis geleg´nen Berg ein Mensch den kleinen Löffelzwerg. Ihn aber blickt hinwiederum ein Gott von fern an, mild und stumm. Christian Morgenstern
Bitte, liebe Kira, ich hab für Dich extra einen Hasen mit einem besonders intelligenten Gesichtsausdruck ausgesucht. So was findet sich in meinem Garten. Viele liebe Grüße Neli
seidenweich gleich silbrig Garn das Haar ein lieb Gesicht mit Augen wunderbar von tiefen Schwarz wie eine sternlos Nacht der Kuschelhase über dich auch wacht
Die Lerche singt ihr Morgenlied froh auf dem weiten Feld, bei ihrem hellen Sange zieht der Wandrer durch die Welt. Die Blümlein alle grüßen ihn, die Sonne lacht ihm schön; er soll vergnügt von hinnen ziehn und grüssen Thal und Höhn. Und fröhlich wandert er dahin durch Wald und Feld und Flur und lobt und preist mit frohem Sinn den Schöpfer der Natur. August Ludwig Lua (1819-1876)
Holder Lenz, mit reichen Gaben schmückst du wieder unsre Flur, und wir eilen, uns zu laben, in die lachende Natur. Junges Grün und Blüten prangen rings um uns in duft'gen Reih'n, unsre Seelen euch umfangen, lehnen schmachtend sich hinein. Da empfinden tief wir wieder ungetrübte, reine Lust, alte kindlich fromme Lieder werden wach in unsrer Brust. Unsre Blicke weilen trunken auf dem schönen Friedensbild, und in Andacht still versunken, unbewußt die Träne quillt. Das ist deine Frühlingsweihe, das ist deine treue Hut, o Natur, du machst aufs Neue alle Menschen fromm und gut. Otto Blankenfeldt
Auftaute die Erde vom Strahle der Sonne, ringsum wird's lebendig, der Frühling ist da, keimt und sprießt, sproßt und grünt. Seht doch das Köpfchen läutet wie Glöckchen, haucht lieblichen Duft! Freut sich der Schöpfer, hört, wie es läutet: Du machtest es gut, du machtest es gut! Anonymus