Bitte alle mitmachen: Naturgedichte und -lieder

Dieses Thema im Forum "Kaffeeklatsch" wurde erstellt von Neli, 18. März 2007.

  1. Neli

    Neli Optimistin

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    Ostern ist zwar schon vorbei,
    Also dies kein Osterei;
    Doch wer sagt, es sei kein Segen,
    Wenn im Mai die Hasen legen?
    Aus der Pfanne, aus dem Schmalz
    Schmeckt ein Eilein jedenfalls,
    Und kurzum, mich tät's gaudieren,
    Dir dies Ei zu präsentieren,
    Und zugleich tät es mich kitzeln,
    Dir ein Rätsel drauf zu kritzeln.

    Die Sophisten und die Pfaffen
    Stritten sich mit viel Geschrei:
    Was hat Gott zuerst erschaffen,
    Wohl die Henne? wohl das Ei?

    Wäre das so schwer zu lösen?
    Erstlich ward ein Ei erdacht:
    Doch weil noch kein Huhn gewesen,
    Schatz, so hat's der Has gebracht.


    Eduard Mörike

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  2. Neli

    Neli Optimistin

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    Im Grün erwacht der Frische Mut,
    wenn blau der Himmel blickt.
    Im Grünen da geht alles guht,
    was je das Herz bedrückt.

    Was suchst' der Mauern engen Raum,
    du thöricht Menschenkind?
    Komm, fühl hier unter'm Grünen Baum,
    wie süss die Lüfte sind.

    Wie holdes Kindlein spielt um dich
    ihr Odem Wunderlieb,
    und nimmt all' deinen Gram mit sich,
    du weisst nicht wo er blieb.

    Wilhelmina Christiane von Chézy (1783-1856)

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  3. pelle

    pelle Neues Mitglied

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    Im Bergischen Land
    Ich Glaube

    Ich Glaube

    ich glaube an den Menschen
    und dabei bleibe ich,
    so wie ich an die Natur glaube
    und dabei bleibe ich,
    wenn ich sehe,
    wie in der Wüste einen

    kleine Blume blüht.



    Phil Bosmann:butter:
     
  4. Matilda

    Matilda Neues Mitglied

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    Der Wald

    Im Frühling gleicht der Wald, ich möchte sagen,
    einem zagenden Fragen, wer wollt' wagen,
    im Sommer nicht entzückt zu sein vom Wald?
    Ich lag einst ausgestreckt an seiner Hald';
    ein Maler malt' mich so, und seither bin ich
    als träumerisch bekannt. O, üb'raus innich,
    wie eine Seele, die mit nichts als Treue
    geschmückt ist, sieht der Wald im Herbst aus. Neue
    Bücher werden mitunter mit den Jahren
    erst wieder neu; es ist dies ein Verfahren,
    das niemand reguliert. Wie prächtig ziert
    an Wintertagen, sonnigen und klaren,
    als glich' er einem Greis in weißen Haaren,
    der Reif den Wald, wenn's über Nacht geriert.
    Jed' Jahreszeit verleiht
    ihm so sein Kleid, gescheit
    wird mit der Zeit, wer sich nicht lang und breit
    besinnt, eh' Fehler fröhlich er verzeiht.

    Robert Walser
     
  5. Matilda

    Matilda Neues Mitglied

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    An den Wald

    Wie wärst du mir so tief vertraut,
    wär deine schauernde Seele nicht
    seit meiner Jugend erstem Licht
    meiner schauernden Seele Braut!

    Ich muß dich nicht erst suchen gehn,
    ich fühle dich so tief wie mich;
    wen dunkel deine Wipfel wehn,
    erschaur ich mit, dein andres Ich.

    Ich bin das Moos auf deinem grund
    und bin der Hirsch, der dich durchsteigt,
    und bin dein höchstes Vogellied
    und bin die Nacht, die dich beschweigt:

    Mit tausend Sternen dich beschweigt,
    mit tausend Strahlen dich durchlauscht,
    und bin der Strom, der dich durchrauscht,
    und mich, die Nacht, mir selber zeigt.

    Christian Morgenstern
     
  6. Neli

    Neli Optimistin

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    Ans Haff nun fliegt die Möwe,
    Und Dämmerung bricht herein;
    Über die feuchten Watten
    Spiegelt der Abendschein.

    Graues Geflügel huschet
    Neben dem Wasser her;
    Wie Träume liegen die Inseln
    Im Nebel auf dem Meer.

    Ich höre des gärenden Schlammes
    Geheimnisvollen Ton,
    Einsames Vogelrufen -
    So war es immer schon.
    Noch einmal schauert leise
    Und schweiget dann der Wind;
    Vernehmlich werden die Stimmen
    Die über der Tiefe sind.

    Theodor Storm
     

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    #766 19. Mai 2010
    Zuletzt bearbeitet: 19. Mai 2010
  7. Neli

    Neli Optimistin

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    Eh' wir weitergehen,
    Laß uns stille stehen,
    Hier ist alles ruhig, weit und klar.
    Eine Blütendolde
    Von dem gelben Golde
    Dieses Strauches in dein braunes Haar!


    Seine Zweige hängen
    Schwer und voll und drängen
    Über uns mit süßer Kraft herein.
    Laß uns stehn und warten
    Tief im fernsten Garten
    Kann die Liebe nicht verborg'ner sein.

    Eine alte Weise
    Klingt verträumt und leise,
    Und du siehst mich an und lächelst hold.
    Quellen gehn und rinnen,
    Ach, was jetzt beginnen?
    Sieh, es regnet Glück und Sonnengold.



    F. Lorenz
     

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  8. Neli

    Neli Optimistin

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    Ihr fernen Heimathöhen,
    Du stilles, kleines Haus,
    Du Berg, von dem ich gesehen
    Jeden Frühling ins Land hinaus.

    Mutter, Freunde und Brüder,
    An die ich so oft gedacht,
    Ihr grüßt mich Alle wieder
    In stiller Mondesnacht.

    Heut' im Traum sah ich euch wieder,
    Und von allen Bergen ging
    Solches Grüssen zu mir nieder,
    Daß ich an zu weinen fing.


    Josef von Eichendorff
     

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  9. Neli

    Neli Optimistin

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    Pfingsten ist kommen!
    Wir haben's vernommen
    Von der Glock' in der Luft,
    Von den Blumen im Wald,
    Brünnelein springen
    Und Vögelein singen,
    Dass es in aller Welt lustig schallt.

    Pfingsten ist kommen!
    Wir haben's vernommen
    Und mit Maien geschmückt.
    Lasset uns springen
    Und fröhlich drein singen,
    Dass es erschallt in den Wald hinaus.

    Pfingsten ist kommen!
    Wir haben's vernommen.
    Wie sie sassen beisammen
    Einmüthig gesinnt,
    Lasset uns reihen
    Zu zweien, zu dreien,
    Zusammen die Hände geschwind.


    Anonymus
     

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  10. Juliane

    Juliane Neues Mitglied

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    Hach Neli,
    wieder mal soo schön.
    Bitte weiter,
    LG von Elke.
     
  11. Neli

    Neli Optimistin

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    Still sitz' ich an des Hügels Hang,
    Der Himmel ist so klar,
    Das Lüftchen spielt im grünen Tal.
    Wo ich beim ersten Frühlingsstrahl
    Einst, ach so glücklich war.

    Wo ich an ihrer Seite ging
    So traulich und so nah,
    Und tief im dunklen Felsenquell
    Den schönen Himmel blau und hell
    Und sie im Himmel sah.

    Sieh, wie der bunte Frühling schon
    Aus Knosp' und Blüte blickt!
    Nicht alle Blüten sind mir gleich,
    Am liebsten pflückt ich von dem Zweig,
    Von welchem sie gepflückt!

    Denn alles ist wie damals noch,
    Die Blumen, das Gefild;
    Die Sonne scheint nicht minder hell,
    Nicht minder freundlich schwimmt im Quell
    Das blaue Himmelsbild.

    Es wandeln nur sich Will und Wahn,
    Es wechseln Lust und Streit,
    Vorüber flieht der Liebe Glück,
    Und nur die Liebe bleibt zurück,
    Die Lieb und ach, das Leid.

    O wär ich doch ein Vöglein nur
    Dort an dem Wiesenhang
    Dann blieb ich auf den Zweigen hier,
    Und säng ein süßes Lied von ihr,
    Den ganzen Sommer lang.


    Ernst Konrad Friedrich Schulze (1789-1817)
     

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  12. Neli

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    Ins Grüne, ins Grüne,
    Da lockt uns der Frühling, der liebliche Knabe,
    Und führt uns am blumenumwundenen Stabe
    Hinaus, wo die Lerchen und Amseln so wach,
    In Wälder, auf Felder, auf Hügel zum Bach,
    Ins Grüne, ins Grüne.

    Im Grünen, im Grünen,
    Da lebt es sich wonnig, da wandeln wir gerne
    Und heften die Augen dahin schon von ferne,
    Und wie wir so wandeln mit heiterer Brust,
    Umwallet uns immer die kindliche Lust,
    Im Grünen, im Grünen.

    Im Grünen, im Grünen,
    Da ruht man so wohl, empfindet so Schönes,
    Und denket behaglich an dieses und jenes,
    Und zaubert von hinnen, ach, was uns bedrückt,
    Und alles herbei, was den Busen entzückt,
    Im Grünen, im Grünen.

    Im Grünen, im Grünen,
    Da werden die Sterne so klar wie die Weisen
    Der Vorwelt zur Leitung des Lebens uns preisen,
    Da streichen die Wölkchen so zart uns dahin,
    Da heitern die Herzen, da klärt sich der Sinn
    Im Grünen, im Grünen.

    Im Grünen, im Grünen,
    Da wurde manch Plänchen auf Flügeln getragen,
    Die Zukunft der grämlichen Ansicht entschlagen,
    Da stärkt sich das Auge, da labt sich der Blick,
    Sanft wiegen die Wünsche sich hin und zurück
    Im Grünen, im Grünen.

    Johann Anton Friedrich Reil (1773-1843)


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  13. Neli

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    Tief im grünen Frühlingshag
    Durch die alten Rüstern
    Wandelt leis am schönsten Tag
    Wundersames Flüstern.

    Jedes Läublein spricht: "Gott grüß'!"
    Zu dem Laub daneben,
    Alles atmet tief und süß
    Heil'ges Friedensleben.

    Und wie Blüt' und Blatt am Strauch
    Still sich wiegt im Glanze,
    Wiegt sich meine Seel' im Hauch,
    Der durchströmt das Ganze.


    Emanuel Geibel (1815-1884)
     

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  14. Neli

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    Die Liebe saß als Nachtigall
    im Rosenbusch und sang;
    es flog der wundersüße Schall
    den grünen Wald entlang.

    Und wie er klang, da stieg im Kreis
    aus tausend Kelchen Duft,
    und alle Wipfel rauschten leis',
    und leiser ging die Luft;

    Die Bäche schwiegen, die noch kaum
    geplätschert von den Höh'n,
    die Rehlein standen wie im Traum
    und lauschten dem Getön.

    Und hell und immer heller floß
    der Sonne Glanz herein,
    um Blumen, Wald und Schlucht ergoß
    sich goldig roter Schein.

    Ich aber zog den Weg entlang
    und hörte auch den Schall.
    Ach! was seit jener Stund' ich sang,
    war nur sein Widerhall.


    Emanuel Geibel
     

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  15. Neli

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    Ganz still zuweilen, wie ein Traum,
    klingt in dir auf ein fernes Lied ...
    du weißt nicht, wie es plötzlich kam,
    du weißt nicht, was es von dir will ...
    und wie ein Traum ganz leis und still
    verklingt es wieder, wie es kam ...

    Wie plötzlich mitten im Gewühl
    der Straße, mitten oft im Winter
    ein Hauch von Rosen dich umweht,
    wie oder dann und wann ein Bild
    aus längst vergessenen Kindertagen
    mit fragenden Augen vor dir steht ...

    Ganz still und leise, wie ein Traum ...
    du weißt nicht, wie es plötzlich kam,
    du weißt nicht, was es von dir will,
    und wie ein Traum ganz leis und still
    verblaßt es wieder, wie es kam.


    Cäsar Flaischlen (1864-1920)


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  16. Neli

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    Das Beet, schon lockert sichs in die Höh!
    Da wanken Glöckchen so weiß wie Schnee;
    Safran entfalltet gewaltge Glut,
    Smaragden keimt es und keimt wie Blut;

    Primeln stolzieren so naseweis,
    Schalkhafte Veilchen, versteckt mit Fleiß;
    Was such noch alles da regt und webt,
    Genug, der Frühling, er wirkt und lebt.

    Doch was im Garten am reichsten blüht,
    Das ist des Liebchens lieblich Gemüt.
    Da glühen Blicke mir immerfort,
    Erregend Liedchen, erheiternd Wort,

    Ein immer offen, ein Blütenherz,
    Im Ernste freundlich und rein im Scherz.
    Wenn Ros und Lilie der Sommer bringt,
    Er doch vergebens mit Liebchen ringt.


    Johann Wolfgang von Goethe
     

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  17. Neli

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    Tiefblau ist das Thal,
    Ueber den Wäldern gehet
    Die Sonne still zur Ruh',
    Im sinkenden Strahl
    Der Wipfel Regung wehet
    Den leisen Sternen zu.


    Martin Greif (1939-1911)
     

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  18. Neli

    Neli Optimistin

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    Aus alten Märchen winkt es
    Hervor mit weißer Hand,
    Da singt es und da klingt es
    Von einem Zauberland;

    Wo bunte Blumen blühen
    Im gold'nen Abendlicht,
    Und lieblich duftend glühen,
    Mit bräutlichem Gesicht;

    Und grüne Bäume singen
    Uralte Melodei'n,
    Die Lüfte heimlich klingen,
    Und Vögel schmettern drein;

    Und Nebelbilder steigen
    Wohl aus der Erd' hervor,
    Und tanzen luft'gen Reigen
    Im wunderlichen Chor;

    Und blaue Funken brennen
    An jedem Blatt und Reis,
    Und rote Lichter rennen
    Im irren, wirren Kreis;

    Und laute Quellen brechen
    Aus wildem Marmorstein.
    Und seltsam in den Bächen
    Strahlt fort der Widerschein.

    Ach, könnt' ich dorthin kommen,
    Und dort mein Herz erfreu'n,
    Und aller Qual entnommen,
    Und frei und selig sein!

    Ach! jenes Land der Wonne,
    Das seh' ich oft im Traum,
    Doch kommt die Morgensonne,
    Zerfließt's wie eitel Schaum.


    Heinrich Heine
     

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  19. Neli

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    Vöglein in den sonn'gen Tagen,
    Lüfte blau, die mich verführen!
    Könnt ich bunte Flügel rühren,
    Über Berg und Wald sie schlagen.

    Ach! es spricht des Frühlings Schöne,
    Und die Vöglein alle singen:
    Sind denn nicht die Farben Töne,
    Und die Töne bunte Schwingen?

    Vöglein, ja, ich laß das Zagen!
    Winde sanft die Segel rühren,
    Und ich lasse mich entführen,
    Ach! wohin mag ich nicht fragen.


    Joseph von Eichendorff
     

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    Zwei Tannenwurzeln groß und alt
    unterhalten sich im Walde.

    Was droben in den Wipfeln rauscht,
    das wird hier unten ausgetauscht.

    Ein altes Eichhorn sitzt dabei
    und strickt wohl Strümpfe für die zwei.

    Die eine sagt: knig. Die andre sagt: knag.
    Das ist genug für einen Tag.


    Christian Morgenstern


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