Ostern ist zwar schon vorbei, Also dies kein Osterei; Doch wer sagt, es sei kein Segen, Wenn im Mai die Hasen legen? Aus der Pfanne, aus dem Schmalz Schmeckt ein Eilein jedenfalls, Und kurzum, mich tät's gaudieren, Dir dies Ei zu präsentieren, Und zugleich tät es mich kitzeln, Dir ein Rätsel drauf zu kritzeln. Die Sophisten und die Pfaffen Stritten sich mit viel Geschrei: Was hat Gott zuerst erschaffen, Wohl die Henne? wohl das Ei? Wäre das so schwer zu lösen? Erstlich ward ein Ei erdacht: Doch weil noch kein Huhn gewesen, Schatz, so hat's der Has gebracht. Eduard Mörike
Im Grün erwacht der Frische Mut, wenn blau der Himmel blickt. Im Grünen da geht alles guht, was je das Herz bedrückt. Was suchst' der Mauern engen Raum, du thöricht Menschenkind? Komm, fühl hier unter'm Grünen Baum, wie süss die Lüfte sind. Wie holdes Kindlein spielt um dich ihr Odem Wunderlieb, und nimmt all' deinen Gram mit sich, du weisst nicht wo er blieb. Wilhelmina Christiane von Chézy (1783-1856)
Ich Glaube Ich Glaube ich glaube an den Menschen und dabei bleibe ich, so wie ich an die Natur glaube und dabei bleibe ich, wenn ich sehe, wie in der Wüste einen kleine Blume blüht. Phil Bosmann
Der Wald Im Frühling gleicht der Wald, ich möchte sagen, einem zagenden Fragen, wer wollt' wagen, im Sommer nicht entzückt zu sein vom Wald? Ich lag einst ausgestreckt an seiner Hald'; ein Maler malt' mich so, und seither bin ich als träumerisch bekannt. O, üb'raus innich, wie eine Seele, die mit nichts als Treue geschmückt ist, sieht der Wald im Herbst aus. Neue Bücher werden mitunter mit den Jahren erst wieder neu; es ist dies ein Verfahren, das niemand reguliert. Wie prächtig ziert an Wintertagen, sonnigen und klaren, als glich' er einem Greis in weißen Haaren, der Reif den Wald, wenn's über Nacht geriert. Jed' Jahreszeit verleiht ihm so sein Kleid, gescheit wird mit der Zeit, wer sich nicht lang und breit besinnt, eh' Fehler fröhlich er verzeiht. Robert Walser
An den Wald Wie wärst du mir so tief vertraut, wär deine schauernde Seele nicht seit meiner Jugend erstem Licht meiner schauernden Seele Braut! Ich muß dich nicht erst suchen gehn, ich fühle dich so tief wie mich; wen dunkel deine Wipfel wehn, erschaur ich mit, dein andres Ich. Ich bin das Moos auf deinem grund und bin der Hirsch, der dich durchsteigt, und bin dein höchstes Vogellied und bin die Nacht, die dich beschweigt: Mit tausend Sternen dich beschweigt, mit tausend Strahlen dich durchlauscht, und bin der Strom, der dich durchrauscht, und mich, die Nacht, mir selber zeigt. Christian Morgenstern
Ans Haff nun fliegt die Möwe, Und Dämmerung bricht herein; Über die feuchten Watten Spiegelt der Abendschein. Graues Geflügel huschet Neben dem Wasser her; Wie Träume liegen die Inseln Im Nebel auf dem Meer. Ich höre des gärenden Schlammes Geheimnisvollen Ton, Einsames Vogelrufen - So war es immer schon. Noch einmal schauert leise Und schweiget dann der Wind; Vernehmlich werden die Stimmen Die über der Tiefe sind. Theodor Storm
Eh' wir weitergehen, Laß uns stille stehen, Hier ist alles ruhig, weit und klar. Eine Blütendolde Von dem gelben Golde Dieses Strauches in dein braunes Haar! Seine Zweige hängen Schwer und voll und drängen Über uns mit süßer Kraft herein. Laß uns stehn und warten Tief im fernsten Garten Kann die Liebe nicht verborg'ner sein. Eine alte Weise Klingt verträumt und leise, Und du siehst mich an und lächelst hold. Quellen gehn und rinnen, Ach, was jetzt beginnen? Sieh, es regnet Glück und Sonnengold. F. Lorenz
Ihr fernen Heimathöhen, Du stilles, kleines Haus, Du Berg, von dem ich gesehen Jeden Frühling ins Land hinaus. Mutter, Freunde und Brüder, An die ich so oft gedacht, Ihr grüßt mich Alle wieder In stiller Mondesnacht. Heut' im Traum sah ich euch wieder, Und von allen Bergen ging Solches Grüssen zu mir nieder, Daß ich an zu weinen fing. Josef von Eichendorff
Pfingsten ist kommen! Wir haben's vernommen Von der Glock' in der Luft, Von den Blumen im Wald, Brünnelein springen Und Vögelein singen, Dass es in aller Welt lustig schallt. Pfingsten ist kommen! Wir haben's vernommen Und mit Maien geschmückt. Lasset uns springen Und fröhlich drein singen, Dass es erschallt in den Wald hinaus. Pfingsten ist kommen! Wir haben's vernommen. Wie sie sassen beisammen Einmüthig gesinnt, Lasset uns reihen Zu zweien, zu dreien, Zusammen die Hände geschwind. Anonymus
Still sitz' ich an des Hügels Hang, Der Himmel ist so klar, Das Lüftchen spielt im grünen Tal. Wo ich beim ersten Frühlingsstrahl Einst, ach so glücklich war. Wo ich an ihrer Seite ging So traulich und so nah, Und tief im dunklen Felsenquell Den schönen Himmel blau und hell Und sie im Himmel sah. Sieh, wie der bunte Frühling schon Aus Knosp' und Blüte blickt! Nicht alle Blüten sind mir gleich, Am liebsten pflückt ich von dem Zweig, Von welchem sie gepflückt! Denn alles ist wie damals noch, Die Blumen, das Gefild; Die Sonne scheint nicht minder hell, Nicht minder freundlich schwimmt im Quell Das blaue Himmelsbild. Es wandeln nur sich Will und Wahn, Es wechseln Lust und Streit, Vorüber flieht der Liebe Glück, Und nur die Liebe bleibt zurück, Die Lieb und ach, das Leid. O wär ich doch ein Vöglein nur Dort an dem Wiesenhang Dann blieb ich auf den Zweigen hier, Und säng ein süßes Lied von ihr, Den ganzen Sommer lang. Ernst Konrad Friedrich Schulze (1789-1817)
Ins Grüne, ins Grüne, Da lockt uns der Frühling, der liebliche Knabe, Und führt uns am blumenumwundenen Stabe Hinaus, wo die Lerchen und Amseln so wach, In Wälder, auf Felder, auf Hügel zum Bach, Ins Grüne, ins Grüne. Im Grünen, im Grünen, Da lebt es sich wonnig, da wandeln wir gerne Und heften die Augen dahin schon von ferne, Und wie wir so wandeln mit heiterer Brust, Umwallet uns immer die kindliche Lust, Im Grünen, im Grünen. Im Grünen, im Grünen, Da ruht man so wohl, empfindet so Schönes, Und denket behaglich an dieses und jenes, Und zaubert von hinnen, ach, was uns bedrückt, Und alles herbei, was den Busen entzückt, Im Grünen, im Grünen. Im Grünen, im Grünen, Da werden die Sterne so klar wie die Weisen Der Vorwelt zur Leitung des Lebens uns preisen, Da streichen die Wölkchen so zart uns dahin, Da heitern die Herzen, da klärt sich der Sinn Im Grünen, im Grünen. Im Grünen, im Grünen, Da wurde manch Plänchen auf Flügeln getragen, Die Zukunft der grämlichen Ansicht entschlagen, Da stärkt sich das Auge, da labt sich der Blick, Sanft wiegen die Wünsche sich hin und zurück Im Grünen, im Grünen. Johann Anton Friedrich Reil (1773-1843)
Tief im grünen Frühlingshag Durch die alten Rüstern Wandelt leis am schönsten Tag Wundersames Flüstern. Jedes Läublein spricht: "Gott grüß'!" Zu dem Laub daneben, Alles atmet tief und süß Heil'ges Friedensleben. Und wie Blüt' und Blatt am Strauch Still sich wiegt im Glanze, Wiegt sich meine Seel' im Hauch, Der durchströmt das Ganze. Emanuel Geibel (1815-1884)
Die Liebe saß als Nachtigall im Rosenbusch und sang; es flog der wundersüße Schall den grünen Wald entlang. Und wie er klang, da stieg im Kreis aus tausend Kelchen Duft, und alle Wipfel rauschten leis', und leiser ging die Luft; Die Bäche schwiegen, die noch kaum geplätschert von den Höh'n, die Rehlein standen wie im Traum und lauschten dem Getön. Und hell und immer heller floß der Sonne Glanz herein, um Blumen, Wald und Schlucht ergoß sich goldig roter Schein. Ich aber zog den Weg entlang und hörte auch den Schall. Ach! was seit jener Stund' ich sang, war nur sein Widerhall. Emanuel Geibel
Ganz still zuweilen, wie ein Traum, klingt in dir auf ein fernes Lied ... du weißt nicht, wie es plötzlich kam, du weißt nicht, was es von dir will ... und wie ein Traum ganz leis und still verklingt es wieder, wie es kam ... Wie plötzlich mitten im Gewühl der Straße, mitten oft im Winter ein Hauch von Rosen dich umweht, wie oder dann und wann ein Bild aus längst vergessenen Kindertagen mit fragenden Augen vor dir steht ... Ganz still und leise, wie ein Traum ... du weißt nicht, wie es plötzlich kam, du weißt nicht, was es von dir will, und wie ein Traum ganz leis und still verblaßt es wieder, wie es kam. Cäsar Flaischlen (1864-1920)
Das Beet, schon lockert sichs in die Höh! Da wanken Glöckchen so weiß wie Schnee; Safran entfalltet gewaltge Glut, Smaragden keimt es und keimt wie Blut; Primeln stolzieren so naseweis, Schalkhafte Veilchen, versteckt mit Fleiß; Was such noch alles da regt und webt, Genug, der Frühling, er wirkt und lebt. Doch was im Garten am reichsten blüht, Das ist des Liebchens lieblich Gemüt. Da glühen Blicke mir immerfort, Erregend Liedchen, erheiternd Wort, Ein immer offen, ein Blütenherz, Im Ernste freundlich und rein im Scherz. Wenn Ros und Lilie der Sommer bringt, Er doch vergebens mit Liebchen ringt. Johann Wolfgang von Goethe
Tiefblau ist das Thal, Ueber den Wäldern gehet Die Sonne still zur Ruh', Im sinkenden Strahl Der Wipfel Regung wehet Den leisen Sternen zu. Martin Greif (1939-1911)
Aus alten Märchen winkt es Hervor mit weißer Hand, Da singt es und da klingt es Von einem Zauberland; Wo bunte Blumen blühen Im gold'nen Abendlicht, Und lieblich duftend glühen, Mit bräutlichem Gesicht; Und grüne Bäume singen Uralte Melodei'n, Die Lüfte heimlich klingen, Und Vögel schmettern drein; Und Nebelbilder steigen Wohl aus der Erd' hervor, Und tanzen luft'gen Reigen Im wunderlichen Chor; Und blaue Funken brennen An jedem Blatt und Reis, Und rote Lichter rennen Im irren, wirren Kreis; Und laute Quellen brechen Aus wildem Marmorstein. Und seltsam in den Bächen Strahlt fort der Widerschein. Ach, könnt' ich dorthin kommen, Und dort mein Herz erfreu'n, Und aller Qual entnommen, Und frei und selig sein! Ach! jenes Land der Wonne, Das seh' ich oft im Traum, Doch kommt die Morgensonne, Zerfließt's wie eitel Schaum. Heinrich Heine
Vöglein in den sonn'gen Tagen, Lüfte blau, die mich verführen! Könnt ich bunte Flügel rühren, Über Berg und Wald sie schlagen. Ach! es spricht des Frühlings Schöne, Und die Vöglein alle singen: Sind denn nicht die Farben Töne, Und die Töne bunte Schwingen? Vöglein, ja, ich laß das Zagen! Winde sanft die Segel rühren, Und ich lasse mich entführen, Ach! wohin mag ich nicht fragen. Joseph von Eichendorff
Zwei Tannenwurzeln groß und alt unterhalten sich im Walde. Was droben in den Wipfeln rauscht, das wird hier unten ausgetauscht. Ein altes Eichhorn sitzt dabei und strickt wohl Strümpfe für die zwei. Die eine sagt: knig. Die andre sagt: knag. Das ist genug für einen Tag. Christian Morgenstern