O wunderbares, tiefes Schweigen, Wie einsam ist's noch auf der Welt! Die Wälder nur sich leise neigen, Als ging' der Herr durchs stille Feld. Ich fühl mich recht wie neu geschaffen, Wo ist die Sorge nun und Not? Was mich noch gestern wollt erschlaffen, Ich schäm mich des im Morgenrot. Die Welt mit ihrem Gram und Glücke Will ich, ein Pilger, frohbereit Betreten nur wie eine Brücke Zu dir, Herr, übern Strom der Zeit. Und buhlt mein Lied, auf Weltgunst lauernd, Um schnöden Sold der Eitelkeit: Zerschlag mein Saitenspiel, und schauernd Schweig ich vor dir in Ewigkeit. Josef von Eichendorff
Schöner Frühling, komm doch wieder! Lieber Frühling, komm doch bald! Bring uns Blumen, Laub und Lieder, schmücke wieder Feld und Wald! Auf die Berge möcht ich fliegen, möchte sehn ein grünes Tal, möcht in Gras und Blumen liegen und mich freun am Sonnenstrahl. Möchte hören die Schalmeien und der Herden Glockenklang, möchte freuen mich im Freien an der Vögel süßem Klang. Schöner Frühling, komm doch wieder! Lieber Frühling, komm doch bald! Bring uns Blumen, Laub und Lieder, schmücke wieder Feld und Wald! August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)
Frühling Frühling läßt sein blaues Band Wieder flattern durch die Lüfte; Süße, wohlbekannte Düfte Streifen ahnungsvoll das Land. Veilchen träumen schon, Wollen balde kommen - Horch, von fern ein leiser Harfenton! Frühling, ja du bist's! Dich hab ich vernommen! Eduard Mörike
Auf einen Baum ... Auf einem Baum ein Kuckuck- Sim sa la bim,bam ba,sa la du,sa la dim. Auf einem Baum ein Kuckuck saß. Da kam ein junger Jäger- Sim sa la bim,bam ba,sa la du,sa la dim. Da kam ein junger Jägersmann. Der schoss den armen Kuckuck- sim sa la bim,bam ba,sa la du,sa la dim. Der schoss den armen Kuckuck tot. Und als ein Jahr vergangen- Sim sa la bim,bam ba,sa la du,sa la dim. Und als ein Jahr vergangen war. Da war der Kuckuck wieder- Sim sa la bim,bam ba,sa la du,sa la dim. Da war der Kuckuck wieder da. Da freuten sich die Leute- Sim sa la bim,bam ba,sa la du,sa la dim. Da freuten sich die Leute sehr. Mündliche Überlieferung)
Sehnsucht Ach, aus dieses Tales Gründen, Die der kalte Nebel drückt, Könnt' ich doch den Ausgang finden, Ach, wie fühlt' ich mich beglückt! Dort erblick' ich schöne Hügel, Ewig jung und ewig grün! Hätt' ich Schwingen hätt ich Flügel, Nach den Hügeln zög' ich hin. Harmonieen hör' ich klingen, Töne süßer Himmelsruh', Und die leichten Winde bringen Mir der Düfte Balsam zu, Gold'ne Früchte seh' ich glühen, Winkend zwischen dunkelm Laub, Und die Blumen, die dort blühen, Werden keines Winters Raub. Ach wie schön muß sich's ergehen Dort im ew'gen Sonnenschein, Und die Luft auf jenen Höhen, O wie labend muß sie sein! Doch mir wehrt des Stromes Toben, Der ergrimmt dazwischen braust, Seine Wellen sind gehoben, Daß die Seele mir ergraust. Einen Nachen seh ich schwanken, Aber ach! der Fährmann fehlt. Frisch hinein und ohne Wanken, Seine Segel sind beseelt. Du mußt glauben, du mußt wagen, Denn die Götter leih'n kein Pfand, Nur ein Wunder kann dich tragen In das schöne Wunderland. Friedrich von Schiller
** Schneeglöckchen 's war doch wie ein leises Singen In dem Garten heute Nacht, Wie wenn laue Lüfte gingen: »Süße Glöcklein, nun erwacht, Denn die warme Zeit wir bringen, Eh's noch jemand hat gedacht.« - 's war kein Singen, 's war ein Küssen, Rührt' die stillen Glöcklein sacht, Dass sie alle tönen müssen Von der künft'gen bunten Pracht. Ach, sie konnten's nicht erwarten, Aber weiß vom letzten Schnee War noch immer Feld und Garten, Und sie sanken um vor Weh. So schon manche Dichter streckten Sangesmüde sich hinab, Und der Frühling, den sie weckten, Rauschet über ihrem Grab. Joseph von Eichendorff (1788 - 1857)
Erlenkönig Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Vater mit seinem Kind; Er hat den Knaben wohl in dem Arm, Er fast ihn sicher,er hält ihn warm. Mein Sohn was birgst du so bang dein Gesicht Siehst Vater,du den Erlenkönig nicht? Den Erlenkönig mit Kron und schweif?- Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.- "Du liebes Kind,komm,geh mit mir! Gar schöne Spiele spiel ich mit dir; Manch bunte Blumen sind an dem Strand, meine Mutter hat manch gülden Gewand." Mein Vater,mein Vater,und hörest du nicht, Was Erlenkönig mir leise verspricht?- sei ruhig,bleibe ruhig,mein Kind; In dürren Blättern säuselt der Wind.- "Willst ,feiner Knabe, du mit mir gehn? Meine Töchter sollen dich warten schön; Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn Und wiegen und tanzen und singen dich ein." Mein Vater,mein Vater,und siehst du nicht dort Erlenkönigs Töchter am düsteren Ort?- Mein Sohn,mein Sohn,ich seh es genau: Es scheinen die alten Weiden so grau.- "Ich liebe dich,mich reizt deine schöne Gestalt Und bist du nicht willig,so brauch ich Gewalt." Mein Vater,mein Vater,jetzt fast er mich an! Erlenkönig hat mir ein Leids getan!- Dem Vater grauset`s ,er reitet geschwind, Er hält in den Armen das ächzende Kind, Erreicht den Hof mit Mühe und Not; In seinen Armen das Kind ist tot. ( johann Wolfgang von Goethe)
Die linden Lüfte sind erwacht, Sie säuseln und wehen Tag und Nacht, Sie schaffen an allen Enden. O frischer Duft, o neuer Klang! Nun, armes Herze, sei nicht bang! Nun muß sich alles, alles wenden. Die Welt wird schöner mit jedem Tag, Man weiß nicht, was noch werden mag, Das Blühen will nicht enden; Es blüht das fernste, tiefste Tal: Nun, armes Herz, vergiß der Qual! Nun muß sich alles, alles wenden. Ludwig Uhland
Der Mensch vergißt die Sorgen aus dem Geiste, Der Frühling aber blüht, und prächtig ist das meiste, Das grüne Feld ist herrlich ausgebreitet, Da glänzend schön der Bach hinuntergleitet. Die Berge stehn bedecket mit den Bäumen, Und herrlich ist die Luft in offnen Räumen, Das weite Tal ist in der Welt gedehnet Und Turm und Haus an Hügeln angelehnet. Friedrich Hölderlin (1770-1843)
Die Ammer flötet tief im Grund, der Frühling blüht mein Herz gesund. Über die Augen halt ich die Hand, schimmernd liegt vor mir das Land. Schimmernd wie ein goldener Rauch, über allen Dingen ruht ein Hauch. So still, so sonnig hängt die Luft, über die ganze Welt weht Veilchenduft. Über die ganze Welt, ungesehn leise, leise Sonntagsglocken gehn. Die Ammer flötet tief im Grund, der Frühling blüht mein Herz gesund. Arno Holz
Tief im grünen Frühlingshag Durch die alten Rüstern Wandelt leis am schönsten Tag Wundersames Flüstern. Jedes Läublein spricht: "Gott grüß'!" Zu dem Laub daneben, Alles atmet tief und süß Heil'ges Friedensleben. Und wie Blüt' und Blatt am Strauch Still sich wiegt im Glanze, Wiegt sich meine Seel' im Hauch, Der durchströmt das Ganze. Emanuel von Geibel (1815-1884)
Der Frühling ist kommen, die Erde erwacht. Es blühen der Blumen genung. Ich habe schon wieder auf Lieder gedacht, Ich fühle so frisch mich, so jung. Es bauen die Nester und singen sich ein Die zierlichen Vögel so gut. Und ist es kein Staub nicht, was sollt es denn sein? Mir ist wie den Vögeln zu Mut. Der Frühling ist kommen, die Erde erwacht, Es blühen der Blumen genung. Ich habe schon wieder auf Lieder gedacht, Ich fühle so frisch mich, so jung. Adelbert von Chamisso (1781-1838)
Frühling Nun ist er endlich kommen doch In grünem Knospenschuh; »Er kam, er kam ja immer noch«, Die Bäume nicken sich's zu. Sie konnten ihn all erwarten kaum, Nun treiben sie Schuss auf Schuss; Im Garten der alte Apfelbaum, Er sträubt sich, aber er muss. Wohl zögert auch das alte Herz Und atmet noch nicht frei, Es bangt und sorgt: »Es ist erst März, Und März ist noch nicht Mai.« O schüttle ab den schweren Traum Und die lange Winterruh': Es wagt es der alte Apfelbaum, Herze, wag's auch du. Theodor Fontane (1819 - 1898)
So hört doch, was die Lerche singt! Hört, wie sie frohe Botschaft bringt! Es kommt auf goldnem Sonnenstrahl Der Frühling heim in unser Tal, Er streuet bunte Blumen aus Und bringet Freud' in jedes Haus. Winter, ade! Frühling, juchhe! Was uns die liebe Lerche singt, In unsern Herzen wiederklingt. Der Winter sagt: ade! ade! Und hin ist Kälte, Reif und Schnee Und Nebel hin und Dunkelheit - Willkommen, süße Frühlingszeit! Winter, ade! Frühling, juchhe! August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798 - 1874)
Über'm Garten durch die Lüfte Hör' ich Wandervögel ziehn, Das bedeutet Frühlingsdüfte, Alles fängt schon an zu blühn. Jauchzen möcht' ich, möchte weinen, Lenz und Liebe muß das sein! Alle Wunder wieder scheinen Mit dem Mondesglanz herein. Und der Mond, die Sterne sagen, Und in Träume rauscht der Hain, Und die Nachtigallen schlagen: Sie ist dein, ja sie ist dein! Josef von Eichendorff
Wär ich ein Sonnenstrahl, fern am Himmelsbogen, käm' ich heimlich zu dir herab gezogen, ließe die Täler, ließe die Auen, in dein Fensterlein zu schauen: wär ich ein Strahl am fernen Himmelsbogen, käm ich heimlich zu dir herabgezogen. Oder als Vöglein möcht' auf leichten Schwingen dir am Morgen den ersten Gruß ich bringen, ließe die Täler, ließe die Auen, in dein Fensterlein zu schauen: wär ich ein Vöglein, möcht' auf leichten Schwingen dir am Morgen den ersten Gruß ich bringen. Stefan Witwicki (1801-1847)
Marienwürmchen, setze dich auf meine Hand, Ich tu' dir nichts zuleide. Es soll dir nichts zuleid geschehn, Will nur deine bunten Flügel sehn, Bunte Flügel meine Freude. Aus des "Knaben Wunderhorn"
Da flattert um die Quelle Die wechselnde Libelle, Der Wasserpapillon, Bald dunkel und bald helle, Wie ein Chamäleon; Bald rot und blau, bald blau und grün. O daß ich in der Nähe Doch seine Farben sähe! Da fliegt der Kleine vor mir hin Und setzt sich auf die stillen Weiden. Da hab ich ihn! Und nun betracht ich ihn genau, Und seh ein traurig dunkles Blau. So geht es dir, Zergliedrer deiner Freuden! Johann Wolfgang von Goethe
Über'm Garten durch die Lüfte Hör' ich Wandervögel ziehn, Das bedeutet Frühlingsdüfte, Alles fängt schon an zu blühn. Jauchzen möcht' ich, möchte weinen, Lenz und Liebe muß das sein! Alle Wunder wieder scheinen Mit dem Mondesglanz herein. Und der Mond, die Sterne sagen, Und in Träume rauscht der Hain, Und die Nachtigallen schlagen: Sie ist dein, ja sie ist dein! Josef von Eichendorff
Süßer, goldner Frühlingstag! Inniges Entzücken! Wenn mir je ein Lied gelang, Sollt' es heut' nicht glücken? Doch warum in dieser Zeit An die Arbeit treten? Frühling ist ein hohes Fest: Laßt mich ruhn und beten! Johann Ludwig Uhland (1787-1862)