Weihnachten Markt und Straßen steh'n verlassen, still erleuchtet jedes Haus; sinnend geh ich durch die Gassen, alles sieht so festlich aus. An den Fenstern haben Frauen buntes Spielzeug fromm geschmückt, tausend Kindlein steh'n und schauen, sind so wunderstill beglückt. Und ich wandre aus den Mauern bis hinaus ins freie Feld. Hehres Glänzen, heilges Schauern, wie so weit und still die Welt! Sterne hoch die Kreise schlingen; aus des Schnees Einsamkeit steigt's wie wunderbares Singen. O du gnadenreiche Zeit! Josef von Eichendorff
Willkommen, lieber Winter, Willkommen hier zu Land! Wie reich du bist, mit Perlen Spielst du, als wär' es Sand! Den Hof, des Gartens Wege Hast du damit bestreut; Sie an der Bäume Zweige Zu Tausenden gereiht. Dein Odem, lieber Winter, Ist kälter, doch gesund; Den Sturm nur halt' im Zaume, Sonst macht er es zu bunt! Elisabeth Kulmann
Ein winterliches Gedicht Erst gesten war es, denkst du daran? Es ging der Tag zur Neige. Ein böser Schneesturm da begann und brach die dürren Zweige. Der Sturmwind blies die Sterne weg, die Lichter, die wir lieben. Vom Monde gar war nur ein Fleck, ein gelber Schein geblieben. Und jetzt? So schau doch nur hinaus: Die Welt ertrinkt in Wonne. Ein weißer Teppich liegt jetzt aus. Es strahlt und lacht die Sonne. Wohin du siehst: Ganz puderweiß geschmückt sind alle Felder. der Bach rauscht lustig unterm Eis. Nur finster stehn die Wälder. Alexander Puschkin (1799-1837)
Der Winter Wenn ungesehn und nun vorüber sind die Bilder Der Jahreszeit, so kommt des Winters Dauer, Das Feld ist leer, die Ansicht scheinet milder, Und Stürme wehn umher und Regenschauer. Als wie ein Ruhetag, so ist des Jahres Ende, Wie einer Frage Ton, daß dieser sich vollende, Alsdann erscheint des Frühlings neues Werden, So glänzet die Natur mit ihrer Pracht auf Erden. Friedrich Hölderlin (1770-1843)
Winter Der Winter ist ein rechter Mann, Kernfest und auf die Dauer; Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an Und scheut nicht Süß noch Sauer. Er zieht sein Hemd im Freien an Und lässt's vorher nicht wärmen, Und spottet über Fluss im Zahn Und Kolik in Gedärmen. Aus Blumen und aus Vogelsang Weiß er sich nichts zu machen, Hasst warmen Drang und warmen Klang Und alle warmen Sachen. Doch wenn die Füchse bellen sehr, Wenn's Holz im Ofen knittert, Und an dem Ofen Knecht und Herr Die Hände reibt und zittert; Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht Und Teich und Seen krachen, Das klingt ihm gut, das hasst er nicht, Dann will er sich totlachen. - Sein Schloss von Eis liegt ganz hinaus Beim Nordpol an dem Strande; Doch hat er auch ein Sommerhaus Im lieben Schweizerlande. Da ist er denn bald dort, bald hier, Gut Regiment zu führen. Und wenn er durchzieht, stehen wir Und sehn ihn an und frieren. Matthias Claudius
Schnee fällt Schnee fällt. Es fällt ein winzig weißer Flaum. Es fällt der Schnee auf einen kahlen Baum. Es fällt der Schnee, es fällt der Schnee jetzt dicht. Er liegt am Boden, weißes weiches Licht. Auf allen Häusern liegt der Schnee, der Schnee. Der Schnee tut keinem weh. Es fällt ein Schnee bis tief ins Herz hinein. Schnee fällt. O könnte ich ein Schneemann sein. Schnee fällt. Ich geh im Schnee, und hinter mir verwischt der Schnee die Spur. Ich geh von dir. Schneewände hat der Schnee rings aufgebaut. Der Hunger schreit im Schnee nicht mehr so laut ... Schnee fällt. Johannes R. Becher (1891-1958)
Wie nun Alles stirbt und endet, Und das letzte Lindenblatt Müd sich an die Erde wendet In die warme Ruhestatt: So auch unser Tun und Lassen, Was uns heiß und wild erregt, Unser Lieben, unser Hassen Sei in's welke Laub gelegt! Reiner, weißer Schnee, o schneie, Schneie beide Gräber zu, Daß die Seele uns gedeihe Still und kühl in Winterruh'! Bald kommt jene Frühlingswende, Die allein die Liebe weckt, Wo der Haß umsonst die Hände Dräuend aus dem Grabe streckt! Gottfried Keller (1819-1890)
Hoffnung Wie wäre ein Winter zu ertragen, ohne Hoffnung auf den Frühling, wie ein Abschied auszuhalten, ohne Hoffnung auf ein Wiedersehen? Nur die Hoffnung, daß es immer wieder hell wird, läßt uns die langen, finsteren Nächte durchstehen. von Annegret Kronenberg
Schon ins Land der Pyramiden Flohn die Störche übers Meer; Schwalbenflug ist längst geschieden, Und die Sonne scheint nicht mehr. Seufzend in geheimer Klage Streift der Wind das letzte Grün; Und die süßen Sommertage, Ach, sie sind dahin, dahin! Nebel hat den Wald verschlungen, der dein stilles Glück gesehn; ganz in Duft und Dämmerungen will die schöne Welt vergehn. Nur noch einmal bricht die Sonne unaufhaltsam durch den Duft, und ein Strahl der alten Wonne rieselt über Tal und Kluft. Und es leuchten Wald und Heide, dass man sicher glauben mag: hinter allem Winterleide liegt ein ferner Frühlingstag. Theodor Storm
Winternacht Wie ist so herrlich die Winternacht. Es glänzt der Mond in voller Pracht. Mit den silbernen Sternen am Himmelszelt. Es zieht der Frost durch Wald und Feld und überspinnet jedes Reis und alle Halme silberweiß. Er hauchet über dem See und im Nu, noch eh wir's denken, friert er zu. So hat der Winter auch unser gedacht und über Nacht uns Freude gebracht. Nun wollen wir auch dem Winter nicht grollen und ihm auch Lieder des Dankes zollen. Hoffmann von Fallersleben
Das Feld ist kahl, auf ferner Höhe glänzet Der blaue Himmel nur, und wie die Pfade gehen Erscheinet die Natur, als Einerlei, das Wehen Ist frisch, und die Natur von Helle nur umkränzet. Der Erde Rund ist sichtbar von dem Himmel Den ganzen Tag, in heller Nacht umgeben Wenn hoch erscheint von Sternen das Gewimmel. Und geistiger das weit gedehnte Leben. Friedrich Hölderlin (1770-1843)
Der Winter ist ein rechter Mann, Kernfest und auf die Dauer; Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an Und scheut nicht süß noch sauer. Aus Blumen und aus Vogelsang Weiß er sich nichts zu machen, Haßt warmen Trank und warmen Klang Und alle warmen Sachen. Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht Und Teich und Seen krachen, Das klingt ihm gut, das haßt er nicht, Dann will er tot sich lachen. Sein Schloß von Eis liegt ganz hinaus Beim Nordpol an dem Strande, Doch hat er auch ein Sommerhaus Im lieben Schweizerlande. Da ist er denn bald dort, bald hier, Gut Regiment zu führen, Und wenn er durchzieht, stehen wir Und seh'n ihn an und frieren. Matthias Claudius (1740-1815)
Ein Fichtenbaum steht einsam Im Norden auf kahler Höh'; Ihn schläfert; mit weißer Decke Umhüllen ihn Eis und Schnee. Er träumt von einer Palme, Die, fern im Morgenland, Einsam und schweigend trauert Auf brennender Felsenwand. Heinrich Heine
Der Winter ist ein rechter Mann, Kernfest und auf die Dauer; Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an Und scheut nicht Süß noch Sauer. Er zieht sein Hemd im Freien an Und lässt's vorher nicht wärmen, Und spottet über Fluss im Zahn Und Kolik in Gedärmen. Aus Blumen und aus Vogelsang Weiß er sich nichts zu machen, Hasst warmen Drang und warmen Klang Und alle warmen Sachen. Doch wenn die Füchse bellen sehr, Wenn's Holz im Ofen knittert, Und an dem Ofen Knecht und Herr Die Hände reibt und zittert; Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht Und Teich und Seen krachen, Das klingt ihm gut, das hasst er nicht, Dann will er sich totlachen. - Sein Schloss von Eis liegt ganz hinaus Beim Nordpol an dem Strande; Doch hat er auch ein Sommerhaus Im lieben Schweizerlande. Da ist er denn bald dort, bald hier, Gut Regiment zu führen. Und wenn er durchzieht, stehen wir Und sehn ihn an und frieren. Matthias Claudius
O wie ist es kalt geworden und so traurig und so leer. Raue Winde wehn vom Norden und die Sonne scheint nicht mehr. Auf die Berge möcht ich fliegen, möchte sehn ein grünes Tal, möcht in Gras und Blumen liegen und mich freun am Sonnenstrahl. Möchte hören die Schalmeien und der Herden Glockenklang, möchte freuen mich im Freien an der Vögel süßem Klang. Lieber Frühling, komm doch wieder! Lieber Frühling, komm doch bald! Bring uns Blumen, Laub und Lieder, schmücke wieder Feld und Wald. Volkslied
Winterlied Mädel, 's ist Winter, der wollige Schnee, Weiß wie dein Busen, deckt Thäler und Höh'. Horch, wie der Nordwind um's Häuslein her pfeift! Hecken und Bäume sind lieblich bereift. Mädel, 's ist Winter, die Bäche sind Eis; Dächer der ländlichen Hütten sind weiß. Grau und ehrwürdig, im silbernen Flor, Streckt sich der stattliche Kirchthurm empor. Mädel, 's ist Winter. Mach's Stüblein fein warm; Setz dich zum Ofen, und nimm mich in Arm! Lieblich und kosend, wie rosigen Mai, Führt uns die Liebe den Winter vorbei. Drehst du mit Fingern, so reinlich wie Wachs, Seidene Fäden vom silbernen Flachs, Schüttl' ich die Acheln dir schäkernd vom Schurz, Mache die Nächte mit Mährlein dir kurz. Mädel, 's ist Winter. O wärst du schon mein! Schlüpft' ich ins blähende Bettlein hinein; Nähm' dich, mein herziges Liebchen! in Arm, Trotzte dem Winter; denn Liebe macht warm. Christian Friedrich Daniel Schubart (1739-1791)
Schneeglöckchen Es war doch wie ein leises Singen In dem Garten heute nacht, Wie wenn laue Lüfte gingen: "Süße Glöcklein, nun erwacht, Denn die warme Zeit wir bringen, Eh's noch jemand hat gedacht." 's war kein Singen, 's war ein Küssen, Rührt die stillen Glöcklein sacht, Daß sie alle tönen müssen Von der künftgen bunten Pracht. Ach, sie konntens nicht erwarten, Aber weiß vom letzten Schnee War noch immer Feld und Garten Und sie sanken um vor Weh. So schon manche Dichter streckten Sangesmüde sich hinab, Und der Frühling, den sie weckten, Rauschte über ihrem Grab. -Eichendorf-
Mag da draußen Schnee sich türmen, Mag es hageln, mag es stürmen, Klirrend an mein Fenster schlagen, Nimmer will ich mich beklagen! Denn, ich trage in der Brust Liebchens Bild und Frühlings Lust! Heinrich Heine
Jeden Morgen in meinem Garten öffnen neue Blüten sich dem Tag. Überall ein heimliches Erwarten, das nun länger nicht mehr zögern mag Die Lenzgestalt der Natur ist doch wunderschön, wenn der Dornbusch blüht und die Erde mit Gras und Blumen prangert. Claudius, Matthias (1740-1815)
Der Schnee, der gestern noch in Flöckchen Vom Himmel fiel, Hängt nun geronnen heut als Glöckchen Am zarten Stiel. Schneeglöckchen läutet, was bedeutet's Im stillen Hain? O komm geschwind! Im Haine läutet's Den Frühling ein. O kommt, ihr Blätter, Blüt' und Blume, Die ihr noch träumt, All zu des Frühlings Heiligtume! Kommt ungesäumt! Friedrich Rückert