Bitte alle mitmachen: Naturgedichte und -lieder

Dieses Thema im Forum "Kaffeeklatsch" wurde erstellt von Neli, 18. März 2007.

  1. Neli

    Neli Optimistin

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    Weihnachten

    Markt und Straßen steh'n verlassen,
    still erleuchtet jedes Haus;
    sinnend geh ich durch die Gassen,
    alles sieht so festlich aus.

    An den Fenstern haben Frauen
    buntes Spielzeug fromm geschmückt,
    tausend Kindlein steh'n und schauen,
    sind so wunderstill beglückt.

    Und ich wandre aus den Mauern
    bis hinaus ins freie Feld.
    Hehres Glänzen, heilges Schauern,
    wie so weit und still die Welt!

    Sterne hoch die Kreise schlingen;
    aus des Schnees Einsamkeit
    steigt's wie wunderbares Singen.
    O du gnadenreiche Zeit!


    Josef von Eichendorff

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  2. Neli

    Neli Optimistin

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    Willkommen, lieber Winter,
    Willkommen hier zu Land!
    Wie reich du bist, mit Perlen
    Spielst du, als wär' es Sand!

    Den Hof, des Gartens Wege
    Hast du damit bestreut;
    Sie an der Bäume Zweige
    Zu Tausenden gereiht.

    Dein Odem, lieber Winter,
    Ist kälter, doch gesund;
    Den Sturm nur halt' im Zaume,
    Sonst macht er es zu bunt!


    Elisabeth Kulmann


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  3. fleckchen63

    fleckchen63 Mandy

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    Ein winterliches Gedicht

    Erst gesten war es, denkst du daran?
    Es ging der Tag zur Neige.
    Ein böser Schneesturm da begann
    und brach die dürren Zweige.
    Der Sturmwind blies die Sterne weg,
    die Lichter, die wir lieben.
    Vom Monde gar war nur ein Fleck,
    ein gelber Schein geblieben.
    Und jetzt? So schau doch nur hinaus:
    Die Welt ertrinkt in Wonne.
    Ein weißer Teppich liegt jetzt aus.
    Es strahlt und lacht die Sonne.
    Wohin du siehst: Ganz puderweiß
    geschmückt sind alle Felder.
    der Bach rauscht lustig unterm Eis.
    Nur finster stehn die Wälder.


    Alexander Puschkin (1799-1837)
     

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  4. Neli

    Neli Optimistin

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    Der Winter

    Wenn ungesehn und nun vorüber sind die Bilder
    Der Jahreszeit, so kommt des Winters Dauer,
    Das Feld ist leer, die Ansicht scheinet milder,
    Und Stürme wehn umher und Regenschauer.

    Als wie ein Ruhetag, so ist des Jahres Ende,
    Wie einer Frage Ton, daß dieser sich vollende,
    Alsdann erscheint des Frühlings neues Werden,
    So glänzet die Natur mit ihrer Pracht auf Erden.



    Friedrich Hölderlin (1770-1843)
     

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  5. samira2000

    samira2000 Neues Mitglied

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    Winter

    Der Winter ist ein rechter Mann,
    Kernfest und auf die Dauer;
    Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an
    Und scheut nicht Süß noch Sauer.

    Er zieht sein Hemd im Freien an
    Und lässt's vorher nicht wärmen,
    Und spottet über Fluss im Zahn
    Und Kolik in Gedärmen.

    Aus Blumen und aus Vogelsang
    Weiß er sich nichts zu machen,
    Hasst warmen Drang und warmen Klang
    Und alle warmen Sachen.

    Doch wenn die Füchse bellen sehr,
    Wenn's Holz im Ofen knittert,
    Und an dem Ofen Knecht und Herr
    Die Hände reibt und zittert;

    Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht
    Und Teich und Seen krachen,
    Das klingt ihm gut, das hasst er nicht,
    Dann will er sich totlachen. -

    Sein Schloss von Eis liegt ganz hinaus
    Beim Nordpol an dem Strande;
    Doch hat er auch ein Sommerhaus
    Im lieben Schweizerlande.

    Da ist er denn bald dort, bald hier,
    Gut Regiment zu führen.
    Und wenn er durchzieht, stehen wir
    Und sehn ihn an und frieren.

    Matthias Claudius
     
  6. fleckchen63

    fleckchen63 Mandy

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    Schnee fällt


    Schnee fällt.
    Es fällt ein winzig weißer Flaum.
    Es fällt der Schnee auf einen kahlen Baum.


    Es fällt der Schnee,
    es fällt der Schnee jetzt dicht.
    Er liegt am Boden, weißes weiches Licht.


    Auf allen Häusern liegt der Schnee,
    der Schnee.
    Der Schnee tut keinem weh.


    Es fällt ein Schnee bis tief ins Herz hinein.
    Schnee fällt.
    O könnte ich ein Schneemann sein.


    Schnee fällt.
    Ich geh im Schnee, und hinter mir
    verwischt der Schnee die Spur.
    Ich geh von dir.


    Schneewände hat der Schnee rings aufgebaut.
    Der Hunger schreit im Schnee nicht mehr
    so laut ...
    Schnee fällt.


    Johannes R. Becher (1891-1958)
     

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  7. Neli

    Neli Optimistin

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    Wie nun Alles stirbt und endet,
    Und das letzte Lindenblatt
    Müd sich an die Erde wendet
    In die warme Ruhestatt:

    So auch unser Tun und Lassen,
    Was uns heiß und wild erregt,
    Unser Lieben, unser Hassen
    Sei in's welke Laub gelegt!

    Reiner, weißer Schnee, o schneie,
    Schneie beide Gräber zu,
    Daß die Seele uns gedeihe
    Still und kühl in Winterruh'!

    Bald kommt jene Frühlingswende,
    Die allein die Liebe weckt,
    Wo der Haß umsonst die Hände
    Dräuend aus dem Grabe streckt!


    Gottfried Keller (1819-1890)
     

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  8. samira2000

    samira2000 Neues Mitglied

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    Hoffnung



    Wie wäre ein Winter zu ertragen,

    ohne Hoffnung auf den Frühling,

    wie ein Abschied auszuhalten,

    ohne Hoffnung auf ein Wiedersehen?


    Nur die Hoffnung,

    daß es immer wieder hell wird,

    läßt uns die langen, finsteren

    Nächte durchstehen.

    von Annegret Kronenberg
     
  9. bürgerin

    bürgerin Neues Mitglied

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    Sachsen Anhalt
    Schon ins Land der Pyramiden
    Flohn die Störche übers Meer;
    Schwalbenflug ist längst geschieden,
    Und die Sonne scheint nicht mehr.

    Seufzend in geheimer Klage
    Streift der Wind das letzte Grün;
    Und die süßen Sommertage,
    Ach, sie sind dahin, dahin!

    Nebel hat den Wald verschlungen,
    der dein stilles Glück gesehn;
    ganz in Duft und Dämmerungen
    will die schöne Welt vergehn.

    Nur noch einmal bricht die Sonne
    unaufhaltsam durch den Duft,
    und ein Strahl der alten Wonne
    rieselt über Tal und Kluft.

    Und es leuchten Wald und Heide,
    dass man sicher glauben mag:
    hinter allem Winterleide
    liegt ein ferner Frühlingstag.

    Theodor Storm
     
  10. poldi

    poldi Aktives Mitglied

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    Winternacht


    Wie ist so herrlich die Winternacht.
    Es glänzt der Mond in voller Pracht.
    Mit den silbernen Sternen am Himmelszelt.


    Es zieht der Frost durch Wald und Feld

    und überspinnet jedes Reis

    und alle Halme silberweiß.


    Er hauchet über dem See und im Nu,


    noch eh wir's denken, friert er zu.



    So hat der Winter auch unser gedacht

    und über Nacht uns Freude gebracht.

    Nun wollen wir auch dem Winter nicht grollen

    und ihm auch Lieder des Dankes zollen.


    Hoffmann von Fallersleben
     
  11. Neli

    Neli Optimistin

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    Das Feld ist kahl, auf ferner Höhe glänzet
    Der blaue Himmel nur, und wie die Pfade gehen
    Erscheinet die Natur, als Einerlei, das Wehen
    Ist frisch, und die Natur von Helle nur umkränzet.

    Der Erde Rund ist sichtbar von dem Himmel
    Den ganzen Tag, in heller Nacht umgeben
    Wenn hoch erscheint von Sternen das Gewimmel.
    Und geistiger das weit gedehnte Leben.


    Friedrich Hölderlin (1770-1843)
     

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  12. Neli

    Neli Optimistin

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    Der Winter ist ein rechter Mann,
    Kernfest und auf die Dauer;
    Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an
    Und scheut nicht süß noch sauer.

    Aus Blumen und aus Vogelsang
    Weiß er sich nichts zu machen,
    Haßt warmen Trank und warmen Klang
    Und alle warmen Sachen.


    Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht
    Und Teich und Seen krachen,
    Das klingt ihm gut, das haßt er nicht,
    Dann will er tot sich lachen.

    Sein Schloß von Eis liegt ganz hinaus
    Beim Nordpol an dem Strande,
    Doch hat er auch ein Sommerhaus
    Im lieben Schweizerlande.

    Da ist er denn bald dort, bald hier,
    Gut Regiment zu führen,
    Und wenn er durchzieht, stehen wir
    Und seh'n ihn an und frieren.


    Matthias Claudius (1740-1815)
     

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  13. Neli

    Neli Optimistin

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    Ein Fichtenbaum steht einsam
    Im Norden auf kahler Höh';
    Ihn schläfert; mit weißer Decke
    Umhüllen ihn Eis und Schnee.

    Er träumt von einer Palme,
    Die, fern im Morgenland,
    Einsam und schweigend trauert
    Auf brennender Felsenwand.


    [​IMG]


    Heinrich Heine
     
  14. samira2000

    samira2000 Neues Mitglied

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    Der Winter ist ein rechter Mann,
    Kernfest und auf die Dauer;
    Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an
    Und scheut nicht Süß noch Sauer.

    Er zieht sein Hemd im Freien an
    Und lässt's vorher nicht wärmen,
    Und spottet über Fluss im Zahn
    Und Kolik in Gedärmen.

    Aus Blumen und aus Vogelsang
    Weiß er sich nichts zu machen,
    Hasst warmen Drang und warmen Klang
    Und alle warmen Sachen.

    Doch wenn die Füchse bellen sehr,
    Wenn's Holz im Ofen knittert,
    Und an dem Ofen Knecht und Herr
    Die Hände reibt und zittert;

    Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht
    Und Teich und Seen krachen,
    Das klingt ihm gut, das hasst er nicht,
    Dann will er sich totlachen. -

    Sein Schloss von Eis liegt ganz hinaus
    Beim Nordpol an dem Strande;
    Doch hat er auch ein Sommerhaus
    Im lieben Schweizerlande.

    Da ist er denn bald dort, bald hier,
    Gut Regiment zu führen.
    Und wenn er durchzieht, stehen wir
    Und sehn ihn an und frieren.



    Matthias Claudius

     
  15. Neli

    Neli Optimistin

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    O wie ist es kalt geworden
    und so traurig und so leer.
    Raue Winde wehn vom Norden
    und die Sonne scheint nicht mehr.

    Auf die Berge möcht ich fliegen,
    möchte sehn ein grünes Tal,
    möcht in Gras und Blumen liegen
    und mich freun am Sonnenstrahl.

    Möchte hören die Schalmeien
    und der Herden Glockenklang,
    möchte freuen mich im Freien
    an der Vögel süßem Klang.

    Lieber Frühling, komm doch wieder!
    Lieber Frühling, komm doch bald!
    Bring uns Blumen, Laub und Lieder,
    schmücke wieder Feld und Wald.

    Volkslied
     

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  16. Neli

    Neli Optimistin

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    Winterlied

    Mädel, 's ist Winter, der wollige Schnee,
    Weiß wie dein Busen, deckt Thäler und Höh'.
    Horch, wie der Nordwind um's Häuslein her pfeift!

    Hecken und Bäume sind lieblich bereift.
    Mädel, 's ist Winter, die Bäche sind Eis;
    Dächer der ländlichen Hütten sind weiß.
    Grau und ehrwürdig, im silbernen Flor,
    Streckt sich der stattliche Kirchthurm empor.
    Mädel, 's ist Winter. Mach's Stüblein fein warm;
    Setz dich zum Ofen, und nimm mich in Arm!
    Lieblich und kosend, wie rosigen Mai,
    Führt uns die Liebe den Winter vorbei.
    Drehst du mit Fingern, so reinlich wie Wachs,
    Seidene Fäden vom silbernen Flachs,
    Schüttl' ich die Acheln dir schäkernd vom Schurz,
    Mache die Nächte mit Mährlein dir kurz.
    Mädel, 's ist Winter. O wärst du schon mein!
    Schlüpft' ich ins blähende Bettlein hinein;
    Nähm' dich, mein herziges Liebchen! in Arm,
    Trotzte dem Winter; denn Liebe macht warm.



    Christian Friedrich Daniel Schubart (1739-1791)


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  17. samira2000

    samira2000 Neues Mitglied

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    Schneeglöckchen

    Es war doch wie ein leises Singen
    In dem Garten heute nacht,
    Wie wenn laue Lüfte gingen:
    "Süße Glöcklein, nun erwacht,
    Denn die warme Zeit wir bringen,
    Eh's noch jemand hat gedacht."
    's war kein Singen, 's war ein Küssen,
    Rührt die stillen Glöcklein sacht,
    Daß sie alle tönen müssen
    Von der künftgen bunten Pracht.
    Ach, sie konntens nicht erwarten,
    Aber weiß vom letzten Schnee
    War noch immer Feld und Garten
    Und sie sanken um vor Weh.
    So schon manche Dichter streckten
    Sangesmüde sich hinab,
    Und der Frühling, den sie weckten,
    Rauschte über ihrem Grab.

    -Eichendorf-
     
    #717 8. Februar 2010
    Zuletzt bearbeitet: 23. Februar 2010
  18. Neli

    Neli Optimistin

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    Mag da draußen Schnee sich türmen,
    Mag es hageln, mag es stürmen,
    Klirrend an mein Fenster schlagen,
    Nimmer will ich mich beklagen!
    Denn, ich trage in der Brust
    Liebchens Bild und Frühlings Lust!


    Heinrich Heine


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  19. samira2000

    samira2000 Neues Mitglied

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    Jeden Morgen in meinem Garten
    öffnen neue Blüten sich dem Tag.
    Überall ein heimliches Erwarten,
    das nun länger nicht mehr zögern mag

    Die Lenzgestalt der Natur ist doch wunderschön,
    wenn der Dornbusch blüht und die Erde
    mit Gras und Blumen prangert.

    Claudius, Matthias (1740-1815)
     
  20. Neli

    Neli Optimistin

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    Der Schnee, der gestern noch in Flöckchen
    Vom Himmel fiel,
    Hängt nun geronnen heut als Glöckchen
    Am zarten Stiel.


    Schneeglöckchen läutet, was bedeutet's
    Im stillen Hain?
    O komm geschwind! Im Haine läutet's
    Den Frühling ein.


    O kommt, ihr Blätter, Blüt' und Blume,
    Die ihr noch träumt,
    All zu des Frühlings Heiligtume!
    Kommt ungesäumt!


    Friedrich Rückert
     

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