Ich komme aus der Ewigkeit Ich komme aus der Ewigkeit. Frühling war’s, dann heiße Sommerzeit, der Herbst bracht’ Frucht und Blätterfall und wilder Stürme Widerhall. Nun ist der kalte Winternebel da, verhüllt in eins, was fern und nah; mich deckt das Schneetuch der Vergessenheit, so fahr ich wieder in die Ewigkeit. Hans Thoma (1839-1924)
Zu Golde ward die Welt; Zu lange traf Der Sonne süßer Strahl Das Blatt, den Zweig. Nun neig Dich, Welt hinab In Winterschlaf. Bald sinkt's von droben dir In flockigen Geweben Verschleiernd zu - Und bringt dir Ruh, O Welt, O dir, zu Gold geliebtes Leben, Ruh. Christian Morgenstern (1871-1914)
Müder Glanz der Sonne! Blasses Himmelblau! Von verklung'ner Wonne Träumet still die Au. An der letzten Rose Löset lebenssatt Sich das letzte lose, Bleiche Blumenblatt! Goldenes Entfärben Schleicht sich durch den Hain! Auch Vergeh'n und Sterben Däucht mir süß zu sein. Karl von Gerok
Wenn im Purpurschein Blinkt der wilde Wein Und am Bach die Weide steht bereift, Wenn die Zeitlos' blüht, Wenn die Drossel zieht, Und ihr Scheidelied vom Schlehdorn pfeift, Wenn in Wald und Feld Laut der Bracke bellt Und das schlanke Reh verbluten muss, Wenn die Haselmaus In ihr Winterhaus Schleppt die allerletzte Buchennuss! Dann ade, ihr Felder, Berge, Föhrenwälder, Pfarrer, Förster, Schultheiss, Müller, Bäck. Hab' das Wandern satt, Ziehe nach der Stadt, Wo der Roland steht am Rathauseck! Blondes Gretelein, Lass das Trauern sein, Mit den Schwalben komm' ich wieder her! Sollt' ich sterben eh'r, Weine nicht so sehr, Weil es schad' um deine Äuglein wär'! Rudolf Baumbach (1840-1905)
*Herbstgedicht* Weg im Nebel Nun wird die Spur der Füße langsam ungetan, Und aus der Tiefe, aus der tiefen Tiefe steigt Das Trübe, schwadengrauer Nebel himmelan. Nun wird der Augen-Aufblick langsam leer, Und aus der Höhe, aus der hohen Höhe neigt Die Wolke sich, sinkt Nebel erdwärts schwer. Nun drängt zu dem verwandten Un-Gesicht Das Wesenlose aus den fahlen Gründen Und hebt sich sehnend ins versäumte Licht. Nun flieht, was war: es fliehen Busch und Baum, Flieh'n Berg und Tal, die sich zur Flucht verbünden, Es fliehst du, Herz. Es floh'n die Zeit, der Raum. Land wurde Meer. Meer wurde schwälend Schaum. Ihn schlürft, sich fröstelnd zu entzünden, Das ungelebte Leben und der ungeträumte Traum. (Maria Luise Weissmann)
Ein November-Gedicht Solchen Monat muß man loben. Keiner kann wie dieser toben, keiner so verdrießlich sein! Und so ohne Sonnenschein! Keiner so in Wolken maulen, keiner so mit Sturmwind graulen! Und wie nass er alles macht! Ja, es ist 'ne wahre Pracht! Seht das schöne Schlackerwetter! Und die armen welken Blätter, wie sie tanzen in dem Wind, und so ganz verloren sind! Wie der Sturm sie jagt und zwirbelt Und sie durcheinander wirbelt Und sie hetzt ohn' Unterlass: Ja, das ist Novemberspaß! Und die Scheiben, wie sie rinnen! Und die Wolken, wie sie spinnen ihren feuchten Himmelsthau, Ur und ewig, trüb und grau! Auf dem Dach die Regentropfen: Wie sie pochen, wie sie klopfen! Schimmernd hängt's an jedem Zweig, Einer dicken Träne gleich. O, wie ist der Mann zu loben, Der solch' unvernünft'ges Toben schon im Voraus hat bedacht und die Häuser hohl gemacht! So, dass wir im Trocknen hausen und mit stillvergnügtem Grausen und in wohlgeborg’ner Ruh solchem Greuel schauen zu! (Heinrich Seidel)
Erinnerung Ihr wunderschönen Augenblicke, Die Lieblichste der ganzen Welt Hat euch mit ihrem ew'gen Glücke, Mit ihrem süßen Licht erhellt. Ihr Stellen, ihr geweihten Plätze, Ihr trugt ja das geliebte Bild, Was Wunder habt ihr, was für Schätze Vor meinen Augen dort enthüllt! Ihr Gärten all, ihr grünen Haine, Du Weinberg in der süßen Zier, Dein Zauberbann wird nie gebrochen, Du klingst und wirkest fort und fort. Max von Schenkendorf (1783-1817)
[SIZE=+2]Mörike, Eduard (1804-1875)[/SIZE] [SIZE=+1]Im Winterboden schläft, ein Blumenkeim ...[/SIZE] Im Winterboden schläft, ein Blumenkeim, Der Schmetterling, der einst um Busch und Hügel In Frühlingsnächten wiegt den samtnen Flügel; Nie soll er kosten deinen Honigseim. Wer aber weiß, ob nicht sein zarter Geist, Wenn jede Zier des Sommers hingesunken, Dereinst, von deinem leisen Dufte trunken, Mir unsichtbar, dich blühende umkreist?
Herbstlich sonnige Tage [FONT=Times New Roman, Times, serif]Herbstlich sonnige Tage, mir beschieden zur Lust, euch mit leiserem Schlage grüßt die atmende Brust.[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]O wie waltet die Stunde nun in seliger Ruh’! Jede schmerzende Wunde schließet leise sich zu. [/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Nur zu rasten, zu lieben, still an sich selber zu baun, fühlt sich die Seele getrieben und mit Liebe zu schaun. [/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Jedem leisen Verfärben lausch ich mit stillem Bemühn, jedem Wachsen und Sterben, jedem Welken und Blühn. [/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Was da webet im Ringe, was da blüht auf der Flur, Sinnbild ewiger Dinge ist’s dem Schauenden nur. [/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Jede sprossende Pflanze, die mit Düften sich füllt, trägt im Kelche das ganze Weltgeheimnis verhüllt. [/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif](Emanuel Geibel)[/FONT]
Kein Hälmlein wächst auf Erden, Der Himmel hat's betaut, Und kann kein Blümlein werden, Die Sonne hat's erschaut. Wenn du auch tief beklommen In Waldesnacht allein: Einst wird von Gott dir kommen Dein Tau und Sonnenschein. Dann sproßt, was dir indessen Als Keim im Herzen lag, So ist kein Ding vergessen, Ihm kommt ein Blütentag. Albert Emil Brachvogel (1824-1878
Winter Ein weißes Feld, ein stilles Feld. Aus veilchenblauer Wolkenwand hob hinten, fern am Horizont, sich sacht des Mondes roter Rand. Und hob sich ganz heraus und stand bald eine runde Scheibe da, In düstrer Glut. Und durch das Feld klang einer Krähe heisres Krah. Gespenstisch durch die Winternacht der große dunkle Vogel glitt, und unten huschte durch den Schnee sein schwarzer Schatten lautlos mit. Gustav Falke
Herbstlied Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah! Die Luft ist still, als atmete man kaum, und dennoch fallen raschelnd, fern und nah, die schönsten Früchte von jedem Baum. O stört sie nicht, die Feier der Natur! Dies ist die Lese, die sie selber hält, denn heute löst sich von den Zweigen nur, was vor dem milden Strahl der Sonne fällt. Friedrich Hebbel
Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren laß die Winde los. Befiehl den letzten Früchten voll zu sein; gieb ihnen noch zwei südlichere Tage, dränge sie zur Vollendung hin und jage die letzte Süße in den schweren Wein. Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. Rainer Maria Rilke
Advent Es treibt der Wind im Winterwalde die Flockenherde wie ein Hirt und manche Tanne ahnt, wie balde sie fromm und lichterheilig wird, und lauscht hinaus; den weißen Wegen streckt sie die Zweige hin, bereit und wehrt dem Wind und wächst engegen der einen Nacht der Herrlichkeit. Rainer Maria Rilke
Willkommen, lieber Winter, Willkommen hier zu Land! Wie reich du bist, mit Perlen Spielst du, als wär' es Sand! Den Hof, des Gartens Wege Hast du damit bestreut; Sie an der Bäume Zweige Zu Tausenden gereiht. Dein Odem, lieber Winter, Ist kälter, doch gesund; Den Sturm nur halt' im Zaume, Sonst macht er es zu bunt! Elisabeth Kulmann
Das Weihnachtsfest Vom Himmel bis in die tiefsten Klüfte ein milder Stern herniederlacht; vom Tannenwalde steigen Düfte und kerzenhelle wird die Nacht. [FONT=Times New Roman, Times, serif]Mir ist das Herz so froh erschrocken, das ist die liebe Weihnachtszeit! Ich höre fernher Kirchenglocken, in märchenstiller Herrlichkeit.[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Ein frommer Zauber hält mich nieder, anbetend, staunend muß ich stehn, es sinkt auf meine Augenlider, ich fühl's, ein Wunder ist geschehn.[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif](Theodor Storm)[/FONT]
Mag da draußen Schnee sich türmen, Mag es hageln, mag es stürmen, Klirrend an mein Fenster schlagen, Nimmer will ich mich beklagen! Denn, ich trage in der Brust Liebchens Bild und Frühlings Lust! Heinrich Heine
Das Wintermärchen Seit Tagen hat es nun geschneit, bitter kalt ist's weit und breit. Vom Dach hängen aus Eis Zapfen, im Schnee die Kinder fröhlich stapfen. Der kleine See ist endlich zugefroren, ein Schlittschuhläufer hat ihn für sich auserkoren. Am kleinen Hang, sieh gleich dort drüben ist ein Skiläufer am Üben. Von den Bäumen leise fällt der Schnee, nach Futter such ein scheues Reh. Wie im Märchen uns dieser Tag erscheinen mag, dieser eiskalte, wunderschöne Wintertag. Elise Hennek
Winternacht Wie ist so herrlich die Winternacht! Es glänzt der Mond in voller Pracht Mit den silbernen Sternen am Himmelszelt. Es zieht der Frost durch Wald und Feld Und überspinnet jedes Reis Und alle Halme silberweiß. Er hauchet über dem See, und im Nu, Noch eh' wir's denken, friert er zu. So hat der Winter auch unser gedacht Und über Nacht uns Freude gebracht. Nun wollen wir auch dem Winter nicht grollen Und ihm auch Lieder des Dankes zollen. August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)
Immer ein Lichtlein mehr im Kranz, den wir gewunden, dass er leuchte uns so sehr durch die dunklen Stunden. Zwei und drei und dann vier! Rund um den Kranz welch ein Schimmer, und so leuchten auch wir, und so leuchtet das Zimmer. Und so leuchtet die Welt langsam der Weihnacht entgegen. Und der in Händen sie hält, weiß um den Segen! (Matthias Claudius) *allen besinnliche Weihnachtstage mit stimmungsvollen Momenten*