Bitte alle mitmachen: Naturgedichte und -lieder

Dieses Thema im Forum "Kaffeeklatsch" wurde erstellt von Neli, 18. März 2007.

  1. samira2000

    samira2000 Neues Mitglied

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    Ich komme aus der Ewigkeit
    Ich komme aus der Ewigkeit.
    Frühling war’s,

    dann heiße Sommerzeit,
    der Herbst bracht’ Frucht
    und Blätterfall
    und wilder Stürme Widerhall.

    Nun ist der kalte Winternebel da,
    verhüllt in eins, was fern und nah;
    mich deckt das Schneetuch
    der Vergessenheit,
    so fahr ich wieder in die Ewigkeit.

    Hans Thoma (1839-1924)
     
  2. Neli

    Neli Optimistin

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    Zu Golde ward die Welt;
    Zu lange traf
    Der Sonne süßer Strahl
    Das Blatt, den Zweig.
    Nun neig
    Dich, Welt hinab
    In Winterschlaf.

    Bald sinkt's von droben dir
    In flockigen Geweben
    Verschleiernd zu -
    Und bringt dir Ruh,
    O Welt,
    O dir, zu Gold geliebtes Leben,
    Ruh.


    Christian Morgenstern (1871-1914)
     

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  3. Neli

    Neli Optimistin

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    Müder Glanz der Sonne!
    Blasses Himmelblau!
    Von verklung'ner Wonne
    Träumet still die Au.


    An der letzten Rose
    Löset lebenssatt
    Sich das letzte lose,
    Bleiche Blumenblatt!

    Goldenes Entfärben
    Schleicht sich durch den Hain!
    Auch Vergeh'n und Sterben
    Däucht mir süß zu sein.

    Karl von Gerok


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  4. Neli

    Neli Optimistin

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    Wenn im Purpurschein
    Blinkt der wilde Wein
    Und am Bach die Weide steht bereift,
    Wenn die Zeitlos' blüht,
    Wenn die Drossel zieht,
    Und ihr Scheidelied vom Schlehdorn pfeift,

    Wenn in Wald und Feld
    Laut der Bracke bellt
    Und das schlanke Reh verbluten muss,
    Wenn die Haselmaus
    In ihr Winterhaus
    Schleppt die allerletzte Buchennuss!

    Dann ade, ihr Felder,
    Berge, Föhrenwälder,
    Pfarrer, Förster, Schultheiss, Müller, Bäck.
    Hab' das Wandern satt,
    Ziehe nach der Stadt,
    Wo der Roland steht am Rathauseck!

    Blondes Gretelein,
    Lass das Trauern sein,
    Mit den Schwalben komm' ich wieder her!
    Sollt' ich sterben eh'r,
    Weine nicht so sehr,
    Weil es schad' um deine Äuglein wär'!


    Rudolf Baumbach (1840-1905)
     

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  5. *Herbstgedicht*

    Weg im Nebel

    Nun wird die Spur der Füße langsam ungetan,
    Und aus der Tiefe, aus der tiefen Tiefe steigt
    Das Trübe, schwadengrauer Nebel himmelan.

    Nun wird der Augen-Aufblick langsam leer,
    Und aus der Höhe, aus der hohen Höhe neigt
    Die Wolke sich, sinkt Nebel erdwärts schwer.

    Nun drängt zu dem verwandten Un-Gesicht
    Das Wesenlose aus den fahlen Gründen
    Und hebt sich sehnend ins versäumte Licht.

    Nun flieht, was war: es fliehen Busch und Baum,
    Flieh'n Berg und Tal, die sich zur Flucht verbünden,
    Es fliehst du, Herz. Es floh'n die Zeit, der Raum.

    Land wurde Meer. Meer wurde schwälend Schaum.
    Ihn schlürft, sich fröstelnd zu entzünden,
    Das ungelebte Leben und der ungeträumte Traum.


    (Maria Luise Weissmann)
     
  6. Regenbogen

    Regenbogen Neues Mitglied

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    Ein November-Gedicht


    Solchen Monat muß man loben.
    Keiner kann wie dieser toben, keiner so verdrießlich sein!
    Und so ohne Sonnenschein! Keiner so in Wolken maulen,
    keiner so mit Sturmwind graulen! Und wie nass er alles macht!
    Ja, es ist 'ne wahre Pracht!

    Seht das schöne Schlackerwetter! Und die armen welken Blätter,

    wie sie tanzen in dem Wind, und so ganz verloren sind!
    Wie der Sturm sie jagt und zwirbelt Und sie durcheinander wirbelt
    Und sie hetzt ohn' Unterlass: Ja, das ist Novemberspaß!

    Und die Scheiben, wie sie rinnen! Und die Wolken, wie sie spinnen

    ihren feuchten Himmelsthau, Ur und ewig, trüb und grau!
    Auf dem Dach die Regentropfen: Wie sie pochen, wie sie klopfen!
    Schimmernd hängt's an jedem Zweig, Einer dicken Träne gleich.

    O, wie ist der Mann zu loben, Der solch' unvernünft'ges Toben

    schon im Voraus hat bedacht und die Häuser hohl gemacht!
    So, dass wir im Trocknen hausen und mit stillvergnügtem Grausen
    und in wohlgeborg’ner Ruh solchem Greuel schauen zu!

    (Heinrich Seidel)
     
  7. Neli

    Neli Optimistin

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    Erinnerung

    Ihr wunderschönen Augenblicke,
    Die Lieblichste der ganzen Welt
    Hat euch mit ihrem ew'gen Glücke,
    Mit ihrem süßen Licht erhellt.

    Ihr Stellen, ihr geweihten Plätze,
    Ihr trugt ja das geliebte Bild,
    Was Wunder habt ihr, was für Schätze
    Vor meinen Augen dort enthüllt!

    Ihr Gärten all, ihr grünen Haine,
    Du Weinberg in der süßen Zier,
    Dein Zauberbann wird nie gebrochen,
    Du klingst und wirkest fort und fort.



    Max von Schenkendorf (1783-1817)
     

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  8. samira2000

    samira2000 Neues Mitglied

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    [SIZE=+2]Mörike, Eduard (1804-1875)[/SIZE]

    [SIZE=+1]Im Winterboden schläft, ein Blumenkeim ...[/SIZE]

    Im Winterboden schläft, ein Blumenkeim,
    Der Schmetterling, der einst um Busch und Hügel
    In Frühlingsnächten wiegt den samtnen Flügel;
    Nie soll er kosten deinen Honigseim.
    Wer aber weiß, ob nicht sein zarter Geist,
    Wenn jede Zier des Sommers hingesunken,
    Dereinst, von deinem leisen Dufte trunken,
    Mir unsichtbar, dich blühende umkreist?
     
  9. fleckchen63

    fleckchen63 Mandy

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    Herbstlich sonnige Tage

    [FONT=Times New Roman, Times, serif]Herbstlich sonnige Tage,
    mir beschieden zur Lust,
    euch mit leiserem Schlage
    grüßt die atmende Brust.
    [/FONT]

    [FONT=Times New Roman, Times, serif]O wie waltet die Stunde
    nun in seliger Ruh’!
    Jede schmerzende Wunde
    schließet leise sich zu.
    [/FONT]

    [FONT=Times New Roman, Times, serif]Nur zu rasten, zu lieben,
    still an sich selber zu baun,
    fühlt sich die Seele getrieben
    und mit Liebe zu schaun.
    [/FONT]

    [FONT=Times New Roman, Times, serif]Jedem leisen Verfärben
    lausch ich mit stillem Bemühn,
    jedem Wachsen und Sterben,
    jedem Welken und Blühn.
    [/FONT]

    [FONT=Times New Roman, Times, serif]Was da webet im Ringe,
    was da blüht auf der Flur,
    Sinnbild ewiger Dinge
    ist’s dem Schauenden nur.
    [/FONT]

    [FONT=Times New Roman, Times, serif]Jede sprossende Pflanze,
    die mit Düften sich füllt,
    trägt im Kelche das ganze
    Weltgeheimnis verhüllt.
    [/FONT]
    [FONT=Times New Roman, Times, serif](Emanuel Geibel)[/FONT]
     
  10. Neli

    Neli Optimistin

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    Kein Hälmlein wächst auf Erden,
    Der Himmel hat's betaut,
    Und kann kein Blümlein werden,
    Die Sonne hat's erschaut.

    Wenn du auch tief beklommen
    In Waldesnacht allein:
    Einst wird von Gott dir kommen
    Dein Tau und Sonnenschein.

    Dann sproßt, was dir indessen
    Als Keim im Herzen lag,
    So ist kein Ding vergessen,
    Ihm kommt ein Blütentag.


    Albert Emil Brachvogel (1824-1878




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  11. samira2000

    samira2000 Neues Mitglied

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    Winter

    Ein weißes Feld, ein stilles Feld.
    Aus veilchenblauer Wolkenwand
    hob hinten, fern am Horizont,
    sich sacht des Mondes roter Rand.
    Und hob sich ganz heraus und stand
    bald eine runde Scheibe da,
    In düstrer Glut. Und durch das Feld
    klang einer Krähe heisres Krah.
    Gespenstisch durch die Winternacht
    der große dunkle Vogel glitt,
    und unten huschte durch den Schnee
    sein schwarzer Schatten lautlos mit.
    Gustav Falke
     
  12. bürgerin

    bürgerin Neues Mitglied

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    Herbstlied

    Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
    Die Luft ist still, als atmete man kaum,
    und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
    die schönsten Früchte von jedem Baum.
    O stört sie nicht, die Feier der Natur!
    Dies ist die Lese, die sie selber hält,
    denn heute löst sich von den Zweigen nur,
    was vor dem milden Strahl der Sonne fällt.
    Friedrich Hebbel
     
  13. Neli

    Neli Optimistin

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    Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
    Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
    und auf den Fluren laß die Winde los.

    Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
    gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
    dränge sie zur Vollendung hin und jage
    die letzte Süße in den schweren Wein.

    Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
    Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
    wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
    und wird in den Alleen hin und her
    unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.


    Rainer Maria Rilke
     

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  14. Neli

    Neli Optimistin

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    Advent

    Es treibt der Wind im Winterwalde
    die Flockenherde wie ein Hirt
    und manche Tanne ahnt, wie balde
    sie fromm und lichterheilig wird,
    und lauscht hinaus;
    den weißen Wegen streckt sie die Zweige hin,
    bereit und wehrt dem Wind
    und wächst engegen
    der einen Nacht der Herrlichkeit.



    Rainer Maria Rilke


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  15. Neli

    Neli Optimistin

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    Willkommen, lieber Winter,
    Willkommen hier zu Land!
    Wie reich du bist, mit Perlen
    Spielst du, als wär' es Sand!

    Den Hof, des Gartens Wege
    Hast du damit bestreut;
    Sie an der Bäume Zweige
    Zu Tausenden gereiht.

    Dein Odem, lieber Winter,
    Ist kälter, doch gesund;
    Den Sturm nur halt' im Zaume,
    Sonst macht er es zu bunt!

    Elisabeth Kulmann



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  16. fleckchen63

    fleckchen63 Mandy

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    Das Weihnachtsfest

    Vom Himmel bis in die tiefsten Klüfte
    ein milder Stern herniederlacht;
    vom Tannenwalde steigen Düfte
    und kerzenhelle wird die Nacht.


    [FONT=Times New Roman, Times, serif]Mir ist das Herz so froh erschrocken,
    das ist die liebe Weihnachtszeit!
    Ich höre fernher Kirchenglocken,
    in märchenstiller Herrlichkeit.
    [/FONT]

    [FONT=Times New Roman, Times, serif]Ein frommer Zauber hält mich nieder,
    anbetend, staunend muß ich stehn,
    es sinkt auf meine Augenlider,
    ich fühl's, ein Wunder ist geschehn.
    [/FONT]
    [FONT=Times New Roman, Times, serif](Theodor Storm)[/FONT]
     
  17. Neli

    Neli Optimistin

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    Mag da draußen Schnee sich türmen,
    Mag es hageln, mag es stürmen,
    Klirrend an mein Fenster schlagen,
    Nimmer will ich mich beklagen!
    Denn, ich trage in der Brust
    Liebchens Bild und Frühlings Lust!


    Heinrich Heine

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  18. samira2000

    samira2000 Neues Mitglied

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    Das Wintermärchen

    Seit Tagen hat es nun geschneit,
    bitter kalt ist's weit und breit.
    Vom Dach hängen aus Eis Zapfen,
    im Schnee die Kinder fröhlich stapfen.

    Der kleine See ist endlich zugefroren,
    ein Schlittschuhläufer hat ihn für sich auserkoren.
    Am kleinen Hang, sieh gleich dort drüben
    ist ein Skiläufer am Üben.

    Von den Bäumen leise fällt der Schnee,
    nach Futter such ein scheues Reh.
    Wie im Märchen uns dieser Tag erscheinen mag,
    dieser eiskalte, wunderschöne Wintertag.

    Elise Hennek
     
  19. fleckchen63

    fleckchen63 Mandy

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    Winternacht

    Wie ist so herrlich die Winternacht!
    Es glänzt der Mond in voller Pracht
    Mit den silbernen Sternen am Himmelszelt.


    Es zieht der Frost durch Wald und Feld
    Und überspinnet jedes Reis
    Und alle Halme silberweiß.


    Er hauchet über dem See, und im Nu,
    Noch eh' wir's denken, friert er zu.


    So hat der Winter auch unser gedacht
    Und über Nacht uns Freude gebracht.
    Nun wollen wir auch dem Winter nicht grollen
    Und ihm auch Lieder des Dankes zollen.


    August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)
     
  20. Immer ein Lichtlein mehr
    im Kranz, den wir gewunden,
    dass er leuchte uns so sehr
    durch die dunklen Stunden.

    Zwei und drei und dann vier!
    Rund um den Kranz welch ein Schimmer,
    und so leuchten auch wir,
    und so leuchtet das Zimmer.

    Und so leuchtet die Welt
    langsam der Weihnacht entgegen.
    Und der in Händen sie hält,
    weiß um den Segen!


    (Matthias Claudius)


    *allen besinnliche Weihnachtstage mit stimmungsvollen Momenten* :)
     
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