Stammbaum Die Wurzel, die ist kerngesund, der Stamm ist knochig, stark und rund, zwei Äste hat er, dick und grün, die prächtig wachsen und erblüh’n. Die Harmonie ist bald vorbei, denn ein Blitz reißt ihn entzwei. Man sieht nun beide Teile leiden, sie sehen aus wie Trauerweiden. Der rechte Teil erholt sich bald, ein Sprößling keimt im Blätterwald und bekommt mit sehr viel Liebe, immer wieder neue Triebe. Die Krone wächst, sie ist bald dicht versperrt im Nu der Menschen Sicht, bis tief in’s Innere hinein wo viele Äste müssen sein. Der linke Baumteil findet schnell ´ne alte Eiche als Gesell. Doch beide Äste, die noch dort, trägt eine starke Sturmbö fort. Und trägt sie fort, so weit sie kann, pflanzt sie auf neuem Boden an. Es dauert lang, bis sie gedeih’n, bis sie es schaffen, Baum zu sein.
Septembermorgen Nur langsam schließt sich die Tür zur Nacht und die Morgensonne tastet sich sacht wie ein golden glänzender Faden durch difuse Nebelschwaden Still liegt die Welt - noch sternenzauberbedeckt ehe der Tag sie sanft erweckt Fast unmerklich schleichen die Nebel davon als wären sie nichts als eine Illusion Lichtpunkte schlüpfen durch Wolkenlücken und glitzern zart auf taubedeckten Brücken Wehmütig verspürt ein Wildrosenstrauch diesen einzigartigen Hauch Den letzten Kuss vom Sommerwind bevor die Blätter golden sind... . . . (von Medi)
Dämmernd liegt der Sommerabend Über Wald und grünen Wiesen; Goldner Mond im blauen Himmel Strahlt herunter, duftig labend. An dem Bache zirpt die Grille, Und es regt sich in dem Wasser, Und der Wandrer hört ein Plätschern Und ein Atmen in der Stille. Dorten, an dem Bach alleine, Badet sich die schöne Elfe; Arm und Nacken, weiß und lieblich, Schimmern in dem Mondenscheine.
Sehnsucht Ach, aus dieses Tales Gründen, Die der kalte Nebel drückt, Könnt' ich doch den Ausgang finden, Ach, wie fühlt' ich mich beglückt! Dort erblick' ich schön Hügel, Ewig jung und ewig grün! Hätt' ich Schwingen, hätt ich Flügel, Nach den Hügeln zög' ich hin. Harmonien hör' ich klingen, Töne süßer Himmelsruh', Und die leichten Winde bringen Mir der Düfte Balsam zu. Gold'ne Früchte seh' ich glühen, Winkend zwischen dunkelm Laub, Und die Blumen, die dort blühen, Werden keines Winters Raub. Ach wie schön muß sich's ergehen Dort im ew'gen Sonnenschein, Und die Luft auf jenen Höhen, O wie labend muß sie sein! Doch mir wehrt des Stromes Toben, Der ergrimmt dazwischen braust, Seine Wellen sind gehoben, Daß die Seele mir ergraust. Einen Nachen seh ich schwanken, Aber ach! der Fährmann fehlt. Frisch hinein und ohne Wanken, Seine Segel sind beseelt. Du mußt glauben, du mußt wagen, Denn die Götter leih'n kein Pfand, Nur ein Wunder kann dich tragen In das schöne Wunderland. Friedrich Schiller (1759-1805)
Lindes Rauschen in den Wipfeln, Vöglein, die ihr fernab fliegt, Bronnen von den stillen Gipfeln, Sagt, wo meine Heimat liegt? Heut im Traum sah ich sie wieder, Und von allen Bergen ging Solches Grüßen zu mir nieder, Daß ich an zu weinen fing. Ach! hier auf den fremden Gipfeln: Menschen, Quellen, Fels und Baum - Wirres Rauschen in den Wipfeln Alles ist mir wie ein Traum! Muntre Vögel in den Wipfeln, Ihr Gesellen dort im Tal, Grüßt mir von den fremden Gipfeln Meine Heimat tausendmal! Josef von Eichendorff
Der herbstliche Garten Der Ströme Seelen, der Winde Wesen Gehet rein in den Abend hinunter, In den schilfigen Buchten, wo herber und bunter Die brennenden Wälder im Herbste verwesen. Die Schiffe fahren im blanken Scheine, Und die Sonne scheidet unten im Westen, Aber die langen Weiden mit traurigen Ästen Hängen über die Wasser und Weine. In der sterbenden Gärten Schweigen, In der goldenen Bäume Verderben Gehen die Stimmen, die leise steigen In dem fahlen Laube und fallenden Sterben. Aus gestorbener Liebe in dämmrigen Stegen Winket und wehet ein flatterndes Tuch, Und es ist in den einsamen Wegen Abendlich kühl, und ein welker Geruch. Aber die freien Felder sind reiner, Da sie der herbstliche Regen gefegt. Und die Birken sind in der Dämmerung kleiner, Die ein Wind in leiser Sehnsucht bewegt. Und die wenigen Sterne stehen Über den Weiten in ruhigem Bilde. Lasst uns noch einmal vorübergehen, Denn der Abend ist rosig und milde. Georg Heym (1887 - 1912)
Nicht im Schlafe hab' ich das geträumt, Hell am Tage sah ich's schön vor mir. Eine Wiese voller Margeriten; Tief ein weißes Haus in grünen Büschen; Götterbilder leuchten aus dem Laube. Und ich geh' mit einer, die mich lieb hat, Ruhigen Gemütes in die Kühle Dieses weißen Hauses, in den Frieden, Der voll Schönheit wartet, daß wir kommen. Otto Julius Bierbaum (1865-1910)
Du schläfst - so will ich leise flehen: O schlafe sanft! und leise will ich gehen, Daß dich nicht störe meiner Tritte Gang, Daß du nicht hörest meiner Stimme Klang. Theodor Storm (1817-1888)
Es ist schön, dich wieder zu sehen! ... wie achtlos manche doch vorübergehen, ohne dir ein Wort zu schenken und nur einmal kurz auch deiner Schönheit zu gedenken; könnt ich mich atemlos in deiner Blätterflut versenken, wüsste nicht: wie wollt’ ich mich verrenken, berührt dich ganz: so wahrzunehmen, wie’s entmächtigt, zu beschreiben, was deine Klänge um mich wehen, ohne endlos: groß zu untertreiben. Sprachlos bin ich: fasziniert; wie dein Gesicht doch variiert, wenn Sonnenschein auf deine Vielfalt zeigt, und jeder Strauch sich bunt verneigt- vom Windstoß angestupst, sein Kleid in deinen Wandel schubst- und alle Farbe, dir gegeben, sich vermischt dem wilden Streben, jenes, was gewöhnlich war, so herbstlich zu verändern. So zeigst du mir, was ich seit langem nicht mehr sah, nimmst dir das Recht mal so, ohne Fragen, plötzlich, kühl, wie froh, zu sagen: „Nun ja, bin wieder da... geh’ und komm’, wie jedes Jahr.“ Also ich find’s wunderbar!
Herbstbild Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah! Die Luft ist still, als atmete man kaum, und dennoch fallen raschelnd, fern und nah, die schönsten Früchte ab von jedem Baum. O stört sie nicht, die Feier der Natur! Dies ist die Lese, die sie selber hält; denn heute löst sich von den Zweigen nur, was vor dem milden Strahl der Sonne fällt. Friedrich Hebbel
schööön, herbstgedichte!!! dann mach ich auch mal mit: der garten trauert der garten trauert kühl sinkt in die blumen der regen der sommer schauert still seinem ende entgegen golden tropft blatt um blatt nieder vom hohen akazienbaum sommer lächelt erstaunt und matt in den sterbenden gartentraum lange noch bei den rosen bleibt er stehen sehnt sich nach ruh langsam tut er die großen müdgewordenen augen zu hermann hesse allen einen schönen tag wünscht pablo56
Die Protagonistin eines jeden, umschlingt den Tag, umzüngelt die Nacht. Egomanen voller Stolz nehmen sie sich - immer nur ich ich. Selbstlose voller Scham schenken sie einem jeden - nur nicht sich. Die Protagonistin eines jeden, verführt den Tag, benutzt die Nacht. Verträumte voller Gedanken lassen sie vorbeiziehen - achtlos wie auch sonst so vieles. Rationale voller Pläne nutzen sie Sekunde um Sekunde - vernünftig in ihrem Gebrauch. Die Protagonistin eines jeden, vermischt den Tag, immerzu mit der Nacht.
Herbstlied Der Frühling hat es angefangen, Der Sommer hat's vollbracht. Seht, wie mit seinen roten Wangen So mancher Apfel lacht! [FONT=Times New Roman, Times, serif]Es kommt der Herbst mit reicher Gabe, Er teilt sie fröhlich aus, Und geht dann, wie am Bettelstabe Ein armer Mann, nach Haus. [/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Voll sind die Speicher nun und Gaden, Dass nichts uns mehr gebricht. Wir wollen ihn zu Gaste laden, Er aber will es nicht. [/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Er will uns ohne Dank erfreuen, Kommt immer wieder her: Lasst uns das Gute drum erneuen, Dann sind wir gut wie er. [/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif](August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, 1798-1874)[/FONT]
Dies ist ein Herbsttag ... Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah! Die Luft ist still, als atmete man kaum, Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah, Die schönsten Früchte ab von jedem Baum. O stört sie nicht, die Feier der Natur! Dies ist die Lese, die sie selber hält, Denn heute löst sich von den Zweigen nur, Was von dem milden Strahl der Sonne fällt. (Christian Friedrich Hebbel, 1813-1863)
Das ist der Herbst Das ist der Herbst; die Blätter fliegen, Durch nackte Zweige fährt der Wind; Es schwankt das Schiff, die Segel schwellen - Leb wohl, du reizend Schifferkind! -- Sie schaute mit den klaren Augen Vom Bord des Schiffes unverwandt, Und Grüße einer fremden Sprache Schickte sie wieder und wieder ans Land. Am Ufer standen wir und hielten Den Segler mit den Augen fest - Das ist der Herbst! wo alles Leben Und alle Schönheit uns verlässt. Theodor Storm
Lieb' Vöglein, vor Blüten Sieht man dich kaum, Im dämmernd beglühten Flüsternden Baum, Wann in Morgenfunken Sprüh'n Täler und Quell, Singst du frühlingstrunken - Aber die Zeit geht schnell. Wie balde muß lassen Seine Blätter der Wald, Die Blumen erblassen, Die Gegend wird alt, Erstarrt ist im Eise Der muntere Quell - Rüst' die Flügel zur Reise, Denn die Zeit geht schnell! Josef von Eichendorff
Oktoberlied Der Nebel steigt, es fällt das Laub; Schenk ein den Wein, den holden! Wir wollen uns den grauen Tag Vergolden, ja vergolden! Und geht es draußen noch so toll, Unchristlich oder christlich, Ist doch die Welt, die schöne Welt, So gänzlich unverwüstlich! Und wimmert auch einmal das Herz - Stoß an und laß es klingen! Wir wissen's doch, ein rechtes Herz Ist gar nicht umzubringen. Der Nebel steigt, es fällt das Laub; Schenk ein den Wein, den holden! Wir wollen uns den grauen Tag Vergolden, ja vergolden! Wohl ist es Herbst; doch warte nur, Doch warte nur ein Weilchen! Der Frühling kommt, der Himmel lacht, Es steht die Welt in Veilchen. Die blauen Tage brechen an, Und ehe sie verfließen, Wir wollen sie, mein wackrer Freund, Genießen, ja genießen! (Theodor Storm, 1817-1888)
*Herbst* Draußen weht´s und fegt die Blätter von den Bäumen. Herbst ist´s jetzt. Er regt uns an zu träumen. Ein Mensch geht nicht lang auf diesem schönen Sterne, und er steht recht bang vor jener Ferne. Ein Blatt fällt vom Wind getragen auf die Erde. Und das Feld ersinnt ein neues Werde! Das Jahr lädt uns ein zur Rast in warmen Wänden. Die Zeit steht in meines Gottes Händen. (Reinhard Ellsel)
Herbstgedicht Die Blätter fallen, fallen wie von weit, als welkten in den Himmeln ferne Gärten; sie fallen mit verneinender Gebärde. Und in den Nächten fällt die schwere Erde aus allen Sternen in die Einsamkeit. Wir alle fallen. Diese Hand da fällt. Und sieh dir andre an: es ist in allen. Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält. von Rainer Maria Rilke
Feldeinwärts flog ein Vögelein Und sang im muntern Sonnenschein Mit süßem, wunderbarem Ton: Ade, ich fliege nun davon. Weit, weit, reis ich noch heut. Ich horchte auf den Feldgesang, Mir ward so wohl und doch so bang. Mit frohem Schmerz, mit trüber Lust Stieg wechselnd bald und sank die Brust. Herz, Herz, brichst du vor Wonn' oder Schmerz? Doch als ich Blätter fallen sah, Da sagt ich: Ach, der Herbst ist da, Der Sommergast, die Schwalbe, zieht, Vielleicht so Lieb' und Sehnsucht flieht Weit, weit, rasch mit der Zeit. Doch rückwärts kam der Sonnenschein, Dicht zu mir drauf das Vögelein, Es sah mein tränend Angesicht Und sang: Die Liebe wintert nicht. Nein, nein! ist und bleibt Frühlingsschein. Ludwig Tieck