Auf dem See Und frische Nahrung, neues Blut Saug ich aus freier Welt: Wie ist Natur so hold und gut, Die mich am Busen hält! Die Welle wieget unsern Kahn Im Rudertakt hinauf, Und Berge, wolkig himmelan, Begegnen unserm Lauf. Aug, mein Aug, was sinkst du nieder? Goldne Träume, kommt ihr wieder? Weg, du Traum! so gold du bist: Hier auch Lieb und Leben ist. Auf der Welle blinken Tausend schwebende Sterne, Weiche Nebel trinken Rings die türmende Ferne; Morgenwind umflügelt Die beschattete Bucht, Und im See bespiegelt Sich die reifende Frucht. Johann Wolfgang von Goethe
Die Blümelein sie schlafen schon längst im Mondenschein, sie nicken mit den Köpfen auf ihren Stengelein. Es rüttelt sich der Blütenbaum, es säuselt wie im Traum: Schlafe, schlafe, schlaf du, meine Kindelein! Die Vögelein sie sangen so süß im Sonnenschein, sie sind zur Ruh gegangen in ihre Nestchen klein. Das Heimchen in dem Ährengrund, es tut allein sich kund: Schlafe, schlafe, schlaf du, meine Kindelein! Sandmännchen kommt geschlichen und guckt durchs Fensterlein, ob irgend noch ein Liebchen nicht mag zu Bette sein. Und wo es nur ein Kindchen fand, streut er ihm in die Augen Sand. Schlafe, schlafe, schlaf du, meine Kindelein! Sanndmannchen aus dem Zimmer, Es schlaft mein Herzchen fein, Es is gar fest verschlossen Schon sien Guckäugelein. Es leuchtet morgen mir Willkomm das Äugelein so fromm! Schlafe, schlafe, schlaf du, meine Kindelein! Anton Wilhelm Florentin von Zuccalmaglio (1803-1869)
Sommerlied O Sommerfrühe blau und hold! Es trieft der Wald von Sonnengold, In Blumen steht die Wiese; Die Rosen blühen rot und weiß Und durch die Felder wandelt leis' Ein Hauch vom Paradiese. Die ganze Welt ist Glanz und Freud, Und bist du jung, so liebe heut Und Rosen brich mit Wonnen! Und wardst du alt, vergiß der Pein Und lerne dich am Wiederschein Des Glücks der Jugendsonnen. Emanuel Geibel
Das Bienlein fliegt immer fleißig hin und her, als ob es niemals müde wär' und trägt, und trägt, und trägt den Honig ein. Wer hat's ihm denn gesagt, wo's überall ihn finden kann, für sich und dich und jedermann, daß es, daß es, daß es gar niemals fragt. Das hat ja Gott allein; der legt ihn in die Blumen hin, da findet ihn das Bienchen drin und trägt, und trägt, und trägt ihn fröhlich ein. Johann Wilhelm Hey (1789-1854)
Meeresstrand Ans Haff nun fliegt die Möwe, Und Dämmrung bricht herein; Über die feuchten Watten Spiegelt der Abendschein. Graues Geflügel huschet Neben dem Wasser her; Wie Träume liegen die Inseln Im Nebel auf dem Meer. Ich höre des gärenden Schlammes Geheimnisvollen Ton, Einsames Vogelrufen - So war es immer schon. Noch einmal schauert leise Und schweiget dann der Wind; Vernehmlich werden die Stimmen, Die über der Tiefe sind. Theodor Storm
Noch ist die Zeit des Jahrs zu sehn, und die Gefilde Des Sommers stehn in ihrem Glanz, in ihrer Milde; Des Feldes Grün ist prächtig ausgebreitet, Allwo der Bach hinab mit Wellen gleitet. So zieht der Tag hinaus durch Berg und Tale, Mit seiner Unaufhaltsamkeit und seinem Strahle, Und Wolken ziehn in Ruh', in hohen Räumen, Es scheint das Jahr mit Herrlichkeit zu säumen. Friedrich Hölderlin (1770-1843)
Sommer, der so fröhlich war Sommer der so fröhlich war, Er entlässt der Vögel Schaar, Tausend Stare weiter ziehn, Tausend Lieder jetzt entfliehn. Auf der Wiese, die verblüht, Noch der Himmel einsam glüht, Wie die Sehnsucht, die nie stirbt Und um neue Lieder wirbt. Sitzt das Herz am rechten Fleck, Fällt's nicht wie ein Herbstblatt weg. Wechselt auch der Baum sein Kleid, Lieb kennt keine Jahreszeit Max Dauthendey
Nicht im Schlafe hab' ich das geträumt, Hell am Tage sah ich's schön vor mir. Eine Wiese voller Margeriten; Tief ein weißes Haus in grünen Büschen; Götterbilder leuchten aus dem Laube. Und ich geh' mit einer, die mich lieb hat, Ruhigen Gemütes in die Kühle Dieses weißen Hauses, in den Frieden, Der voll Schönheit wartet, daß wir kommen. Otto Julius Bierbaum (1865-1910)
Sommerruh, wie schön bist du! Nachtigallen tragen Ihre weichen süßen Klagen Sich aus dunkeln Lauben zu. Sommerruh, wie schön bist du! Sommerruh, wie schön bist du! Klare Glockenklänge klingen Aus der Lüfte lauen Schwingen Von der mondumblitzten Fluh. Sommerruh, wie schön bist du! Sommerruh, wie schön bist du! Welch ein Leben, himmlisch Weben! Engel durch die Lüfte schweben Ihrer blauen Heimat zu. Sommerruh, wie schön bist du! Christian Konrad Schad (1821-1871)
August August Das war des Sommers schönster Tag, Nun klingt er vor dem stillen Haus In Duft und süßem Vogelschlag Unwiederbringlich leise aus. In dieser Stunde goldnen Born Gießt schwelgerisch in roter Pracht Der Sommer aus sein volles Horn Und feiert seine letzte Nacht. Hermenn Hesse
Ihr Wälder schön an der Seite, Am grünen Abhang gemahlt, Wo ich umher mich leite, Durch süße Ruhe bezahlt. Für jeden Stachel im Herzen, Wenn dunkel mir ist der Sinn, Den Kunst und Sinnen hat Schmerzen Gekostet von Anbeginn. Ihr lieblichen Bilder im Tale, Zum Beispiel Gärten und Baum, Und dann der Steg der schmale, Der Bach zu sehen kaum. Wie schön aus heiterer Ferne Glänzt Einem das herrliche Bild Der Landschaft, die ich gerne Besuch' in Witterung mild. Die Gottheit freundlich geleitet Uns erstlich mit Blau, Hernach mit Wolken bereitet, Gebildet wölbig und grau. Mit sengenden Blitzen und Rollen Des Donners, mit Reiz des Gefilds, Mit Schönheit, die gequollen Vom Quell ursprünglichen Bilds. Friedrich Hölderlin (1770-1843)
Sonnenuntergang Am Untersaum des Wolkenvorhangs hängt der Sonne purpurne Kugel. Langsam zieht ihn die goldene Last zur Erde nieder, bis die bunten Falten das rotaufzuckende Grau des Meeres berühren. Ausgerollt ist der gewaltige Vorhang. Der tiefblaue Grund, unten mit leuchtenden Farben breit gedeckt, bricht darüber in mächtiger Fläche hervor, karg mit verrötenden Wolkengirlanden durchrankt und mit silbernen Sternchen glitzernd durchsät. Aus schimmernden Punkten schau ich das Bild einer ruhenden Sphinx kunstvoll gestickt. Eine Ankerkugel, liegt die Sonne im Meer. Das eintauchende Tuch, schwer von der Nässe, dehnt sich hinein in die Flut. Die Farben blassen, mählig verwaschen. Und bald strahlt vom Himmel zur Erde nur noch der tiefe, satte Ton blauschwarzer Seide. Christian Morgenstern
Von den heimlichen Rosen Oh, wer um alle Rosen wüsste, die rings in stillen Gärten stehn oh, wer um alle wüsste, müsste wie im Rausch durchs Leben gehn. Du brichst hinein mit rauhen Sinnen, als wie ein Wind in einen Wald und wie ein Duft wehst du von hinnen, dir selbst verwandelte Gestalt. Oh, wer um alle Rosen wüsste, die rings in stillen Gärten stehn oh, wer um alle wüsste, müsste wie im Rausch durchs Leben gehn. Christian Morgenstern
Spätsommerliebe Nein, man kann`s nicht länger ignorieren, dass erste Stürme uns schon kalt umweh`n. Wir fröstelnd nun, am dunstigfrühen Morgen durch silbrignasse Wiesen geh`n. Wo Tau, wie angehaucht, das Gras umhüllt und man den Herbst als Ahnung in sich fühlt. Oh ja! Man spürt die Jahreszeitenwende, und der Sommerfreuden Ende. Das Jahr, im Umbruch, will sich neu gestalten; nichts auf der Welt läßt sich für immer halten! Doch bald schon werd` ich neu mein Herz verlieren, und Purpurlaub wird bunt die Wälder zieren. © Anette Andersen
Jeden Morgen geht die Sonne auf in der Wälder wundersamer Runde. Und die schöne scheue Schöpferstunde, jeden Morgen nimmt sie ihren Lauf. Jeden Morgen aus dem Wiesengrund heben weiße Schleier sich ins Licht, uns der Sonne Morgengang zu künden, ehe sie das Wolkentor durchbricht. Jeden Morgen durch des Waldes Hall'n hebt der Hirsch sein mächtiges Geweih, der Pirol und dann die Vöglein alle stimmen an die große Melodei. Hermann Claudius (1812-1883)
Licht Morgendlicher Sonnenschein Doch bald Wolken ihn verhüllen Die die Welt mit Tränen füllen Trübsinn zieht im Herzen ein Doch kein Grau hält allezeit Haben Wolken sich verzogen Lacht ein bunter Regenbogen In’s Gemüt strömt Heiterkeit Die Moral von der Geschicht Wenn’s gewittert, gießt und nebelt Sturm Dich aus den Angeln hebelt Hinter’n Wolken ist stets Licht
Spätsommerabend Ich sitze in der Dämmerung und lausche still dem Lied der Ähren im Abendwind; und als ob der Moment mich verzaubern will, schimmert die Landschaft in rose und lind . . . Ein kleiner Bachlauf plätschert leise vor sich hin und folgt einem imaginären Ziel; Das Abendrot spiegelt sich darin und glitzert auf dem Wellenspiel . . . Grillen zirpen im hohen Gras; Ich bin in ein Vakuum eingehüllt; in diesem Moment, den die Zeit vergaß und der all mein Sehnen stillt. . . . . (von mir )
hallo, medi mensch, in dir schlummert ja ein talent. gibts noch mehr selbstgeschriebene gedichte? die darfst du uns auf keinen fall vorenthalten. kompliment! sehr sehr schön. gruß pablo56