Bitte alle mitmachen: Naturgedichte und -lieder

Dieses Thema im Forum "Kaffeeklatsch" wurde erstellt von Neli, 18. März 2007.

  1. Neli

    Neli Optimistin

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    Auf dem See

    Und frische Nahrung, neues Blut
    Saug ich aus freier Welt:
    Wie ist Natur so hold und gut,
    Die mich am Busen hält!

    Die Welle wieget unsern Kahn
    Im Rudertakt hinauf,
    Und Berge, wolkig himmelan,
    Begegnen unserm Lauf.

    Aug, mein Aug, was sinkst du nieder?
    Goldne Träume, kommt ihr wieder?
    Weg, du Traum! so gold du bist:
    Hier auch Lieb und Leben ist.

    Auf der Welle blinken
    Tausend schwebende Sterne,
    Weiche Nebel trinken
    Rings die türmende Ferne;

    Morgenwind umflügelt
    Die beschattete Bucht,
    Und im See bespiegelt
    Sich die reifende Frucht.


    Johann Wolfgang von Goethe
     

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  2. Neli

    Neli Optimistin

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    Die Blümelein sie schlafen
    schon längst im Mondenschein,
    sie nicken mit den Köpfen
    auf ihren Stengelein.
    Es rüttelt sich der Blütenbaum,
    es säuselt wie im Traum:
    Schlafe, schlafe, schlaf du, meine Kindelein!

    Die Vögelein sie sangen
    so süß im Sonnenschein,
    sie sind zur Ruh gegangen
    in ihre Nestchen klein.
    Das Heimchen in dem Ährengrund,
    es tut allein sich kund:
    Schlafe, schlafe, schlaf du, meine Kindelein!

    Sandmännchen kommt geschlichen
    und guckt durchs Fensterlein,
    ob irgend noch ein Liebchen
    nicht mag zu Bette sein.
    Und wo es nur ein Kindchen fand,
    streut er ihm in die Augen Sand.
    Schlafe, schlafe, schlaf du, meine Kindelein!

    Sanndmannchen aus dem Zimmer,
    Es schlaft mein Herzchen fein,
    Es is gar fest verschlossen
    Schon sien Guckäugelein.
    Es leuchtet morgen mir Willkomm
    das Äugelein so fromm!
    Schlafe, schlafe, schlaf du, meine Kindelein!



    Anton Wilhelm Florentin von Zuccalmaglio (1803-1869)
     

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  3. fleckchen63

    fleckchen63 Mandy

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    Sommerlied

    O Sommerfrühe blau und hold!
    Es trieft der Wald von Sonnengold,
    In Blumen steht die Wiese;
    Die Rosen blühen rot und weiß
    Und durch die Felder wandelt leis'
    Ein Hauch vom Paradiese.
    Die ganze Welt ist Glanz und Freud,
    Und bist du jung, so liebe heut
    Und Rosen brich mit Wonnen!
    Und wardst du alt, vergiß der Pein
    Und lerne dich am Wiederschein
    Des Glücks der Jugendsonnen.


    Emanuel Geibel


     

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  4. Neli

    Neli Optimistin

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    Das Bienlein fliegt immer fleißig hin und her,
    als ob es niemals müde wär'
    und trägt, und trägt,

    und trägt den Honig ein.

    Wer hat's ihm denn gesagt,

    wo's überall ihn finden kann,
    für sich und dich und jedermann,
    daß es, daß es, daß es gar niemals fragt.

    Das hat ja Gott allein;

    der legt ihn in die Blumen hin,
    da findet ihn das Bienchen drin
    und trägt, und trägt, und trägt ihn fröhlich ein.




    Johann Wilhelm Hey (1789-1854)
     

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  5. bürgerin

    bürgerin Neues Mitglied

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    Meeresstrand

    Ans Haff nun fliegt die Möwe,
    Und Dämmrung bricht herein;
    Über die feuchten Watten
    Spiegelt der Abendschein.


    Graues Geflügel huschet
    Neben dem Wasser her;
    Wie Träume liegen die Inseln
    Im Nebel auf dem Meer.


    Ich höre des gärenden Schlammes
    Geheimnisvollen Ton,
    Einsames Vogelrufen -
    So war es immer schon.


    Noch einmal schauert leise
    Und schweiget dann der Wind;
    Vernehmlich werden die Stimmen,
    Die über der Tiefe sind.


    Theodor Storm
     
  6. Neli

    Neli Optimistin

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    Noch ist die Zeit des Jahrs zu sehn, und die Gefilde
    Des Sommers stehn in ihrem Glanz, in ihrer Milde;
    Des Feldes Grün ist prächtig ausgebreitet,
    Allwo der Bach hinab mit Wellen gleitet.

    So zieht der Tag hinaus durch Berg und Tale,
    Mit seiner Unaufhaltsamkeit und seinem Strahle,
    Und Wolken ziehn in Ruh', in hohen Räumen,
    Es scheint das Jahr mit Herrlichkeit zu säumen.


    Friedrich Hölderlin (1770-1843)

     

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  7. fleckchen63

    fleckchen63 Mandy

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    Sommer, der so fröhlich war


    Sommer der so fröhlich war,
    Er entlässt der Vögel Schaar,
    Tausend Stare weiter ziehn,
    Tausend Lieder jetzt entfliehn.

    Auf der Wiese, die verblüht,
    Noch der
    Himmel einsam glüht,
    Wie die Sehnsucht, die nie stirbt
    Und um neue Lieder wirbt.

    Sitzt das
    Herz am rechten Fleck,
    Fällt's nicht wie ein
    Herbstblatt weg.
    Wechselt auch der Baum sein Kleid,
    Lieb kennt keine
    Jahreszeit

    Max Dauthendey
     
  8. Neli

    Neli Optimistin

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    Nicht im Schlafe hab' ich das geträumt,
    Hell am Tage sah ich's schön vor mir.
    Eine Wiese voller Margeriten;
    Tief ein weißes Haus in grünen Büschen;
    Götterbilder leuchten aus dem Laube.
    Und ich geh' mit einer, die mich lieb hat,
    Ruhigen Gemütes in die Kühle
    Dieses weißen Hauses, in den Frieden,
    Der voll Schönheit wartet, daß wir kommen.


    Otto Julius Bierbaum (1865-1910)
     

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  9. Neli

    Neli Optimistin

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    Sommerruh, wie schön bist du!
    Nachtigallen tragen
    Ihre weichen süßen Klagen
    Sich aus dunkeln Lauben zu.
    Sommerruh, wie schön bist du!

    Sommerruh, wie schön bist du!
    Klare Glockenklänge klingen
    Aus der Lüfte lauen Schwingen
    Von der mondumblitzten Fluh.
    Sommerruh, wie schön bist du!

    Sommerruh, wie schön bist du!
    Welch ein Leben, himmlisch Weben!
    Engel durch die Lüfte schweben
    Ihrer blauen Heimat zu.
    Sommerruh, wie schön bist du!



    Christian Konrad Schad (1821-1871)
     
  10. fleckchen63

    fleckchen63 Mandy

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    August

    August


    Das war des Sommers schönster Tag,
    Nun klingt er vor dem stillen Haus
    In Duft und süßem Vogelschlag
    Unwiederbringlich leise aus.


    In dieser Stunde goldnen Born
    Gießt schwelgerisch in roter Pracht
    Der
    Sommer aus sein volles Horn
    Und feiert seine letzte Nacht.

    Hermenn Hesse
     
  11. Neli

    Neli Optimistin

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    Ihr Wälder schön an der Seite,
    Am grünen Abhang gemahlt,
    Wo ich umher mich leite,
    Durch süße Ruhe bezahlt.

    Für jeden Stachel im Herzen,
    Wenn dunkel mir ist der Sinn,
    Den Kunst und Sinnen hat Schmerzen
    Gekostet von Anbeginn.

    Ihr lieblichen Bilder im Tale,
    Zum Beispiel Gärten und Baum,
    Und dann der Steg der schmale,
    Der Bach zu sehen kaum.

    Wie schön aus heiterer Ferne
    Glänzt Einem das herrliche Bild
    Der Landschaft, die ich gerne
    Besuch' in Witterung mild.

    Die Gottheit freundlich geleitet
    Uns erstlich mit Blau,
    Hernach mit Wolken bereitet,
    Gebildet wölbig und grau.

    Mit sengenden Blitzen und Rollen
    Des Donners, mit Reiz des Gefilds,
    Mit Schönheit, die gequollen
    Vom Quell ursprünglichen Bilds.


    Friedrich Hölderlin (1770-1843)
     

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  12. samira2000

    samira2000 Neues Mitglied

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    Sonnenuntergang

    Am Untersaum
    des Wolkenvorhangs
    hängt der Sonne
    purpurne Kugel.
    Langsam zieht ihn
    die goldene Last
    zur Erde nieder,
    bis die bunten Falten
    das rotaufzuckende Grau
    des Meeres berühren.
    Ausgerollt ist
    der gewaltige Vorhang.
    Der tiefblaue Grund,
    unten mit leuchtenden Farben
    breit gedeckt,
    bricht darüber
    in mächtiger Fläche hervor,
    karg mit verrötenden
    Wolkengirlanden durchrankt
    und mit silbernen Sternchen
    glitzernd durchsät.
    Aus schimmernden Punkten
    schau ich das Bild
    einer ruhenden Sphinx
    kunstvoll gestickt.
    Eine Ankerkugel,
    liegt die Sonne im Meer.
    Das eintauchende Tuch,
    schwer von der Nässe,
    dehnt sich hinein in die Flut.
    Die Farben blassen,
    mählig verwaschen.
    Und bald strahlt
    vom Himmel zur Erde
    nur noch
    der tiefe, satte Ton
    blauschwarzer Seide.
    Christian Morgenstern
     
  13. fleckchen63

    fleckchen63 Mandy

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    Von den heimlichen Rosen



    Oh, wer um alle Rosen wüsste,
    die rings in stillen Gärten stehn
    oh, wer um alle wüsste, müsste
    wie im Rausch durchs Leben gehn.


    Du brichst hinein mit rauhen Sinnen,
    als wie ein Wind in einen Wald
    und wie ein Duft wehst du von hinnen,
    dir selbst verwandelte Gestalt.


    Oh, wer um alle Rosen wüsste,
    die rings in stillen Gärten stehn
    oh, wer um alle wüsste, müsste
    wie im Rausch durchs
    Leben gehn.


    Christian Morgenstern
     
  14. samira2000

    samira2000 Neues Mitglied

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    Spätsommerliebe

    Nein, man kann`s nicht länger ignorieren,
    dass erste Stürme uns schon kalt umweh`n.
    Wir fröstelnd nun, am dunstigfrühen Morgen
    durch silbrignasse Wiesen geh`n.

    Wo Tau, wie angehaucht, das Gras umhüllt
    und man den Herbst als Ahnung in sich fühlt.
    Oh ja! Man spürt die Jahreszeitenwende,
    und der Sommerfreuden Ende.

    Das Jahr, im Umbruch, will sich neu gestalten;
    nichts auf der Welt läßt sich für immer halten!
    Doch bald schon werd` ich neu mein Herz verlieren,
    und Purpurlaub wird bunt die Wälder zieren.

    © Anette Andersen

     
  15. Neli

    Neli Optimistin

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    Jeden Morgen geht die Sonne auf
    in der Wälder wundersamer Runde.
    Und die schöne scheue Schöpferstunde,
    jeden Morgen nimmt sie ihren Lauf.

    Jeden Morgen aus dem Wiesengrund
    heben weiße Schleier sich ins Licht,
    uns der Sonne Morgengang zu künden,
    ehe sie das Wolkentor durchbricht.

    Jeden Morgen durch des Waldes Hall'n
    hebt der Hirsch sein mächtiges Geweih,
    der Pirol und dann die Vöglein
    alle stimmen an die große Melodei.




    Hermann Claudius (1812-1883)
     

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  16. samira2000

    samira2000 Neues Mitglied

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    Licht
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    Morgendlicher Sonnenschein
    Doch bald Wolken ihn verhüllen
    Die die Welt mit Tränen füllen
    Trübsinn zieht im Herzen ein

    Doch kein Grau hält allezeit
    Haben Wolken sich verzogen
    Lacht ein bunter Regenbogen
    In’s Gemüt strömt Heiterkeit

    Die Moral von der Geschicht
    Wenn’s gewittert, gießt und nebelt
    Sturm Dich aus den Angeln hebelt
    Hinter’n Wolken ist stets Licht
     
  17. medi

    medi Tagträumerin

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    NRW in der Nähe von Wuppertal
    Spätsommerabend



    Ich sitze in der Dämmerung und lausche still
    dem Lied der Ähren im Abendwind;
    und als ob der Moment mich verzaubern will,
    schimmert die Landschaft in rose und lind
    .
    .
    .

    Ein kleiner Bachlauf plätschert leise vor sich hin
    und folgt einem imaginären Ziel;
    Das Abendrot spiegelt sich darin
    und glitzert auf dem Wellenspiel
    .
    .
    .

    Grillen zirpen im hohen Gras;
    Ich bin in ein Vakuum eingehüllt;
    in diesem Moment, den die Zeit vergaß
    und der all mein Sehnen stillt.
    .
    .
    .
    .
    (von mir :))
     
  18. Neli

    Neli Optimistin

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    Rheinland
    Hallo medi,

    das ist ein wunderschönes Gedicht,
    es gefällt mir sehr.

    [​IMG]

    Viele liebe Grüße
    Neli
     
  19. pablo56

    pablo56 Neues Mitglied

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    essen /ruhr
    hallo, medi

    mensch, in dir schlummert ja ein talent. gibts noch mehr selbstgeschriebene gedichte?
    die darfst du uns auf keinen fall vorenthalten.
    kompliment!:) sehr sehr schön.
    gruß pablo56
     
  20. janaaron

    janaaron Neues Mitglied

    Registriert seit:
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    Hallo medi

    Vielen dank fÜr das schÖne gedicht:)
     
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