Es rauschen die Winde So herbstlich und kalt; Verödet die Fluren, Entblättert der Wald. Ihr blumigen Auen! Du sonniges Grün! So welken die Blüten Des Lebens dahin. Es ziehen die Wolken So finster und grau; Verschwunden die Sterne Am himmlischen Blau! Ludwig Rellstab (1799-1860)
Mag da draußen Schnee sich türmen, Mag es hageln, mag es stürmen, Klirrend an mein Fenster schlagen, Nimmer will ich mich beklagen! Denn, ich trage in der Brust Liebchens Bild und Frühlings Lust! Heinrich Heine
Der Winterabend Es ist so still, so heimlich um mich. Die Sonn ist unten, der Tag entwich. Wie schnell nun heran der Abend graut. Mir ist es recht, sonst ist mir's zu laut. Jetzt aber ist's ruhig, es hämmert kein Schmied, Kein Klempner, das Volk verlief, und ist müd. Und selbst, daß nicht rassle der Wagen Lauf, Zog Decken der Schnee durch die Gassen auf. Wie tut mir so wohl der selige Frieden! Da sitz ich im Dunkel, ganz abgeschieden. So ganz für mich. Nur der Mondenschein Kommt leise zu mir ins Gemach [herein]1. Er kennt mich schon und läßt mich schweigen. Nimmt nur seine Arbeit, die Spindel, das Gold, Und spinnet stille, webt, und lächelt hold, Und hängt dann sein schimmerndes Schleiertuch Ringsum an Gerät und Wänden aus. Ist gar ein stiller, ein lieber Besuch, Macht mir gar keine Unruh im Haus. Will er bleiben, so hat er Ort, Freut's ihn nimmer, so geht er fort. Ich sitze dann stumm in Fenster gern, Und schaue hinauf in Gewölk und Stern. Denke zurück, ach weit, gar weit, In eine schöne, verschwundne Zeit. Denk an sie, an das Glück der Minne, Seufze still und sinne, und sinne. Karl Gottfried von Leitner (1800-1890)
Flockendichte Winternacht... Heimkehr von der Schenke... Stilles Einsamwandern macht, daß ich deiner denke. Schau dich fern im dunklen Raum ruhn in bleichen Linnen... Leb ich wohl in deinem Traum ganz geheim tiefinnen?... Stilles Einsamwandern macht, daß ich nach dir leide... Eine weiße Flockennacht flüstert um uns beide... Christian Morgenstern (1871-1914)
Ich ging hinaus, um dich zu seh'n; ich sah den Äther hell und rein und wundergolden Sonnenschein... Dich aber sah ich nicht. Ich ging hinaus, um dich zu seh'n; da sah ich weithin Blumen blüh'n im Schmelz der bunten Farbenglüh'n... dich aber sah ich nicht. Doch als ich wieder kehrte heim, war mir das Herz so voll von Duft und Sonnenschein und Himmelsluft als hätt' ich dich geseh'n. Peter Cornelius (1824-1874)
Schlaf' ein, mein süßes Kind, Da draußen singt der Wind. Er singt die ganze Welt in Ruh', Deckt sie mit weißen Betten zu. Und bläst er ihr auch in's Gesicht, Sie rührt sich nicht und regt sich nicht, Tut auch kein Händchen strecken Aus ihren weichen Decken. Schlaf' ein, mein süßes Kind, Da draußen geht der Wind. Pocht an die Fenster und schaut hinein, Und hört er wo ein Kind noch schrei'n, Da schilt und brummt und summt er sehr, Holt gleich sein Bett voll Schnee daher, Und deckt es auf die Wiegen, Wenn's Kind nicht still will liegen. Schlaf' ein, mein süßes Kind, Da draußen weht der Wind, Er rüttelt an dem Tannenbaum, Da fliegt heraus ein schöner Traum, Der fliegt durch Schnee und Nacht und Wind Geschwind, geschwind zum lieben Kind, Und singt von lust'gen Dingen, Die's Christkind ihm wird bringen. Robert Reinick (1805-1852)
Rauhreif vor Weihnachten Das Christkind ist durch den Wald gegangen, sein Schleier blieb an den Zweigen hangen, das fror er fest in der Winterluft und glänzt heut morgen wie lauter Duft. Ich gehe still durch des Christkinds Garten, im Herzen regt sich ein süß Erwarten: Ist schon die Erde so reich bedacht, was hat es mir da erst mitgebracht! Anna Ritter, 1865 - 1921
Es weiß und rät es doch keiner, Wie mir so wohl ist, so wohl! Ach, wüßt es nur einer, nur einer, Kein Mensch es sonst wissen soll! So still ist's nicht draußen im Schnee, So stumm und verschwiegen sind Die Sterne nicht in der Höh, Als meine Gedanken sind. Ich wünscht', es wäre schon Morgen, Da fliegen zwei Lerchen auf, Die überfliegen einander, Mein Herz folgt ihrem Lauf. Ich wünscht', ich wäre ein Vöglein Und zöge über das Meer, Wohl über das Meer und weiter, Bis daß ich im Himmel wär! Josef von Eichendorff
Advent Es treibt der Wind im Winterwalde die Flockenherde wie ein Hirt und manche Tanne ahnt, wie balde sie fromm und lichterheilig wird, und lauscht hinaus; den weißen Wegen streckt sie die Zweige hin, bereit und wehrt dem Wind und wächst entgegen der einen Nacht der Herrlichkeit. Rainer Maria Rilke
Der Winter ist ein rechter Mann, Kernfest und auf die Dauer; Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an Und scheut nicht süß noch sauer. Aus Blumen und aus Vogelsang Weiß er sich nichts zu machen, Haßt warmen Trank und warmen Klang Und alle warmen Sachen. Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht Und Teich und Seen krachen, Das klingt ihm gut, das haßt er nicht, Dann will er tot sich lachen. Sein Schloß von Eis liegt ganz hinaus Beim Nordpol an dem Strande, Doch hat er auch ein Sommerhaus Im lieben Schweizerlande. Da ist er denn bald dort, bald hier, Gut Regiment zu führen, Und wenn er durchzieht, stehen wir Und seh'n ihn an und frieren. Matthias Claudius
Abendlich schon rauscht der Wald Aus den tiefsten Gründen, Droben wird der Herr nun bald An die Sternlein zünden. Wie so stille in den Schlünden, Abendlich nur rauscht der Wald. Alles geht zu seiner Ruh. Wald und Welt versausen, Schauernd hört der Wandrer zu, Sehnt sich recht nach Hause. Hier in Waldes stiller Klause, Herz, geh endlich auch zur Ruh. Josef von Eichendorff
Von draußen, vom Walde komm ich her; ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr! Überall auf den Tannenspitzen sah ich goldene Lichtlein blitzen, und droben aus dem Himmelstor sah mit großen Augen das Christkind hervor. Und wie ich strolch' durch des finstern Tann, da rief's mich mit heller Stimme an: "Knecht Ruprecht", rief es, "alter Gesell´, heb deine Beine und spute dich schnell! Die Kerzen fangen zu brennen an, das Himmelstor ist aufgetan, alt und jung sollen nun von der Jagd des Lebens einmal ruhn, und morgen flieg ich hinab zur Erden; denn es soll wieder Weihnachten werden!"
Es schlafen Bächlein und Seen unterm Eise, es träumt der Wald einen tiefen Traum. Durch den Schnee, der leise fällt, wandern wir, wandern wir, durch die weite, weiße Welt. Vom hohen Himmel ein leuchtendes Schweigen erfüllt die Herzen mit Seligkeit. Unterm sternbeglänzten Zelt wandern wir, wandern wir, durch die weite, weiße Welt. Volkslied
Wie heimlicher Weise ein Engelein leise mit rosigen Füßen die Erde betritt, so nahte der Morgen. Jauchzt ihm, ihr Frommen, ein heilig Willkommen! ein heilig Willkommen! Herz, jauchze du mit! In Ihm sei's begonnen, der Monde und Sonnen an blauen Gezelten des Himmels bewegt. Du, Vater, du rate! Lenke du und wende! Herr, dir in die Hände sei Anfang und Ende, sei alles gelegt! Eduard Mörike
die frösche ein grosser teich war zugefroren die fröschlein in der tiefe verloren durften nicht ferner quaken noch springen versprachen sich aber im halben traum fänden sie nur da oben raum wie nachtigallen wollten sie singen der tauwind kam, das eis zerschmolz nun ruderten sie und landeten stolz und saßen am ufer weit und breit und quakten wie in alter zeit j.w.v.goethe
Markt und Straßen stehn verlassen, still erleuchtet jedes Haus, Sinnend' geh ich durch die Gassen, alles sieht so festlich aus. An den Fenstern haben Frauen buntes Spielzeug fromm geschmückt, Tausend Kindlein stehn und schauen, sind so wunderstill beglückt. Und ich wandre aus den Mauern Bis hinaus ins freie Feld, Hehres Glänzen, heil'ges Schauern! Wie so weit und still die Welt! Sterne hoch die Kreise schlingen, Aus des Schnees Einsamkeit Steigt's wie wunderbares Singen- O du gnadenreiche Zeit! Joseph von Eichendorff
Die Hirten wachen nachts im Feld; so still und dunkel liegt die Welt, die Menschen alle sclafen: Aber die Hirten, die armen Hirten halten Wacht bei den Schafen. Und sieh! ein Engel licht und schön hernieder schwebt von Himmelshöhn, Ein Bote auserkoren: "Freuet euch, Hirten,Ihr guten Hirten, der Heiland der Welt ist geboren." Und Engel singen ringsumher: "Sei Gott im Himmel Ruhm und Ehr, den Menschen Frieden werde!" Aber die Hirten, die frommen Hirten knieten nieder zur Erde. Dann eilten sie zum heil'gen Ort, Maria und Joseph sahn sie dort, den Sohn gehüllt in Windlein. Selige Hirten, die guten Hirten beteten an das Kindlein. Peter Cornelius (1824-1874)
Drei Könige wandern aus Morgenland; Ein Sternlein führt sie zum Jordanstrand. In Juda fragen und forschen die drei, Wo der neugeborene König sei? Sie wollen Weihrauch, Myrrhen und Gold Dem Kinde spenden zum Opfersold. Und hell erglänzet des Sternes Schein: Zum Stalle gehen die Kön'ge ein; Das Knäblein schaun sie wonniglich, Anbetend neigen die Könige sich; Sie bringen Weihrauch, Myrrhen und Gold Zum Opfer dar dem Knäblein hold. O Menschenkind! halte treulich Schritt! Die Kön'ge wandern, o wandre mit! Der Stern der Liebe, der Gnade Stern Erhelle dein Ziel, so du suchst den Herrn, Und fehlen Weihrauch, Myrrhen und Gold, Schenke dein Herz dem Knäblein hold! Peter Cornelius
Träume Sag, welch wunderbare Träume Halten meinen Sinn umfangen, Daß sie nicht wie leere Schäume Sind in ödes Nichts vergangen? Träume, die in jeder Stunde, Jedem Tage schöner blühn, Und mit ihrer Himmelskunde Selig durchs Gemüte ziehn! Träume, die wie hehre Strahlen In die Seele sich versenken, Dort ein ewig Bild zu malen: Allvergessen, Eingedenken! Träume, wie wenn Frühlingssonne Aus dem Schnee die Blüten küßt, Daß zu nie geahnter Wonne Sie der neue Tag begrüßt. Mathilde Wesendonck (1828-1902)