Im Sommer O komm mit mir aus dem Gewühl der Menge Aus Rauch und Qualm und tobendem Gedränge, Zum stillen Wald, Dort wo die Wipfel sanfte Grüsse tauschen, Und aus der Zweige sanft bewegtem Rauschen Ein Liedschen schallt. Dort zu dem Quell, der durch die Felsen gleitet Und dann zum Teich die klaren Wasser breitet, Führ' ich dich hin. In seinem Spiegel schau die stolzen Bäume Und weisse Wolken, die wie sanfte Träume Vorüber ziehn. Dort lass uns lauschen auf der Quelle Tropfen Und auf der Spechte weit entferntes Klopfen Mit uns allein. Dort wollen wir die laute Welt vergessen, An unsrem Herzschlag nur die Stunden messen Und glücklich sein! Heinrich Seidel (1842-1906)
Freundliche Vision Nicht im Schlafe hab' ich das geträumt, Hell am Tage sah ich's schön vor mir. Eine Wiese voller Margeriten; Tief ein weißes Haus in grünen Büschen; Götterbilder leuchten aus dem Laube. Und ich geh' mit einer, die mich lieb hat, Ruhigen Gemütes in die Kühle Dieses weißen Hauses, in den Frieden, Der voll Schönheit wartet, daß wir kommen. Otto Julius Bierbaum (1865-1910)
Gruß an die Sonne Aus den braunen Schollen Springt die Saat empor, Grüne Knospen rollen Tausendfach hervor. Und es ruft die Sonne: Fort den blassen Schein! Wieder will ich Wonne, Glut und Leben sein! Wieder wohlig zittern Auf dem blauen Meer, Oder zu Gewittern Führen das Wolkenheer! In den Frühlingsregen Sieben Farben streu'n Und auf Weg und Stegen Meinen goldnen Schein! Gottfried Keller (1819-1890)
hallo Wie schäm' ich mich, daß Frau'n so albern sind! Sie künden Krieg und sollten knien um Frieden. O, daß sie herrschen, lenken, trotzen wollen, wo sie nur schweigen, lieben, dienen sollen! (Catharina) William Shakespeare gott sei dank dass diese zeiten vorbei sind - oder nicht ioani
Und der Regen fällt Heut, ums Haus herauf, Geht die Sonn' nicht auf. Regen auf den Steinen, Ihre Bäcklein weinen. Berglein und die Hecken Voller Tränen stecken. Kein Ding hält am Ort, Nebel trägt es fort. Weinend kommt die Stund, Lebwohl sagt der Mund. Und die Trän' sagt: bleib! Und das Herz im Leib Dreht sich schluchzend um, Nur der Fuß geht stumm. Weiter rollt die Welt, Und der Regen fällt. Max Dauthendey
Walle, Regen, walle nieder, Wecke mir die Träume wieder, Die ich in der Kindheit träumte, Wenn das Naß im Sande schäumte! Wenn die matte Sommerschwüle Lässig stritt mit frischer Kühle, Und die blanken Blätter tauten, Und die Saaten dunkler blauten. Welche Wonne, in dem Fließen Dann zu stehn mit nackten Füßen, An dem Grase hin zu streifen Und den Schaum mit Händen greifen. Oder mit den heißen Wangen Kalte Tropfen aufzufangen, Und den neuerwachten Düften Seine Kinderbrust zu lüften! Wie die Kelche, die da troffen, Stand die Seele atmend offen, Wie die Blumen, düftertrunken, In dem Himmelstau versunken. Schauernd kühlte jeder Tropfen Tief bis an des Herzens Klopfen, Und der Schöpfung heilig Weben Drang bis ins verborgne Leben. Walle, Regen, walle nieder, Wecke meine alten Lieder, Die wir in der Türe sangen, Wenn die Tropfen draußen klangen! Möchte ihnen wieder lauschen, Ihrem süßen, feuchten Rauschen, Meine Seele sanft betauen Mit dem frommen Kindergrauen. Klaus Groth (1819-1899)
Ich tret' in deinen Garten; Wo, Süße, weilst du heut? Nur Schmetterlinge flattern Durch diese Einsamkeit. Doch wie in bunter Fülle Hier deine Beete stehn Und mit den Blumendüften Die Weste mich umwehn! Ich fühle dich mir nahe, Die Einsamkeit belebt, Wie über seinen Welten Der Unsichtbare schwebt. Johann Ludwig Uhland (1787-1862)
Geh aus mein Herz und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben. Schau an der schönen Gärten Zier und siehe, wie sie dir und mir sich ausgeschmücket haben. Die Bäume stehen voller Laub, das Erdreich decket seinen Staub mit einem grünen Kleide; Narzissus und die Tulipan, die ziehen sich viel schöner an, als Salomonis Seide. Die Lerche schwingt sich in die Luft, das Täublein fleucht aus seiner Kluft und macht sich in die Wälder; die hochbegabte Nachtigall ergötzt und füllt mit ihrem Schall Berg, Hügel, Tal und Felder. Ich selber kann und mag nicht ruhn, des großen Gottes großes Tun erweckt mir alle Sinnen, ich singe mit, wenn alles singt, und lasse, was dem Höchsten klingt, aus meinem Herzen rinnen. Paul Gerhardt
Ein Samenkorn lag auf dem Rücken, Die Amsel wollte es zerpicken. Aus Mitleid hat sie es verschont und wurde dafür reich belohnt. Das Korn, das auf der Erde lag, Das wuchs und wuchs von Tag zu Tag. Jetzt ist es schon ein hoher Baum Und trägt ein Nest aus weichem Flaum. Die Amsel hat das Nest erbaut; Dort sitz sie nun und zwitschert laut. Joachim Ringelnatz
Gefunden Ich ging im Walde So für mich hin, Und nichts zu suchen, Das war mein Sinn. Im Schatten sah ich Ein Blümchen stehn, Wie Sterne leuchtend, Wie Äuglein schön. Ich wollt es brechen, Da sagt es fein: Soll ich zum Welken Gebrochen sein? Ich grub's mit allen Den Würzlein aus. Zum Garten trug ich's Am hübschen Haus. Und pflanzt es wieder Am stillen Ort; Nun zweigt es immer Und blüht so fort. Johann Wolfgang von Goethe
Wie Feld und Au So blinkend im Tau! Wie perlenschwer Die Pflanzen umher! Wie durch's Gebüsch Die Winde so frisch! Wie laut im hellen Sonnenstrahl Die süßen Vöglein allzumal! Johann Wolfgang von Goethe
O Sonnenschein, o Sonnenschein! Wie scheinst du mir ins Herz hinein, Weckst drinnen lauter Liebeslust, Daß mir so enge wird die Brust! Und enge wird mir Stub' und Haus, Und wenn ich lauf zum Tor hinaus, Da lockst du gar ins frische Grün Die allerschönsten Mädchen hin! O Sonnenschein! Du glaubest wohl, Daß ich wie du es machen soll, Der jede schmucke Blume küßt, Die eben nur sich dir erschließt? Hast doch so lang die Welt erblickt, Und weißt, daß sich's für mich nicht schickt; Was machst du mir denn solche Pein? O Sonnenschein! o Sonnenschein! Robert Reinick (1805-1852)
Hab Sonne im Herzen Hab Sonne im Herzen, ob's stürmt oder schneit, ob der Himmel voll Wolken, die Erde voll Streit - hab Sonne im Herzen, dann komme, was mag, das leuchtet voll Licht dir den dunkelsten Tag! Hab ein Lied auf den Lippen mit fröhlichem Klang, und macht auch des Alltags Gedränge dich bang - hab ein Lied auf den Lippen, dann komme, was mag, das hilft dir verwinden den einsamsten Tag! Hab ein Wort auch für andre in Sorg und in Pein und sag, was dich selber so frohgemut läßt sein: Hab ein Lied auf den Lippen, verlier nie den Mut, hab Sonne im Herzen, und alles wird gut! Cäsar Otto Hugo Flaischlen
Ein Vogel singt gottlobesam, ein Vogel tief in meiner Brust, der Vogel ist die Liebe. Leis ist die Stimme die er hat und seine Weise ist ganz schlicht, doch fröhlich ist sein Singen. Gottlobesames leises Lied, du fröhlich Lied in meiner Brust, Du bist mir Trost und Glaube. Otto Julius Bierbaum (1865-1910)
Sonntag Der Sonntag ist gekommen, Ein Sträußchen auf dem Hut; Sein Aug ist mild und heiter, Er meint's mit allen gut. Er steiget auf die Berge, Er wandelt durch das Tal, Er ladet zum Gebete Die Menschen allzumal. Und wie in schönen Kleidern Nun pranget jung und alt, Hat er für sie geschmücket Die Flur und auch den Wald. Und wie er allen Freude Und Frieden bringt und Ruh, So ruf auch du nun jedem "Gott grüß dich" freundlich zu. August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)
Sicheln schallen, Ähren fallen Unter Sichelschall; Auf den Mädchenhüten Zittern blaue Blüten, Freud' ist überall. Sicheln klingen, Mädchen singen Unter Sichelklang; Bis, vom Mond beschimmert, Rings die Stoppel flimmert, Tönt der Erntesang. Alles springet, Alles singet, Was nur lallen kann. Bei dem Erntemahle Ißt aus einer Schale Knecht und Bauersmann. Jeder scherzet, Jeder herzet Dann sein Liebelein. Nach geleerten Kannen Gehen sie vondannen, Singen und juchei'n! Ludwig Heinrich Christoph Hölty (1748-1776)
Scherzfrage zwischendurch: Wer kennt eigentlich das schöne alte Naturlied - "Esclaberdie"? Hat sich mal eine Jugendliche für ihre Oma zum Geburtstag im Rundfunk gewünscht. Für erste waren die Leute im Rundfunk total überfragt. Aber es kannte dann doch jeder.
Bin Euch ja noch die Lösung schuldig. Der Moderator dachte an was "spanisches". Doch die Jugendliche meinte, nee ,ist was deutsches. Hat mir meine Oma als Kind immer vorgesungen. Ist aber nicht so mein Geschmack. Da bat sie die Moderator doch mal den Refrain zu singen oder zu summen. Da legte die junge Dame los: Es klappert die Mühle am rauschenden Bach... Grüßle
Die Sonne scheidet hinter dem Gebirge. In alle Täler steigt der Abend nieder Mit seinen Schatten, die voll Kühlung sind. O sieh! Wie eine Silberbarke schwebt Der Mond am blauen Himmelssee herauf. Ich spüre eines feinen Windes Wehn Hinter den dunklen Fichten! Der Bach singt voller Wohllaut durch das Dunkel. Die Blumen blassen im Dämmerschein. Die Erde atmet voll von Ruh und Schlaf, Alle Sehnsucht will nun träumen. Die müden Menschen gehn heimwärts, Um im Schlaf vergeßnes Glück Und Jugend neu zu lernen! Die Vögel hocken still in ihren Zweigen. Die Welt schläft ein! Es wehet kühl im Schatten meiner Fichten. Ich stehe hier und harre meines Freundes; Ich harre sein zum letzten Lebewohl. Ich sehne mich, o Freund, an deiner Seite Die Schönheit dieses Abends zu genießen. Wo bleibst du? Du läßt mich lang allein! Ich wandle auf und nieder mit meiner Laute Auf Wegen, die vom weichen Grase schwellen. O Schönheit! O ewigen Liebens - Lebenstrunkne Welt! Hans Bethge (1876-1946)
Der Schmetterling Wie soll ich nicht tanzen, Es macht keine Mühe, Und reizende Farben Schimmern hier im Grünen. Immer schöner glänzen Meine bunten Flügel, Immer süßer hauchen Alle kleinen Blüten. Ich nasche die Blüten, Ihr könnt sie nicht hüten. Wie groß ist die Freude, Sei’s spät oder frühe, Leichtsinnig zu schweben Über Tal und Hügel. Wenn der Abend säuselt, Seht ihr Wolken glühen; Wenn die Lüfte golden, Scheint die Wiese grüner. Ich nasche die Blüten, Ihr könnt sie nicht hüten. Friedrich Schlegel