Mondnacht Es war, als hätt der Himmel Die Erde still geküßt, Daß sie im Blütenschimmer Von ihm nun träumen müßt. Die Luft ging durch die Felder, Die Ähren wogten sacht, Es rauschten leis die Wälder, So sternklar war die Nacht. Und meine Seele spannte Weit ihre Flügel aus, Flog durch die stillen Lande, Als flöge sie nach Haus. Josef von Eichendorff (1788-1857)
Aus einem Kornfeld, schräg zum See, hob sich die Linde. Auf schmalem Fußweg an ihr vorbei, jeden Nachmittag durch die Juliglut zum Baden, wir Jungens. Der blaue Himmel, die tausend gelben Blüten, das Bienengesumm! Und noch immer, wenn die andern längst unten waren, - aus dem Wasser klang ihr Lachen und Geschrei - stand ich. Und sah den Himmel und hörte die Bienen und sog den Duft. Arno Holz
Blumen und Liebe Rührt euch, Blumen, wacht auf Und hebt die verweineten Augen, Morgenschauer schon gehn Kühl über Wiesen und Wald, Wie eine Braut entsteigt Die Sonne dem rosigen Pfühle, Blickt duch die Welt hin weit, Schweigend vor seliger Lust, Küßt die Tränen euch linde Von den gemaleten Wangen, Die ihr vor Sehnsucht geweint Träumend in stilllauer Nacht. Wie sich's nun überall regt Und funkelt und jauchzet und sprühet, Gott! o wie schön ist die Welt, Wenn sie die Liebe bescheint! Josef Karl Benedikt von Eichendorff (1788-1857)
Der Sommer Das Erntefeld erscheint, auf Höhen schimmert Der hellen Wolke Pracht, indes am weiten Himmel In stiller Nacht die Zahl der Sterne flimmert, Groß ist und weit von Wolken das Gewimmel. Die Pfade gehn entfernter hin, der Menschen Leben, Es zeiget sich auf Meeren unverborgen, Der Sonne Tag ist zu der Menschen Streben Ein hohes Bild, und golden glänzt der Morgen. Mit neuen Farben ist geschmückt der Gärten Breite, Der Mensch verwundert sich, daß sein Bemühn gelinget, Was er mit Tugend schafft, und was er hoch vollbringet, Es steht mit der Vergangenheit in prächtigem Geleite. Friedrich Hölderlin (1770-1843)
Heine, Heinrich (1797-1856) Ein Fichtenbaum steht einsam Im Norden auf kahler Höh. Ihn schläfert; mit weißer Decke Umhüllen ihn Eis und Schnee. Er träumt von einer Palme, Die, fern im Morgenland, Einsam und schweigend trauert Auf brennender Felsenwand.
Möwenlied Die Möwen sehen alle aus, als ob sie Emma hießen. Sie tragen einen weißen Flaus und sind mit Schrot zu schießen. Ich schieße keine Möwe tot, Ich laß sie lieber leben und füttre sie mit Roggenbrot und rötlichen Zibeben. O Mensch, du wirst nie nebenbei der Möwe Flug erreichen. Wofern du Emma heißest, sei zufrieden, ihr zu gleichen. Christian Morgenstern (1871-1914)
Abschied von Zandvoort. Noch einen letzten , langen Blick Auf dich geliebtes Meer! Dann lebe wohl, so schwer´s auch fällt, Gott geb´, auf Wiederkehr! Zum Abschiedsgrusse wählt´ ich mir Die stille Mondesnacht -- Du liegst vor mir -- ein schimmernd Bild -- In deiner Silberpracht. Wenn morgen übers Dünenland Die Sonne Strahl dich streift, Bin ich mit raschem Flügelschlag Schon weit von hier geschweift. Umkreisen wird dich, wie zuvor, Der Möven weisse Schar; Dass unter ihnen eine fehlt, Wirst du es wohl gewahr? ( Nordseelieder: Amsterdam, April 1885 Kaiserin Elisabeth von Österreich 1837 - 1898)
Am Brunnen vor dem Tore Da steht ein Lindenbaum; Ich träumt in seinem Schatten So manchen süßen Traum. Ich schnitt in seine Rinde So manches liebe Wort; Es zog in Freud' und Leide Zu ihm mich immer fort. Ich mußt' auch heute wandern Vorbei in tiefer Nacht, Da hab' ich noch im Dunkel Die Augen zugemacht. Und seine Zweige rauschten, Als riefen sie mir zu: Komm her zu mir, Geselle, Hier find'st du deine Ruh'! Die kalten Winde bliesen Mir grad ins Angesicht; Der Hut flog mir vom Kopfe, Ich wendete mich nicht. Nun bin ich manche Stunde Entfernt von jenem Ort, Und immer hör' ich's rauschen: Du fändest Ruhe dort! Wilhelm Müller (1794-1827)
Es fällt ein Stern herunter aus seiner funkelnden Höh, das ist der Stern der Liebe, den ich dort fallen seh. Es fallen vom Apfelbaume, der weißen Blätter so viel, es kommen die neckenden Lüfte, und treiben damit ihr Spiel. Es singt der Schwan im Weiher, und rudert auf und ab, und immer leiser singend, taucht er ins Flutengrab. Es ist so still und dunkel, verweht ist Blatt und Blüt', der Stern ist knisternd zerstoben, verklungen das Schwanenlied. Heinrich Heine (1797-1856)
Gruß von der Nordsee Du Adler, dort hoch auf den Bergen, Dir schickt die Möwe der See Einen Gruß von schäumenden Wogen Hinauf zum ewigen Schnee. Einst sind wir einander begegnet Vor urgrauer Ewigkeit Am Spiegel des lieblichen Sees, Zur blühenden Rosenzeit. Stumm zogen wir nebeneinander Versunken in tiefer Ruh´... Ein Schwarzer nur sang seine Lieder Im kleinen Kahne dazu. Elisabeth an Ludwig Roseninsel 20. Juni 1885 Antwort von den Alpen Der Möwe Gruß vom fernen Strand Zu Adlers Horst den Weg wohl fand, Er trug auf leisen Fittigschwung Der alten Zeit Erinnerung. Da rosenduftumwehte Buchten Möwe und Adler zugleich besuchten, Und, sich begegnend in stolzem Bogen, Grüssend aneinander vorüberzogen. Zur Bergeshöh´ zurückgewandt, Denkt Aar der Möwe am Dünenstrand, Und rauschend entsenden seine Flügel Fröhlichen Gruß zum Meeresspiegel. (Antwort von Ludwig II, 11.September 1885)
Auch kleine Dinge können uns entzücken, Auch kleine Dinge können teuer sein. Bedenkt, wie gern wir uns mit Perlen schmücken; Sie werden schwer bezahlt und sind nur klein. Bedenkt, wie klein ist die Olivenfrucht, Und wird um ihre Güte doch gesucht. Denkt an die Rose nur, wie klein sie ist, Und duftet doch so lieblich, wie ihr wißt. Paul Heyse (1830-1914)
Der Sonnenaufgang Es schwingt die Nacht ihr dunkles Gefieder und entweichet Langsamen Flugs gen Norden. Es zeigt in weißem Flor sich Die Dämmrung in des Morgens Geraumen Silberhallen, Und weckt mit leisem Lispeln Die Nachtigall. In festlich Langsamem Ton beginnt sie Ihr Lied zum Lob der Sonne; Da naht im Purpurschleier Die holde Morgenröthe, Und streut die Fülle Rosen Vom Morgenthor bis wo sich Der Sonnenweg bemerkbar In's Himmelblau erhebet. Geendet hat ihr Loblied Die Nachtigall; es tönet Das laute Chor der Lerchen Und andrer Sängerinnen, Begleitet von Gesäusel Des regen Laubs der Bäume.... Da sinken und verwandeln Allmählig sich die weiten Prachtvollen Säulenhallen Des Morgenroths, und werden Zu einem See von Purpur, Wo Wellen gegen Wellen Sich heben, sich bekämpfen, Allmählig in einander Verfließen, um auf's neu sich Zu heben und zu kämpfen. Doch seht! ein goldnes Meerschiff, Geschmückt mit Strahlengarben, Zertheilt die Purpurwogen Mit herrscherischem Gange. Es ist das Schiff der Sonne, Der Königin des Weltalls. Elisabeth Kuhlmann
Juli Klingt im Wind ein Wiegenlied, Sonne warm herniedersieht, Seine Ähren senkt das Korn, Rote Beere schwillt am Dorn, Schwer von Segen ist die Flur - Junge Frau, was sinnst du nur? Theodor Storm
Bei einem Springbrunnen Sieh! Dort strebt mit Jünglingsmute Wie Kristalle rein und hell, Von der eignen Kraft gehoben, Himmelwärts der Silberquell. Immer höher, immer höher Sprudelt er in Sonnenglut; Wenn er oben kaum zerstoben, Wächst er auf mit neuer Flut. Und das reine Licht des Tages Bricht sich im kristallnen Strahl, Und den schönsten duft’gen Schleier Webt der Farben heil’ge Zahl. Ach! so steigt auch all mein Streben Durch die Wolken himmelwärts. So durchflammen tausend Wünsche Glühend mein begeistert Herz. Aber wie der Kreis der Farben Sich im reinen Licht vermählt, Sind auch alle meine Wünsche Nur von einer Glut beseelt; Und es ist der Liebe Sehnsucht, Die den Busen mächtig schwellt Mit der Ahnung leisem Schauer, Wie ein Traum aus jener Welt. (Karl) Theodor Körner @claudiiah, dein Foto gefällt mir sehr gut
Mit geheimnisvollen Düften Grüßt vom Hang der Wald mich schon, Über mir in hohen Lüften Schwebt der erste Lerchenton. In den süßen Laut versunken Wall' ich hin durchs Saatgefild, Das noch halb vom Schlummer trunken Sanft dem Licht entgegenschwillt. Welch ein Sehnen! welch ein Träumen! Ach, du möchtest vorm Verglühn Mit den Blumen, mit den Bäumen, Altes Herz, noch einmal blühn. Emanuel von Geibel (1815-1884)
Das war in einer hellen Sommerzeit Das war in einer hellen Sommerzeit. Frei war die Seele und der Himmel weit, Da sah ich dich, ein sechzehnjährig Kind - Du warst – was weiß ich! – wie die Kinder sind. Und in den Wald wir miteinander gingen, Wenn Sonnenstrahlen in den Fichten hingen; Und wo ein Bach sich in dem Grunde fand, Half sicher dir hinüber meine Hand; Wenn im Gesträuch ich eine Beere sah, Dann bückt' ich mich und sagte leise: Da! Und deine Kinderfragen fragtest du, Und ich – ich hörte voller Andacht zu. So gingen wir – ein seltsam stilles Pärchen, Und uns zur Seite wandelte das Märchen. Am Himmel fern verloht ein Wolkenbrand. Nun gibst du mir zum Abschied deine Hand, Wir schweigen beide und wir wissen kaum, War's Himmelsleuchten oder war es Traum. Nun ist verglüht der Wolke letzter Saum. Anton Renk
Sieh ein großer, schöner Stern Aus den Wolken bricht, Doch er steht mir gar zu fern, Kenn’ ihn näher nicht – Kenne nur den äußern Schein, Golden strahlend Licht, Doch sein inneres, wahres Sein Ist verschleiert dicht. – Friederike Kempner
Mein schöner Stern, ich bitte dich, O lasse du dein heitres Licht Nicht trüben durch den Dampf in mir, Vielmehr den Dampf in mir zu Licht, Mein schöner Stern, verklären hilf! Mein schöner Stern! ich bitte dich, Nicht senk' herab zur Erde dich, Weil du mich noch hier unten siehst, Heb' auf vielmehr zum Himmel mich, Mein schöner Stern, wo du schon bist! Friedrich Rückert (1788-1866)
Four in Hand Vorne vier nickende Pferdeköpfe, Neben mir zwei blonde Mädchenzöpfe, Hinten der Groom mit wichtigen Mienen, An den Rädern Gebell. In den Dörfern windstillen Lebens Genüge, Auf den Feldern fleißige Eggen und Pflüge, Alles das von der Sonne beschienen So hell, so hell. Detlev von Liliencron,