Ostern Es war daheim auf unserm Meeresdeich; ich ließ den Blick am Horizonte gleiten, zur mir vorüber scholl verheißungsgleich mit vollem Klang das Osterglockenläuten. Wie brennend Silber funkelt das Meer, die Inseln schwammen auf dem hohen Spiegel, die Möwen schossen blendend hin und her, eintauchend in die Flut der weißen Flügel. Im tiefen Kooge bis zum Deichesrand war sammetgrün die Wiese aufgegangen; der Frühling zog prophetisch über Land, die Lerchen jauchzten, und die Knospen sprangen. Entfesselt ist die urgewalt´ge Kraft, die Erde quillt, die jungen Säfte tropfen, und alles treibt, und alles webt und schafft, des Lebens vollter Puste hör ich klopfen. Theodor Storm
Der linden Lüfte sind erwacht, sie säuseln und weben an allen Enden. O frischer Duft, o neuer Klang! Nun, armes Herze, sei nicht bang! Nun muß sich alles, alles wenden. Die Welt wird schöner mit jedem Tag. Man weiß nicht , was noch kommen mag. Das Blühen will nicht enden. Es blüht das fernste, tiefe Tal. Nun, armes Herz, vergiss die Qual! Nun muß sich alles, alles wenden. Ludwig Uhland
Nach diesen trüben Tagen, wie ist so hell das Feld! Zerrissene Wolken tragen die Trauer aus der Welt. Und Keim und Knospe mühen sich an das Licht hervor, und manche Blumen blühen zum Himmel still empor. Ja auch sogar die Eichen und Reben werden grün. O Herz, das sei ein Zeichen : Herz, werde froh und kühn! August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Saatengrün, Veilchenduft, Lerchenwirbel, Amselschlag, Sonnenregen, linde Luft! Wenn ich solche Worte singe, braucht es dann noch großer Dinge, dich zu preisen, Frühlingstag? Ludwig Uhland
Osterspaziergang Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden, belebenden Blick. Im Tale grünet Hoffnungsglück. Der alte Winter in seiner Schwäche zog sich in raue Berge zurück. Von dorther sendet er , fliehend, nur ohnmächtige Schauer körnigen Eises in Streifen über die grünende Flur. Aber die Sonne duldet kein Weißes. Überall regt sich Bildung und Streben, alles will sie mit Farben beleben. Doch an Blumen fehlt´s im Revier. Sie nimmt geputzte Menschen dafür. Kehre dich um, von diesen Höhen nach der Stadt zurückzusehen! Aus dem hohlen, finsteren Tor dringt ein buntes Gewimmel hervor. Jeder sonnt sich heute so gern. Sie feiern die Auferstehung des Herrn, denn sie sind selber auferstanden. Aus niedrigen Häuser, dumpfen Gemächern, aus Handwerks- und Gewerbesbanden, aus dem Druck von Giebeln und Dächern, aus der Straße quetschender Enge, aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht sind sie alle ans Licht gebracht. Sieh nur, sieh, wie bebend die Menge durch die Gärten und Felder zerschlägt, wie der Fluss in Breit und Länge so manchen lustigen Nachen bewegt, und, bis zum Sinken überladen, entfernt sich dieser letzte Kahn. Selbst von des Berges fernen Pfaden blinken uns farbige Kleider an. Ich höre schon des Dorfs Getümmel. Hier ist des Volkes wahrer Himmel. Zufrieden jauchzet Groß und Klein : Hier bin ich Mensch, hier darf ich´s sein! Johann Wolfgang von Goethe
Leise zieht durch mein Gemüt liebliches Geläute. Klingle, kleines Frühlingslied, kling hinaus ins Weite! Kling hinaus bis an das Haus, wo die Blumen sprießen. Wenn du eine Rose schaust, sag, ich lass sie grüßen. Heinrich Heine
Sehnsucht nach dem Frühling O wie ist es kalt geworden und so traurig öd und leer! Rauhe Winde wehen von Norden, und die Sonne scheint nicht mehr. Auf die Berge möcht´ich fliegen, möchte sehen ein grünes Tal, möcht´in Gras und Blumen liegen und mich freuen am Sonnenstrahl. Möchte hören die Schalmeien und der Herden Glockenklang möchte freuen mich im Freien an der Vögel süßem Sang. Schöner Frühling komm doch wieder, lieber Frühling, komm doch bald bring uns Blumen, Laub und Lieder, schmücke wieder Feld und Wald! Ja, du bist uns treu geblieben, kommst nun bald in Pracht und Glanz, bringst nun bald all deine Lieben Sang und Freude, Spiel und Tanz. August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Winteraustreiben So treiben wir den Winter aus, durch unsere Stadt zum Tor hinaus mit seinem Betrug und Listen, den rechten Antichristen. Wir stürzen ihn von Berg und Tal, damit er sich zu Tode fall´ und uns nicht mehr betrüge durch falsche Lehr und Lüge. Nun haben wir den Winter ausgetrieben, so bringen wir den Sommer wieder, den Sommer und den Maien, die Blümelein mancherleien. Das danken Gott von Herzen wir bitten, daß er wollen senden schier Christum, uns zu erlösen vom Winter und allem Bösen. Volksgut
So treiben wir en Winter aus Die Winterschläfer sind erwacht, von gleicher Länge Tag und Nacht! Von Süden weht ein warmer Hauch, und Kätzchen hat der Weidenstrauch. Jetzt treiben wir den Winter aus. Ihr frechen Buben, kommt heraus, ihr Großen und die Kinder : Verscheuchen wir den Winter! Wir machen einen Mann aus Stroh, bald brennt die Puppe lichterloh. Kommt her, ich lad euch ein, beim Tanz dabei zu sein!
Winteraustreiben Nun treiben wir den Winter aus, den alten, kalten Krächzer. Wir jagen ihn zum Land hinaus, den Griesgram, Brummbär, Ächzer. Wir laden uns den Frühling ein mit Blumen und mit Sonnenschein. Juchhei! Juchhei! O komm herbei, o Mai, o Mai! Das faule Stroh, das düre Reis, und alles, was vermodert, das geben wir dem Feuer preis, daß hoch die Flamme lodert. Wir laden uns den Frühling ein mit Blumen und mit Sonnenschein. Juchhei! Juchhei! O komm herbei, o Mai, o Mai! Das Lied ist aus, Viktoria! Der Winter ist vergangen. Wir singen froh ein Gloria dem Lenz, der angefangen. Wir laden uns den Frühling ein mit Blumen und mit Sonnenschein. O komm herbei, o Mai, o Mai ! Guido Görres
Kein Hälmlein wächst auf Erden, Der Himmel hat's betaut, Und kann kein Blümlein werden, Die Sonne hat's erschaut. Wenn du auch tief beklommen In Waldesnacht allein: Einst wird von Gott dir kommen Dein Tau und Sonnenschein. Dann sproßt, was dir indessen Als Keim im Herzen lag, So ist kein Ding vergessen, Ihm kommt ein Blütentag. Albert Emil Brachvogel (1824-1878)
Jetzt fängt das schöne Frühjahr an Jetzt fängt das schöne Frühjahr an, und alles fängt zum blühen an auf grüner Heid´und überall. Es blühen die Blumen auf dem Feld, sie blühen weiß, blau, rot und gelb, grad wie es meinem Schatz gefällt. Volkslied
Einladung zum Frühlingsfest Wenn die Tage länger werden, zieht der Frühling ein auf Erden. Vorn im Garten kannst du´s sehen : Tulpen wie Soldaten stehen! Doch die gelblichen Narzissen mögen´s auch inzwischen wissen, daß den Schnee zum Teufel wies. Auch der Eiszapf mußte schmelzen. Buben gehen heut auf Stelzen. Mädchen mit dem Springseil nehmen an der Freude teil. Frühling, Frühling will es werden, und er bringt die Lämmerherden, steckt uns Veilchen in die Vasen, und den Krokus in den Rasen. Lustig, auf geht´s : Mit Juchei! Sei beim Frühlingsfest dabei!
Mit Schneeglöckchen Singvögel hatten viel Winterweh. Jetzt blühen Schneeglöckchen im Schnee. Weißt du, was sie bedeuten? Auf Leiden folgen Freuden! Des Winters Stolz wird gebrochen, es zittern die alten Knochen, der Frühling ergreift die Macht, wenn wieder die Sonne lacht. Da gibt es die zarten Triebe, und wieder erwacht die Liebe. Ganz zart nur klopfe ich an, und - du hast mir aufgetan!
Frühlingslied an Arlikona Du siehst mich an und kennst mich nicht, du liebes Engelangesicht! Die Wünsche weißt du nicht, die reinen, die du so unbewußt erregt. Ich muß mich freuen und möchte weinen, so hast Du mir mein Herz bewegt! Kenn ich dein Glück, du kennst es nicht, du liebes Engelangesicht! Welch schönes Los ist dir beschieden! Wie eine Lilie auf dem Feld, so heiter und so still zufrieden lebt du in deiner kleinen Welt. Mich treibt´s im Leben hin und her, als ob ich niemals glücklich wär´, kann keinen Frieden mir erjagen und keine Heiterkeit und Ruh ; und hab in meinen schönsten Tagen nur einen Wunsch : Lebt´ich wie du! August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
gilt das hier auch? Die Sonne scheint mit ihren Spitzen tief bis auf den Meeresgrund die Fische fangen an zu schwitzen "hee, Sonne, treib es nicht zu bunt."
Liebe im Frühling Wenn der Weichselbaum die duftigen Blüten schneit, wenn die Tauben girren und der Kuckuck schreit, wenn die Tauben girren und die Bienen schwirren, dann beginnt die Liebe, die goldene Zeit. Wenn die Wiesen schmückt der Blumen goldene Zier, wenn die Liebe ruft aus Busch und Waldrevier, wenn die Finken schlagen und zum Neste tragen, such auch ich ein süßes Liebchen mir. Wenn ich singend dann durch Busch und Wälder geh, und oftmals vor einer kleinen Hütte steh, ihr ins Auge blicke und ans Herz sie drücke, wird mir plötzlich, ach, so wohl und so weh. Volkstümliches Lied aus dem 19. Jahrhundert
Sie war ein Blümlein hübsch und fein, hell aufgeblüht im Sonnenschein. [SIZE=+1]Er war ein junger Schmetterling, [/SIZE] [SIZE=+1]der selig an der Blume hing.[/SIZE] [SIZE=+1]Oft kam ein Bienlein mit Gebrumm [/SIZE] [SIZE=+1]und nascht und säuselt da herum.[/SIZE] [SIZE=+1]Oft kroch ein Käfer kribbelkrab am hübschen Blümlein auf und ab.[/SIZE] [SIZE=+1]Ach Gott, wie das dem Schmetterling [/SIZE] [SIZE=+1]so schmerzlich durch die Seele ging.[/SIZE] [SIZE=+1]Doch was am meisten ihn entsetzt, [/SIZE] [SIZE=+1]das Allerschlimmste kam zuletzt.[/SIZE] [SIZE=+1]Ein alter Esel frass die ganze - [/SIZE] [SIZE=+1]von ihm so heiss geliebte Pflanze.[/SIZE] [SIZE=+1] (Wilhelm Busch)[/SIZE]
Ging heut morgen übers Feld, Tau noch auf den Gräsern hing; Sprach zu mir der lust'ge Fink: "Ei du! Gelt? Guten Morgen! Ei gelt? Du! Wird's nicht eine schöne Welt? Zink! Zink! Schön und flink! Wie mir doch die Welt gefällt!" Auch die Glockenblum' am Feld Hat mir lustig, guter Ding', Mit den Glöckchen, klinge, kling, Ihren Morgengruß geschellt: "Wird's nicht eine schöne Welt? Kling, kling! Schönes Ding! Wie mir doch die Welt gefällt! Heia!" Und da fing im Sonnenschein Gleich die Welt zu funkeln an; Alles Ton und Farbe gewann Im Sonnenschein! Blum' und Vogel, groß und klein! "Guten Tag, ist's nicht eine schöne Welt? Ei du, gelt? Schöne Welt?" Text und Vertonung: Gustav Mahler (1860-1911)
Im Abendrot O wie schön ist deine Welt, Vater, wenn sie golden strahlet! Wenn dein Glanz herniederfällt Und den Staub mit Schimmer malet, Wenn das Rot, das in der Wolke blinkt, In mein stilles Fenster sinkt! Könnt ich klagen, könnt ich zagen? Irre sein an dir und mir? Nein, ich will im Busen tragen Deinen Himmel schon allhier. Und dies Herz, eh' es zusammenbricht, Trinkt noch Glut und schlürft noch Licht. Karl Gottfried Lappe (1773.1843)