Frühling schimmert in den Lüften, Gleisset in der Sonne Glanz, Spielt in süßen, lauen Düften, Spielt im wirren Mückentanz. Frühling blüht auf allen Stegen, Jauchzet in der Lerche Lied - Und auf hohen Himmelswegen Er in hellen Wolken zieht. Doch im jungen Menschenherzen Blüht's noch lichter als im Tal, Blüh'n der Liebe süße Schmerzen, Aufgeküßt vom Frühlingsstrahl. Karl Freiherr von Lemayer
Erste Blumen, ihr habt immer Zaubrisch mir den Sinn befangen In des jungen Frühlings Schimmer, Sah ich sonder Prunk und Prangen Stille euch am Wege blühn Und dem Licht entgegenglühn! Gestern um die Waldesecke Bog ich, als der Abend kam Und das Vöglein in der Hecke Seine neue Wohnung nahm: O die Freude, als ich wieder Euch erschaut beim Klang der Lieder! . . Denn ihr kündet ja auf’s neue, Daß die ew’ge Kraft noch währt Und Natur in alter Treue Ihre schönen Kinder nährt, Ob der Sturm auch auf sie schlug Und des Todes Fahne trug! Allen Sturm und alle Wetter Hat ihr mächt’ger Geist verscheucht, Und wir brauchen keine Götter, Solang der sich noch nicht beugt: Als das Licht der Erde liebt, Solang es noch Frühling gibt! Max Vogler, 1876
Sie wandelt im Blumengarten Und mustert den bunten Flor, Und alle die Kleinen warten Und schauen zu ihr empor. »Und seid ihr denn Frühlingsboten, Verkündend was stets so neu, So werde auch meine Boten An ihn, der mich liebt so treu.« So überschaut sie die Habe Und ordnet den lieblichen Strauß, Und reicht dem Freunde die Gabe, Und weicht seinem Blicke aus. Was Blumen und Farben meinen, O deutet, o fragt das nicht, Wenn aus den Augen der Einen Der süßeste Frühling spricht. Karl Klingemann (1798-1862
Südlicher Frühling Zu rasch und farbensatt kommt er, als daß wir seine Luft mit zitterndem Verliebtsein spürten. Wenn nicht die Mandelbäumchen rosige Zartheit wie kindliche Küsse in den blauen Himmel hauchten, wir würden alles schwer wie Sommer fühlen. Kamelien leuchten tödlich rot aus düster glänzendem Laub, und in Gewinden feiern Rosen und Glycinientrauben tausendfache Feste. An weißer Mauer baden sich die grünen Eidechsen in gleißenden Strahlen. Sie sind der Sonne zierlichste Getreue. Und wo du gehst, raschelt es von Getier. - Dann in des Haines Schatten ruhend schließen sich die sonnenmüden Lider. Und um dich wogt ein ewig wiederkehrendes Tönen, von Mückensang und Blumenatmen. Das hüllt dich ein und trägt dich fort auf seidigen Schwingen in das Reich der wandellosen Schönheit. Francisca Stoecklin
Wie herrlich leuchtet mir die Natur, Wie glänzt die Sonne, wie lacht die Flur. Es dringen Blüten aus jedem Zweig und tausend Stimmen aus dem Gesträuch. Und Freud und Wonne aus jeder Brust. O Erd', o Sonne, o Glück, o Lust. O Lieb', o Liebe, so golden schön wie Morgenwolken auf jenen Höhn! Du segnest herrlich das frische Feld, im Blütendampfe die volle Welt. O Mädchen, Mädchen, wie lieb ich dich! Wie blickt dein Auge! Wie liebst du mich! So liebt die Lerche Gesang und Lust und Morgenblumen Den Himmelsduft. Wie ich dich liebe mit warmem Blut, die du mir Jugend und Freud' und Mut. Zu neuen Liedern und Tänzen giebst. Sei ewig glücklich, wie du mich liebst! Johann Wolfgang von Goethe
Sonnenschein Sei lieb; sei gut, und zürne nicht! Warum willst du nicht gütig sein? Dein Leben sei wie ein Gedicht, das Titelwort »Nur Sonnenschein«. Schau dir die liebe Sonne an! Ihr Segen reicht so weit, so weit. Sie leuchtet nicht bloß dann und wann; sie tut es stets, zu aller Zeit. Sie küßt die Sterne ohne Wahl; sie weiß von Gunst und Vorzug nichts. Es trifft den Berg wie auch das Tal die ganze Fülle ihres Lichts. Und daß sie keinen Dank begehrt, das weißt du wohl schon längst von ihr. Sie denkt ja, was sie dir beschert, gehöre Alles, Alles dir. Was man auf Erden von ihr meint, das stört sie nicht in ihrem Lauf. Sie hat geschienen, und sie scheint; sie hört auch nicht zu scheinen auf. Sei lieb; sei gut, und zürne nicht; denk immer an den Sonnenschein; dann wird dein Leben ein Gedicht des Himmels für die Erde sein! Karl May, 1900
Pfingsten Es sandte der Frühling, der frohe Geselle, Viel lustige Boten, sein Kommen zu künden: Die schimmernden Glöckchen im weissen Gewand, Narzissen, Tazetten und Hyazinthen, leuchtende Krokos und liebliche Veilchen. Erst rief die Meise an milden Tagen, Dann lullte die Lerche in laueren Lüften, Dann tönte so fröhlich des Finken Fanfare, Und dann in wiegenden Wipfeln des Waldes Da schlug die Amsel im Abendroth. Sie riefen es alle: "Er kommt, er kommt!" Und siehe, er kam, der sonnige Sieger, Zu Häupten die Wolke von schweifenden Schwalben. Er kam, umklungen von Nachtigallchören, Von Faltern umflattert, von Bienen umflogen, Und Rosen trug er in seiner Rechten Und liebliche Lilien in seiner Linken Maiblumen umblühten sein goldenes Haar. Nun pflanzen wir auf die Fahnen des Sieges, Die lustigen Büsche der leuchtenden Birke. Es flattern und wehen die fliegenden Wimpel Von hohen Gerüsten, Thürmen und Thoren. Es kündet ihr Duften in dumpfen Kellern Des frischen Frühlings fröhlichen Gruss. Sie winken und wehen von Karren und Wagen. Ja selbst der magere mürrische Miethsgaul Erhält zur Zierde ein grünes Zweiglein Als frohes Zeichen der fröhlichen Zeit. Nun strömt es hervor aus Straßen und Thoren Wo Wiesen sich weiten, wo winket der Wald, Die blühenden Mädchen, die Menschenblumen Leuchten im Grün mit lichten Gewändern. Doch heller noch glänzen und rosiger glühen Die lächelnden Augen, der liebliche Mund. Ja selbst der vertrocknete trübe Philister Fühlet ein wenig von wirklicher Wonne! Ihm fährt's in die Beine, er hüpft wie ein Böcklein Und trällert ein Liedchen und trabt in die "Boombluth". Doch andere wandern auf anderen Wegen, Wo zwischen Bäumen und Blüthengebüschen Mit röthlichen Mauern der Dom emporragt Und im Sonnenglanz, umschweift von Schwalben, Hoch zum Himmel mit riesigem Finger Hinaufzeigt, mächtig mahnend die Menschen. Feierlich tönen die frommen Choräle Und der Orgel wundergewaltiges Dröhnen Hinaus in die heitre wonnige Welt. Doch rings in der Runde in Blüthengebüschen Da jubeln und jauchzen die Nachtigallen. Sie singen das Lied von Liebe und Leben Und alles mischt sich zu mächtigem Chore, Das Frühlingsjauchzen, die frommen Gesänge. Sie steigen vereinigt zur Höhe, zum Himmel, Zum gütigen Gotte, der alles gegeben. Zu ihm, den herrlichen Herrscher der Welt! Heinrich Seidel
Abschied Morgen müssen wir verreisen, Und es muß geschieden sein. Traurig zieh'n wir unsre Straße, Lebe wohl, Herzliebchen mein. Kommen wir zu jenem Berge, schauen wir zurück in's Tal, Schau'n uns um nach allen Seiten, Seh'n die Stadt zum letzenmal. Wenn der Winter ist vorüber, Und der Frühling zieht in's Feld, Will ich werden wie ein Vöglein, Fliegen durch die ganze Welt. Dahin fliegen will ich wieder, Wo's mir lieb und heimisch war. Schätzlein, muß ich heut' auch wandern, Kehr' ich heim doch über's Jahr. Über's Jahr, zur Zeit der Pfingsten, Pflanz' ich Maien dir an's Haus, Bringe dir aus weiter Ferne, Einen frischen Blumenstrauß. Volkslied
Es hatten die Rabengeächzet, Es hatten die Fluren gelechzet, Der Pflüger zog traurig vorbei; Der Regen war niedergesunken, Es hatte nun Alles getrunken, Und Alles war fröhlich und frei. Der Schmelz der erfreulichen Saaten, Als wären sie nun schon geraten, Entzückte das Auge mit Lust; Die Blüte der herrlichen Pfirsche, Des rötlichen Apfels, der Kirsche, Erweiterte heilend die Brust. Der Furcher mit seinen Genossen, Den mutigen, wiehernden Rossen, Verdoppelt den Schritt im Gesang; Die ehrlichen, häuslichen Stiere, Als wären's vernünftige Tiere, Gehn stolz den beschwerlichen Gang. Die Gärtner mit Rechen und Kannen Besehen die Pflanzung der Tannen; Es hat sie der Himmel getränkt, Und, wie den verdursteten Fluren, Hat Gott den bessern Naturen Zum Mai noch ein fröhliches Antlitz geschenkt. Johann Gottfried Seume
Frühling ist's in allen Räumen! Blüt' und Blume taucht empor, Und aus Stauden und aus Bäumen Sprießen Blätter grün hervor. Jugend blüht auf meiner Wange, Jugend glüht in meiner Brust; Blättern gleich im Frühlingsdrange Blühn mir Lieder aus der Brust. Blätter saugen aus der Erde Leben, Farbe, Glanz und Saft, Flattern wieder zu der Erde, Wenn sie knickt des Sturmes Kraft. Aus der Lieb' erblühen Lieder, Blühn und sprossen auf zum Licht, Flüchten zu der Liebe wieder, Wenn der Zeiten Arm sie bricht. Wenn ein neuer Lenztag blinket, Blühn die Blätter wieder auf, Und wenn neue Liebe winket, Leben neu die Lieder auf. Anastasius Grün (1806-1876)
Leise zieht durch mein Gemüt Liebliches Geläute, Klinge, kleines Frühlingslied, Kling hinaus ins Weite. Kling hinaus bis an das Haus, Wo die Blumen sprießen, Wenn du eine Rose schaust, Sag, ich laß sie grüßen. Heinrich Heine (1797-1856)
O schöne Nacht! Am Himmel märchenhaft Erglänzt der Mond in seiner ganzen Pracht; Um ihn der kleinen Sterne liebliche Genossenschaft. Es schimmert hell der Tau Am grünen Halm; mit Macht Im Fliederbusche schlägt die Nachtigall; Der Knabe schleicht zu seiner Liebsten sacht - O schöne Nacht! Georg Friedrich Daumer (1800-1875)
Der gute Hirt Was sorgest du? Sei stille, meine Seele! Denn Gott ist ein guter Hirt, Der mir, auch wenn ich mich nicht quäle, Nichts mangeln lassen wird. Er weidet mich auf blumenreicher Aue, Er führt mich frischen Wassern zu, Und bringet mich im kühlen Taue Zur sichern Abendruh'. Er hört nicht auf, mich liebreich zu beschirmen, Im Schatten vor des Tages Glut, In seinem Schoße vor den Stürmen Und schwarzer Bosheit Wut. Auch wenn er mich durch finstre Täler leiten, Mich durch die Wüste führen wird, Will ich nichts fürchten; mir zu Seiten Geht dieser treue Hirt. Ich aber will ihn preisen und ihm danken! Ich halt an meinem Hirten fest; Und mein Vertrauen soll nicht wanken. Johann Peter Uz (1720-1796)
Herz, erträgst du diese Freude, Trägst du so viel Seligkeit? Himmel, Erde: eine Sonne Und ein Blühen weit und breit. Wo die überglühten Wipfel Baden hoch im Morgenhauch, Wo die weißen Mauern winken, Wohnt der schöne Frühling auch. Jeder Schlag der raschen Pulse Ruft das holde Ziel heran, Und die Ferne wird zur Nähe, Und die Liebe hats getan. Durch den Garten, über Stiegen, Wie auf Flügeln hebt es dich; Schneller als die schnelle Schwalbe, Höher schwingt die Liebe sich. Himmelspforten, welch Willkommen! Öffnen glänzend sich und groß, Und der freche Vogel flattert Einem Engel in den Schoß. Gustav Falke (1853-1916)
Im Mai Tausend Blumen um mich her, Wie sie lachend stehn! Adam hat nicht lachender Sie am Phrat gesehn. Hier, die schöne grüne Flur, Hier, der Wald, und der Waldgesang! O Natur, Natur, Habe Dank! Matthias Claudius (1740-1815)
Die drei Reiche der Natur Ich trink, und trinkend fällt mir bei, Warum Naturreich dreifach sei. Die Tier und Menschen trinken, lieben, Ein jegliches nach seinen Trieben: Delphin und Adler, Floh und Hund Empfindet Lieb und netzt den Mund. Was also trinkt und lieben kann, Wird in das erste Reich getan. Die Pflanze macht das zweite Reich, Dem ersten nicht an Güte gleich: Sie liebet nicht, doch kann sie trinken; Wenn Wolken träufelnd niedersinken, So trinkt die Zeder und der Klee, Der Weinstock und die Aloe. Drum, was nicht liebt, doch trinken kann, Wird in das zweite Reich getan. Das Steinreich macht das dritte Reich; Und hier sind Sand und Demant gleich: Kein Stein fühlt Durst und zarte Triebe, Er wächset ohne Trunk und Liebe. Drum, was nicht liebt noch trinken kann, Wird in das letzte Reich getan. Denn ohne Lieb und ohne Wein, Sprich, Mensch, was bleibst du noch? – – Ein Stein. Gotthold Ephraim Lessing
Abendlied Ich stand auf Berges Halde, als heim die Sonne ging und sah, wie überm Walde des Abends Goldnetz hing. Des Himmels Wolken tauten der Erde Frieden zu, bei Abendglockenlauten ging die Natur zur Ruh. Mich fasset ein Verlangen, daß ich zu dieser Frist hinauf nicht kann gelangen, wo meine Heimat ist. Friedrich Rückert (1788-1866)
Der Frühling begrüsset die junge Natur, Ein wogendes Blumenmeer decket die Flur, Und Nachtigallchöre besingen die Bäume Die Bäume mit lieblichem Klingen. Die Blümchen des Maises bespiegeln sich Im traulich, melodisch sie lockenden Quell, Und froh zu der himmlischen Sphäre Erhebt sich der Halm und die Ähre. Der Schmetterling zeiget im Bilde dem Geist, Dass dieser einst siegend die Hülle durchreisst, Wenn er sich aus düsterem Dunkel Aufschwinget mit Glanzesgefunkel. Glühwürmchen durchschweben im flimmenden Tanz Die Lüfte mit goldenem leuchtendem Glanz, Sie wiegen sich selig und irren und schwanken Wie ahnend verschwimmende Traumesgedanken. Dilia Helena (1818-1894)
Das ist die Drossel, die da schlägt, Der Frühling, der mein Herz bewegt, Ich fühle, die sich hold bezeigen, Die Geister aus der Erde steigen. Das Leben fließet wie ein Traum, Mir ist wie Blume, Blatt und Baum. Theodor Storm (1817-1888)
Veilchen unter Gras versteckt wie mit Hoffnung zugedeckt, Veilchen freue Dich mit mir, Sonne kommt ja auch zu Dir. Sonne scheint mit Liebesschein tief Dir in Dein Herz hinein, trocknet Deine Tränen Dir, Veilchen freue Dich mit mir! August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)