April Laut flötet der Wind durch den Haselnußstrauch, Schneeflocken durchwirbeln den Hain, Bald Hagel, bald Regen und eisiger Hauch, Bald lachendster Lenzsonnenschein. Ich weiß ja, daß kurz dieser Sonnenblick dauert, Daß Hagel und Regen und Schneefall schon lauert Und Nordwinds erstarrendes Wehn, Und dennoch mich freudige Hoffnung durchschauert, Es ist ja so schön, ja so frühlingshaft schön. Erfrieren auch die Veilchen, die gestern erblüht, Verstummt auch der Fink in dem Wald - So lieb ich, April dich, in meinem Gemüt Ist's auch heute warm, morgen kalt. Auch dich hatt' ich lieb, die so oft mich belogen, So oft mich mit Lachen und Weinen betrogen, Dich Mädel, trotz Falschheit und Lug, Ja, Zauberkraft war's, die zu dir mich gezogen, Ja Trug, doch berauschender, seliger Trug. Schon lange ist's her, schon manch langes Jahr, Hab' immer gern deiner gedacht, Du rosige Wange, du goldhelles Haar, Du Auge, voll tiefblauer Pracht, Ihr Lippen, wie konntet ihr lachen und schmollen, Ihr Augen, wie konntet ihr strahlen und grollen, Bald Höllenpein spenden und bald Paradies, Was half mir mein besseres Wissen und Wollen, Ja Lüge und Trug war's, doch süß, ach so süß. Ich weine den Blumen des Herzens nicht nach, Schon morgen erblüht neues Glück, Und wenn auch der Nordwind die Lenzblüten brach, Ein Jahr und sie kehren zurück. Ja Hagel und Regen und Sonne und Schneien, Und Wechsel von Trauer, von Lust und Bereuen, Bald jauchzend, bald düster und still, Die Lust nicht verachten, die Schmerzen nicht scheuen, Ich lieb euch, falsch Mädchen und falscher April. Hermann Löns, 1887
Im Lenz Wie duftig wallt durch Wies und Wald Die erste Frühlingsluft! O kommt heraus, da Jung und Alt Der frohe Kukuk ruft. Es ist so still im Sonnenschein, Die Blumen schlummern noch, Es rieseln so munter die Wässerlein Und hüpfen vor Freuden hoch. Dort über die Matte zum Blütensaft Fliegt langsam der Schmetterling, Es läuten so leis und geisterhaft Die Maienglöckchen klingkling! Im Wäldchen, wo die Mädchenschaar Lautscherzend sich ergeht, Hab ich, mit ihrem Ringelhaar, Mein Liebchen auch erspäht. Sie blickt herüber und erschrickt Und nickt verstohlnerweis; Wie ist die lose doch geschickt, Sie will der Schlauheit Preis! Ludwig Eichrodt
Mal was für die lieben Kleinen... Ein Gedicht, dass ich meinem Sohn allzeit aufgesagt habe... Die Gäste der Buche von Rudolf Baumbach Mietegäste vier im Haus hat die alte Buche. Tief im Keller wohnt die Maus, nagt am Hungertuche. Stolz auf seinen roten Rock und gesparten Samen sitzt ein Protz im ersten Stock; Eichhorn ist sein Namen. Weiter oben hat der Specht seine Werkstatt liegen, hackt und zimmert kunstgerecht, dass die Späne fliegen. Auf dem Wipfel im Geäst pfeift ein winzig kleiner Musikante froh im Nest. Miete zahlt nicht einer.
Und gleich noch eins... Frühling von Hans-Joachim Ludwig Steht ein Gast vor unserm Haus. Seht mal aus dem Fenster raus! Sollte das der Frühling sein? Ja, gewiss! Herein, herein! Lang schon warten wir auf dich. Bist du´s wirklich? Sag mal, sprich. Und da nickt der junge Mann, lacht, wie man nur lachen kann. Leicht, beschwingt, so ist sein Schritt. Erste Blüten bringt er mit. Frühling ist nun wieder da, und wir rufen laut "Hurra!"
Es erklingen alle Bäume, Und es singen alle Nester - Wer ist der Kapellenmeister In dem grünen Waldorchester? Ist es dort der graue Kiebitz, Der beständig nickt so wichtig? Oder der Pedant, der dorten Immer kuckuckt, zeitmaßrichtig? Ist es jener Storch, der ernsthaft, Und als ob er dirigieret, Mit dem langen Streckbein klappert, Während alles musizieret? Nein, in meinem eignen Herzen Sitzt des Walds Kapellenmeister, Und ich fühl, wie er den Takt schlägt, Und ich glaube, Amor heißt er. Heinrich Heine (1797-1856)
Es lockt und säuselt um den Baum: Wach auf aus deinem Schlaf und Traum, Der Winter ist zerronnen. Da schlägt er frisch den Blick empor, Die Augen sehen hell hervor Ans goldne Licht der Sonnen. Es zieht ein Wehen sanft und lau, Geschaukelt in dem Wolkenbau Wie Himmelsduft hernieder. Da werden alle Blumen wach, Da tönt der Vögel schmelzend Ach, Da kehrt der Frühling wieder. Es zuckt und bebt im Blute was, Die Wimpern werden tränennaß, Es pochet leis im Herzen. O Mensch, du fühlest Frühlingslust, Und Liebe hebet deinen Ernst, Und wecket süße Schmerzen! Es weht der Wind den Blütenstaub Von Kelch zu Kelch, von Laub zu Laub, Durch Tage und durch Nächte. Flieg auch, mein Herz, und flattre fort, Such hier ein Herz und such es dort, Du triffst vielleicht das Rechte. Jean Baptist Rousseau (1802-1867)
Die stille Lotusblume steigt aus dem blauen See, die Blätter flimmern und blitzen, der Kelch ist weiß wie Schnee. Da gießt der Mond vom Himmel all' seinen gold'nen Schein, gießt alle seine Strahlen in ihren Schoß hinein. Im Wasser um die Blume kreiset ein weißer Schwan er singt so süß, so leise und schaut die Blume an. Er singt so süß, so leise und will im Singen vergehn. O Blume, weiße Blume, kannst du das Lied verstehn? Emanuel von Geibel (1815-1884)
Im Frühling, als der Märzwind ging, als jeder Zweig voll Knospen hing, da fragten sie mit Zagen: was wird der Sommer sagen? Und als das Korn in Fülle stand, in lauter Sonne briet das Land, da seufzten sie und schwiegen: bald wird der Herbstwind fliegen. Der Herbstwind blies die Bäume an und ließ auch nicht ein Blatt daran. Sie sahn sich an: dahinter kommt nur der böse Winter. Das war nicht eben falsch gedacht, der Winter kam auch über Nacht. Die armen, armen Leute, was sorgen sie nur heute? Sie sitzen hinterm Ofen still und warten, ob's nicht tauen will, und bangen sich und sorgen um morgen. Gustav Falke (1853-1916)
Wenn der Frühling auf die Berge steigt Und im Sonnenstrahl der Schnee zerfließt, Wenn das erste Grün am Baum sich zeigt, Und im Gras das erste Blümlein sprießt, Wenn vorbei im Tal nun mit einem Mal Alle Regenzeit und Winterqual, Schallt es von den Höh'n bis zum Tale weit: O, wie wunderschön ist die Frühlingszeit! Wenn am Gletscher heiß die Sonne leckt, Wenn die Quelle von den Bergen springt, Alles rings mit jungem Grün sich deckt, Und das Lustgetön der Wälder klingt, Lüfte lind und lau würzt die grüne Au, Und der Himmel lacht so rein und blau, Schallt es von den Höh'n bis zum Tale weit: O, wie wunderschön ist die Frühlingszeit! War's nicht auch zur jungen Frühlingszeit, Als dein Herz sich meinem Herz erschloss? Als von dir, du wundersüße Maid, Ich den ersten langen Kuß genoss! Durch den Hain entlang, heller Lustgesang, Und die Quelle von den Bergen sprang, Scholl es von den Höh'n bis zum Tale weit: O, wie wunderschön ist die Frühlingszeit! Friedrich Martin von Bodenstedt (1819-1892)
Was zwitscherst du, lieb Vögelein, So frühe schon im Garten? Du rufst den Frühling schon herein, Du kannst ihn kaum erwarten. Du flatterst jubelnd ihm voran, Du streust ihm Lieder auf die Bahn: O Vöglein, sei willkommen! Nicht lange mehr, lieb Vögelein, Dann muss es Frühling werden. Es hat gefegt der Sonnenschein Den Schnee schon von der Erden. Die Primel blüht, das Veilchen auch, Die Knospe quillt an Baum und Strauch: O Vöglein, sei willkommen! C. Hoffmann von Nauborn
Vöglein auf den grünen Zweigen, Die sich auf- und abwärts neigen, Freude hebet eure Brust, Klopfen hör’ ich sie vor Lust! Frühlingswonne, Schwalben, Lerchen, Laut Geklapper unter Störchen, Wiedersehen, Reiselust, Hohe Freude in der Brust. Gönnet mir Die Freudenfeier, Meine Seele atmet freier, Herr im Himmel, habe Dank Für den innern Festgesang! Friederike Kempner, 1903
Gruss der Sonne Aus den braunen Schollen Springt die Saat empor, Grüne Knospen rollen Tausendfach hervor. Und es ruft die Sonne: Fort den blassen Schein! Wieder will ich Wonne, Glut und Leben sein! Wieder wohlig zittern Auf dem blauen Meer, Oder zu Gewittern Führen das Wolkenheer! In den Frühlingsregen Sieben Farben streun Und auf Weg und Stegen Meinen goldnen Schein! Ruhn am Felsenhange, Wo der Adler minnt, Auf der Menschenwange, Wo die Träne rinnt! Dringen in der Herzen Kalte Finsternis, Blenden alle Schmerzen Aus dem tiefsten Riss! Bringt - ich bin die Sonnen - An das Kerkertor, Was ihr habt gesponnen Winterlang, hervor! Alle finstern Hütten Sollen Mann und Maus Auf die Aue schütten, An mein Licht heraus! Mit all euren Schätzen Lagert euch herum, Wendet eure Fetzen Vor mir um und um! Dass durch jeden Schaden Leuchten ich und dann Mit dem goldnen Faden Ihn verweben kann! Gottfried Keller
Geliebter Frühling meiner Tage, wie voller Anmut blühest du! so lang' ich deine Rosen trage, stösst mir kein Missvergnügen zu; du füllest mir die muntre Brust mit Feuer, Leben und Geblüte, du nährst mit unschuldvoller Lust mein immer fröhliches Gemüte. Was Kummer heißt, was eitle Sorgen, was Grillen, Ehrsucht, Geiz und Neid, das bleibet mir so sehr verborgen, als andern die Zufriedenheit: ich leb' in ungestörter Ruh, und denke nicht auf künst'ge Plage. Wie voller Anmut blühest du, geliebter Frühling meiner Tage! Anonymus
Das Beet, schon lockert sichs in die Höh! Da wanken Glöckchen so weiß wie Schnee; Safran entfalltet gewaltge Glut, Smaragden keimt es und keimt wie Blut; Primeln stolzieren so naseweis, Schalkhafte Veilchen, versteckt mit Fleiß; Was such noch alles da regt und webt, Genug, der Frühling, er wirkt und lebt. Doch was im Garten am reichsten blüht, Das ist des Liebchens lieblich Gemüt. Da glühen Blicke mir immerfort, Erregend Liedchen, erheiternd Wort, Ein immer offen, ein Blütenherz, Im Ernste freundlich und rein im Scherz. Wenn Ros und Lilie der Sommer bringt, Er doch vergebens mit Liebchen ringt. Johann Wolfgang von Goethe
Der Frühling begrüsset die junge Natur, Ein wogendes Blumenmeer decket die Flur, Und Nachtigallchöre besingen die Bäume Die Bäume mit lieblichem Klingen. Die Blümchen des Maises bespiegeln sich Im traulich, melodisch sie lockenden Quell, Und froh zu der himmlischen Sphäre Erhebt sich der Halm und die Ähre. Der Schmetterling zeiget im Bilde dem Geist, Dass dieser einst siegend die Hülle durchreisst, Wenn we sich aus düsterem Dunkel Aufschwinget mit Glanzesgefunkel. Glühwürmchen durchschweben im flimmenden Tanz Die Lüfte mit goldenem leuchtendem Glanz, Sie wiegen sich selig und irren und schwanken Wie ahnend verschwimmende Traumesgedanken. Dilia Helena (1818-1894)
Frühlingsregen Regne, regne, Frühlingsregen, weine durch die stille Nacht! Schlummer liegt auf allen Wegen, nur dein treuer Dichter wacht ... lauscht dem leisen, warmen Rinnen aus dem dunklen Himmelsdom, und es löst in ihm tiefinnen selber sich ein heißer Strom, läßt sich halten nicht und hegen, quillt heraus in sanfter Macht ... Ahndevoll auf stillen Wegen geht der Frühling durch die Nacht. Christian Morgenstern (1871-1914)
Sehnsucht nach dem Frühling Komm, lieber Mai, und mache Die Bäume wieder grün, Und laß mir an dem Bache Die kleinen Veilchen blühn! Wie möcht ich doch so gerne Ein Veilchen wieder sehn, Ach, lieber Mai, wie gerne Einmal spazieren gehn! Zwar Wintertage haben Wohl auch der Freuden viel; Man kann im Schnee eins traben Und treibt manch Abendspiel, Baut Häuschen von Karten, Spielt Blindekuh und Pfand; Auch gibt's wohl Schlittenfahrten Auf's liebe freie Land. Doch wenn die Vöglein singen Und wir dann froh und flink Auf grünen Rasen springen, Das ist ein ander Ding! Ach, wenn's doch erst gelinder Und grüner draußen wär! Komm, lieber Mai, wir Kinder, Wir bitten dich gar sehr! O komm und bring vor allen Uns viele Veilchen mit, Bring auch viel Nachtigallen Und schöne Kuckucks mit! Christian Adolf Overbeck (1755-1821)
April Das ist die Drossel, die da schlägt, Der Frühling, der mein Herz bewegt; Ich fühle, die sich hold bezeigen, Die Geister aus der Erde steigen. Das Leben fließet wie ein Traum - Mir ist wie Blume, Blatt und Baum. Theodor Storm
Die blauen Frühlingsaugen schau'n aus dem Gras hervor; Das sind das lieben, lieben Veilchen, die ich zum Strauß erkor. Ich pflücke sie und denke, und die Gedanken all, Die mir im Herzen seufzen, singt laut die Nachtigall. Ja, was ich denke, singt sie lautschmetternd, daß es schallt; Mein zärtliches Geheimnis weiß schon der ganze Wald. Heinrich Heine (1797-1856
Blüten am Wegesrand, Einfach und schlicht, Die eine Kinderhand Freudig sich bricht! Von hoher, stolzer Pracht Strahlet ihr nicht - Doch gab euch Gottes Macht Leben und Licht! Wild, ohne jede Pfleg`, Zertreten oft Wuchset ihr auf am Weg Und blüht und hofft, Daß noch ein Menschenkind Euch einst erblickt Und euch zum Strauße lind Vom Wege pflückt! Karl Friedrich Mezger