Bitte alle mitmachen: Naturgedichte und -lieder

Dieses Thema im Forum "Kaffeeklatsch" wurde erstellt von Neli, 18. März 2007.

  1. Marie2

    Marie2 nobody is perfect ;)

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  2. Neli

    Neli Optimistin

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    Frühlingsahnung

    O sanfter, süsser Hauch!
    Schon weckest du wieder
    mir Frühlingslieder,
    bald blühen die Veilchen auch.



    Johann Ludwig Uhland (1787-1862)
     

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  3. Neli

    Neli Optimistin

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    Der Gesang

    Erschaffen schon die Erde lag,
    so schön als man sie schauen mag,
    die Bäume standen grün belaubt,
    die Blumen wiegten sanft ihr Haupt,
    das Hirschlein sprang so froh umher,
    die Vöglein flogen kreuz und quer,
    doch nirgends klang ein froher Schall,
    und wie ein Grab lag Berg und Tal.

    Da sah der Herr herab zur Welt
    und dacht': "Es ist wohl recht bestellt,
    doch fehlt der Erde noch Gesang,
    der freudig schall' das Rund entlang."

    Und einen Engel sendet schnell
    der Herr aus seinem Himmel hell:
    "Du bring' hinab dies schöne Gut,
    des Sanges heil'ge Zauberflut,
    und lehre dort die Vöglein mein,
    zu singen Weisen schön und fein!"

    Und froh ob solcher Sendung eilt
    vom Herrn der Engel unverweilt
    und bricht vom Schilf ein Rohr im Flug,
    das just zu ihm sich neigt im Bug.

    Drauf setzt er nieder sich im Wald
    und bläst auf seinem Rohr alsbald,
    und bläst, daß wie von Lust bewegt,
    so Baum als Strauch sich rauschend regt.

    Und wie er bläst so wunderbar,
    da kommt herbei der Vöglein Schar,
    da springt hervor der Zeisig flink,
    da naht der Stieglitz und der Fink;

    da kreis't die Lerch' aus hoher Luft,
    Rotkehlchen schlüpft aus Laub und Duft,
    da flattert Meis' und Nachtigall
    herbei und horcht dem süßen Schall.

    Und immer nah'n der Vöglein mehr,
    schon sitzt ein ganzes Schülerheer,
    das schaut wohl auf den fremden Gast,
    verwundert sehr, von Zweig und Ast

    und horcht und streckt die Hälschen lang
    und piept und zwitschert nach den Sang
    und müht sich aus den Kehlchen klein,
    zu bringen solche Klänge fein.

    Und wie der Engel drauf entschwebt,
    da ist der Wald wie neu belebt,
    da zwitschert's, schallt's, da hallt's und klingt's,
    da tririlirt's und pfeift's und singt's,

    da regt es sich auf jedem Ast
    von namenloser Lust erfasst,
    und selbst vergnüget spricht der Herr:
    "Nun fehlt nur Eins der Erde mehr!
    Das ist der Mensch... daß eine Brust
    empfinde auch des Sanges Lust."


    Johann Nepomuk Vogl (1802-1866)
     

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  4. Gucki

    Gucki Guest

    Still doch! Es war ja der Wind nur,
    Welcher dich fürchten gemacht.
    Sieh, alle Dinge sind nur
    Wandelnde Schatten der Nacht.

    Aber das Auge erhellt sie
    Mehr als die Sonne vermag,
    Schenkt ihnen Leben und stellt sie
    In den taumelnden Tag.

    Alexander von Bernus
     
  5. Gucki

    Gucki Guest

    Wenns Frühling wird.

    Die ersten Keime sind, die zarten
    im goldnen Schimmer aufgesprossen;
    schon sind die ersten der Karossen
    im Baumgarten.

    Die Wandervögel wieder scharten
    zusammen sich an der alten Stelle,
    und bald stimmt ein auch die Kapelle
    im Baumgarten.

    Der Lenzwind plauscht in neuen Arten
    die alten, wundersamen Märchen,
    und draußen träumt das erste Pärchen
    im Baumgarten.


    Rainer Maria Rilke

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  6. poldi

    poldi Aktives Mitglied

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    Die schöne Buche

    Ganz verborgen im Wald kenn ich ein Plätzchen, da stehet
    Eine Buche, man sieht schöner im Bilde sie nicht.
    Rein und glatt, in gediegenem Wuchs erhebt sie sich einzeln,
    Keiner der Nachbarn rührt ihr an den seidenen Schmuck.
    Rings, so weit sein Gezweig der stattliche Baum ausbreitet,
    Grünet der Rasen, das Aug still zu erquicken, umher;
    Gleich nach allen Seiten umzirkt er den Stamm in der Mitte;
    Kunstlos schuf die Natur selber dies liebliche Rund.
    Zartes Gebüsch umkränzet es erst; hochstämmige Bäume,
    Folgend in dichtem Gedräng, wehren dem himmlischen Blau.
    Neben der dunkleren Fülle des Eichbaums wieget die Birke
    Ihr jungfräuliches Haupt schüchtern im goldenen Licht.
    Nur wo, verdeckt vom Felsen, der Fußsteig jäh sich hinabschlingt,
    Lässet die Hellung mich ahnen das offene Feld.
    - Als ich unlängst einsam, von neuen Gestalten des Sommers
    Ab dem Pfade gelockt, dort im Gebüsch mich verlor,
    Führt' ein freundlicher Geist, des Hains auflauschende Gottheit,
    Hier mich zum erstenmal, plötzlich, den Staunenden, ein.
    Welch Entzücken! Es war um die hohe Stunde des Mittags,
    Lautlos alles, es schwieg selber der Vogel im Laub.
    Und ich zauderte noch, auf den zierlichen Teppich zu treten;
    Festlich empfing er den Fuß, leise beschritt ich ihn nur.
    Jetzo, gelehnt an den Stamm (er trägt sein breites Gewölbe
    Nicht zu hoch), ließ ich rundum die Augen ergehn,
    Wo den beschatteten Kreis die feurig strahlende Sonne,
    Fast gleich messend umher, säumte mit blendendem Rand.
    Aber ich stand und rührte mich nicht; dämonischer Stille,
    Unergründlicher Ruh lauschte mein innerer Sinn.
    Eingeschlossen mit dir in diesem sonnigen Zauber-
    Gürtel, o Einsamkeit, fühlt ich und dachte nur dich!
    Eduard Mörike

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  7. Neli

    Neli Optimistin

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    Still sitz' ich an des Hügels Hang,
    Der Himmel ist so klar,
    Das Lüftchen spielt im grünen Tal.
    Wo ich beim ersten Frühlingsstrahl
    Einst, ach so glücklich war.

    Wo ich an ihrer Seite ging
    So traulich und so nah,
    Und tief im dunklen Felsenquell
    Den schönen Himmel blau und hell
    Und sie im Himmel sah.

    Sieh, wie der bunte Frühling schon
    Aus Knosp' und Blüte blickt!
    Nicht alle Blüten sind mir gleich,
    Am liebsten pflückt ich von dem Zweig,
    Von welchem sie gepflückt!

    Denn alles ist wie damals noch,
    Die Blumen, das Gefild;
    Die Sonne scheint nicht minder hell,
    Nicht minder freundlich schwimmt im Quell
    Das blaue Himmelsbild.

    Es wandeln nur sich Will und Wahn,
    Es wechseln Lust und Streit,
    Vorüber flieht der Liebe Glück,
    Und nur die Liebe bleibt zurück,
    Die Lieb und ach, das Leid.

    O wär ich doch ein Vöglein nur
    Dort an dem Wiesenhang
    Dann blieb ich auf den Zweigen hier,
    Und säng ein süßes Lied von ihr,
    Den ganzen Sommer lang.


    Ernst Konrad Friedrich Schulze (1789-1817)
     

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  8. poldi

    poldi Aktives Mitglied

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    Im Frühling

    Hier lieg' ich auf dem Frühlingshügel:
    Die Wolke wird mein Flügel,
    Ein Vogel fliegt mir voraus.
    Ach, sag' mir, alleinzige Liebe,
    Wo d u bleibst, dass ich bei dir bliebe!
    Doch du und die Lüfte, ihr habt kein Haus.
    Der Sonnenblume gleich steht mein Gemüte offen,
    Sehnend,
    Sich dehnend
    In Liebe und Hoffen.
    Frühling, was bist du gewillt?
    Wann werd ich gestillt?
    Die Wolke seh ich wandeln und den Fluss,
    Es dringt der Sonne goldner Kuss
    Mir tief bis ins Geblüt hinein;
    Die Augen, wunderbar berauschet,
    Tun, als schliefen sie ein,
    Nur noch das Ohr dem Ton der Biene lauschet.
    Ich denke dies und denke das,
    Ich sehne mich, und weiß nicht recht, nach was:
    Halb ist es Lust, halb ist es Klage;
    Mein Herz, o sage,
    Was webst du für Erinnerung
    In golden grüner Zweige Dämmerung?
    - Alte unnennbare Tage!
    Eduard Mörike

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  9. poldi

    poldi Aktives Mitglied

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    Ort:
    Rheinland-Pfalz
    [FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]März

    Es ist ein Schnee gefallen,
    Denn es ist noch nicht Zeit,
    Daß von den Blümlein allen,
    Daß von den Blümlein allen
    Wir werden hoch erfreut.

    Der Sonnenblick betrüget
    Mit mildem, falschem Schein,
    Die Schwalbe selber lüget,
    Die Schwalbe selber lüget,
    Warum? Sie kommt allein.

    Sollt ich mich einzeln freuen,
    Wenn auch der Frühling nah?
    Doch kommen wir zu zweien,
    Doch kommen wir zu zweien,
    Gleich ist der Sommer da.
    [/FONT]
    [FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe[/FONT]​
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  10. Gucki

    Gucki Guest

    Im Frühling

    Der Frühling kam, der Frühling rief
    Vom Berg in's Tal hinunter:
    "Wär' euer Schlaf auch noch so tief,
    Ihr Schläfer, werdet munter!"

    Da regten tausend Keime sich
    Und wurden stark und stärker,
    Und dehnten sich und streckten sich
    Und sprengten ihre Kerker.

    Da traten Blätter zart und weich
    Aus kleinen braunen Wiegen,
    Um schüchtern an den schlanken Zweig
    Sich innig anzuschmiegen.

    Da sprang Schneeglöckchen pfeilgeschwind
    Aus seinem grünen Bette;
    Es glaubte schon das schöne Kind,
    Daß es verschlafen hätte.

    Da öffneten sich allzumal
    Die Särge der Winterschläfer;
    Da spielten in der Sonne Strahl
    Die Mücken und die Käfer.

    Da wurden auch die Veilchen wach,
    Die tief im Grase wohnen,
    Und bunte Primeln folgten nach
    Und weiße Anemonen.

    Da fing mein Herz zu klopfen an,
    So schmerzlich und so bange;
    Ein Strom von bittern Tränen rann
    Heiß über meine Wange.

    Der Lieben hab' ich still gedacht,
    Die grüne Hügel decken,
    Und die der Lenz mit seiner Macht
    Nicht kann vom Schlaf erwecken.

    von Julius Sturm

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  11. Gucki

    Gucki Guest

    Und als ich aufstand früh am Tag
    Und meinte, daß es noch Winter sei,
    Da jauchzte schon mit lustigem Schlag
    Die Lerch' an meinem Fenster frei:
    Tirili, tirili! Vom blöden Traum,
    Langschläfer, bist du endlich erwacht?
    Du schliefst und merktest das Süße kaum,
    Denn sacht, denn sacht
    Ist kommen der Frühling über Nacht.

    Und als ich schaute zum Himmelsraum,
    Da war er so blau, da war er so weit;
    Und als ich blickt' auf Strauch und Baum,
    Da trugen sie all' ein grünes Kleid.
    Und als ich sah in die eigene Brust,
    Da saß die Liebe darin und sang,
    Was selber so süß ich nimmer gewußt;
    Das klang, das klang,
    Und soll nun klingen mein Leben lang.


    Emanuel Geibel
     
  12. Gucki

    Gucki Guest

    Tag, schein herein! und Leben, flieh hinaus!

    Tag, schein herein! Die Kammer steht dir offen!
    Holdselger Lenzesmorgen, schein herein!
    Schon glitzert, von der Sonne Strahl getroffen
    Das Tintenfass, der eichne Bücherschrein.
    Vogt Winter muss dem Lenze Rechnung geben,
    Dem schönen Erben, über Hof und Haus -
    Auch mir zugut geschrieben ist ein Leben -
    Tag, schein herein! und Leben, flieh hinaus!

    Ich war von einem schweren Bann gebunden.
    Ich lebte nicht. Ich lag im Traum erstarrt.
    Von vielen tausend unverbrauchten Stunden
    Schwillt ungestüm mir nun die Gegenwart.
    Aus dunkelm Grunde grüne Saat zu wecken,
    Bedarf es Sonnenstrahles nur und Taus,
    Ich fühle, wie sich tausend Keime strecken.
    Tag, schein herein! und Leben, flieh hinaus!

    Ein Segel zieht auf wunderkühlen Pfaden,
    In Fluten dunkel spiegelt sich der Tag.
    Was hat die Barke dort für mich geladen?
    Vielleicht ists etwas, das mich freuen mag!
    Entgegen ihr! Was wird die Barke bringen
    Durch blauer Wellen freudiges Gebraus?
    Entgegen ihr! Mit weitgestreckten Schwingen!
    Tag, schein herein! und Leben, flieh hinaus!

    Conrad Ferdinand Meyer

     
  13. licet73

    licet73 Neues Mitglied

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    Der Lenz ist

    Das Lenzsymptom zeigt sich zuerst beim Hunde,
    dann im Kalender und dann in der Luft,
    und endlich hüllt auch Fräulein Adelgunde
    sich in die frischgewaschene Frühlingskluft.

    Ach ja, der Mensch! Was will er nur vom Lenze?
    Ist er denn nicht das ganze Jahr in Brunst?
    Doch seine Triebe kennen keine Grenze –
    dies Uhrwerk hat der liebe Gott verhunzt.

    Der Vorgang ist in jedem Jahr derselbe:
    man schwelgt, wo man nur züchtig beten sollt,
    und man zerdrückt dem Heiligtum das gelbe
    geblümte Kleid – ja, hat das Gott gewollt?

    Die ganze Fauna treibt es immer wieder:
    Da ist ein Spitz und eine Pudelmaid –
    die feine Dame senkt die Augenlider,
    der Arbeitsmann hingegen scheint voll Neid.

    Durch rauh Gebrüll läßt sich das Paar nicht stören,
    ein Fußtritt trifft den armen Romeo –
    mich deucht, hier sollten zwei sich nicht gehören ...
    Und das geht alle, alle Jahre so.

    Komm, Mutter, reich mir meine Mandoline,
    stell mir den Kaffee auf den Küchentritt. –
    Schon dröhnt mein Baß: Sabine, bine, bine ...
    Was will man tun? Man macht es schließlich mit.
    Kurt Tucholsky
     
  14. Neli

    Neli Optimistin

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    Ein Fichtenbaum steht einsam
    Im Norden auf kahler Höh';
    Ihn schläfert; mit weißer Decke
    Umhüllen ihn Eis und Schnee.

    Er träumt von einer Palme,
    Die, fern im Morgenland,
    Einsam und schweigend trauert
    Auf brennender Felsenwand.


    Heinrich Heine (1797-1856
     

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    #274 23. Februar 2008
    Zuletzt bearbeitet: 23. Februar 2008
  15. Neli

    Neli Optimistin

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    Goldne Abendsonne,
    o, wie bist du schön!
    Nie kann ohne Wonne
    deinen Glanz ich sehn!

    Schon in zarter Jugend
    sah ich gern nach dir,
    und der Trieb der Tugend
    glühte mehr in mir!

    Doch von dir, o Sonne!
    wend' ich meinen Blick
    mit noch grössrer Wonne
    auf mich selbst zurück!

    Schuf uns ja doch beide
    Eines Gottes Hand!
    dich im Strahlenkleide,
    mich im Staubgewand!


    Anna Barbara Urner (1760-1803)
     

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  16. Gucki

    Gucki Guest

    Wie ist doch die Erde so schön, so schön!
    Das wissen die Vögelein;
    Sie heben ihr leicht Gefieder,
    Und singen so fröhliche Lieder
    In den blauen Himmel hinein.

    Wie ist doch die Erde so schön, so schön!
    Das wissen die Flüss' und Seen;
    Sie malen im klaren Spiegel
    Die Gärten und Städt' und Hügel,
    Und die Wolken, die drüber gehn!

    Und Sänger und Maler wissen es,
    Und es wissen's viel and're Leut',
    Und wer's nicht malt, der singt es,
    Und wer's nicht singt, dem klingt es
    [Im Herzen] vor lauter Freud'!


    Robert Reinick

     
  17. Gucki

    Gucki Guest

    Der Hahn
    Horch, horch!
    Der Hahn ist auch schon wach!
    So früh, Herr Hahn? Kaum graut der Tag,
    da kommt mit stolzen Schritten,
    der Hahn einher geschritten.

    Und kikriki! Hof ein Hof aus!
    Da muss der höchste ton heraus.
    Er kann sich nicht bezwingen,
    sein Morgenlied zu singen.

    Ja, ja ich hör es, wackrer Hahn,
    du kündest uns den Morgen an
    und mahnst uns durch dein Krähen,
    fein zeitig aufzustehen.

    Du rufst uns zu:
    Die Morgenstund, ihr Leute,
    die hat Gold im Mund,
    steht auf, ihr fleiß´gen Kinder,
    jetzt lernt ihr viel geschwinder.

    Drum kräh nur fort durch Hof und Haus,
    in einem Nu bin ich heraus;
    magst nun die Faulen wecken,
    die sich erst lange strecken.

    Jakob Baechtold


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  18. Neli

    Neli Optimistin

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    Das Dorf im Schnee

    Still, wie unterm warmen Dach,
    Liegt das Dorf im weißen Schnee;
    In den Erlen schläft der Bach,
    Unterm Eis der blanke Schnee.

    Weiden steh'n im weißen Haar,
    Spiegeln sich in starrer Flut;
    Alles ruhig, kalt und klar
    Wie der Tod der ewig ruht.

    Weit, so weit das Auge sieht,
    keinen Ton vernimmt das Ohr,
    Blau zum blauen Himmel zieht
    Sacht der Rauch vom Schnee empor.

    Möchte schlafen wie der Baum,
    Ohne Lust und ohne Schmerz;
    Doch der Rauch zieht wie im Traum
    Still nach Haus mein Herz.



    Klaus Groth (1819-1899)
     

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  19. Gucki

    Gucki Guest

    Kein Hälmlein wächst auf Erden,
    Der Himmel
    hat´s betaut,
    Und kann kein Blümlein werden,
    Die Sonne
    hat´s erschaut.

    Wenn du auch tief beklommen
    In Waldesnacht allein:
    Einst wird von Gott
    dir kommen
    Dein Tau und Sonnenschein.
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    Dann sproßt, was dir indessen
    Als Keim im Herzen
    lag,
    So ist kein Ding vergessen,
    Ihm kommt ein Blütentag.

    Albert Emil Brachvogel
     
  20. Gucki

    Gucki Guest

    Frühlingslied

    Und als das Kind geboren ward,
    Von dem ich heute singe,
    Der Winter schüttelte den Bart:
    »Was sind mir das für Dinge!
    Wie kommt dies Frühlingsblümelein
    In mein bereiftes Haus hinein?
    Potz Wunder über Wunder!«
    Doch klingeling! Ringsum im Kreis
    Bewegt’ sich’s im geheimen;
    Schneeglöckchen hob das Köpfchen weiß,
    Maiblümchen stand im Keimen;
    Und durch die Lüfte Tag für Tag,
    Da ging ein süßer Lerchenschlag
    Weit über Feld und Auen.
    Herr Winter! greif Er nur zum Stab!
    Das sind gar schlimme Dinge:
    Sein weißes Kleid wird gar zu knapp,
    Sein Ansehn zu geringe! -
    Wie übern Berg die Lüfte wehn,
    Da merk ich, was das Blümlein schön
    Uns Liebliches bedeute.

    Theodor Storm


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