Im Haine Sonnenstrahlen Durch die Tannen, Wie sie fallen, Ziehn von dannen Alle Schmerzen, Und im Herzen Wohnet reiner Friede nur. Stille Sausen Lauer Lüfte, Und in Brausen Zarter Düfte, Die sich neigen Aus den Zweigen, Atmet aus die ganze Flur. Wenn nur immer Dunkle Bäume, Sonnenschimmer, Grüne Säume Uns umblühten Und umglühten, Tilgend aller Qualen Spur! Franz Seraph Ritter von Bruchmann (1798-1867)
Die Vögel Wie lieblich und fröhlich, Zu schweben, zu singen, Von glänzender Höhe Zur Erde zu blicken! Die Menschen sind töricht, Sie können nicht fliegen. Sie jammern in Nöten, Wir flattern gen Himmel. Der Jäger will töten, Dem Früchte wir pickten; Wir müssen ihn höhnen, Und Beute gewinnen. Friedrich von Schlegel (1772.1829)
Winterlied Geduld, du kleine Knospe, Im lieben stillen Wald, Es ist noch viel zu frostig, Es ist noch viel zu bald. Noch geh ich hier vorüber, Doch merk ich mir den Platz, Und kommt heran der Frühling, So hol ich dich, mein Schatz. August von Platen-Hallermünde (1796-1835)
Wohl dem Mann, der in der Stille Seine kleine Heerde führt, Weit von Menschen, in der Hülle Dunkler Bäume sie regiert. Wo er wohnet sind die Götter, Sitzen bei dem kleinen Mahl, Ewig sonnt ihn Frühlingswetter, Fern von ihm die rege Qual, Die mit ihren schwarzen Flügeln Um den Unzufriednen schwärmt, Daß er sich von Thal zu Hügeln Und von Hügeln thalwärts härmt. Aber hier ist Abendröthe Widerschein von Morgenroth, Und die kleine Schäferflöte Klinget bis zu unserm Tod. Johann Ludwig Tieck (1773-1853)
Wie willst du dich mir offenbaren, Wie ungewohnt, geliebtes Tal? Nur in den frühsten Jugendjahren Erschienst du so mir manches Mal. Die Sonne schon hinabgegangen, Doch aus den Bächen klarer Schein; Kein Lüftchen spielt mir um die Wangen, Doch sanftes Rauschen in dem Hain. Es duftet wieder alte Liebe, Es grünet wieder alte Lust; Ja, selbst die alten Liedertriebe Beleben diese kalte Brust. Natur, wohl braucht es solcher Stunden, So innig, so liebevoll, Wenn dieses arme Herz gesunden, Das welkende genesen soll. Bedrängt mich einst die Welt noch bänger, So such' ich wieder dich mein Tal, Empfange dann den kranken Sänger Mit solcher Milde noch einmal. Und sink' ich dann ermattet nieder, So öffne leise deinen Grund Und nimm mich auf und schließ' ihn wieder Und grüne fröhlich und gesund. Ludwig Uhland (1787-1862)
An dies Schifflein schmiege, Holder See, dich sacht! Frommer Liebe Wiege, Nimm sie wohl in Acht! Deine Wellen rauschen; Rede nicht so laut! Laß mich ihr nur lauschen, Die mir viel vertraut! Deine Wellen leuchten, Spiegeln uns zurück Tausendfach die feuchten Augen voller Glück! Deine Wellen zittern Von der Sonne Glut; Ob sie's heimlich wittern, Wie die Liebe tut? Weit und weiter immer Rück den Strand hinaus! Aus dem Himmel nimmer Laß mich steigen aus! Fern von Menschenreden Und von Menschensinn, Als ein schwimmend Eden Trag dies Schifflein hin! Christian Reinhold (1813-1856)
Einmal in einem tiefen Tal der Kukuk und die Nachtigall eine Wett' täten anschlagen, zu singen um das Meisterstück: wer's gewänn' aus Kunst oder aus Glück, Dank sollt' er davon tragen. Der Kukuk sprach: "So dir's gefällt, hab' der Sach' einen Richter erwählt." Und tät den Esel nennen. "Denn weil der hat zwei Ohren groß, so kann er hören desto bass, und was recht ist, erkennen." Als ihm die Sach' nun ward erzählt, und er zu richten hat Gewalt, schuf er: sie sollten singen! Die Nachtigall sang lieblich aus; der Esel sprach: "Du machst mir's kraus; ich kann's in Kopf nicht bringen." Der Kukuk fing auch an und sang, wie er denn pflegt zu singen: Kukuk, Kukuk, lacht fein darein, das g'fiel dem Es'l im Sinne sein, er sprach: In allen Rechten will ich ein Urteil sprechen. "Hast wohl gesungen, Nachtigall! Aber Kukuk sing schön Choral, und hält den Takt fein innen. Das sprech' ich nach mein hoh'n Verstand, und ob es gölt ein ganzes Land, so laß ich's dich gewinnen." Aus "Des Knaben Wunderhorn"
Bienchen, Bienchen, Wiegt sich im Sonnenschein, Spielt um mein Kindelein, Summt dich in Schlummer ein, Süßes Gesicht. Spinnchen, Spinnchen, Flimmert im Sonnenschein, Schlummre mein Kindelein, Spinnt dich in Träume ein, Rühre dich nicht! Tiefedelinchen Schlüpft aus dem Sonnenschein Träume mein Kindelein Haucht dir ein Seelchen ein: Liebe zum Licht. Richard Dehmel (1863-1920)
Schneeglöcklein, o Schneeglöcklein, In den Auen läutest du, Läutest in dem stillen Hain, Läute immer, läute zu, läute immer zu! Denn du kündest frohe Zeit, Frühling naht, der Bräutigam, Kommt mit Sieg vom Winterstreit, Dem er seine Eiswehr nahm. Darum schwingt der goldne Stift, Daß dein Silberhelm erschallt, Und dein liebliches Gedüft Leis' wie Schmeichelruf entwallt: Daß die Blumen in der Erd' Steigen aus dem düstern Nest, Und des Bräutigams sich wert Schmücken zu dem Hochzeitsfest. Schneeglöcklein, o Schneeglöcklein, In den Auen läutest du, Läutest in dem stillen Hain, Läut' die Blumen aus der Ruh'! Du Viola, zartes Kind, Hörst zuerst den Wonnelaut, Und sie stehet auf geschwind, Schmücket sorglich sich als Braut. Hüllet sich in's grüne Kleid, Nimmt den Mantel sammetblau, Nimmt das güldene Geschmeid, Und den Brilliantentau. Eilt dann fort mit mächt'gem Schritt, Nur den Freund im treuen Sinn, Ganz von Liebesglück durchglüht, Sieht nicht her und sieht nicht hin. Doch ein ängstliches Gefühl Ihre kleine Brust durchwallt, Denn es ist noch rings so still, Und die Lüfte weh'n so kalt. Und sie hemmt den schnellen Lauf, Schon bestrahlt von Sonnenschein, Doch mit Schrecken blickt sie auf, Denn sie stehet ganz allein. Schwestern nicht, nicht Bräutigam, Zugedrungen! und verschmäht! Da durchschauert sie die Scham, Fliehet wie vom Sturm geweht. Fliehet an den fernsten Ort, Wo sie Gras und Schatten deckt, Späht und lauschet immerfort, Ob was rauschet und sich regt. Und gekränket und getäuscht Sitzet sie und schluchzt und weint, Von der tiefsten Angst zerfleischt, Ob kein Nahender erscheint. Schneeglöcklein, o Schneeglöcklein, In den Auen läutest du, Läutest in dem stillen Hain, Läut die Schwestern ihr herzu! Rose nahet, Lilie schwankt, Tulp' und Hyazinthe schwellt, Windling kommt daher gerankt, Und Narciss' hat sich gesellt. Da der Frühling nun erscheint, Und das frohe Fest beginnt, Sieht er alle, die vereint, Und vermißt sein liebstes Kind. Alle schickt er suchend fort, Um die eine, die ihm wert, Und sie kommen an den Ort, Wo sie einsam sich verzehrt. Doch es sitzt das liebe Kind Stumm und bleich, das Haupt gebückt, Ach! der Lieb' und Sehnsucht Schmerz Hat die Zärtliche erdrückt. Schneeglöcklein, o Schneeglöcklein, In den Auen läutest du, Läutest in dem stillen Hain, Läut Viola sanfte Ruh'. Franz von Schober (1798-1882)
Es steigen die Glöckchen Aus schmelzendem Eis Und schütteln die Röckchen, Halb grün und halb weiss. Es knarren die Eichen, Befreit rauscht der Bach, Die Kälte will weichen, Der Frühling wird wach! Die Mutter Sibylle Tut's Schiebfenster auf Und schaut durch die Brille Zum Giebel hinauf. Zwei Kätzelein schleichen Verliebt über's Dach, Die Kälte will weichen, Der Frühling wird wach! Was kommt dort getänzelt, Trägt Söckel am Schuh? Es trippelt und schwänzelt Und kichert mir zu. Verheissendes Zeichen, Beherzt folg' ich nach, Die Kälte will weichen, Der Frühling wird wach! Rudolf Baumbach (1840-1905)
Goldne Sterne, blaue Glöckchen, Wieviel wonnevolle Kelche! Welche Schimmerpracht, ach, welche Samtenen und seidnen Röckchen! Blaue Glöckchen, goldne Sterne, Tausend Blüten seh ich winken, Weiche Blüten nah und ferne, Nur aus einer sollt ich trinken? Daß ich das doch nimmer lerne! ... Goldne Sterne ... Blaue Glöckchen ... Karl Friedrich Henckell (1864-1929)
Ferne von der Großen Stadt, Nimm mich auf in deine Stille, Tal, das mit des Frühlings Fülle Die Natur geschmücket hat! Wo kein Lärmen, kein Getümmel Meinen Schlummer kürzer macht, Und ein ewig heitrer Himmel Über sel'gen Fluren lacht! Freuden, die die Ruhe beut, Will ich ungestört hier schmecken, Hier, wo Bläume mich bedecken, Und die Linde Duft verstreut, Diese Quelle sei mein Spiegel, Mein Parkett der junge Klee, Und der frischberas'te Hügel Sei mein grünes Kanapee. Deiner mütterlichen Spur, Dem Gesetz, das ungerochen Noch kein Sterblicher gebrochen' Will ich folgen, o Natur! Aus dem dunkeln Schoß der Erden, Will ich Freuden mir erzieh'n, Und aus Baum und Blume werden Seligkeiten mir erblüh'n. Karoline Pichler (1769-1843)
Das Frühlingsmahl Wer hat die weißen Tücher Gebreitet über das Land? Die weißen duftenden Tücher Mir ihrem grünen Rand? Und hat darüber gezogen Das hohe blaue Zelt? Darunter den bunten Teppich Gelagert über das Feld? Er ist es selbst gewesen, Der gut reiche Wirt Des Himmels und der Erden, Der nimmer ärmer wird. Er hat gedeckt die Tische In seinem weiten Saal, Und ruft was lebt und webet, Zum großen Frühlingsmahl. Wie strömt's aus allen Blüten Herab von Strauch und Baum! Und jede Blüt' ein Becher Voll süßer Düfte Schaum. Hört ihr des Wirtes Stimme? "Heran, was kriecht und fliegt, Was geht und steht auf Erden, Was unter den Wogen sich wiegt! Und du mein Himmelspilger, Hier trinke trunken dich, Und sinke selig nieder Auf' Knie und denk an mich!" von Wilhelm Müller
Gemäht sind die Felder, der Stoppelwind weht, hoch droben in Lüften mein Drache nun steht, die Rippen von Holze, der Leib von Papier, zwei Ohren, ein Schwänzlein sind all seine Zier; und ich denk: so drauf liegen im sonnigen Strahl, ach, wer das doch könnte nur ein einziges Mal! Da guckt' ich dem Storch in das Sommernest dort: Guten Morgen, Frau Storchen, geht die Reise bald fort? Ich blickt' in die Häuser zum Schornstein hinein: O Vater und Mutter, wie seid ihr so klein. Tief unter mir säh' ich Fluss, Hügel und Tal. Ach, wer das doch könnte nur ein einziges Mal! Und droben, gehoben auf schwindelnder Bahn, da fasst ich die Wolken, die segelnden, an; ich liess mich besuchen von Schwalben und Krähn, und könnte die Lerchen, die singenden, seh'n; die Englein belauscht' ich im himmlischen Saal, Ach, wer das doch könnte nur ein einziges Mal! Victor Blüthgen (1844-1920)
An die Sonne Nach so vielen trüben Tagen Send' uns wiederum einmal, Mitleidsvoll für uns're Klagen, Einen sanften milden Strahl. Liebe Sonne! trink' den Regen, Der herab zu stürzen dräut; Deine Strahlen sind uns Segen, Deine Blicke - Seligkeit. Schein', ach, scheine, liebe Sonne! Jede Freude dank' ich dir; Alle Geists- und Herzenswonne, Licht und Wärme kommt von dir. Gabriele von Baumberg (1768-1839)
In einem stillen Garten An eines Brunnens Schacht, Wie wollt' ich gerne warten Die lange graue Nacht! Viel helle Lilien blühen Um des Brunens Schlund; Drin schwimmen golden die Sterne, Drin badet sich der Mond. Und wie in den Brunnen schimmern Die lieben Sterne hinein, Glänzt mir im Herzen immer Deiner lieben Augen schein. Die Sterne doch am Himmel, Die stehen all' so fern; In deinem stillen Garten Stünd' ich jetzt so gern. Richard Fedor Leopold Dehmel (1863-1920)
Wandern Wohlauf! es ruft der Sonnenschein Hinaus in Gottes Welt! Geht munter in das Land hinein, Und wandert über Feld! Es bleibt der Strom nicht ruhig stehn, Gar lustig rauscht er fort; Hörst du des Windes muntres Wehn? Er braust von Ort zu Ort. Es reist der Mond wohl hin und her, Die Sonne ab und auf, Guckt überm Berg und geht ins Meer, Nie matt in ihrem Lauf: Und Mensch, du sitzest stets daheim, Sehnst dich nicht nach der Fern'? Sei frisch, und wandle durch den Hain Und sieh die Fremde gern. Wer weiß, wo dir dein Glücke blüht, So geh und such es nur! Der Abend kommt, der Morgen flieht, Betrete bald die Spur. So weit dich schließt der Himmel ein, Gerät der Liebe Frucht, Und jedes Herz wird glücklich sein Und finden, was es sucht. von Ludwig Tieck
Winters Flucht Dem Winter ward der Tag zu lang, Ihn schreckt der Vögel Lustgesang; Er horcht und hört's mit Gram und Neid, Und was er sieht, das macht ihm Leid. Er sieht der Sonne milden Schein, Sein eigner Schatten macht ihm Pein. Er wandelt über grüne Saat Und Gras und Keime früh und sprach: "Wo ist mein silberweißes Kleid, Mein Hut , mit Demantstaub bestreut?" Er schämt sich wie ein Bettelmann Und läuft, was er nun laufen kann. Und hinterdrein scherzt Jung und Alt In Luft und Wasser, Feld und Wald; Der Kiebitz schreit, die Biene summt, Der Kuckuck ruft, der Käfer brummt; Doch weil's noch fehlt an Spott und Hohn, So quakt der Frosch vor Ostern schon. von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Berggipfel erglühen, Waldwipfel erblühen, vom Lenzhauch geschwellt. Zugvogel mit Singen erhebt seine Schwingen, ich fahr' in die Welt! Mir ist zum Geleite in lichtgoldnem Kleide Frau Sonne bestellt. Sie wirft meinen Schatten auf blumige Matten. Ich fahr' in die Welt! Mein Hutschmuck die Rose, mein Lager im Moose, der Himmel mein Zelt; mag lauern und trauern, wer will, hinter Mauern ich fahr' in die Welt! Joseph Viktor von Scheffel (1(26-1886)
[FONT=Times New Roman, Times, serif]Wer sich ins Gras legt,[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Wer lang liegt, für den ist[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Zeit und Mühn nichts.[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Wer liegt, der vergißt.[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Was sich um ihn bewegt,[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Wenn er liegt,[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Bewegt ihn sanft mit.[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Er wird gewiegt.[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Ihn verläßt, ihn flieht[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Zahl und Zeit.[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Er entrinnt, ihm verrinnt[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Lust und Leid.[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Weise wird er, still[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Wie das Gras, das grüne Moos.[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Er bettet sich tief[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]In der Himmlischen Schoß.[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Der Wind kommt und geht.[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Die Wolke zieht.[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Der Falter schwebt. Der Bach[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Murmelt sein Lied.[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Halm und Laub[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Zittern und flüstern leis.[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Wasser und Wind[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Gehen im Kreis.[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Was kommt, geht. Was geht, kommt[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]In der Wiederkehr Gang.[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]In der Himmlischen Bahn[/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Wird die Welt Tanz, wird Gesang. [/FONT] [FONT=Times New Roman, Times, serif]Friedrich Georg Jünger[/FONT]