Herbstsonnenschein, Der liebe Abend lacht so still herein, Ein Feuerlein rot Knistert im Ofenloch und loht. So! - Meinen Kopf auf deinen Knien, So ist mit gut; Wenn mein Auge so in deinem ruht. Wie leise die Minuten ziehn! ... Johannes Schlaf
Heimweh Wie traulich war das Fleckchen, Wo meine Wiege ging, Kein Bäumchen war, kein Heckchen, Das nicht voll Träume hing. Wo nur ein Blümchen blühte, Da blühten gleich sie mit, Und alles sang und glühte Mir zu bei jedem Schritt. Ich wäre nicht gegangen, Nicht für die ganze Welt! - Mein Sehnen, mein Verlangen, Hier ruht's in Wald und Feld. Klaus Groth (1819-1899)
Der gute Hirt Was sorgest du? Sei stille, meine Seele! Denn Gott ist ein guter Hirt, Der mir, auch wenn ich mich nicht quäle, Nichts mangeln lassen wird. Er weidet mich auf blumenreicher Aue, Er führt mich frischen Wassern zu, Und bringet mich im kühlen Taue Zur sichern Abendruh'. Er hört nicht auf, mich liebreich zu beschirmen, Im Schatten vor des Tages Glut, In seinem Schoße vor den Stürmen Und schwarzer Bosheit Wut. Auch wenn er mich durch finstre Täler leiten, Mich durch die Wüste führen wird, Will ich nichts fürchten; mir zu Seiten Geht dieser treue Hirt. Ich aber will ihn preisen und ihm danken! Ich halt an meinem Hirten fest; Und mein Vertrauen soll nicht wanken. Johann Peter Uz (1720-1796)
Ich stand auf Berges Halde,als heim die Sonne ging, und sah, wie überm Walde des Abends Goldnetz hing. Des Himmels Wolken tauten der Erde Frieden zu; bei Abendglockenlauten ging die Natur zur Ruh. Ich sprach:"O Herz, empfinde der Schöpfung Stille nun, und schick mit jedem Kinde der Flur dich auch zu ruhn!" Die Lerche sucht aus Lüften ihr feuchtes Nest im Klee und in des Waldes Schlüften ihr Lager Hirsch und Reh. Die Blumen alle schließen die Augen allgemach. und alle Wellen fließen besänftiget im Bach. Nun hat der müde Sylphe sich unters Blatt gesetzt, und die Libell' im Schilfe entschlummert taubenetzt. Es ward dem goldnen Käfer zur Wieg' ein Rosenblatt; die Herde mit dem Schäfer sucht ihre Lagerstatt. Wer sein ein Hüttchen nennet, ruht nun darin sich aus, und wen die Fremde trennet, den trägt ein Traum nach Haus. Mich fasset ein Verlangen, daß ich zu dieser Frist hinauf nicht kann gelangen, wo meine Heimat ist. Friedrich Rückert
Das Lieblingsweihnachtsgedicht meiner Oma Weihnachten von Joseph von Eichendorf Markt und Straßen stehn verlassen, still erleuchtet jedes Haus, Sinnend' geh ich durch die Gassen, alles sieht so festlich aus. An den Fenstern haben Frauen buntes Spielzeug fromm geschmückt, Tausend Kindlein stehn und schauen, sind so wunderstill beglückt. Und ich wandre aus den Mauern Bis hinaus ins freie Feld, Hehres Glänzen, heil'ges Schauern! Wie so weit und still die Welt! Sterne hoch die Kreise schlingen, Aus des Schnees Einsamkeit Steigt's wie wunderbares Singen- O du gnadenreiche Zeit!
Wann, o Schicksal, wann wird endlich Mir mein letzter Wunsch gewährt? Nur ein Hüttchen, still und ländlich, Nur ein kleiner, eigner Herd. Und ein Freund, bewährt und weise, Freiheit, Heiterkeit und Ruh. Ach! und sie!, das seufz' ich leise, Zur Gefährtin sie dazu. Wenn ich noch ein Gärtchen hätte, Bauten wir's mit eig'ner Hand, Statt geschorener Boskette Und der Hagenbuchenwand Dämmert uns ein Dach von Latten, Dicht mit Rebengrün bedeckt, Tief im Silbertannenschatten Vor des Neides Blick versteckt. Statt Kanal und Gartenteiche Nur ein Röhrenbrunnentrog. Statt Altan und Taxussträuche Früchte, die ich selbst erzog. Durch ein Gatter, nur von Pfählen, Durch den Vorhof, eng und klein, Eilt ich, statt nach Marmorsälen, In ihr trautes Kämmerlein. Bei der heitern Morgenfrische Hörten wir im Buchenhain Dort am Wasser im Gebüsche Nachtigallenmelodein. Auch begänne sie Gesänge, Wäre Philomel' entflohn, Und in meine Seele dränge Tiefer noch ihr sanfter Ton. Unterm Strauch voll Hagerosen, Auf dem rotbeblümten Klee Könnten wir so traulich kosen, Wie auf seid'nem Kanapee. In dem Duft entblühter Bohnen Unter Pappeln, hoch und schlank, Bauten wir, trotz gold'nen Thronen Eine kleine Bretterbank. Johann Gaudenz Freiherr von Salis-Seewis (1762-1834)
Weihnachtslied Vom Himmel in die tiefsten Klüfte ein milder Stern herniederlacht; vom Tannenwalde steigen Düfte und hauchen durch die Winterlüfte, und kerzenhelle wird die Nacht. Mir ist das Herz so froh erschrocken, das ist die liebe Weihnachtszeit! Ich höre fernher Kirchenglocken mich lieblich heimatlich verlocken in märchenstille Herrlichkeit. Ein frommer Zauber hält mich wieder, anbetend, staunend muß ich stehn; es sinkt auf meine Augenlider ein goldner Kindertraum hernieder, ich fühl's, ein Wunder ist geschehn. (Theodor Storm)
Der Winter ist kommen, verstummt ist der Hain; nun soll uns im Zimmer ein Liedchen erfreun. Das glitzert und flimmert und leuchtet so weiß, es spiegelt die Sonne im blitzblanken Eis. Wir gleiten darüber auf blinkendem Stahl und rodeln und jauchzen vom Hügel ins Tal. Und senkt sich der Abend, geht's jubelnd nach Haus ins trauliche Stübchen zum Bratapfelschmaus. Volksgut
Ein milder Wintertag An jenes Waldes Enden, wo still der Weiher liegt und längs den Fichtenwänden sich lind Gemurmel wiegt; wo in der Sonnenhelle, so matt und kalt sie ist, doch immerfort die Welle das Ufer flimmernd küsst. Wenn ich den Mantel dichte nun legen übers Moos, mich lehnen an die Fichte und dann auf meinem Schoß. Gezweig' und Kräuter breiten, so gut ich's finden mag: Wer will mir's übel deuten, spiel ich den Sommertag? Und hat Natur zum Feste nur wenig dargebracht: Die Luft ist stets die beste, die man sich selber macht. (Annette von Droste-Hülshoff)
Der Winter Wenn sich das Jahr geändert, und der Schimmer Der prächtigen Natur vorüber, blühet nimmer Der Glanz der Jahreszeit, und schneller eilen Die Tage dann vorbei, die langsam auch verweilen. Der Geist des Lebens ist verschieden in den Zeiten Der lebenden Natur, verschiedne Tage breiten Das Glänzen aus, und immerneues Wesen Erscheint den Menschen recht, vorzüglich und erlesen. Friedrich Hölderlin (1770-1843)
Raureif vor Weihnachten Das Christkind ist durch den Wald gegangen, Sein Schleier blieb an den Zweigen hangen, Da fror er fest in der Winterluft Und glänzt heut' morgen wie lauter Duft. Ich gehe still durch des Christkind's Garten, Im Herzen regt sich ein süß Erwarten: Ist schon die Erde so reich bedacht, Was hat es mir da erst mitgebracht! Anna Ritter (1865-1921)
Weihnachtsfreude Der Winter ist gekommen Und hat hinweg genommen Der Erde grünes Kleid; Schnee liegt auf Blütenkeimen, Kein Blatt ist an den Bäumen, Erstarrt die Flüsse weit und breit. Da schallen plötzlich Klänge Und frohe Festgesänge Hell durch die Winternacht; In Hütten und Palästen Ist rings in grünen Ästen Ein bunter Frühling aufgewacht. Wie gern doch säh’ ich glänzen Mit all den reichen Kränzen Den grünen Weihnachtsbaum! Dazu der Kindlein Mienen Von Licht und Luft beschienen; Wohl schönre Freude gibt es kaum. Da denk’ ich jener Stunde, Als in des Feldes Runde Die Hirten sind erwacht, Geweckt vom Glanzgefunkel, Das durch der Bäume Dunkel Ein Engel mit herab gebracht. Und wie sie da noch oben Den Blick erschrocken hoben Und sah’n den Engel stehn, Da staunten sie wohl alle, Wie wenn zum ersten Male Die Kindlein einen Christbaum sehn. Ist groß schon das Entzücken Der Kinder, die erblicken, Was ihnen ward beschert: Wie haben erst die Kunde Dort aus des Engels Munde Die frommen Hirten angehört! Und rings ob allen Bäumen Sang in den Himmelsräumen Der frohen Engel Schar: „Gott in der Höh’ soll werden Die Ehre, und auf Erden Den Menschen Frieden immerdar.“ Drum pflanzet grüne Äste Und schmücket sie aufs beste Mit frommer Liebe Hand, Dass sie ein Abbild werden Der Liebe, die zur Erden Solch großes Heil uns hat gesandt. Robert Reinick 1805 - 1852
Es ist für uns eine Zeit angekommen, die bringt uns eine große Freud'. Über's schneebeglänzte Feld wandern wir, wandern wir durch die weite, weiße Welt. Es schlafen Bächlein und See unterm Eise, es träumt der Wald einen tiefen Traum. Durch den Schnee, der leise fällt, wandern wir, wandern wir durch die weite, weiße Welt. Vom hohen Himmel ein leuchtendes Schweigen erfüllt die Herzen mit Seligkeit. Unterm sternbeglänzten Zelt wandern wir, wandern wir durch die weite, weiße Welt.
“Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar, so will ich diese Tage mit euch leben und mit euch gehen in ein neues Jahr. Noch will das alte unsre Herzen quälen, noch drückt uns böser Tage schwere Last, ach, Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen das Heil, für das Du uns geschaffen hast. Und reichst Du uns den schweren Kelch, den bittern des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand, so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern aus Deiner guten und geliebten Hand. Doch willst Du uns noch einmal Freude schenken an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz, dann wolln wir des Vergangenen gedenken, und dann gehört Dir unser Leben ganz. Laß warm und hell die Kerzen heute flammen, die Du in unsre Dunkelheit gebracht, führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen, Wir wissen es, Dein Licht scheint in der Nacht. Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet, so laß uns hören jenen vollen Klang der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet, all Deiner Kinder hohen Lobgesang. Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiß an jedem neuen Tag.” Dietrich Bonhoeffer
Wenn sich das Laub auf Ebnen weit verloren, So fällt das Weiß herunter auf die Tale, Doch glänzend ist der Tag vom hohen Sonnenstrahle, Es glänzt das Fest den Städten aus den Toren. Es ist die Ruhe der Natur, des Feldes Schweigen Ist wie des Menschen Geistigkeit, und höher zeigen Die Unterschiede sich, daß sich zu hohem Bilde Sich zeiget die Natur, statt mit des Frühlings Milde. Friedrich Hölderin (1770-1843)
Vom Himmel in die tiefsten Klüfte Ein milder Stern herniederlacht; Vom Tannenwalde steigen Düfte Und hauchen durch die Winterlüfte, Und kerzenhelle wird die Nacht. Mir ist das Herz so froh erschrocken, Das ist die liebe Weihnachtszeit! Ich höre ferne Kirchenglocken Mich lieblich heimatlich verlocken In märchenstille Herrlichkeit. Ein frommer Zauber hält mich wieder, Anbetend, staunend muß ich stehn; Es sinkt auf meine Augenlider Ein goldner Kindertraum hernieder, Ich fühl's, ein Wunder ist geschehn. Theodor Storm
In Ihm sei's begonnen, der Monde und Sonnen an blauen Gezelten des Himmels bewegt. Du, Vater, du rate! Lenke du und wende! Herr, dir in die Hände sei Anfang und Ende, sei alles gelegt! Eduard Mörike
Mag da draußen Schnee sich türmen, Mag es hageln, mag es stürmen, Klirrend an mein Fenster schlagen, Nimmer will ich mich beklagen! Denn, ich trage in der Brust Liebchens Bild und Frühlings Lust! Heinrich Heine
Die heil'gen Drei Könige aus dem Morgenland, sie frugen in jedem Städtchen: "Wo geht der Weg nach Bethlehem, ihr lieben Buben und Mädchen?" Die Jungen und Alten, sie wussten es nicht, die Könige zogen weiter, sie folgten einem goldenen Stern, der leuchtete lieblich und heiter. Der Stern bleibt stehn über Josefs Haus, da sind sie hineingegangen; das Öchslein brüllt, das Kindlein schrie, die heil'gen Drei Könige sangen. Heinrich Heine
Winterlied Keine Blumen blühn; Nur das Wintergrün Blickt durch Silberhüllen; Nur das Fenster füllen Blumen rot und weiß, Aufgeblüht aus Eis. Ach, kein Vogelsang Tönt mit frohem Klang, Nur die Winterweise Jener kleinen Meise, Die am Fenster schwirrt, Und um Futter girrt. Minne flieht den Hain, Wo die Vögelein Sonst im grünen Schatten Ihre Nester hatten; Minne flieht den Hain, Kehrt ins Zimmer ein. Kalter Januar, Hier werd' ich fürwahr Unter Minnespielen Deinen Frost nicht fühlen! Walte immerdar. Ludwig Heinrich Christoph Hölty (1748-1776)