Fülle Genug ist nicht genug! Gepriesen werde der Herbst! Kein Ast, der seiner Frucht entbehrte! Tief beugt sich mancher allzureich beschwerte, der Apfel fällt mit dumpfem Laut zur Erde. Genug ist nicht genug! Ea lacht im Laube! Die saftige Pfirsiche winkt dem durstigen Munde! Die trunknen Wespen summen in die Runde; " Genug ist nicht genug!" um eine Traube. Genug ist nicht genug! Mit vollen Zügen schlürft Dichtergeist am Borne des Genusses, das Herz, auch es bedarf des Überflusses, genug kann nie und nimmermehr genügen! Conrad Ferdinand Meyer
Auszug aus dem Oratorium "Die Jahreszeiten" von Joseph Haydn Was durch seine Blüte der Lenz zuerst versprach, was durch seine Wärme der Sommer reifen hieß, zeigt der Herbst in Fülle dem frohen Landmann jetzt. Den reichen Vorrat fährt er nun auf hochbeladnen Wagen ein. Kaum fasst der weiten Scheune Raum, was ihm sein Feld hervorgebracht. Sein heitres Auge blickt umher, es misst den aufgetürmten Segen ab, und Freude strömt in seine Brust.
Am grauen Strand, am grauen Meer und seitab liegt die Stadt; der Nebel drückt die Dächer schwer und durch die Stille braust das Meer eintönig um die Stadt. Es rauscht kein Wald, es schlägt im Mai kein Vogel ohn' Unterlaß: die Wandergans mit hartem Schrei nur fliegt in Herbstesnacht vorbei, am Strande weht das Gras. Doch hängt mein ganzes Herz an dir, du graue Stadt am Meer; der Jugend Zauber für und für ruht lächelnd doch auf dir, auf dir, du graue Stadt am Meer. Theodor Storm
Nun laß den Sommer gehen, Laß Sturm und Winde wehen. Bleibt diese Rose mein, Wie könnt ich traurig sein? Joseph von Eichendorff
Erntefestlied Wagen auf Wagen schwankte herein. Scheunen und Boden wurden zu klein. Danket dem Herrn und preist seine Macht. Glücklich ist wieder die Ernte vollbracht. Hoch auf der Fichte flattert der Kranz. Geigen und Brummbaß laden zum Tanz. Leicht wird das Leben trotz Mühe und Plag, krönet die Arbeit ein festlicher Tag. Seht ihr der Kinder fröhliche Schar, blühende Wangen, goldlockiges Haar? Hört ihr das jubeln? O liebliches Los, fällt ihnen reif doch die Frucht in den Schoß! Wir aber furchen, den Pflug in der Hand, morgen geschäftig aufs neue das Land. Ewig da reiht, nach des ewigen Rat, Saat sich an Ernte und Ernte an Saat. Julius Sturm
Cora an die Sonne Nach so vielen trüben Tagen Send' uns wiederum einmal, Mitleidsvoll für uns're Klagen, Einen sanften milden Strahl. Liebe Sonne! trink' den Regen, Der herab zu stürzen dräut; Deine Strahlen sind uns Segen, Deine Blicke - Seligkeit. Schein', ach, scheine, liebe Sonne! Jede Freude dank' ich dir; Alle Geists- und Herzenswonne, Licht und Wärme kommt von dir. Gabriele von Baumberg (1758-1839)
Herbstlied Herz, nun so alt und noch immer nicht klug, Hoffst du von Tagen zu Tagen, Was dir der blühende Frühling nicht trug, Werde der Herbst dir noch tragen! Läßt doch der spielende Wind nicht vom Strauch, Immer zu schmeicheln, zu kosen. Rosen entfaltet am Morgen sein Hauch, Abends verstreut er die Rosen. Läßt doch der spielende Wind nicht vom Strauch, Bis er ihn völlig gelichtet. Alles, o Herz, ist ein Wind und ein Hauch, Was wir geliebt und gedichtet Friedrich Rückert
Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da! Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da! Er bringt uns Wind, hei hussassa! Schüttelt ab die Blätter, bringt uns Regenwetter. Heia hussassa, der Herbst ist da! Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da! Er bringt uns Obst, hei hussassa! Macht die Blätter bunter, wirft die Äpfel runter. Heia hussassa, der Herbst ist da! Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da! Er bringt uns Wein, hei hussassa! Nüsse auf den Teller, Birnen in den Keller. Heia hussassa, der Herbst ist da! Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da! Er bringt uns Spaß, hei hussassa! Rüttelt an den Zweigen, läßt die Drachen steigen. Heia hussassa, der Herbst ist da!
endlich eine Spur Hallo, seit Ewigkeiten suche ich nun schon verzweifelt nach dem vollständigen Text dieses wunderschönen Herbstliedes - bislang ohne Erfolg - doch nun endlich eine Spur! Die Melodie kenne ich, die erste Strophe auch, sie endet nach meiner Erinnerung allerdings nicht mit " wenn aus grauen Wolken dunkler Regen niederrinnt", sondern mit "in das Tal und da geht uns ein Lied nicht aus dem Sinn". Die Zeile mit den Wolken könnte aus einer der anderen Strophen stammen. (Vielleicht ist es aber auch umgekehrt...) Sollten Sie auf weitere Fragmente dieses Liedes stossen, würde ich mich unbändig über eine Nachricht freuen. Gruss Herr Rossi
Hallo, Herr Rossi, ich habe auch schon meine alten Bücher durchgesehen, aber dieses Gedicht leider nicht gefunden. Hier ein Herbstgedicht von Theodor Storm: Schon ins Land der Pyramiden Flohn die Störche übers Meer; Schwalbenflug ist längst geschieden, Und die Sonne scheint nicht mehr. Seufzend in geheimer Klage Streift der Wind das letzte Grün; Und die Süßen Sommertage, Ach, sie sind dahin, dahin! Nebel hat den Wald verschlungen, Der dein stillstes Glück gesehn; Ganz in Duft und Dämmerungen Will die schöne Welt vergehn. Nur noch einmal bricht die Sonne Unaufhaltsam durch den Duft, Und ein Strahl der alten Wonne Rieselt über Tal und Kluft. Und es leuchten Wald und Heide, Daß man sicher glauben mag, Hinter allem Winterleide Lieg' ein gold'ner Frühlingstag.
Herbstsehnsucht Nun blickt schon durch die Hagdornlücke die grüne Sommerbank hervor, die Spinne webt auf weißer Brücke, das Weinlaub glüht vom Bogentor; Braun nickt am Berg das Waldgehänge, doch seine Stimmen floh`n gen Süd`, die Sonnenluft ist ohne Klänge und ohne Duft - verhallt, verblüht! Doch leuchtend zieht`s mich in die Weite, um die der goldene Schleier rinnt, es weben summendes Geleite mir Waldesquell und Heidenwind; Ein Wolkenschiff, aus Schnee die Linnen gebläht, durchkreuzt die blaue Bai, mit seinem Flug möcht ich von hinnen - Wohin? Entfliehn - wohin es sei! Ich möcht`auf Alpenfirn mich schwingen, den keiner Gemse Fuß betrat - im Urwaldtiefe möcht`ich dringen auf ihrer Wildspur nächtigem Pfad - durch ungemessene Wüste reiten, von ihrem Felsenbrand umrauscht - auf Silberfluten möcht`ich gleiten, in goldenen Sonnenstrom getaucht! Doch glänzend zieht das Segellinnen dahin, im Blau der Weite fort; wie Schnee im Lichte seh`ich`s rinnen, nur meine Träume stehn an Bord. Ein braunes Blatt durchirrt die Lüfte, und um mich schauert kühl der Wald, die Sonnenluft ist ohne Düfte Wilhelm Jensen (15.02.1837-24.11.1911)
Abschied und Hoffnung Leise ziehen des Herbstes Tage . Der goldene Oktober ist dahin. Der Winter wird bald kommen, das ist keine Frage. Doch auch des Winters Tage sind schön. Ihr werdet es bald seh´n. Drum seid nicht traurig, müsst keine Tränen vergießen. Bald werden auch wieder Frühlingsblumen sprießen. Es dauert alles seine Zeit, aber bald, ist es so weit.
Herbsttag Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren und auf den Fluren laß die Winde los. Befiehl den letzten Früchten voll zu sein; gib ihnen noch zwei südlichere Tage, dränge sie zur Vollendung hin und jage die letzte Süße in den schweren Wein. Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. Rainer Maria Rilke
Meeresstrand Ans Haff nun fliegt die Möwe, Und Dämmerung bricht herein; Über die feuchten Watten Spiegelt der Abendschein Graues Geflügel huschet Neben dem Wasser her; Wie Träume liegen die Inseln Im Nebel auf dem Meer. Ich höre des gärenden Schlammes Geheimnisvollen Ton, Einsames Vogelrufen - So war es immer schon. Noch einmal schauert leise Und schweigt dann der Wind; Vernehmlich werden die Stimmen, Die über der Tiefe sind. Theodor Storm
Der gute Hirt Was sorgest du? Sei stille, meine Seele! Denn Gott ist ein guter Hirt, Der mir, auch wenn ich mich nicht quäle, Nichts mangeln lassen wird. Er weidet mich auf blumenreicher Aue, Er führt mich frischen Wassern zu, Und bringet mich im kühlen Taue Zur sichern Abendruh'. Er hört nicht auf, mich liebreich zu beschirmen, Im Schatten vor des Tages Glut, In seinem Schoße vor den Stürmen Und schwarzer Bosheit Wut. Auch wenn er mich durch finstre Täler leiten, Mich durch die Wüste führen wird, Will ich nichts fürchten; mir zu Seiten Geht dieser treue Hirt. Ich aber will ihn preisen und ihm danken! Ich halt an meinem Hirten fest; Und mein Vertrauen soll nicht wanken. Johann Peter Uz (1720-1796)
Allerseelen Stell auf den Tisch die duftenden Reseden, Die letzten roten Astern trag herbei, Und laß uns wieder von der Liebe reden, Wie einst im Mai. Gib mir die Hand, daß ich sie heimlich drücke Und wenn man's sieht, mir ist es einerlei, Gib mir nur einen deiner süßen Blicke, Wie einst im Mai. Es blüht und funkelt heut auf jedem Grabe, Ein Tag im Jahr ist ja den Toten frei, Komm an mein Herz, daß ich dich wieder habe, Wie einst im Mai. Hermann von Gilm zu Rosenegg (1812-1864)
Der Herbst des Einsamen Der dunkle Herbst kehrt ein voll Frucht und Fülle, Vergilbter Glanz von schönen Sommertagen. Ein reines Blau tritt aus verfallener Hülle; Der Flug der Vögel tönt von alten Sagen. Gekeltert ist der Wein, die milde Stille Erfüllt von leiser Antwort dunkler Fragen. Und hier und dort ein Kreuz auf ödem Hügel; Im roten Wald verliert sich eine Herde. Die Wolke wandert übern Weiherspiegel; Es ruht des Landmanns ruhige Geberde. Sehr leise rührt des Abends blauer Flügel Ein Dach von dürrem Stroh, die schwarze Erde. Bald nisten Sterne in des Müden Brauen: In kühle Stuben kehrt ein still Bescheiden Und Engel treten leise aus den blauen Augen der Liebenden, die sanfter leiden. Es rauscht das Rohr; anfällt ein knöchern Grauen, Wenn schwarz der Tau tropft von den kahlen Weiden. Georg Trakl
Komm in den totgesagten Park und schau: Der schimmer ferner lächelnder gestade, Der reinen wolken unverhofftes blau, Erhellt die weiher und die bunten pfade. Dort nimm das tiefe gelb, das weiche grau Von birken und von buchs, der wind ist lau, Die späten rosen welkten noch nicht ganz, Erlese, küsse sie und flicht den kranz. Vergiss auch diese letzten astern nicht, Den purpur um die ranken wilder reben, Und auch was übrig bleib von grünem leben Verwinde leicht im herbstlichen gesicht. Stefan George
Jetzt reifen schon die roten Berberitzen, alternde Astern atmen schwach im Beet. Wer jetzt nicht reich ist, da der Sommer geht, wird immer warten und sich nie besitzen. Wer jetzt nicht seine Augen schließen kann, gewiß, daß eine Fülle von Gesichten in ihm nur wartet bis die Nacht begann, um sich in seinem Dunkel aufzurichten:- der ist vergangen wie ein alter Mann. Dem kommt nichts mehr, dem stößt kein Tag mehr zu, und alles lügt ihn an, was ihm geschieht; auch du, mein Gott. Und wie ein Stein bist du, welcher ihn täglich in die Tiefe zieht. Rainer Maria Rilke
Der Apfel war nicht gleich am Baum, da war erst lauter Blüte. Das war erst lauter Blütenschaum und lauter Lieb und Güte. Dann waren Blätter grün an grün und grün an grün nur Blätter. Die Amsel nach des Tages Mühn, sie sang ihr Abendlied gar kühn und auch bei Regenwetter. Der Herbst, der macht die Blätter steif der Sommer muß sich packen. Hei! Daß ich auf die Finger pfeif da sind die ersten Äpfel reif und haben rote Backen. Und was bei Sonn` und Himmel war erquickt nun Mund und Magen und macht die Augen hell und klar. So rundet sich das Apfeljahr und mehr ist nicht zu sagen. Matthias Claudius