Bitte alle mitmachen: Naturgedichte und -lieder

Dieses Thema im Forum "Kaffeeklatsch" wurde erstellt von Neli, 18. März 2007.

  1. Demian

    Demian Neues Mitglied

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    Im Winter


    Der Winter steigt, ein Riesenschwan, hernieder,
    Die weite Welt bedeckt sein Schneegefieder.
    Er singt kein Lied, so sterbensmatt er liegt,
    Und brütend auf die tote Saat sich schmiegt;
    Der junge Lenz doch schläft in seinem Schoß,
    Und saugt an seiner kalten Brust sich groß,
    Und blüht in tausend Blumen wohl herauf,
    Und jubelt einst in tausend Liedern auf.
    So steigt, ein bleicher Schwan, der Tod hernieder,
    Senkt auf die Saat der Gräber sein Gefieder,
    Und breitet weithin über stilles Land,
    Selbst still und stumm, das starre Eisgewand;
    Manch frischen Hügel, manch verweht Gebein,
    Wohl teure Saaten, hüllt sein Busen ein;
    Wir aber stehn dabei und harren still,
    Ob nicht der Frühling bald erblühen will?

    (Anastasius Grün, 1808 - 1876)
     
  2. Demian

    Demian Neues Mitglied

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    Winter


    Die Kälte kann wahrlich brennen
    Wie Feuer. Die Menschenkinder
    Im Schneegestöber rennen
    Und laufen immer geschwinder.
    Oh, bittre Winterhärte!
    Die Nasen sind erfroren,
    Und die Klavierkonzerte
    Zerreißen uns die Ohren.
    Weit besser ist es im Summer,
    Da kann ich im Walde spazieren,
    Allein mit meinem Kummer,
    Und Liebeslieder skandieren.

    (Heinrich Heine, 1797 - 1856)
     
  3. Lagune

    Lagune Bekanntes Mitglied

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    Hoffnung

    Und dräut der Winter noch so sehr
    mit trotzigen Gebärden,
    und streut er Eis und Schnee umher,
    es muß doch Frühling werden.

    Blast nur, ihr Stürme, blast mit Macht,
    mir soll darob nicht bangen,
    auf leisen Sohlen über Nacht
    kommt doch der Lenz gegangen.

    Drum still! Und wie es frieren mag,
    o Herz, gib dich zufrieden,
    es ist ein großer Maientag
    der ganzen Welt beschieden.

    Und wenn dir oft auch bangt und graut,
    als sei die Höll' auf Erden,
    nur unverzagt auf Gott vertraut!
    Es muß doch Frühling werden.

    Emanuel Geibel (1815-1884)
     
  4. Demian

    Demian Neues Mitglied

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    Ein Lied hinterm Ofen zu singen


    Der Winter ist ein rechter Mann,
    Kernfest und auf die Dauer;
    Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an,
    Und scheut nicht süß noch sauer.

    War je ein Mann gesund wie er?
    Er krankt und kränkelt nimmer,
    weiß nichts von Nachtschweiß noch Vapeurs
    und schläft im kalten Zimmer.

    Er zieht sein Hemd im Freien an
    und lässt´s vorher nicht wärmen
    und spottet über Fluss im Zahn
    und Kolik in Gedärmen.


    Aus Blumen und aus Vogelsang
    weiß er sich nichts zu machen,
    Hasst warmen Drang und warmen Klang
    und alle warmen Sachen.

    Doch wenn die Füchse bellen sehr,
    wenn´s Holz im Ofen knittert,
    und um den Ofen Knecht und Herr
    die Hände reibt und zittert;

    Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht
    und Teich und Zehen krachen:
    Das klingt ihm gut, das hasst er nicht,

    dann will er tot sich lachen.-

    Sein Schloss von Eis liegt ganz hinaus
    Beim Nordpol an dem Strande;
    Doch hat er auch ein Sommerhaus
    im lieben Schweizerlande.

    Da ist er denn bald dort, bald hier;
    gut Regiment zu führen;
    und wenn er durchzieht, stehen wir
    und sehn ihn an und frieren.

    (Matthias Claudius 1740 - 1815)
     
  5. Juliane

    Juliane Neues Mitglied

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    Ort:
    Weserbergland
    Klasse......
    und gaanz lange nicht mehr gelesen.
    Danke, LG von Juliane
     
  6. Anja93

    Anja93 Neues Mitglied

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    Auf dem See

    Und frische Nahrung, neues Blut
    Saug' ich aus freier Welt'
    Wie ist Natur
    so hold und gut,
    die mich am Busen hält!
    Die Welle wieget unsern Kahn
    Im Rudertakt hinauf,
    Und Berge, wolkig, himmelan,
    Begegnen unserm Lauf.

    Aug', mein Aug', was sinkst du nieder?
    Goldne Träume, kommt ihr wieder?
    Weg, du Traum! so gold du bist;
    Hier auch Lieb' und Leben ist.

    Auf der Welle blinken
    Tausend schwebende Sterne;
    Weiche Nebel trinken
    Rings die türmende Ferne;
    Morgenwind umflügelt
    Die beschattete Bucht,
    Und im See bespiegelt
    Sich die reife Frucht.

     
  7. Demian

    Demian Neues Mitglied

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    Winterlandschaft

    Unendlich dehnt sie sich, die weiße Fläche,
    Bis auf den letzten Hauch von Leben leer;
    Die muntern Pulse stocken längst, die Bäche,
    Es regt sich selbst der kalte Wind nicht mehr.


    Der Rabe dort, im Berg von Schnee und Eise,
    Erstarrt und hungrig, gräbt sich tief hinab,
    Und gräbt er nicht heraus den Bissen Speise,
    So gräbt er, glaub ich, sich hinein ins Grab.

    Die Sonne, einmal noch durch Wolken blitzend,
    Wirft einen letzten Blick aufs öde Land,
    Doch, gähnend auf dem Thron des Lebens sitzend,
    Trotzt ihr der Tod im weißen Festgewand.

    (Friedrich Hebbel, 1813 - 1863)
     
  8. Ratito

    Ratito Neues Mitglied

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    Mutter Natur

    Nimm mich, du Gütige,
    still an dein Herz!
    Kühle, du Mächtige,
    sanft meinen Schmerz!
    Sieh nur, ich trage
    so müde mein Los —
    gib mir die Ruhe
    in deinem Schoß!
    Mutter Natur,
    erbarme dich mein,
    wiege zum ewigen
    Schlummer mich ein!
    Mathilde von Bayern
     
  9. Lagune

    Lagune Bekanntes Mitglied

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    Winter

    Ein weißes Feld, ein stilles Feld.
    Aus veilchenblauer Wolkenwand
    Hob hinten, fern am Horizont,
    Sich sacht des Mondes roter Rand.

    Und hob sich ganz heraus und stand
    Bald eine runde Scheibe da,
    In düstrer Glut. Und durch das Feld
    Klang einer Krähe heisres Kräh.

    Gespenstisch durch die Winternacht
    Der große dunkle Vogel glitt,
    Und unten huschte durch den Schnee
    Sein schwarzer Schatten lautlos mit.


    ( Gustav Falke, 1902 )
     
  10. Demian

    Demian Neues Mitglied

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    Winterlüfte wehen...

    Winterlüfte wehen
    durch des Äthers Raum,
    halb entblättert stehen
    Strauch und Kraut und Baum,

    Tot sind Floras Kinder,
    hin ihr Wohlgeruch,
    starr deckt sie der Winter
    mit dem Leichentuch.

    Welk ist, was mit Prangen
    feil sich bot zur Schau,
    selbst des Himmels Wangen
    färbt ein trübes Grau.


    (Franz Grillparzer 1791 - 1872)
     
  11. Demian

    Demian Neues Mitglied

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    Es wächst viel Brot...

    Es wächst viel Brot in der Winternacht,
    Weil unter dem Schnee frisch grünet die Saat;
    Erst wenn im Lenze die Sonne lacht,
    Spürst du, was Gutes der Winter tat.

    Und deucht die Welt dir öd und leer,
    Und sind die Tage dir rau und schwer,
    Sei still und habe des Wandels acht:
    Es wächst viel Brot in der Winternacht.

    (Friedrich Wilhelm Weber ,1813-1894)
     
  12. Demian

    Demian Neues Mitglied

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    Man läßt den Winter sich noch gefallen.
    Man glaubt, sich freier auszubreiten,
    wenn die Bäume so geisterhaft,
    so durchsichtig vor uns stehen.
    Sie sind nicht, aber sie decken auch nichts zu.

    (Johann Wolfgang von Goethe, 1749 - 1832)
     
  13. Demian

    Demian Neues Mitglied

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    Februar

    Schon leuchtet die Sonne wieder am Himmel
    und schmilzt die Schneelast von den Dächern
    und taut das Eis auf an den Fenstern
    und lacht ins Zimmer: wie geht's? wie steht's?

    Und wenn es auch noch lang nicht Frühling,
    so laut es überall tropft und rinnt...
    du sinnst hinaus über deine Dächer...
    du sagst, es sei ein schreckliches Wetter,
    man werde ganz krank! und bist im stillen
    glückselig drüber wie ein Kind.


    (Cäsar Flaischlen, 1864-1920)
     
  14. Juliane

    Juliane Neues Mitglied

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    Genau soo isses....
    Danke, LG von Juliane.
     
  15. fleckchen63

    fleckchen63 Mandy

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    Winter

    Weg und Wiese zugedeckt,
    Und der Himmel selbst verhangen,
    Alle Berge sind versteckt,
    Alle Weiten eingegangen.


    Ist wie eine graue Nacht,
    Die sich vor den Tag geschoben,
    Die der Sonne glühe Pracht
    Schleierdicht mit Dunst umwoben.


    Oder seid ihr alle tot:
    Sonne, Mond und lichte Sterne?
    Ruht das wirkende Gebot,
    Das euch trieb durch Näh und Ferne?


    Leben, lebst du noch ringsum?
    Sind verschüttet alle Wege?
    Grau und eng die Welt und stumm.
    Doch mein Herz schlägt seine Schläge.

    Otto Julius Bierbaum (1865-1910)

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  16. samira2000

    samira2000 Neues Mitglied

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    Hingesprüht wie Sahneflöckchen

    löchrig wie ein Küchensieb

    ist der Schnee des letzten Jahres,

    der auf grauen Feldern liegt.



    Erste Sonnenstrahlen glitzern

    in dem Meer aus Einsamkeit

    nur ein leises Vogelzwitschern

    füllt die Lüfte weit und breit.



    Burgunderrot geht auf die Kugel,

    strahlendblauer Horizont,

    Schäfchenwolken ziehn in Stille

    Und bedecken sanft den Mond.



    Häschen schieben lange Ohren

    aus dem Bau und hoppeln dann

    auf ein Hügelchen aus Erde

    schnuppern Morgenluft fortan.



    Einsam steht ein Weidenbäumchen

    neigt die Krone schon recht tief

    zeigt manch zartes grünes Blättchen

    gestern es noch friedlich schlief.



    Doch dann wird es flüsternd wispernd

    durch ein Läuten wachgeküsst

    Schneeglöckchen zu seinen Füssen

    haben mit dem Kopf genickt.



    Vielleicht mag es etwas dauern,

    bis letztendlich es begreift,

    Wintertage sind vergangen,

    allseits neues Leben reift.
     
  17. samira2000

    samira2000 Neues Mitglied

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    freiburg
    Die Glocken läuten das Ostern ein
    In allen Enden und Landen,
    Und fromme Herzen jubeln darein:
    Der Lenz ist wieder erstanden!

    Es atmet der Wald, die Erde treibt
    Und kleidet sich lachend in Moose,
    Und aus den schönen Augen reibt
    Den Schlaf sich erwachend die Rose.

    Das schaffende Licht, es flammt und kreist
    Und sprengt die fesselnde Hülle;
    Und über den Wassern schwebt der Geist
    Unendlicher Liebesfülle.
     
  18. goldbeere

    goldbeere Neues Mitglied

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    Berlin
    Ich mach auch mal mit und poste mein Lieblingsgedicht.
    Es ist von Theodor Fontane :)

    Im Herbst

    Es fällt das Laub wie Regentropfen,
    So zahllos auf die Stoppelfuhr;
    Matt pulst der Bach wie letztes Klopfen
    Im Todeskampfe der Natur.

    Still wird's! Und als den tiefen Frieden
    Ein leises Wehen jetzt durchzog,
    Da mocht es sein, dass abgeschieden,
    Die Erdenseele aufwärts flog.
     
  19. alteschachtel

    alteschachtel Gabriele

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    Wangerland bei Jever
    Ein klenes Gedicht oder auch nicht?

    Der Frühling ist da


    Die Sonne scheint so schön
    Ich möchte gerne Baden gehen.

    Doch der Wind ist so furchtbar kalt
    Drum gehe ich lieber in den Wald.

    Hier riecht es nach Moder und Moos
    Denke auch hier ist nichts los.

    Plötzlich ein Huschen über den Rasen
    Da laufen ganz viele Hasen

    Na klar es ist auch Osterzeit
    Eiersuchen ist nicht mehr weit

    Schnelle Schritte ganz entspannt
    Laufe ich den Weg entlang.

    Da husch ein Reh vor meinen Füßen
    Und lasst mich ganz herzlich Grüßen

    Von vielen Freunden aus den Internet
    Man das fang ich ja ganz nett

    Schnell sprang es weiter
    Und sang dabei heiter

    Das kleine Lied vom Frühling pur
    Dieses kannten die Tiere nur.
     
  20. Demian

    Demian Neues Mitglied

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    Fröhliche Ostern

    Da seht aufs neue dieses alte Wunder:

    Der Osterhase kakelt wie ein Huhn
    und fabriziert dort unter dem Holunder
    ein Ei und noch ein Ei und hat zu tun.

    Und auch der Mensch reckt frohbewegt die Glieder -
    er zählt die Kinderchens: eins, zwei und drei . . .
    Ja, was errötet denn die Gattin wieder?

    Ei, ei, ei
    ei, ei
    ei!

    Der fleißige Kaufherr aber packt die Ware
    ins pappne Ei zum besseren Konsum:
    Ein seidnes Schnupftuch, Nadeln für die Haare,
    die Glitzerbrosche und das Riechparfum.

    Das junge Volk, so Mädchen wie die Knaben,
    sucht die voll Sinn versteckte Leckerei.
    Man ruft beglückt, wenn sies gefunden haben:

    Ei, ei, ei
    ei, ei

    ei!

    Und Hans und Lene Steckens in die Jacke,
    das liebe Osterei - wen freut es nicht?
    Glatt, wohlfeil, etwas süßlich im Geschmacke,
    und ohne jedes innre Gleichgewicht.

    Die deutsche Politik . . . Was wollt ich sagen?
    Bei uns zu Lande ist das einerlei -
    und kurz und gut: Verderbt euch nicht den Magen!
    Vergnügtes Fest! Vergnügtes Osterei!

    Kurt Tucholski (1890 - 1935)
     
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