Bitte alle mitmachen: Naturgedichte und -lieder

Dieses Thema im Forum "Kaffeeklatsch" wurde erstellt von Neli, 18. März 2007.

  1. Neli

    Neli Optimistin

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    Goldne Abendsonne,
    o, wie bist du schön!
    Nie kann ohne Wonne
    deinen Glanz ich sehn!

    Schon in zarter Jugend
    sah ich gern nach dir,
    und der Trieb der Tugend
    glühte mehr in mir!

    Doch von dir, o Sonne!
    wend' ich meinen Blick
    mit noch grössrer Wonne
    auf mich selbst zurück!

    Schuf uns ja doch beide
    Eines Gottes Hand!
    dich im Strahlenkleide,
    mich im Staubgewand!

    Anna Barbara Urner (1760-1803)

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  2. Neli

    Neli Optimistin

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    Aus alten Märchen winkt es
    Hervor mit weißer Hand,
    Da singt es und da klingt es
    Von einem Zauberland;

    Wo bunte Blumen blühen
    Im gold'nen Abendlicht,
    Und lieblich duftend glühen,
    Mit bräutlichem Gesicht;

    Und grüne Bäume singen
    Uralte Melodei'n,
    Die Lüfte heimlich klingen,
    Und Vögel schmettern drein;

    Und Nebelbilder steigen
    Wohl aus der Erd' hervor,
    Und tanzen luft'gen Reigen
    Im wunderlichen Chor;

    Und blaue Funken brennen
    An jedem Blatt und Reis,
    Und rote Lichter rennen
    Im irren, wirren Kreis;

    Und laute Quellen brechen
    Aus wildem Marmorstein.
    Und seltsam in den Bächen
    Strahlt fort der Widerschein.

    Ach, könnt' ich dorthin kommen,
    Und dort mein Herz erfreu'n,
    Und aller Qual entnommen,
    Und frei und selig sein!

    Ach! jenes Land der Wonne,
    Das seh' ich oft im Traum,
    Doch kommt die Morgensonne,
    Zerfließt's wie eitel Schaum.


    Heinrich Heine

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  3. Neli

    Neli Optimistin

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    Es klopft an das Fenster der Lindenbaum.
    Mit Zweigen blütenbehangen:
    Steh' auf! Steh' auf!
    Was liegst du im Traum?
    Die Sonn' ist aufgegangen!
    Steh' auf! Steh' auf!

    Die Lerche ist wach, die Büsche weh'n!
    Die Bienen summen und Käfer!
    Steh' auf! Steh' auf!
    Und dein munteres Lieb' hab ich auch schon geseh'n.
    Steh' auf, Langschläfer!
    Langschläfer, steh' auf!
    Steh' auf! Steh' auf!

    Richard Volkmann (1830-1889)

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  4. Neli

    Neli Optimistin

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    Wenn im Sommer der rote Mohn
    wieder glüht im gelben Korn,
    wenn des Finken süßer Ton
    wieder lockt im Hagedorn,
    wenn es wieder weit und breit
    feierklar und fruchtstill ist,
    dann erfüllt sich uns die Zeit,
    die mit vollen Massen misst.


    Dann verebbt, was uns bedroht,
    dann verweht, was uns bedrückt,
    über dem Schlangenkopf der Not
    ist das Sonnenschwert gezückt.
    Glaube nur, es wird geschehn!

    Wende nicht den Blick zurück!
    Wenn die Sommerwinde wehn,
    werden wir in Rosen gehn,
    und die Sonne lacht uns Glück!


    Julius Bierbaum (1865-1910)

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  5. Ruth

    Ruth Bekanntes Mitglied

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    württemberg
    In Gras und Blumen lieg ich gern,
    wenn eine Flöte tönt von fern,
    und wenn hoch obenhin
    die hellen Frühlingswolken zieh´n.
    Von: Ludwig Uhland
    P6120069.jpg
     
  6. Juliane

    Juliane Neues Mitglied

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    Immer wieder schön
    innehalten und konzentriert lesen zu müssen.
    Danke, Juliane.
     
  7. Neli

    Neli Optimistin

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    Walle, Regen, walle nieder,
    Wecke mir die Träume wieder,
    Die ich in der Kindheit träumte,
    Wenn das Naß im Sande schäumte!

    Wenn die matte Sommerschwüle
    Lässig stritt mit frischer Kühle,
    Und die blanken Blätter tauten,
    Und die Saaten dunkler blauten.

    Welche Wonne, in dem Fließen
    Dann zu stehn mit nackten Füßen,
    An dem Grase hin zu streifen
    Und den Schaum mit Händen greifen.

    Oder mit den heißen Wangen
    Kalte Tropfen aufzufangen,
    Und den neuerwachten Düften
    Seine Kinderbrust zu lüften!

    Wie die Kelche, die da troffen,
    Stand die Seele atmend offen,
    Wie die Blumen, düftertrunken,
    In dem Himmelstau versunken.

    Schauernd kühlte jeder Tropfen
    Tief bis an des Herzens Klopfen,
    Und der Schöpfung heilig Weben
    Drang bis ins verborgne Leben.

    Walle, Regen, walle nieder,
    Wecke meine alten Lieder,
    Die wir in der Türe sangen,
    Wenn die Tropfen draußen klangen!

    Möchte ihnen wieder lauschen,
    Ihrem süßen, feuchten Rauschen,
    Meine Seele sanft betauen
    Mit dem frommen Kindergrauen.



    Klaus Groth (1819-1899)


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  8. Neli

    Neli Optimistin

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    Heimweh


    Wie traulich war das Fleckchen,
    Wo meine Wiege ging,
    Kein Bäumchen war, kein Heckchen,
    Das nicht voll Träume hing.

    Wo nur ein Blümchen blühte,
    Da blühten gleich sie mit,
    Und alles sang und glühte
    Mir zu bei jedem Schritt.

    Ich wäre nicht gegangen,
    Nicht für die ganze Welt! -
    Mein Sehnen, mein Verlangen,
    Hier ruht's in Wald und Feld.


    Hans Groth

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  9. Neli

    Neli Optimistin

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    O Täler weit, o Höhen,
    O schöner, grüner Wald,
    Du meiner Lust und Wehen
    Andächtger Aufenthalt!
    Da draußen, stets betrogen,
    Saust die geschäftge Welt,
    Schlag noch einmal die Bogen
    Um mich, du grünes Zelt!

    Wenn es beginnt zu tagen,
    Die Erde dampft und blinkt,
    Die Vögel lustig schlagen,
    Daß dir dein Herz erklingt:
    Da mag vergehn, verwehen
    Das trübe Erdenleid,
    Da sollst du auferstehen
    In junger Herrlichkeit!

    Da steht im Wald geschrieben
    Ein stilles, ernstes Wort
    Von rechtem Tun und Lieben,
    Und was des Menschen Hort.
    Ich habe treu gelesen
    Die Worte, schlicht und wahr,
    Und durch mein ganzes Wesen
    Wards unaussprechlich klar.

    Bald werd ich dich verlassen,
    Fremd in der Fremde gehn,
    Auf buntbewegten Gassen
    Des Lebens Schauspiel sehn;
    Und mitten in dem Leben
    Wird deines Ernsts Gewalt
    Mich Einsamen erheben,
    So wird mein Herz nicht alt.


    Joseph von Eichendorff

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  10. Neli

    Neli Optimistin

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    Wie liegt im Mondenlichte
    Begraben nun die Welt;
    Wie selig ist der Friede,
    Der sie umfangen hält!

    Die Winde müssen schweigen,
    So sanft ist dieser Schein;
    Sie säuseln nur und weben
    Und schlafen endlich ein.

    Und was in Tagesgluten
    Zur Blüte nicht erwacht,
    Es öffnet seine Kelche
    Und duftet in die Nacht.

    Wie bin ich solchen Friedens
    Seit lange nicht gewohnt!
    Sei du in meinem Leben
    Der liebevolle Mond!


    Theodor Storm


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  11. Neli

    Neli Optimistin

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    Sommerruh, wie schön bist du!
    Nachtigallenseelen tragen
    Ihre weichen süßen Klagen
    Sich aus dunkeln Lauben zu.
    Sommerruh, wie schön bist du!

    Sommerruh, wie schön bist du!
    Klare Glockenklänge klingen
    Aus der Lüfte lauen Schwingen
    Von der mondumblitzten Fluh.
    Sommerruh, wie schön bist du!

    Sommerruh, wie schön bist du!
    Welch ein Leben, himmlisch Weben!
    Engel durch die Lüfte schweben
    Ihrer blauen Heimat zu.
    Sommerruh, wie schön bist du!


    Christian Conrad Schad (1821-1871)

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  12. fleckchen63

    fleckchen63 Mandy

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    Steinberg
    Wie freu' ich mich der Sommerwonne!



    Wie freu' ich mich der Sommerwonne,
    Des frischen Grüns in Feld und Wald,
    Wenn's lebt und webt im Glanz der Sonne
    Und wenn's von allen Zweigen schallt!


    Ich möchte jedes Blümchen fragen:
    Hast du nicht einen Gruß für mich?
    Ich möchte jedem Vogel sagen:
    Sing, Vöglein, sing und freue dich!


    Die Welt ist mein, ich fühl es wieder:
    Wer wollte sich nicht ihrer freu'n,
    Wenn er durch frohe Frühlingslieder
    Sich seine Jugend kann erneu'n?


    Kein Sehnen zieht mich in die Ferne,
    Kein Hoffen lohnet mich mit Schmerz;
    Da wo ich bin, da bin ich gerne,
    Denn meine Heimat ist mein Herz.

    Hoffmann von Fallersleben
     
  13. hada1712

    hada1712 Kevin-Schantalle-Mama

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    hier noch was von mir



    Das wetter hat so seine mucken
    lässt die blitze dauernd zucken
    dunkel wie in einer gruft
    donner schallt jetzt durch die luft


    sommer sollte es doch werden
    hier auf der oberen kugelerden
    da kommt nur regen und die kühle
    es ist nur nass, nicht sommerschwüle


    man kann seh´n und bald fühlen
    wie wind und wolken spielen
    dazwischen ist auch mal
    ein klitzekleiner sonnenstrahl


    die elemente werden schneller
    am horizont wird es nicht heller
    die blumen wollen nicht erblüh´n
    wenn graue wolken drüberzieh´n


    herbstliche stimmung zu verbreiten
    da brauchts doch and´re jahreszeiten
    so träum ich von der sommerpracht
    wer hat das wetter nur gemacht


    withbirds.jpg
     
    #1013 23. Juni 2011
    Zuletzt bearbeitet: 23. Juni 2011
  14. Neli

    Neli Optimistin

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    Rheinland
    Die Lilien glühn in Düften,
    Die Blüte spielt am Baum;
    Hoch zieht in stillen Lüften
    Im bunten Schmuck der Traum.

    Und wo er blickt, da neigen
    Die Blumen das Haupt überall;
    Und wo er zieht, da schweigen
    Waldrauschen und Nachtigall.

    Mir wird das Herz so stille
    In dieser milden Nacht,
    Es bricht der eigne Wille,
    Die alte Lieb' erwacht.

    Fast ist's, als käm' ein Grüßen
    Auf mich vom Himmelszelt,
    Und Frieden möcht' ich schließen
    Mit Gott und aller Welt.


    Emanuel von Geibel (1815-1884)

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  15. Julia123

    Julia123 rheumatic pixie

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    Kleinstadt in Oberfranken
    ..... mal ein englisches Gedicht (das etwas andere Naturgedicht)

    To a Snail
    If "compression is the first grace of style",
    you have it. Contractility is a virtue
    as modesty is a virtue.
    It is not the acquisition of any one thing
    that is able to adorn,
    or the incidential quality that occurs
    as a concomitant of something well said,
    that we value in style,
    but the principle that is hid:
    in the absence of feet, "a method of conclusions";
    "a knowledge of principles",
    in the curious phenomenon of your occipital horn.

    (Marianne Moore)

    dieses Gedicht über und für eine Nacktschnecke hat es mir besonders angetan ......

    julia123

    :butterfly:
     
  16. Neli

    Neli Optimistin

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    Es war, als hätt' der Himmel,
    Die Erde still geküßt,
    Daß sie im Blütenschimmer
    Von ihm nun träumen müßt.

    Die Luft ging durch die Felder,
    Die Ähren wogten sacht,
    Es rauschten leis die Wälder,
    So sternklar war die Nacht.

    Und meine Seele spannte
    Weit ihre Flügel aus,
    Flog durch die stillen Lande,
    Als flöge sie nach Haus.


    Joseph von Eichendorff


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  17. Neli

    Neli Optimistin

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    Ein blauer Sommer glanz- und glutenschwer
    Geht über Wiesen, Felder, Gärten her.
    Die Sonnenkrone glüht auf seinen Locken,
    Sein warmer Atem läutet Blütenglocken.
    Ein goldnes Band umzieht die blaue Stirne,
    Schwer aus den Zweigen fällt die reife Frucht
    Und Sens' und Sichel blitzt auf Flur und Feld,
    Und rot von Rosen ist die ganze Welt.

    Karl Busse (1872-1918)


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  18. Neli

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    Auf den bunt beblümten Feldern,
    in den schattenreichen Wäldern
    herrscht, in stiller Einsamkeit,
    Unschuld, und Zufriedenheit.
    Fern vom städtischen Getümmel,
    als in einem ird'schen Himmel,
    find' ich hier die güld'ne Zeit.

    Barthold Heinrich Brockes (1680-1747)


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  19. Neli

    Neli Optimistin

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    Bei dir allein empfind' ich, daß ich lebe,
    Daß Jugendmut mich schwellt
    Daß eine heit're Welt
    Der Liebe mich durchhebe;
    Mich freut mein Sein
    Bei dir allein!

    Bei dir allein weht mir die Luft so labend,
    Dünkt mich die Flur so grün,
    So mild des Lenzes Blüh'n,
    So balsamreich der Abend,
    So kühl der Hain,
    Bei dir allein!

    Bei dir allein verliert der Schmerz sein Herbes,
    Gewinnt die Freud an Lust!
    Du sicherst meine Brust
    Des angestammten Erbes;
    Ich fühl' mich mein
    Bei dir allein!

    Johann Gabriel Seidl (1804-1875)


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    #1019 4. Juli 2011
    Zuletzt bearbeitet: 4. Juli 2011
  20. Neli

    Neli Optimistin

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    Frieden bringt die kühle Nacht,
    letzte Sonnenstrahlen gleiten
    über stille Wasserweiten,
    über Wald und Fluren sacht.
    Bäche wandeln sanfte Gleise
    und das Birkhuhn plaudert leise.

    Schlummer macht die Erde neu.
    Mondbeschienen stehn die Hügel,
    Nachtwind regt die weichen Flügel,
    Heck' und Rose duften scheu,
    und das Glück mit leisem Kusse
    lockt zur Wonne, zum Genusse.


    Wilhelm Henzen (1850-1910)

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