Partnerschaft mit Schwerkranken - Die Probleme des Helfers

Dieses Thema im Forum "Austausch für und mit Angehörigen" wurde erstellt von Magenta, 12. Juni 2003.

  1. Magenta

    Magenta Buhfrau

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    In seinem Buch "Mut und Gnade" beschreibt Ken Wilber ausführlich die Belastungen die sich durch schwere oder chronische Krankheit eines der beiden Partner für die Beziehung ergeben und die Schwierigkeiten mit denen sich der gesunde Partner dadurch konfrontiert sieht.

    Auszüge:" Schwieriger und wirklich heimtückisch ist für den Helfer jedoch der seelische Druck, der sich jetzt allmählich aufbaut. Dieser innerere Kampf hat zwei Seiten, eine private und eine öffentliche.
    Zunächst die private: Der Helfer weiß, daß alle seine Probleme, wie viele es auch sein mögen, Lappalien sind gegen die lebensbedrohende Krankheit des geliebten Menschen. Also spricht er einfach nicht davon - wochenlang, monatelang. Er hält sie unter Verschluß. Man möchte den geliebten Menschen nicht beunruhigen, man möchte ihm seine Lage nicht noch erschweren(....) Das geht ein paar Monate so (je nach Veranlagung), und dann dämmert es dem Helfer allmählich: Die Tatsache, daß meine Probleme klein sind, etwa im Vergleich zu Krebs, erledigt sie nicht. Sie werden sogar schlimmer, denn jetzt sind es eigentlich zwei Probleme: das ursprüngliche Problem und dann die Tatsache, daß man es nicht äußert und daher auch keine Lösung dafür finden kann.(...)
    Und hier beginnt die öffentliche Seite der seelischen Schwierigkeiten eines Helfers. Man kommt zu der Einsicht, daß man reden muß; aber mit wem? Der Kranke ist vermutlich nicht der beste Gesprächspartner, denn häufig ist er ja das Problem des Helfers, bedeutet eine schwere Belastung für ihn; man möchte dem Kranken natürlich kein schlechtes Gewissen machen, möchte ihm nicht den Schwarzen Peter zuschieben, auch wenn man ihm vielleicht übelnimmt, daß er krank geworden ist.
    Eine Selbsthilfegruppe von Leuten, die ähnliches erleben, also eine Selbsthilfegruppe für Helfer, ist bei weitem der beste Ort, um sich auszusprechen. Auch Einzeltherapie oder Partnertherapie kann sehr nützlich sein.(....)
    Eine Selbsthilfegruppe, sagte ich, ist bei weitem die beste Anlaufstelle. Wenn man bei einer solchen Gruppe mal zuhört, stellt man fest, daß hier vorwiegend über die lieben Kranken gemeckert wird: "Was bildet der sich ein, mich so herumzukommandieren?" - "Glaubt die vielleicht, was Besonderes zu sein, nur weil sie krank ist? Ich hab schließlich auch meine Probleme" - "Mir kommt es so vor, als hätte ich in meinem Leben überhaupt nichts mehr zu sagen." - "Ich hoffe, der Typ beeilt sich ein bißchen mit dem Sterben." So etwas sagen nette, anständige Leute einfach nicht öffentlich, und schon gar nicht zu den lieben Kranken.
    Bedenken wir aber, daß sich unter Zorn und Groll fast immer Liebe verbirgt - sonst hätte der Helfer ja schon längst das Weite gesucht. Nur kann diese Liebe sich nicht äußern, solange Zorn und Groll ihr den Weg verstellen. Wie Gibran sagt: "Haß ist hungernde Liebe". In solchen Selbsthilfegruppen kommt viel Haß nach oben, aber nur weil darunter soviel Liebe ist, hungernde Liebe."

    So weit Ken Wilber.
    Mich würde interessieren, wie Ihr in Euren Partnerschaften damit umgeht.

    Magenta
     
  2. Mareen

    Mareen Guest

    Hallo Magenta,
    ein wichtiges Thema, das Du da ansprichst.
    Mein Mann und ich waren 8 Jahre zusammen, als die cP ausbracht. Allerdings hat er mich schon mit damals schlimmer Neurodermitis, Asthma u. vielen Allergien kennengelernt. In der Beziehung wusste er also, was auf ihn zukommt. Ja und dann kam die cP dazu. Er war genauso niedergeschmettert und traurig (hilflos) wie ich. Mein Mann unterstützt mich wo er kann. Klar, manchmal ist er auch "bockig", wenn er nicht das von mir bekommt, wonach ihm ist. Wir reden sehr viel miteinander. Ich weiß, dass er das Thema Rheuma oft gar nicht richtig an sich heranlässt. Ich weiß aber auch, dass ihn dieses Thema runterzieht. Wenn er Probleme wegen meiner Krankheit hat, dann spricht er das auch offen an. Wenns ihm nicht gut geht, lässt er mich das auch wissen. Was meine Gelenke angeht, macht er sich wesentlich mehr Gedanken als ich und sucht nach guten Lösungen wenns mir schwerfällt. Das Forum interessiert ihn wenig. Da hält er sich vollkommen raus. Er weiß aber, dass es mir viel Kraft gibt. Wenn ich von einigen Threads erzähle, hört er mir zu und redet auch mit mir darüber. Für ihn ist es manchmal ziemlich schwer in der Familie: ich habe diverse Krankheiten, unser Sohn ist Epileptiker und unsere Tochter steigt in meine Stapfen, sie hat mehrere Allergien und eine äußerst empfindliche Haut. Ich bewundere ihn für soviel Verständnis und Fürsorge und kann mir keinen besseren vorstellen. Er ist für eben ein Göga.
    Euch allen wünsche ich genauso tolle Männer und Familienväter
     
  3. sito

    sito wölfin

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    partnerschaft

    hallo magenta,

    finde deinen beitrag sehr interessant, kann ja von mir ein bisschen erzählen.

    finde schon das das was du geschrieben hast sehr gut passt für bestimmte situationen. als ich damals an die dialyse kam, war es bei uns genauso wie du beschreibst. nur bekam ich das nicht mit weil ich selbst so viel jit mir zu tun hatte. thomas, mein LEG, hätte auch dringend unterstüzung benötigt, aber wie du schreibst, mit wem sollte er sich unterhalten, der ihn auch versteht ohne das ihn einer für einen egoisten hält? nach einem halben jahr an der dia hatte ich mich seelisch sowie auch körperlich wieder im griff und ich sah wie er leidet. gott sei dank kam meine kraft wieder zurück und ich versuchte ihm wieder eine gute partnerin zu sein. in dieser zeit wäre es fast dazugekommen das ich mich von ihm getrennt hätte. ich sage mal wenn man schon einen verständnissvollen partner hat dann sollte man auch als betroffener so weit sein das man seinen angehörigen eine hilfe sein kann (seelisch). heute können wir gut miteinander umgehen und meine krankheit gehört einfach dazu aber sie steht nicht mehr im mittelpunkt unserer beziehung. es ist einfach so wie es ist ( na ja, ich stell mich auch nicht wegen jedem zipperlein so an, als ob ich alleine gar nichts mehr schaffen kann). unsere beziehung zueinander hat sich sehr verändert, ich versuche mehr auf ihn einzugehen, denn er kümmert sich ja auch um mich wenns mir mal nicht so gut geht und ich versuche ihm durch gespräche zu helfen, seine gedanken wieder ins reine zu bringen. ich glaube das rezept für eine gute beziehung ist einfach den respekt vor dem anderen nicht zu verlieren. es gar nicht so darum sich für den anderen aufzuopfern sondern einfach dazusein wenn einem der andere braucht. wir sind nun 6 jahre ein paar und sind durch sehr viele höhen und tiefen gegangen, aber ich empfinde es so, umsolänger wir beisammen sind um so inniger wird unsere beziehung, aber wir müssen noch viel lernen.
    ich bin sehr froh so einen menschen gefunden zu haben der, egal was da kommt, zu mir steht und ich würde das selbe für ihn machen, egal ob es mit krakheit, menschlichem versagen oder anderen dingen die tagtäglich geschehen zu tun hat.

    sito
     
  4. cher

    cher "Hessisches Mädel"

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    Schwere Erkrankung und Parnerschaft

    Das ist finde ich eh so ein Tabuthema.
    In meiner fast 25jährigen Ehe haben wir diesbezüglich alle Höhen und Tiefen durch, die man sich nur vorstellen kann. Neben der Fibro, der Osteoporose und Arthrose habei ch auch noch ein schweres allergisches Asthma, bin schon über 15 Mal operiert worden und habe nach einem schweren Darmverschluss wohl ein zweites Leben erhalten. Das alles geht an unserer Partnerschaft nicht spurlos vorbei. Schön dabei finde ich es wieder, dass mein Mann mich da nie im Stich lässt. Er motzt zwar ab und zu aus mir unerfindlichen Gründen rum, ist aber immer zur Stelle, wenn ich ihn brauche. Unsere Beziehung hat sich zwar total verändert, wir kommen jetzt aber miteinander aus.
    Mein Mann spricht sich manchmal bei unserem Hausarzt aus, wenn er nicht mehr weiter weiss. Früher konnte er sich bei meiner Mutter aussprechen. Die ist aber leider verstorben. Über meine Erkrankungen will er nicht viel wissen. Oft ist er auch sehr bockig. Einmal hat er mir anvertraut, dass er nicht weiss wie er mit den vielen Erkrankungen von mir umgehen soll. Leider lässt er sich aber nicht helfen. Er hat das wohl mit dem Motorrad fahren kompensiert. Seitdem er "easy rider" spielt, wirkt er viel ausgeglichener.
    Ich wünsche allen einen verständnissvollen Partner.

    cher
     
  5. fellchen

    fellchen Guest

    Hallo zusammen,

    ein wichtiges und sehr vielschichtiges Thema wie ich finde.

    Seit März lernen mein LeGe und ich nun mit meiner cp zu leben.

    Nachdem wir zunächst sehr damit befasst waren / sind einfache Alltagsabläufe zu ändern,(wobei er sich manchmal, für mich nicht nachvollziehbar, völlig querstellt) habe ich nun festgestellt, dass er diesen "Schone-die-arme-Kranke" Gedanken absolut verinnerlicht hatte. Ich war total sauer, weil er am Samstag arbeiten will, wo wir eigentlich zusammen was regeln wollten und es mir erst heute gesagt hat. Motz hier, mecker zurück usw.
    Es stellt sich raus: Er hat die ganze Zeit versucht es mit Überstunden am Abend zu umgehen, hat mir nix gesagt damit ich nicht traurig bin und seit ungefähr 4-6 Wochen machen diverse Projekte im Job ihm totalen Stress. Alles sprudelte aus ihm raus und ich fand auch, dass das echt hartes Brot ist.
    Er wollte mich lieber "aufheitern" als mich damit noch zu belasten....
    Dabei: Wenn ich was noch gut kann, ist es zuhören und meine psychisch super labile Phase habe ich hinter mir. UND: Das ist doch Teil meines "Jobs" in der Beziehung, da für ihn da zu sein.
    Ich bitte herzlichst darum mir das nicht wegzunehmen....

    Dies ist ja nur EIN Beispiel und wir haben hoffentlich draus gelernt.

    Ansonsten nehme ich mir so oft wie möglich rheumafreie Tage. Wenn es mir also am Wochenende (auch nur halbwegs) gut geht, dann gehe ich z.B. nicht ins Forum, sondern wir verbringen eine schöne Zeit.
    Weiterhin haben wir, auf mein Bestreben hin, die Absprache getroffen, dass er sich wie immer verabreden kann ohne vorher meinen physischen und psychischen Zustand zu checken.
    Ich habe die Sicherheit, dass er jederzeit alles absagen würde, wenn ich ihn brauche. Bisher reichte diese Sicherheit mir aus, auch schlechte Abende alleine zu überstehen.

    Ich muss allerdings sagen, dass ich mich nicht als Schwerstkranke erlebe, eben nur chronisch irgendwas... (chronische Lebensveränderung vielleicht)

    Für Dich Magenta hoffe ich, dass auch noch ein paar Postings von Deiner Seite der Betroffenheit kommen. Ich wünsche Dir auch viel Kraft, obwohl ich das für eine missverständliche Formulierung halte. Ich meine damit nicht (nur) Kraft zum "feste weiterpflegen", sondern eben für DICH, für DEIN Leben!

    Es ist mir auch klar, dass dies nur einen winzigkleinen Ausschnitt beleuchtet. So viele Gefühle spielen da eine Rolle.

    Die Kranken (was auch immer es sein mag) nicht überschonen.
    Mir persönlich ist schon klar, dass die Probleme von anderen nicht verschwinden, weil es mir grad mal besonders schlecht geht. Also ruhig etwas zutrauen und ansonsten akzeptieren wenn die Kraft mal fehlt. Das kann am nächsten Tag völlig anders aussehen.

    Liebe Grüsse an alle
    Fellchen:cool:
     
  6. Bodo

    Bodo (Mittel)alter Hund

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    Hallo Magenta,
    wie ich mitbekommen habe, bist Du auch als Partner in diese Krankheit hineingeschupst worden, wie ich. Wie schon so häufig, „missbrauche“ ich den Forumsnamen meines Mannes um mich hier zu Wort zu melden, aber irgendwie sind wir ein Team und schon aus diesem Grund widerstrebt es mir, eine eigene Adresse einzurichten. Genau dieser Teamgeist und diese Partnerschaft erachten wir als wichtig, es verbindet uns. Dieses Forum hat mir in der letzten Zeit meinen Horizont erweitert. Hat mir gezeigt, wie es anderen Rheumis geht, was sie fühlen, wie sie leiden. Ich habe gemerkt, dass es hier Hilfe für mich, wichtiger noch, für meinen Mann gab und gibt. Die Veränderungen, die er seit einem Jahr durchmacht, haben mich teilweise in einen Schockzustand verfrachtet! Mein starker Partner, der fest mit beiden Beinen im Leben stand, der in der Firma dicke Projekte mit Leichtigkeit abwickelte, der entscheidungsfreudig war, wurde plötzlich mürbe, weich, unausgeglichen, verletzlich und dünnhäutig. Ein Zustand, den ich niemals (er war ja vorher auch kein eiskalter und unsensibler Typ!) in dieser extremen Form kennen gelernt hatte.
    Wir haben festgestellt, dass wir Meister im „zerreden“ sind und die Probleme durchkauen und darüber nicht müde werden. Hören zu und können auch dem anderen zu hören. Das gibt uns beiden neue Kraft, die nächste Ohrfeige, die das Leben zu bieten hat, zu verkraften. Ich hoffe nur, dass die Backpfeifengaben mal langsam ein Ende nehmen, denn derzeit kommt eins zum anderen.
    Dennoch – wir beide geben nicht auf! Wir suchen nach Alternativen, die uns zusammen Spaß machen (nicht so einfach), suchen neue Wege, sind dankbar, wenn es einen schmerzarmen Tag gibt den wir dann, z.B. für eine Radtour ausnutzen dürfen! Und wenn es doch mal ganz dick kommt, gehe ich zum Töpfern, gönne meiner Seele gutes und tanke neue Energie.
    Liebe Grüße
    Snoopiefrau
     
  7. Magenta

    Magenta Buhfrau

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    Hi Leute,

    danke für Eure offenen Antworten!

    Ich habe meinen Partner bereits als Rheumakranken (Cp) kennen gelernt.
    Bis dahin wußte ich nicht wie vielschichtig und bedrohlich diese Krankheit ist und wie sehr sie das Leben einschränken kann.
    Damals konnte er noch ohne Krücken laufen und spazierengehen - jetzt geht es nur noch mit Krücken.
    Eine wirklich unbeschwerte Zeit haben wir beide im Grunde also nie erleben dürfen und ich ertappe mich oft bei dem Gedanken, daß ich ihn auch gerne als Gesunden gekannt hätte und es tut mir richtig weh, wenn ich Fotos aus seiner Vergangenheit sehe, von seinen Urlaubsreisen oder sonstigen Aktivitäten.
    Ich habe sogar Phasen wo ich richtig neidisch bin, wenn ich andere Pärchen sehe, die einfach nach Lust und Laune spazieren gehen können - bei meinem Partner ist das nur sehr eingeschränkt möglich und von der Tagesverfassung abhängig.
    Ich selber war mein Leben lang gehandicapt durch eine Phobie (bin es zum Teil noch), die mein Leben sehr eingeschränkt hat. Jetzt, wo ich in einer liebevollen Partnerschaft lebe, mit einem Mann, dessen Interessen und Ziele ich teile, und mich zu entfalten beginne erlebe ich, daß ich durch die Krankheit meines Partners anscheinend wieder daran gehindert werde zu "leben", verzichten muß, mich einschränken muß...Zugleich dann das schlechte Gewissen, daß man so nicht denken darf und daß ich es selber in der Hand habe, meine Bedürfnisse dennoch zu leben.
    Auch fühle ich mich oft mit meiner Phobie nicht ernst genommen, da diese im Vergleich zur Krankheit meines Partners tatsächlich lächerlich erscheint. Manchmal bin ich wütend, daß er die "bessere" Krankheit hat sozusagen...
    Zum Glück können mein Partner und ich offen über alles reden - wenn es auch oft sehr schwer ist, weil man Angst hat, sein Gegenüber zu verletzen.

    Magenta
     
  8. Monsti

    Monsti das Monster

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    Hallo Magenta,

    es gibt keine "besseren" oder "schlechteren" Krankheiten. Alles, was einen Menschen auf Dauer einschränkt, belastet immens - den Erkrankten selbst wie auch seine Umwelt (dabei naturgemäß vor allem den Partner).

    Ich selbst habe leider beides: eine psychische Erkrankung (posttraumatische Belastungsstörung) und Rheuma - mein Partner leider überhaupt nix. Natürlich stellt sich da einiges an Miss- und Unverständnis ein. Das ist völlig normal. Ehe ich das eine wie das andere hatte, hätte ich mir niemals auch nur im Ansatz vorstellen können, wie das ist.

    Mein Mann hatte mich einst als lebenslustige, leistungsfähige, gesellige, reiselustige und sportliche Frau kennengelernt. Davon ist bedauerlicherweise nicht mehr viel übrig geblieben.

    Ich sehe es aber so: Mein jetzt völlig gesunder Mann könnte ja morgen (wie grad meine beste Freundin mit Anfang 40) einen Schlaganfall erleiden und urplötzlich pflegebedürftig werden. Natürlich habe ich keine Ahnung, was damit alles zusammenhängt, nehme ich ja nur das Äußerliche wahr. Aber das ist ja meist noch das "Harmloseste". So ist es, um bei Eurer Konstellation zu bleiben, bei Euch ja auch. Die wahren Handicaps sind die, die ein Außenstehender kaum wahrnimmt.

    Mein bislang zum Glück noch kerngesunder Mann unterstützt mich in sehr vielem, aber eigentlich tagtäglich mit unterschwelligen Vorwürfen verbunden. Sowas tut unendlich weh. Und ich glaube, unter einer Phobie leidend, weißt Du sehr genau, was ich meine. Es sind diese vielen "Selbstverständlichkeiten", die selbst bei bestem Willen nimmer zu leisten sind. Derjenige, den es trifft, weiß, dass es früher mal ganz anders war und versteht es selber nicht. Wenn dann der andere auch noch drauf rum hackt, egal, ob lustig oder ernst gemeint, zieht das einen mächtig runter.

    Ich glaube, jeder Mensch sollte sich bewusst machen, dass es ihn selbst ebenfalls jederzeit treffen kann. Es muss ja kein Rheuma sein. Unfall mit Nachwirkungen, psychische Störungen, MS, Diabetes, Krebs ... es gibt so viel. Und kein Mensch dieser Welt möchte, dass sich dann derjenige, der einem am allernächsten steht, deshalb abwendet.

    Ich liebe meinen Mann so, wie er ist. Selbst wenn ihn ein Unfall bis zur Unkenntlichkeit verstümmeln würde, er ein liegender Pflegefall wäre oder mich nicht mehr erkennen würde, wäre ich immer noch seine Frau, die zu ihm hält. Nichts anderes erhoffe ich mir für mich von meinem Partner.

    Liebe Grüße von
    Monsti
     
  9. lilli

    lilli kleine Berliner Hexe

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    Das ist ein sehr Interessantes Thema,

    auch mein Mann hat Probleme mit meiner Krankheit umzugehen.
    Denn man kann die Schmerzen ja nicht sehen.
    Nur wenn mein Fuß mal wieder bis zur unkenntlichkeit angeschwollen ist, dann bemüht er sich sehr, ja da sieht er's ja auch. Aber ich habe ja auch ohne geschwollenen Fuß schmerzen überall.
    Er gibt sich zwar sonst auch sehr viel mühe, aber manchmal ist er wohl darüber frustiert und läßt es mich dann auch merken, mit so Sätzen wie "man dein gejammer nervt" oder " du bist ja ganz schön wehleidig".
    Das macht mich dann sehr traurig und ich habe mich schon bei dem Gedanken erwischt, er möge eimal meine Schmerzen haben für 1 Woche.
    Die einzige mit der ich reden kann, ist meine Schwiegermutter, mit der ich ein Supi verhältnis habe.
    Sie ist vor 2 Jahren an Krebs erkrankt, hat ihn besiegt und versteht mich daher sehr gut.
    Es ist warscheinlich für die meisten Männer ein Problem mit Krankheiten umzugehen.
    Bei mir kommt dann noch hinzu, das es ihn nervt wenn ich so oft bei R-O bin.
    Fazit, es ist nicht einfach für uns, denn wir müssen ja auch erstmal mit unserer Krankheit klarkommen und dann noch mit unseren Partnern.
    Ich bin deswegen oft Deprimiert, könnte mich dann in eine Ecke setzen und heulen,(was ich manchmal auch tue), bin ungerecht und schlecht drauf, dann wird mir gesagt, " man hast du ne Laune"!
    Früher war ich ein Lebenslustiger Mensch, das ist heut leider nicht mehr oft so.
    Ich habe mir deshalb angewöhnt nicht mehr zu sagen oder anmerken zu lassen, wenn es mir schlecht geht, außer es ist so schlimm das es nicht anders geht.

    LG
    Lilli
     
  10. merre

    merre Bekanntes Mitglied

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    schwieriges Thema

    Ja und meist versucht man diesen Problemen auszuweichen. Ich war wohl immer ein Typ zum Anlehnen und Raufschauen (sagt man), habe geholfen wenn ich konnte, seit ich weis, daß ich dieses Rheuma / MB habe, hat sich einiges verändert. Ich habe mich von einer WS-Fraktur erholt, dauerte 2 Jahre - 11 Jahre her, wir mußten viel familiäre Probleme wegstecken, es ging wieder aufwärts...aber dann vor 2 Jahren die Erkenntnis "es geht nicht mehr" beruflich gesehen. Zwischendurch immer wieder die Erfahrung des Besserwerdens und dann wieder das Kranksein.
    Mittlerweile braucht man für einen Gesamtbefund fast eine ganze Seite, vieles paßt nicht zueinander und einige Medikamente werden wohl ein dauernder Begleiter bleiben. Ein groß Teil, sagen wir Ungewißheit ist da und wird wohl bleiben. Manchmal ist es besser "etwas auf sich beruhen zu lassen" habe ich mich entschieden und mein Hausarzt hat es so akzeptiert. Ich versuche ein "normales Leben" zu führen, meine Frau unterstützt mich ganz toll und da schluckt man eben manchmal einfach was runter und macht es allein mit sich aus.
    Vor allem braucht man "Erfolgserlebnisse" welcher Art auch immer. Ich engagiere mich ehrenamtlich, versuche mit Hilfe meiner Ärzte, die dann Bekannte in ihre Behandlungen aufnehmen, anderen ein bischen mehr Sicherheit zu geben, dabei weis ich selbst nicht mal ob ich sie habe.
    Aber ich brauch ein "bischen Leben" um mich rum. Ich habe einfach das Gefühl, wenn ich mich "gehen lassen" würde - ich würd einige mitziehen. Viele können sich wohl nicht vorstellen, wie schnell sich vieles ändert. Ich wünsch es auch keinem, daß es so kommt.
    Manchmal freue ich mich, wenn mich jemand anruft und glücklich ist durch meine Vermittlung endlich einen verständnisvollen Arzt gefunden zu haben und es langsam aufwärts geht. Wenn ich dann aber im Forum neue Beiträge lese, wieder mit denselben Problemen....ja sollt man resignieren?
    Momentan bin ich aber mal für mich aktiv, Beratung zu Rentenfragen und dabei einen alten Bekannten am Telefon getroffen....ja.....wird wohl wieder auch ein Teil "Mithelfen" draus werden.
    Vielleicht endet es ja mal alles abruppt...wäre nicht die schlechteste Lösung, bis dahin machen wir halt weiter.
    Paßt auf Euch auf "merre"
     
  11. Sunshine74

    Sunshine74 Guest

    Hallo Magenta!

    Das Buch von Wilber ist sehr schön :) ich hab es im letzten Spätsommer geschenkt bekommen und verschlungen. Irgendwie finde ich mich in beiden Seiten wieder. Das liegt wohl daran, dass ich durch meine Familie mit chronischen Erkrankungen (psychisch/körperlich) vertraut bin und auch den Weg einer Bekannten von Gesund zur Ersterkrankung (sie hat MS) mehr oder minder direkt mitbekam --- bevor ich selbst an Rheuma erkrankte. Mein Glück, so war ich nicht allein, als ich selbst erkrankt bin...

    Gerade als Zweit-Betroffener ist es doppelt so schwierig. Finde ich. Gut, man hat selbst nicht die Schmerzen, die Ängste, die Handicaps...
    Genau das trennt einen vom anderen (die Erfahrungswelten sind eben andere!) Man unterschätzt die Zeit, die der andere braucht, um sich in sein neues Leben hineinzufinden, die Probleme (körperl. und seelisch), die er dabei hat. Und man überschätzt die Kraft, die dabei übrig bleibt, um sich mit dem weiteren Leben (inkl. Behandlungen usw.) vielleicht auch nur dem ganz "normalen" Leben zu beschäftigen.

    Ich kenne genau das Gefühl von Ohnmacht, wenn man nichts tun kann, weil a) der partner nicht will/kann und b) es einfach nichts zu tun gibt! Und man denkt doch von sich: ich will mehr als nur dasein. Heile Welt schaffen - altruistisch, wenn man nur an den anderen denkt, realistisch, wenn man an beide denkt. Natürlich geht es auch darum, die eigene Belastung nicht (mehr) zu wollen. Immerhin verändert sich meine Welt als "Nicht-Betroffener" ebenso. Keine Zusammenkunft ist mehr so wie vorher. Und dann brauche ich auch noch meine Kraft dafür, einerseits mit diesen Veränderungen fertig zu werden, andererseits für den anderen und drittens für die Ohnmacht. Nicht zu vergessen, dass man beständig mit den Dingen des Lebens konfrontiert wird, mit denen man lieber gar nichts zu tun haben möchte - wohl bewußt, dass man selbst der nächste sein könnte...

    Die Menschen in meinem Umfeld, die mit meiner Situation am wenigsten umgehen konnten, waren genau die Menschen, die diese Situation am meisten geängstigt hat. Und auch die Menschen, die scheinbar ein lineares Abgleichungsmodell bezüglich Belastungen hatten: Du hast diese Krankheit, also muss es Dir viel schlechter gehen als mir und das 'verpflichtet' mich dazu, Dir zu helfen, denn ich habe ja diese dir fehlende Kraft zur Verfügung.

    Nixe hat doch gerade erst ein paar Sätze zum Thema Loslassen geschrieben! Auch darum geht es. Denn wie oft will man den anderen in sein Glück zwingen, weil man ja ach so gut weiss, wo des Pudels Kern liegt. Nix weiss man. Schon gar nicht über den Kopf des anderen hinweg. Auch das tut weh, wenn der andere mehr leidet, als es vielleicht nötig ist. Aber gegen den Willen (und oft auch Können) des anderen hinweg drängen? Ausnahmen bestätigen die Regel, aber meist ist das der falsche Weg. Jede Uhr tickt in ihrer eigenen Zeit...


    Ich glaube ich habe seit dem letzten Jahr nur 3 Menschen getroffen, die meine Krankheit bei mir liessen und trotzdem da waren. Meine Familie tut sich auch sehr schwer damit und würde ich die andere Seite nicht kennen, dann wäre ich bitterlich enttäuscht gewesen, hätte weniger offen reden können, hätte es sicher nicht verstanden. Und wäre noch jetzt oft verletzt.


    Anfangs hat mich kaum einer verstanden, als ich meinte, dass es meinen Freunden und meiner Familie schwerer fallen wird, sich mit der Krankheit zu arrangieren als mir. Ich kenne bzw. lerne meine Krankheit nämlich von allen Seiten kennen. Innerlich wie äußerlich. Und mir bleibt keine Wahl, wenn ich leben will. Die anderen haben nur das z.T. äußerliche und meine Reaktion und... eine Wahl - eben eine andere Erfahrungswelt. Das ist schwerer.

    Der letzte Punkt (sonst uferts richtig aus *grins*): oft meinen die "Nicht- (oder besser Zweit-) Betroffenen", dass alle ihre Wehwehchen gegen das meinige nicht zählen würden. Der größte Schwachsinn überhaupt. Leiden ist subjektiv. Für mich mag inzwischen einige nicht so schwerwiegend sein, aber wie das für den anderen ist, kann und will ich nicht beurteilen. Also wenn jemand mit ner Grippe im Bett liegt, dann liegt er mit ner Grippe im Bett. Und wenn es ihm dabei schlecht geht, dann geht es ihm schlecht. Punkt. Völlig ausreichend.


    Alles zu nehmen wie es ist - gar nicht so leicht.


    also, wenn jemand auf andere sog. "heile-Welt"-Kandidaten (wer weiss, wer weiss!) neidisch wird, sich in alte Zeiten zurück sehnt... *smile* Fühlt Euch nicht schlecht, dass geht dem anderen auch so. Beide Seiten tragen die gleiche Bürde, nur anders verteilt.

    LG Christina
     
  12. Magenta

    Magenta Buhfrau

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    Mein bislang zum Glück noch kerngesunder Mann unterstützt mich in sehr vielem, aber eigentlich tagtäglich mit unterschwelligen Vorwürfen verbunden. Sowas tut unendlich weh.

    Hallo Monsti,

    darin erkenne ich mich leider auch wieder. :(
    Vielleicht nicht grade tagtäglich *hoff*, aber hin und wieder meldet sich mein Ego und ich lasse es meinen Partner schon spüren, daß ich eben doch gerne ins Kino gegangen wäre, auch wenn ich merke, daß er müde ist und große Schmerzen hat.
    Wenn er dann sagt, daß er ein schlechtes Gewissen deshalb hat (weil eben nichts aus dem geplanten Abend geworden ist) sage ich zwar: "Nein, Du mußt kein schlechtes Gewissen haben", aber irgendwie will ich dann doch, daß er merkt, daß ich ein "Opfer" bringe...

    Ich liebe meinen Mann so, wie er ist. Selbst wenn ihn ein Unfall bis zur Unkenntlichkeit verstümmeln würde, er ein liegender Pflegefall wäre oder mich nicht mehr erkennen würde, wäre ich immer noch seine Frau, die zu ihm hält. Nichts anderes erhoffe ich mir für mich von meinem Partner.

    Das kann ich nur Wort für Wort unterstreichen!
    Ich vergesse es leider hin und wieder :( , aber ich würde meinen Partner um nichts auf der Welt verlieren wollen...

    Lieben Gruß nach Tirol!

    @Sunshine: Das Buch von Wilber ist sehr schön :) ich hab es im letzten Spätsommer geschenkt bekommen und verschlungen.

    Mein Partner und ich haben das Buch vor einigen Monaten gemeinsam gelesen und wir waren beeindruckt mit welcher Ehrlichkeit und Offenheit es geschrieben ist (z.B. die Schilderung wie er seine krebskranke Frau in einem Wutanfall schlägt).
    Wir sind - schon vorher im Grunde - zu der Überzeugung gekommen, daß in einer Partnerschaft in der einer oder beide gehandicapt sind Offenheit und Ehrlichkeit noch mehr gefragt sind, als in einer "normalen" Beziehung.
    Alles aussprechen zu dürfen ist unumgänglich.

    Liebe Grüße
    Magenta
     
  13. liebelein

    liebelein Carpe Diem.....

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    NRW bei Dortmund
    ein wichtiges thema....

    hallo,

    auch ich finde mich in beiden bereichen wieder. auch eure aussagen, hinweise, anmerkungen, anregungen etc. kann ich nur allzu gut nachvollziehen.

    ich kenne das buch nicht, aber es würde mich schon sehr stark interessieren.

    kann mir einer evtl. die nummer davon mitteilen?

    ich habe das glück, einen partner zu haben, der sich diesem thema nicht ganz verschließt und sogar kurz entschlossen beim workshop mitgemacht hat (dies eigentlich nicht wollte).

    bisher war er auch bei allen usertreffen, an denen ich teilgenommen habe, bei und wird auch an den kommenden teil nehmen.

    für juli haben wir uns bei der rheuma-liga für ein partnerschaftsseminar angemeldet. es geht über ein wochenende und ich erhoffe mir auch einen starken ausstausch mit anderen betroffenen.


    natürlich haben wir auch zeiten wo er mich und wo ich ihn am liebsten im keller einschließen würde. aber das kommt halt aus der situation: jeder ist mensch, mit all seinen macken und stimmungsschwankungen. wichtig ist jedoch immer wieder einen konsens zu finden und das GEMEINSAME leben zu meistern.

    hoffe, das es uns immer wieder glücken wird.

    euch allen auch offene partner/innen mit einfühlungsvermögen aber auch euch als "kranken" eine verständnisvolle einstellung. denn eine partnerschaft ist keine einbahnstraße.

    in diesem sinne alles liebe

     
  14. Magenta

    Magenta Buhfrau

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    Hallo Liebelein,

    das Buch "Mut und Gnade" von Ken Wilber ist im Goldmann-Verlag erschienen; ISBN 3-442-42740-1

    Beim "Amazon" kannst Du das Buch übrigens auch günstig gebraucht kaufen.

    Magenta :)
     
  15. liebelein

    liebelein Carpe Diem.....

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    NRW bei Dortmund
    ....

    danke magenta.
    da werd ich mal reinschauen.

    schönen sonntag.

    :)
     
  16. Sabinerin

    Sabinerin Bekanntes Mitglied

    Registriert seit:
    30. April 2003
    Beiträge:
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    Partnerschaft

    Hallo an alle,

    langjährige Partnerschaften zu führen ist nicht einfach,wenn die Partner dann noch zusätzlich krank sind/werden, wird die gesamte Partnerschaft zur Herausforderung.

    Ich habe meinen Mann kennengelernt, da hatte er schon viele viele jahre Diabetes. Damals war es noch nicht so einfach, die Insuline waren noch nicht so flexibel einsetzbar wie heute. Ich passte also mit 17 Jahren mein Leben komplett dem meines Mannes an. Wir lebten ganz streng nach der Uhr und waren völlig unflexibel.
    Natürlich war das nicht immer einfach, aber es war so.

    Mein Mann hat mich jung, gesund, fidel und aufmüpfig *g* kennengelernt. Erst 6 Jahre später (direkt nach unserer Hochzeitsreise) traten die ersten Symptome auf. Drei Jahre nach den ersten Symptomen war ich in Rente.
    Nein, es war keine leichte Zeit, weder für ihn noch für mich. Als mein Mann das Ausmaß meiner Erkrankung erkannte, "sperrte" er mich in einen goldenen Käfig. Er wollte mein Bestes, ich rebellierte...naja, das kennen wohl einige.
    Die Turbulenzen hielten viele Jahre an, mein Göga wusste nicht, "wie er es mir recht machen" sollte und für mich gab es kein anderes Thema als Krankheit.

    Puh, zum Glück bekam ich den Dreh :D Ich lernte mit und nicht für meine Erkrankung zu leben. Ich lernte sinnvolle Beschäftigungen zu suchen und zu finden.

    Heute ist das Thema Krankheit meistens völlig unwichtig.
    Ich kann heute um Hilfe fragen, erledige aber die meisten Dinge selbst, soweit ich es kann. Mein Mann hat gelernt loszulassen, er wartet ob ich um Hilfe frage, wenn nicht, dann schreitet er auch nicht ein.

    Das Thema "Krankheiten" ist auch im Freundeskreis nur dann wichtig, wenn wir uns z.B. zum Essen verabreden, dann richten wir uns nach meinem Mann oder wenn Freunde eine kleine Radtour machen wollen, dann fragen sie mich, ob ich es kann. Wenn ja, schön und wenn nein, dann fahren sie und mein Göga alleine.

    Zur Krankheitsbewältigung gehörenm.E. verschiedene Phasen: Der Schmerz, die Ignoranz, die Trauer und Wut und irgendwann die Annahme. Jede Phase dauert bei jedem Menschen unterschiedlich lang.

    Die Partner müssen im Gespräch bleiben, ohne der Krankheit/den Krankheiten zuviel Raum zu geben. Ich bin der meinung, daß der/die Betroffene dem Partner helfen muß, mit der Krankheit umzugehen statt andersherum. Der partner weiß nicht, ob Mann/Frau schmerzen hat. Wann er/sie schmerzen hat, wie stark die Schmerzen sind.

    Es braucht viel Vertrauen und Verständnis.

    ABER: der partner muß lernen, daß er zwar schon für den Kranken da sein sollte, aber er darf sich nicht verlieren. Die Krankheit des partners sollte nicht wie ein Damoklus-Schwert über der Beziehung hängen, daß beide sich unwohl fühlen.

    Es ist wichtig und hilfreich sich gegenseitig Kraft zu geben, Mut zuzusprechen, zu motivieren, aber dies geht m.E. nur, wenn man auch für sich selbst sorgt. Wenn es MIR gut geht, dann habe ich kraft für andere. Wenn ich dagegen all meine kraft für andere einsetze, bleibt nichts für mich übrig. Und wie soll ich Liebe und Verständnis für andere aufbringen, wenn ich es mir selbst nicht zubillige??

    Neben Verständnis, Hilfe und Vertrauen gehört zu einer Beziehung auch Spaß, Freude und die Pflege des inneren Kindes. Gibt es eine größere Freude, wenn ein ausgewachsener Mensch mal so richtig herzhaft lachen kann, weil er etwas "total kindisches" getan hat???

    Viele Grüsse
    Sabinerin
     
  17. Uschi

    Uschi in memoriam † 18.7.18

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    Hi,

    komme erst jetzt dazu, das alles hier zu lesen. Tja, ist schon ein schweres Stück des Weges, den ein Partner gehen muss. Ich bewundere alle, die es so packen.

    Nur - in meinem Fall bin ICH diejenige, die mit sich durch die Krankheit und das veränderte Umfeld nicht klar kommt und mit dieser Einstellung kommt weder mein Partner, noch meine Familie oder Freunde klar. Wie auch ??

    Ich habe Rheuma akzeptiert, aber ich kann und will nicht akzeptieren, dass mein früheres Leben nicht mehr so ist, wie ich es liebte. ICH habe Probleme, mit mir zu leben. Irgendwer ne Idee ??

    Ich zerstöre mein Umfeld wissentlich. Ich bin nur noch oberflächlich lustig und nett - ich ziehe mich innerlich immer tiefer in die Dunkelheit. Ich trete und schlage - bildlich gesehen. Ich gehe sofort auf Verteidigung, wenn mein Partner Hilfe anbietet. Ich werde sofort wütend und aggressiv, wenn man mir zur Hand gehen will.

    ICH komme mit mir nicht klar.

    In diesem Sinne - euch allen weiterhin gute und glückliche Partner.

    Pumpkin
     
  18. Sabinerin

    Sabinerin Bekanntes Mitglied

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    @Uschi

    Hallo Uschi, und alle anderen,

    mmh, ich denke, wenn Du "das Rheuma" wirklich akzeptieren würdest, dann würdest Du mit den veränderten Lebensumständen besser klarkommen

    (Uschi, nicht aufregen, Du weisst ja, ich bin immer oberschlau *g* :D ;))

    Heutzutage zählen Karriere, Haus und Auto (*blätter die karten auf den Tisch* *g*) und der Mensch als solches, der Mensch als lebenslustiges, aufgeschlossenes und herzliches Wesen wird einfach weggewischt. Was zählt schon Freundlichkeit, Zuvorkommenheit, Hilfsbereitschaft?

    Ich gebe zu, daß ich es als Rentnerin in vielen Bereichen einfacher habe, weil ich mich diesem Konkurrenzdenken nicht mehr anschließen muß. Aber dieses Konkurrenzgehabe ist ja auch im privaten Bereich zu finden.

    Ich muß NICHTS vorweisen, um ein guter Mensch zu sein. Bin ich ein besserer Mensch, wenn ich eine gute Karriere vorweisen kann? ;)

    Ich habe auch viele Jahre gebraucht, um mich dieser Spirale zu entziehen.

    Nein, da ich nicht nur aus Gelenken bestehe, sondern auch auch Herz, Verstand (hoffentlich *gg*) und Bauchgefühl, habe ichein Recht auf Liebe, auf Gefühl und darauf einfach glücklich zu sein....und all das ohne etwas leisten zu müssen!!!

    Anfangs dachte ich, mir wurde "vom Schicksal viel genommen"....ja, ich habe dies wirklich geglaubt und habe mich selbst bemitleidet, daß ich so ungerecht bestraft wurde.
    Heute weiß ich, daß ich nicht bestraft wurde. Es ist wie es ist.
    Ich kann vieles nicht mehr....aber ich kann trotzdem noch viele andere kleine Dinge.

    Mein "altes" Leben ist schon lange vorbei, aber mein "neues" Leben bietet mir so viele Möglichkeit, daß ich Jahre brauche, um sie kennenzulernen und wahrzunehmen.

    Mein "altes" Leben bestand aus den herkömmlichen Wertvorstellungen und mein "neues" Leben ist geprägt von Freude, von Lebenslust und den verrückten kleinen Dingen, die sich in meinem Kopf abspielen *gg* Natürlich ist mein neues Leben auch geprägt von Schmerz, Einschränkungen und Durchhängern, denn das gehört leider dazu. Doch nach jedem Wolkenbruch folgt der Sonnenschein...


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    Ich zerstöre mein Umfeld wissentlich. Ich bin nur noch oberflächlich lustig und nett - ich ziehe mich innerlich immer tiefer in die Dunkelheit. Ich trete und schlage - bildlich gesehen. Ich gehe sofort auf Verteidigung, wenn mein Partner Hilfe anbietet. Ich werde sofort wütend und aggressiv, wenn man mir zur Hand gehen will.
    ICH komme mit mir nicht klar.
    In diesem Sinne - euch allen weiterhin gute und glückliche Partner.Pumpkin
    [/QUOTE]

    Liebe pumpkin, lässt Du Hilfe nicht zu, weil Du glaubst diese Hilfe nicht verdient zu haben?

    Liebe kann Mann/frau nur empfinden, wenn er/sie weiß wie Liebe sich anfühlt, dazu gehört auch die Selbstliebe, Selbstakzeptanz. Ich kann die Liebe meines Partners weder empfinden noch ertragen, wenn ich der Meinung bin, ich habe kein Recht darauf.

    Doch Du hast ein Recht darauf, wie jeder andere Mensch..insbesondere die Kinder. Jeder Mensch hat ein Recht auf Liebe, auf dieses wundervolle Gefühl, welches den Menschen durchs Leben schweben lässt.

    Liebe, dies ist ein so starkes Gefühl, das viele Probleme schmilzen lässt, wie die Sonne den Schnee...vorausgesetzt, der Mensch lässt zu, daß die Sonne scheint.

    Uschi, es ist nicht einfach Hilfe anzunehmen. Aber Hilfe annehmen ist keine Schwäche, sondern Stärke. Nur ein starker Mensch, der zu sich steht, kann mit einem Lächeln Hilfe annehmen, weil er weiß, daß er deshalb Kraft für andere Dinge hat.

    Früher dachte ich, daß mein Partner mich glücklich machen muß. Welche in Trugschluß.....denn jeder, der mich motivieren kann, kann mich auch demotivieren...und das kann fatal werden.

    Damals dachte ich :"Ach wie gern wäre ich glücklich...aber dazu benötige ich das und das und das und das.... Ach nee, ich werde wohl nicht glücklich!" *lächel*
    Mir war nicht bewusst, daß ich das große Glück bereits in mir trage. Ich habe alles zum Glücklichsein und dies sind nicht die großen Dinge, von denen ich dachte, daß mein Glück davon abhängt.

    Bevor nun jemand auf die Idee kommt, über mir würde ein überdimensionaler Heiligenschein schweben, den muß ich leider enttäuschen *lol*
    Ich habe meinen Weg zwar vor Augen, aber auch ich weiche häufig davon ab. Dann verirre ich mich, gerate in Sackgassen, Kreisverkehre oder Einbahnstraßen....aber alle Wegen führen nach Rom, so führen alle meine Wege in eine gute Zukunft

    Sabinerin
     
  19. Magenta

    Magenta Buhfrau

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    Beiträge:
    114
    Hi Uschi,

    hast Du schon mal therapeutische Hilfe in Erwägung gezogen? Ich denke, da Du so sehr unter Deinen Belastungen leidest, bräuchtest Du vielleicht professionelle Hilfe; Angehörige sind da wohl eher überfordert. Gut wäre auch, wenn sich Dein Partner ebenfalls beraten läßt, damit er lernt, wie er am besten mit Dir umgehen kann.

    Magenta
     
  20. Sabinerin

    Sabinerin Bekanntes Mitglied

    Registriert seit:
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    3.234
    loslassen

    Mir fällt grad noch was ein...

    Wenn jemand seinen Partner gesund oder gesünder kennenlernt ist es sicher ein weiteres Problem in der Beziehung.

    Neben den ohnehin vorhanden Problemen durch die Erkrankung (z.B. Einschränkungen, Schmerzen etc) ist das Festhalten an der Vergangenheit m.E. ein großes Problem.
    Wenn der Partner in Erinnerungen schwelgt "Ach damals war es schön, als wir den Berg gestiegen sind!" oder "Weisst Du noch, als wir damals immer in der Disco waren?" und sich damit der Realität entzieht, sind partnerschaftliche Probleme vorprogrammiert.

    Jeder Mensch ändert sich (hoffentlich) und damit ändert sich die Beziehung. Eine gemeinsame, zufriedene Zukunft ist m.E. nur dann möglich, wenn der Partner versucht die Vergangenheit loszulassen und die aktuelle Situation zu akzeptieren und z.B. durch Hilfsmittel einfacher gestaltet.

    Es ist wie mit dem berühmten Glas...ist das Glas halbvoll oder halbleer?? ;)

    Das gemeinsame Schwelgen in alten Erinnerungen ist natürlich eine tolle Sache, wenn keinem Partner damit vorgeführt wird, wie toll es damals doch wahr und es doch noch toller wäre, wenn es heute noch so wäre....

    Viele Grüsse
    Sabinerin
     
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