Kann TNF-Blocker auch Interferon Alpha 2a sein?

Dieses Thema im Forum "Biologika und niedermolekulare Wirkstoffe" wurde erstellt von snoopy10, 28. Oktober 2019.

  1. snoopy10

    snoopy10 Mitglied

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    Meine Frage zielt darauf ab, weil ich mit diesen Fachbegriffen überfordert bin, aber es doch gern verstehen möchte. Kann ein Medikament (z. B. Apremilast) beides blocken? Oder ist am Ende das Gleiche gemeint, aber jedes Mal wird es anders bezeichnet? Gibt es ein anderes Medikament mit Interferon Alpha Wirkstoff? Auf Nachfrage habe ich keine für mich klärende, verständliche Antwort bekommen und deshalb hoffe ich darauf hier die eine oder andere Antwort zu bekommen. Ich möchte schon gern wissen, was ich wann nehmen soll und wofür es ist.....
    Sonnige Grüße
     
  2. Heike68

    Heike68 Moderatorin

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    TNF alpha Blocker hemmen den Tumornekrosefaktor (hat nichts Krebs zu tun) bei entzündlichen Erkrankungen und damit einen Teil der Zellaktivität des Immunsystems.

    Interferon alpha-2a wirkt antiviral bei z.B. Hepatitis und antitumoral (bei bestimmten Krebssorten).
    Interferone können aber auch wie Interleukine in der Rheumatherapie eingesetzt werden.

    Apremilast ist ein Phosphodiesterase-Hemmer.

    Du merkst, ein kompliziertes Thema. Jedes Biologikum greift etwas anders in das Immunsystem ein.
    Frau Ratlos kann das sicher besser erklären.
     
    general gefällt das.
  3. Jürgen

    Jürgen Aktives Mitglied

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    Hallo Heike,

    ich will jetzt nicht klugscheißen- mache es aber trotzdem :). Der TNF hat ziemlich viel mit der Bekämpfung von Krebszellen zu tun. Daher war anfangs auch die große Sorge, dass man sich Krebszellen ausbreiten können, wenn man ihn zu sehr hemmt. Glücklicherweise hat sich dieser Verdacht nicht bestätigt, aber es gibt ein Register, in das Krebserkrankungen gemeldet werden, wenn die Patienten mit Biologika behandelt werden.

    Viele Grüße
    Jürgen
     
  4. Resi Ratlos

    Resi Ratlos Guest

    Ich kann es zumindest auf meine Weise zu erklären versuchen ;)

    Also:
    TNF (Tumornekrosefaktor)-alpha
    Interferon-alpha
    Interleukin-1
    Interleukin-6
    Interleukin-17 und andere....
    sind so genannte Zytokine. Übersetzt könnte man das mit "Botenstoffe der Entzündung" ausdrücken, salopp gesagt sind diese Substanzen das Gaspedal für bestimmte Entzündungen.
    Darüber hinaus haben sie nicht nur krankheitsfördernde, sondern physiologisch auch krankheitsbekämpfende Wirkungen, was dafür verantwortlich ist, dass ihre Hemmung eben nicht nur gute Wirkungen, sondern auch unerwünschte Effekte hat.
    Dabei sind nicht alle Botenstoffe an allen Entzündungen beteiligt, sondern die Muster variieren - ein komplexes Zusammen- oder Gegeneinanderwirken im Organismus.

    Die TNF-Blocker (oder Inhibitoren oder Hemmer, wie auch immer man sie nennt) wirken an einer Schaltstelle von Entzündungen, eben dem TNF-Alpha, und bremsen somit bestimmte rheumatische Erkrankungen.

    Interferon-Alpha ist ein gänzlich anderer Botenstoff, der - im Gegensatz zum TNF-Alpha - ganz wesentlich beispielsweise an den Entzündungen beim Lupus beteiligt ist.

    Die Phosphodiesterase 4 ist ein Enzym, das u.a. an der Entstehung der Psoriasismanifestationen beteiligt ist, und das durch Apremilast blockiert wird.

    Es gibt auch noch die Interleukin-Inhibitoren, die die typischen Botenstoffe bestimmter Erkrankungen hemmen. Das sind im Besonderen Interleukin 1 u.a. beim Still-Syndrom, bei CAPS, bei der artikulären Gicht und auch bei der rheumatoiden Arthritis, dort allerdings mit geringerer Bedeutung.
    Interleukin 6 bei der rheumatoiden Arthritis und der Riesenzellarteriitis, Interleukin 12 und 23 bei der Schuppenflechte und der begleitenden Arthritis, genau wie Interleukin 17, das auch bei der Spondylitis ankylosans (Bechterew) eine wichtige Rolle spielt.

    Neben der "rheuma"fördernden Entzündungssteuerung gibt es auch physiologische (also geplante und gewollte) Effekte dieser Botenstoffe, die nicht ganz unwichtig sind und auf deren Sinnhaftigkeit teils die Nebenwirkungen nach Blockade beruhen.
    Eine Entzündung ist nämlich nicht per se etwas Krankes, sondern ein physiologischer Vorgang. Jede Wunde z. B. heilt deshalb, weil sich eine lokale Entzündungsreaktion ausbildet - die nur krankhaft ist, wenn sie überschießt oder von einer Infektion kompliziert wird.
    Auch eine Erkältung beispielsweise ist - was vielleicht paradox klingt - "gesund", weil sie der irgendwann gelingende Versuch ist, die Erkältungsviren aus dem Körper zu eliminieren und Schaden vom Organismus abzuhalten. Dass diese "Aufräumarbeit" den Körper jede Menge Anstrengung kostet, ist der Invasion (dem massiven Angriff) durch die Viren geschuldet.

    Beim Rheuma laufen diese physiologischen Reaktionen - warum auch immer es dazu kommt - nicht gegen "Feinde", sondern gegen Freunde, aber es sind letztlich die gleichen Botenstoffe beteiligt.

    Daran sieht man, wie kompliziert das Immunsystem funktioniert.


    Um auf die Frage mit dem Interferon noch einzugehen: es gibt oder gab Studien zu einem Inhibitor des Interferon-Alpha, das vornehmlich zur Therapie des Lupus angedacht war. Eine zugelassene Substanz gibt es bis heute nicht....
    TNF-Blocker, Interferone und Interleukine oder ihre Blocker und Phosphodiesterase haben also gänzlich andere Wirkmechanismen und überschneiden sich zwar bei einigen, aber längst nicht bei allen rheumatischen Erkrankungen und sind daher auch nicht identisch oder austauschbar.

    Interferone (wie Heike schon sagte) wurden und werden zur Therapie von infektiösen (Hepatitis C mit dem Ziel der Viruselimination) UND autoimmunen oder onkologischen Erkrankungen (z. B. MS, z. B. maligne Melanome, z. B. bestimmte Lymphome) eingesetzt, wenn auch mit etwas unterschiedlicher Zielsetzung, aber durchaus erfolgreich.
    Dabei entstehen typische "Grippe"symptome, was den Effekt auch beim Gesunden sehr gut wiedergibt.
    Bezeichnenderweise reagieren diese lästigen Beschwerden - genau wie bei der Erkältung, der Grippe oder irgendeiner anderen Abwehrreaktion des Körpers - sehr gut auf Paracetamol oder NSAR.
    Da schließt sich der Kreis dann nachvollziehbar wieder.....;)

    Ich hoffe, das war halbwegs verständlich :azzangel:
     
    #4 29. Oktober 2019
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 29. Oktober 2019
  5. snoopy10

    snoopy10 Mitglied

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    Vielen, vielen Dank! ihr habt mir wirklich sehr damit geholfen. Jetzt versteh ich das problem, was es gibt und kann endlich nachvollziehn was dort vorgeht. Mit diesem wissen kann ich anders vorbereitet auf menschen zugehn und werde nicht mehr abgewimmelt. Bin sehr froh ☺
    Grüße
     
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