Polyarteriitis nodosa

Dieses Thema im Forum "Formenkreise der Vaskulitis" wurde erstellt von Stine, 18. April 2012.

  1. Stine

    Stine Moderatorin

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    Polyarteriitis nodosa
    Polyarteriitis nodosa

    Ursachen und Entstehung

    Die meisten Fälle sind idiopathisch (unklarer Ursache), d.h. es gibt keine erkennbare Ursache. Neueren Untersuchungen zufolge liegt eine chronische HBV-Infektion heutzutage nur etwa 10L% der Polyarteriitis-nodosa-Fälle zugrunde, während in den 70er Jahren noch etwa 50% der Polyarteriitis-nodosa-Fälle Hepatitis-B-Virus (HBV)-assoziiert waren. Als Grund für diesen Wandel werden die erfolgreiche Impfprophylaxe bestimmter Berufsgruppen und gestiegene hygienische Maßnahmen genannt. Weitere Infektionen, bei denen eine Polyarteriitis nodosa bisher in einzelfällen bereichtet wurde, sind die chronische Hepatitis-C-Virus und die HIV-Infektion.
    Die Vaskulitis wird durch die Ablagerung sog. Immunkomplexe in den Gefäßwänden hervorgerufen. Hierbei handelt es sich um Komplexe aus Imunglobulinen und von ihnen gebundenen Antigenen. Als Immunglobuline bezeichnet man diejenige Eiweißfraktion im Blut, die die Antikörper enthält. Antikörper dienen normalerweise der körpereigenen Abwehr und binden und neutralisieren beispielsweise Bakterien. Als Antigen werden die zumeist fremden Stoffe bezeichnet, die ein Antikörper bindet, z.B. ein Bestandteil der Bakterienwand oder Viruspartikel..So lagern sich beispielsweise bei der HBV-assoziierten Polyarteriitis-nodosa HBV-Partikel enthaltende Immunkomplexe in den Gefäßwänden ab und rufen in der Folge eine Entzündungsreaktion in der Gefäßwand hervor. Da die Polyarteriitis nodosa mittelgroße und klelilne, organversorgende Arterien betrifft, kommt es zu einer Minderdurchblutung der betroffenen Organe sowie zu einer Funktionsverschlechterung, Entzündung und Schädigung der Organe. Wenn die Durchblutung eines Organs und Gewebes infolge der Polyarteriitis nodosa ganz zum erliegen kommt, spricht man von einem Infarkt, z.B. Niereninfarkt.

    Krankheitszeichen und Verlauf

    Die meisten Patienten leiden unter sog. B-Symptomen (Nachtschweiß, Gewichtsverlust, Temperaturerhöhung9: Die Entzündung von Darmgefäßen kann zu Bauchschmerzen und Durchfällen sowie Blutbeimengungen zum Stuhl führen. Verschlüsse größerer Darmgefäße können einen Darminfarkt mit erheblichen Bauchschmerzen sowie Magen- und Darmgeschwüre bedingen. Eine Beteiligung der Nierengefäße hat oftmals einen Bluthochdruck zur Folge. Seltener sind das Auftreten von sichtbaren Blutbeimengungen zum Urin, extreme Flankenschmerzen infolge eines Niereninfarkts oder ein Nierenversagen, das zur Dialysepflichtigkeit führt. Hauterscheinungen sind knotige Veränderungen, offene, schlecht oder gar nicht abheilende Geschwüre und manchmal bläuliche, netzartige Hautzeichnungen (Livedo reticularis). Eine Nervenbeteiligung wird gelegentlich gesehen, sowohl mit Einbezug peripherer Nerven mit Gefühlsstörungen oder schmerzhaften Sensationen (Polyneuropathie) als auch seitens des zentralen Nervensystems (seltene Ursache von Krampfanfällen, Schlaganfall). Selten sind die Herzkrankgefäße mit einbezogn, was zu Brustschmerzen und indirekt zu Luftnot und Wassereinlagerungen in die Beine (Ödeme) führen kann.
    Die Prognose ist mit den heutigen Behandlungsmöglichkeiten im allgemeinen gut. Bei einem Teil der Fälle geht man davon aus, dass die Polyarteriitis nodosa eine “Single-hit” (englisch für “einzelner Schlag”) Erkrankung darstellt, also nur einmalig aktiv wird. Bei anderen Patienten verläuft die Erkrankung chronisch mit schubförmigem Verlauf mit Phasen hoher und geringerer Krankheitsaktivität.

    Diagnose

    In der Regel wird eine Erhöhung der Konzentration unspezifischer Entzündungsmarkern im Blut (BSG, C-reaktives Protein) vorgefunden. Häufig liegt ein sog. Komplementverbrauch im Blut vor, d.h. bestimmte Entzündungsfaktoren im Blut sind infolge der Entzündungsvorgänge im Körper verbraucht. Bei den durch Viruserkrankungen hervorgerufenen Formen der Polyarteriitis nodosa kann die HBV-Infektion bzw. extrem selten HCV- oder HIV-Infektion durch spezielle Blutuntersuchungen nachgewiesen werden. Die Vaskulitis selbst kann feingewerblich in erkrankten Organen, z.B. aus Haut-, Muskel- oder Nervenproben, nachwiesen werden. Im typischen Fall erkennt der Pathologe dann Entzündungen mittelgroßer Gefäße und kann mittels Spezialfärbung auch die Ablagerung von Immunkomplexen in der Gefäßwand nachweisen. Blut- und Urinuntersuchungen können Aufschluss über eine Nierenbeteiligung geben. Bildgebende Untersuchungsverfahren, wie beispielsweise die radiologische Kontrastmitteluntersuchung von betroffenen Gefäßgebieten (in der Regel Darm-, Nieren-, Hirn- oder Herzkranzgefäße) - sei es nach direkter Punktion von Gefäßen und mittels eines Katheters oder mit computer- bzw. kernspintomographischen Verfahren - können durch die Darstellung von Aussackungen mittelgroßer und kleiner Gefäße (sog. Aneurysmen) indirekt die Vaskulitis dieser Gefäßregionen zur Darstellung bringen. Weitere spezialärztliche Untersuchungen, z.B. neurologische Untersuchungen einschließlich der Messung der Leitgeschwindigkeit, können Aufschluss über weitere Organbeteiligungen geben.

    Therapie

    Bei schwerer, lebens- und/oder organbedrohender Manifestation sowohl der idiopatischen Form als auch der HBV-assoziierten Form der Polyarteriitis nodosa ist eine Behandlung mit Cortison und Cyclophosphamid (Endoxan) erforderlich. Wenn nach ca. einem halben Jahr eine Remission (Stillstand der Erkrankung) erzielt ist, wird die Behandlung bei der idiopatischen Form der Polyarteriitis nodosa von Cyclophosphamid auf Azathioprin oder Methotrexat umgestellt und hiermit meist für 2-3 weitere Jahre fortgeführt. Bei milden Verläufen der HBV-assoziierten Polyarteriitis nodosa oder nach vorgenannter Remissionsinduktion bei schweren Verläufen wird eine Viruselimination mit Interferon-a oder Lamivudin angestrebt. Ebenso kann bei der bisher nur in Einzelfällen berichteten HCV-assoziierten Form der Polyarteriitis nodosa der Versuch einer Viruselimination mit Interferon-a und Ribavirin unternommen werden.

    Quelle: Vaskulitis - ein Ratgeber für Patienten und Angehörige
    E.Reinhold-Keller, W.L.Gross, Steinkopff Verlag Darmstadt
     
    #1 18. April 2012
    Zuletzt bearbeitet: 20. September 2018
  2. Stine

    Stine Moderatorin

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    Gendefekt für Polyarteriitis nodosa entdeckt
    Donnerstag, 20. Februar 2014

    Jerusalem/Bethesda – Mutationen im CECR1-Gen, das die Informationen für das Enzym Adenosin-Desaminase 2 (ADA2) enthält, führen beim Menschen zu unterschiedlichen Ausprägungen einer Vaskulitis, die ein Erkrankungsbild erklärt, das unter Juden in Georgien häufig ist, das aber auch in einer Familie aus Deutschland gefunden wurde, wie zwei Studien im New England Journal of Medicine (2014; doi: 10.1056/NEJMoa1307361 und 362) zeigen.

    Quelle und weiterlesen: http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/57693/Gendefekt-fuer-Polyarteriitis-nodosa-entdeckt
     
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