Bitte alle mitmachen: Herbstgedichte

Dieses Thema im Forum "Kaffeeklatsch" wurde erstellt von Neli, 17. September 2005.

  1. Neli

    Neli Optimistin

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    Dauer im Wechsel

    Hielte diesen frühen Segen,
    Ach, nur Eine Stunde fest!
    Aber vollen Blütenregen
    Schüttelt schon der laue West.
    Soll ich mich des Grünen freuen,
    Dem ich Schatten erst verdankt?
    Bald wird Sturm auch das zerstreuen
    Wenn es falb im Herbst geschwankt.

    Willst du nach den Früchten greifen,
    Eilig nimm dein Teil davon!
    Diese fangen an zu reifen,
    Und die andern keimen schon;
    Gleich mit jedem Regengusse,
    Ändert sich dein holdes Tal,
    Ach, und in demselben Flusse
    Schwimmst du nicht zum zweitenmal.

    Du nun selbst! Was felsenfeste
    Sich vor dir hervorgetan,
    Mauern siehst du, siehst Paläste
    Stets mit andern Augen an.



    Johann Wolfgang von Goethe
     

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  2. Neli

    Neli Optimistin

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    Müder Glanz der Sonne!
    Blasses Himmelblau!
    Von verklungner Wonne
    Träumet still die Au.

    An der letzten Rose
    Löset lebenssatt
    Sich das letzte lose,
    Bleiche Blumenblatt!

    Goldenes Entfärben
    Schleicht sich durch den Hain!
    Auch Vergehn'n und Sterben
    Däucht mir süß zu sein.



    Friedrich Karl von Gerok (1815-1890)
     

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  3. Gucki

    Gucki Guest

    Herbstbild

    Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!

    Die Luft ist still, als atmete man kaum,
    Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
    Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.


    O stört sie nicht, die Feier der Natur!
    Dies ist die Lese, die sie selber hält,
    Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
    Was von dem milden Strahl der Sonne fällt.


    Friedrich Hebbel
    1813 - 1863
     
  4. Mimmi

    Mimmi Kleine Naschkatze

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    Johann Gaudenz Frhr. v. Salis-Seewis "Herbstlied" 1782,
    1. Bunt sind schon die Wälder,
    Gelb die Stoppelfelder,
    Und der Herbst beginnt.
    Rote Blätter fallen,
    Graue Nebel wallen,
    Kühler weht der Wind.

    2. Wie die volle Traube
    Aus dem Rebenlaube
    Purpurfarbig strahlt!
    Am Geländer reifen
    Pfirsiche, mit Streifen
    Rot und weiß bemalt.

    3. Flinke Träger springen,
    Und die Mädchen singen,
    Alles jubelt froh!
    Bunte Bänder schweben
    Zwischen hohen Reben
    Auf dem Hut von Stroh.

    4. Geige tönt und Flöte
    Bei der Abendröte
    Und im Mondesglanz;
    Junge Winzerinnen
    Winken und beginnen
    Frohen Erntetanz.
     

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  5. poldi

    poldi Aktives Mitglied

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    Herbstlich sonnige Tage

    Herbstlich sonnige Tage,
    mir beschieden zur Lust,
    euch mit leiserem Schlage
    grüßt die atmende Brust.

    O wie waltet die Stunde
    nun in seliger Ruh!
    Jede schmerzende Wunde
    schließet leise sich zu.

    Nur zu rasten, zu lieben,
    still an sich selber zu baun,
    fühlt sich die Seele getrieben
    und mit Liebe zu schaun.

    Jedem leise Verfärben
    lausch ich mit stillem Bemühn,
    jedem Wachsen und Sterben,
    jedem Welken und Blühn.

    Was da webet im Ringe,
    was da blüht auf der Flur,
    Sinnbild ewiger Dinge
    ist's dem Schauenden nur.

    Jede sprossende Pflanze,
    die mit Düften sich füllt,
    trägt im Kelche das ganze,
    Weltgeheimnis verhüllt.

    Emanuel Geibel

     

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  6. cpschaf

    cpschaf Neues Mitglied

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    Im Herbst beginnt zu sterben,
    was Frühling einst gebar.
    Der letzten Rose Werben
    kommt meinem Herz nicht nah.


    Der Morgengruß der Lerche
    ist längst Vergangenheit.
    Was Schwalben mir gesungen,
    liegt schon unendlich weit.


    Mein Herz ist voller Wehmut,
    voll Traurigkeit mein Sinn.
    Ich geb’ mich ganz der Sehnsucht,
    dem langen Sterben hin.


    Die Nebelschwaden hüllen
    mich in ein Totenkleid.
    Die Seele kann entschwinden,
    entflieh’n dem Erdenleid.

    Annegret Kronenberg




    [​IMG]
     
  7. Gucki

    Gucki Guest

    Abschied

    Blätter fallen
    wallen schweben
    durch das bunte Farbenspiel
    gehe ich
    mit frohen Blicken
    wirbelnden Genuss genießen
    Duft nach Erde Laub und Wärme
    Sommer ist nun
    ganz gegangen
    doch der Abschied
    fällt nicht schwer
    voll Versprechen
    ist dies Ende
    und mein Herz
    es bleibt nicht leer

    Anne Elberg
     
    #7 17. September 2005
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 11. Mai 2006
  8. Neli

    Neli Optimistin

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    Astern blühen schon im Garten,
    schwächer trifft der Sonnenpfeil;
    Blumen, die den Tod erwarten
    durch des Frostes Henkerbeil.

    Brauner dunkelt längst die Haide,
    Blätter zittern durch die Luft,
    und es liegen Wald und Weide
    unbewegt in blauem Duft.

    Pfirsich an der Gartenmauer,
    Kranich auf der Winterflucht.
    Herbstes Freuden, Herbstes Trauer,
    welke Rosen reife Frucht.



    Detlev von Liliencron (1844-1909)
     

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  9. Mni

    Mni Bekanntes Mitglied

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    mir fällt noch ein Lied teilweise ein,

    vielleicht kennt ja jemand noch mehr davon? Hört sich ähnlich an wie Mimmis Gedicht..... (übrigens danke für Deine liebe SMS, Mimmi!!)

    "Blätter fallen bunt von allen Bäumen und der Herbst beginnt,
    Wald und Feld und Flur beginnt zu träumen,
    und der wilde Fluß fängt an zu schäumen,
    wenn aus grauen Wolken dunkler Regen niederrinnt"
     
  10. Neli

    Neli Optimistin

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    Herbsthauch

    Herz, nun so alt und noch immer nicht klug,
    Hoffst du von Tagen zu Tagen,
    Was dir der blühende Frühling nicht trug
    Werde der Herbst dir noch tragen?


    Läßt doch der spielende Wind nicht vom Strauch
    Immer zu schmeicheln, zu kosen,
    Rosen entfaltet am Morgen sein Hauch,
    Abends zerstreut er die Rosen.


    Läßt doch der spielende Wind nicht vom Strauch,
    bis er ihn völlig gelichtet.
    Alles, o Herz, ist im Wind nur ein Hauch,
    Was wir geliebt und gedichtet.



    Friedrich Rückert (1788-1866)
     

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  11. Neli

    Neli Optimistin

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    Im Herbst

    Ach, wie schnell die Tage fliehen,
    Wo die Sehnsucht neu erwacht,
    Wo die Blumen wieder blühen;
    Und der Frühling wieder lacht!

    Alle Wonne soll erstehen,
    In Erfüllung alles gehen.
    Ach, wie schnell die Tage fliehen,
    Wo die Sehnsucht neu erwacht!

    Seht, die Tage gehn und kommen,
    Zieh'n vorüber blütenschwer,
    Sommerlust ist bald verglommen,
    Und der Herbstwind rauscht daher.

    Ach, das rechte Blühn und Grünen,
    Es ist wieder nicht erschienen!
    Ach, wie schnell die Tage fliehen,
    Wo die Sehnsucht neu erwacht!


    Karl Klingemann (1798-1862)
     

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  12. poldi

    poldi Aktives Mitglied

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    Herbststimmung

    Von Feld sind verschwunden die letzten Garben,
    der Herbst ist da mit seinen bunten Farben.
    Hagebutten in leuchtentem Rot erstrahlen,
    aufgeplatzte Kastanien mit Reife prahlen.
    Leuchtend gelb sind die Blätter der Buche,
    Brombeerhecken ein Ziel unserer Suche.
    Strauchmispeln mit tausenden roten Beeren
    müssen sich Vogelscharen erwehren.
    Bucheckern knirschen unter den Füßen,
    der Herbst, er will uns vielfach grüßen.

    Else Hennek
     
  13. Erle

    Erle Neues Mitglied

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    .. zu den Sonnenblumen in diesem Thread

    Verweht im Wind
    der Sonnenkranz

    die Sonnenblume
    trägt die Sternenkrone

    schachbrettnarbig
    ihr Gesicht
    ernteschwer

    ursprungwärts

    aus: AZURROT, Gedichte, Heidy Dürst, Fouqué, 2005

    Ich liebe dieses Gedicht!
    Grüsse - Erle
     
  14. Neli

    Neli Optimistin

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    Fahr wohl, o Vöglein, das nun wandern soll;
    Der Sommer fährt von hinnen,
    Du willst mit ihm entrinnen: Fahr wohl!

    Fahr wohl, o Blättlein, das nun fallen soll,
    Dich hat rot angestrahlet
    Der Herbst im Tod gemalet: Fahr wohl!

    Fahr wohl, o Liebes, das nun scheiden soll!

    Und ob es so geschehe,
    Daß ich nicht mehr dich sehe: Fahr wohl!


    Friedrich Rückert (1788-1866)
     

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  15. cpschaf

    cpschaf Neues Mitglied

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    [size=+1]Die Malve[/size]

    Wieder hab ich dich gesehen
    blasse Malve! Blühst du schon?
    Ja, mich traf ein schaurig Wehen
    All mein Frühling welkt davon
    Bist du doch des Herbstes Rose
    der gesunkenen Sonne Kind
    bist du starre, düftelose
    deren Blüten keine sind.

    Uhland, Ludwig





    [​IMG]
     
  16. Neli

    Neli Optimistin

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    Septembermorgen

    Im Nebel ruhet noch die Welt,
    Noch träumen Wald und Wiesen:
    Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
    Den blauen Himmel unverstellt,
    Herbstkräftig die gedämpfte Welt
    In warmem Golde fließen.



    Eduard Mörike

     

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  17. Melisandra

    Melisandra immer auf der Suche...

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    auf dem Land
    Rainer Maria Rilke

    Herbst

    Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
    als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
    sie fallen mit verneinender Gebärde.



    Und in den Nächten fällt die schwere Erde
    aus allen Sternen in die Einsamkeit.

    Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
    Und sieh dir andre an: es ist in allen. Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
    unendlich sanft in seinen Händen hält.


    LG
     

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  18. Neli

    Neli Optimistin

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    Herbsttag

    Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
    Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
    und auf den Fluren laß die Winde los.


    Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
    gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
    dränge sie zur Vollendung hin und jage
    die letzte Süße in den schweren Wein.


    Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
    Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
    wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
    und wird in den Alleen hin und her
    unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.



    Rainer Maria Rilke


     

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  19. Gucki

    Gucki Guest

    Der schöne Sommer ging von hinnen,
    Der Herbst der reiche, zog ins Land.
    Nun weben all die guten Spinnen
    So manches feine Festgewand.

    Sie weben zu des Tages Feier
    Mit kunstgeübtem Hinterbein
    Ganz allerliebste Elfenschleier
    Als Schmuck für Wiese, Flur und Hain.

    Ja, tausend Silberfäden geben
    Dem Winde sie zum leichten Spiel,
    Die ziehen sanft dahin und schweben
    Ans unbewusst bestimmte Ziel.

    Sie ziehen in das Wunderländchen,
    Wo Liebe scheu im Anbeginn,
    Und leis verknüpft ein zartes Bändchen
    Den Schäfer mit der Schäferin.

    Wilhelm Busch
     
  20. Neli

    Neli Optimistin

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    Verklärter Herbst

    Gewaltig endet so das Jahr
    Mit goldnem Wein und Frucht der Gärten.
    Rund schweigen Wälder wunderbar
    Und sind des Einsamen Gefährten.

    Da sagt der Landmann: Es ist gut.
    Ihr Abendglocken lang und leise
    Gebt noch zum Ende frohen Mut.
    Ein Vogelzug grüßt auf der Reise.

    Es ist der Liebe milde Zeit.
    Im Kahn den blauen Fluß hinunter
    Wie schön sich Bild an Bildchen reiht -
    Das geht in Ruh und Schweigen unter.


    Georg Trakl (1887-1914)
     

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