Hallo zusammen, irgendwie habe ich es anfänglich versäumt, mich hier vorzustellen. Das möchte ich hiermit nachholen Ich bin 50 Jahr alt und habe seit August 2022 die Vermutung auf undifferenzierte Kollagenose mit einhergehender RA. Obwohl meine Blutwerte mit u.a. ANA Titer 1:5120 und ENA AntiRO-SSA positiv, meine Augen sowie Haut trocken sind, ich ein Raynaud Syndrom sowie schmerzende und geschwollene Finger und Sehnen habe, unter Müdigkeit und Schlafstörungen leide, tut sich meine Rheumatologin schwer mit einer festen Diagnose. Alternativen habe ich vor Ort nicht, ich werde im Frühjahr versuchen, die Ambulanz im weiter entfernten Sendenhorst aufzusuchen. Bis dahin habe ich auch die Vorsorgeuntersuchungen beim Kardiologen, ein Lungen CT sowie eine Darmspiegelung hinter mir. Lungen CT deshalb, weil es beim Thorax Röntgen wohl nach einer leichten Pneumonie aussah, ich aber keinerlei Symptome hatte und habe. Kann hier eventuell schon die Kollagenose reinspielen? Aktuell bekommen ich 2 x 200 mg Quensyl , Prednisolon sowie L-Thyroxin wegen meiner Schilddrüsenunterfunktion. Mein Allgemeinbefinden hat sich dank der Medikation stark verbessert und ich versuche gerade das Cortison auszuschleichen. Trotz allem geht es mir aber lange nicht so gut wie vor der Erkrankung. Meine Frage in die Runde ist deshalb, was ich realistischerweise erwarten kann. Soll das Ziel der Medikamente sein, dass ich mich "gesund" fühle oder soll es überspitzt formuliert "erträglich" sein. Wenn ich die Geschichten vieler Mitglieder hier lese, mag die Frage eventuell dämlich klingen aber ich weiß es tatsächlich nicht, welche Erwartungen ich haben darf. Vielen Dank im Vorauf für Eure Antworten Liebe Grüße, Thorsten
Hallo Thorsten, Ich fühle mich schon seit Beginn meiner Erkrankung nicht mehr wie früher. Besser, seit dem ich Medikamente nehme. Aber kein Vergleich zu früher. Trotzdem bin ich unglaublich dankbar für meine Medikamente und Behandlungen, denn ohne diese Medikamente könnte ich nicht mal aus dem Bett. Herzlich Willkommen hier auf RO und viel Erfolg beim sammeln neuer Erkenntnisse wünscht Dir Mizi
Herzlich willkommen bei uns! Alles gute Fragen - erstmal ist es wichtig zu wissen, dass Besserung länger dauert als bei anderen Krankheiten. Wir reden von Monaten anstatt Wochen und Tagen. Du bist noch recht frisch und bist in einer neuen Situation. Auch das spielt eine Rolle. Ich bin in den ersten Jahren meiner Krankheit in eine Komplettremission gekommen, d. h. keine Beschwerden und keine Medikamente. Das hat sich angefühlt wie vorher. Auch jetzt gibt es Momente, in denen ich mich fühle, als wäre nichts. Unsere Krankheiten sind eher Begleiter als Haltepunkte - wie ein lauter Nachbar, der auch manchmal schläft. Man lernt, sich von ihm nicht beirren zu lassen. Ach ja - Garantien gibt dir keiner. Immunsysteme sind so verschieden wie die zugehörigen Personen. Viele leben mit den Medikamenten ein ganz normales Leben. Also, mach dich nicht verrückt (ist nicht leicht, weiß ich) und warte nicht immer darauf, dass es vorbei ist. Bei mir tritt die Besserung oft schleichend auf - manchmal merkt man es erst hinterher Gruß, Birte
Hallo Torti.72, diese interessante Frage hatte ich meinem Rheumatologen auch gestellt und der hat mir das so erklärt: Ziel der Behandlung mit Immunsuppressiva und Immunmodulatoren ist es, das weitere Fortschreiten der Erkrankung mit den einhergehenden Schäden an Organen, Gelenken und Geweben zu verlangsamen bzw. im besten Fall auf zu halten. Wenn es bei der Behandlung mit den Medikamenten dazu kommt, dass ich weniger Krankheitsgefühl, Müdigkeit/ Fatique, Fieber, Schmerzen, Morgensteifigkeit o. ä. habe, dann ist das ein Bonus den ich einfach genießen soll. Der Spruch hat mich damals nicht gerade in Begeisterung gehüllt, da ich einfach nicht abschätzen konnte wie das wird. Heute, ein paar Jährchen später kann ich sagen, dass ich damit gut zu recht komme, da ja meine Beschwerden wie z. B. Morgensteifigkeit, Rheumaschmerzen, Fieber usw. in der Zusammenschau mit den Blutwerten zur Kontrolle hergenommen werden, ob meine Medikamente ausreichend wirken. Klar ist es nicht so wie vor der Erkrankung und bisschen was ist immer. Aber wenn es zu dolle ist, wird bei den Medikamenten nach justiert und dann ist es mit ein bisschen Glück auch wieder gut. Ich muss nur immer etwas Geduld aufbringen weil ich halt nicht so oft beim Rheumatologen bin und die Medikamente auch immer etwas Zeit brauchen um ihre Wirkung zu entfalten. Für den Notfall zwischendurch und zum Überbrücken wenn nötig, ist Kortison bei mir sehr hilfreich. Jetzt kann ich natürlich nur von meinen eigenen Erfahrungen berichten und nicht einschätzen wie es bei Dir tatsächlich sein wird. Mit einer Kollagenose, RA, oder einer anderen systemischer Autoimmunerkrankung, glaube ich, ist es unrealistisch dass Du dich nur durch die Medikamente dauerhaft „gesund“ fühlst. Und wenn es nur „erträglich“ ist, sind wahrscheinlich deine Medikamente nicht optimal eingestellt. Irgendwas dazwischen mit gelegentlichen Schwankungen wäre meiner Meinung nach am realistischsten. Die Kunst ist, dann daraus trotzdem ein zufriedenes und erfülltes Leben zu machen. Da gibt es vieles was man für sich zusätzlich zu den Medikamenten tun kann. Ich hoffe Du findest Deinen Weg. LG Murmelmaus
Hallo @Torti.72 Ich bin 55 und lebe seit etwa 17 Jahren mit seroposotiver RA. Es gab in all den Jahren richtig üble Zeiten mit Notaufnahme in einer Rheumaklimik, aber auch lange Phasen, in denen es mir eigentlich ganz gut ging. Es gab sogar kurze Phasen, in denen sich der Körper ein bisschen so anfühlte wie vor Beginn der Erkrankung. Natürlich spielten die allgemeinen Lebensumstände, die Psyche und die jeweilige Medikation dabei immer eine entscheidende Rolle. Von Anfang an geht es in erster Linie darum, die Zerstörung des Bewegungsappatates bestmöglich aufzuhalten und die Belastung der Organe gering zu halten. Wenn das gelingt, ist in der Regel auch die Lebensqualität tendenziell ganz ok. Bei mir gab es mehrjährige Phasen, in denen ich nur wenig eingeschränkt war und mich nahezu "normal" aber nie "gesund" fühlte. Es gab aber genauso Phasen, in denen ich sehr froh war, wenn die Symptome "erträglich" wurden. Positive als auch negative Entwicklungen kamen nie über Nacht, sondern waren meist mehrere Monate andauernde Trends, die eher schleichend fortschritten. Mit der Zeit verliert man ein Stück weit den realistischen Blick auf den "Ist-Zustand". Ich habe es irgendwann akzeptiert, dass es nicht mehr so wird, wie es mal war. Wir haben eine ernste, chronische Autoimunerkrankung. Falls die forschende Pharmaindustrie oder die Genforschung nicht eines Tages noch ein Wundermedikament entwickeln, wird diese Krankheit bleiben und uns begleiten bis zum Schluss und bei den Meisten wird es mit der Zeit nicht besser. Es wird nicht mehr wie vor der Erkrankung. Das Beste, was man erwarten kann ist, dass das Fortschreiten des Verfalls so früh wie möglich und so effizient wie möglich aufgehalten wird. Wenn das dauerhaft gelingt, ist das der Jackpott. Es ist in etwa so, wie im höheren Alter, wo man sich nach und nach von immer mehr Fähigkeiten verabschieden muss und sich Leistungseinbrüche immer mehr einschleichen. Nur beginnt es bei vielen von uns mit Ausbruch der Erkrankung und geht eventuell deutlich schneller als beim "natürlichem Verfall". Daher ist es ganz wichtig als RA-erkrankter Mensch das Fortschreiten des körperlichen aber auch geistigen Abbaus von Anfang an so gut wie möglich zu verhindern. Das klingt in der Theorie erstmal einfach, ist es aber in der Praxis eher nicht. Der Alltag geht ohne Rücksicht einfach weiter und das Umfeld kann mit der Krankheit zumeist auch nur wenig anfangen und nur schlecht damit umgehen. Es wäre aber gut, sein Leben so gut es geht auf die Erkrankung einzustellen. In der Theorie heißt das: eine hervorragend funktionierende Medikation mit möglichst geringen oder ohne Nebenwirkungen, möglichst wenig Stress, gut dosierte körperliche Belastungen, genug Pausen, viel Lebensfreude und Humor, ausreichend Erholung, eine gute und dauerhafte Physiotherapie, ganz wichtig ist nach Möglichkeit täglich mindestens 15 Minuten Sport, Ergotherapie ist auch nicht zu unterschätzen, genügend Tages- bzw. Sonnenlicht und eine gesunde ausgeglichene Ernährung. Wenn es dann noch gelingt ein normales Körpergewicht zu erreichen und zu halten, nicht zu Rauchen und so weit wie möglich auf Alkohol zu verzichten, stehen die Chancen ganz gut, dass man irgendwann die Lebensqualität auf einem einigermaßen stabilen Level halten kann. Ich kam auch noch in den Genuss einer mehrjährigen Psychotherapie, die mir maßgeblich geholfen hat, mich besser auf die sich ändernden Lebensumstände einzustellen. Und ich hatte zwei stationäre Rehas, die mir jeweils sehr gut getan haben. Nach all dem geht es mir seit ca. einem Jahr mal wieder ganz gut. Mein RA-Status liegt wohl irgendwo zwischen "Ich kann zwar Einiges inzwischen nicht mehr, aber Vieles geht trotzdem noch, nur langsamer" und "Ich finde mein Leben trotzdem sehr lebenswert". Ich bin noch voll berufstätig und habe vor, dass auch noch eine Weile zu bleiben. Ich kann oft gut laufen, Tauchen, Radfahren und es reicht noch für mehrstündige Moppedtouren. Auch Haushaltsarbeit geht noch einigermaßen. Trotzdem rechne ich damit in den in den nächsten Monaten zwischen 50 und 70 GdB anerkannt zu bekommen. Der Antrag läuft schon eine Weile. Zusammenfassend kann ich für meinen Krankheitsverlauf sagen, dass ich früher damit hätte beginnen sollen, meinen Alltag besser auf die Erkrankung einzustellen (was nie einfach ist). Auch hätte ich mir von Anfang an psychologische Unterstützung holen sollen (auch nicht leicht). Eine von Anfang an positive Erwartungshaltung gegenüber Medikamenten wäre sicher auch hilfreich gewesen (viel mir anfangs schwer, da wäre psychologische Hilfe sehr gut gewesen). Je mehr man die sich ändernden Lebensumstände akzeptiert und je eher man damit aufhört zu hardern und sich zu bemitleiden und zu hoffen, dass alles wieder wird wie es mal war und stattdessen anfängt den Hintern hoch zu bekommen und mit positiver Energie dagegen zu halten, umso effektiver kann man die negativen Auswirkungen der Erkrankung eingrenzen (war ein langer und harter Weg der Erkentniss). Das kostet viel Kraft und Energie, die man nicht immer so aufbringen kann wie es notwendig wäre. Gesund werden wir bei gesicherter Diagnose wohl leider nicht mehr. Das Leben bleibt aber trotzdem lebenswert! Liebe Grüße und gute Besserung wünscht Manoul
Guten Morgen zusammen, ein dickes Dankeschön für die ausführlichen und sehr hilfreichen Antworten. Ihr habt mir in der Tat sehr damit geholfen. Liebe Grüße, Thorsten
Lieber @Torti.72 , auch von mir ein herzliches Willkommen hier bei RO..... Besser, als es @Murmelmaus und vor allem @Manoul beschrieben haben, geht nicht.....Hab ein Tränchen im Auge und kann das genau so unterschreiben. Mit dieser Diagnose und den Medikamenten ändert sich das Leben , das man kannte. Aber man kann viel für sich tun und wirklich achtsam mit sich umgehen. Ich wünsche Dir alles Gute auf deinem Weg und grüße dich ganz lieb...... Aida
Hallo Torti, ich möchte dich auch herzlich willkommen heißen bei uns. Ich stimme meinen Vorschreiben voll zu. Mich hat es damals auch sehr belastet, dass ich mit 53 Jahren nicht mehr arbeitsfähig war. Ich habe darunter gelitten, die Arbeit verloren zu haben. Es ging mir so schlecht, dass ich Jahrelang eine Psychotherapie bekommen habe. Schlimm waren auch die doof Bemerkungen der Menschen im Freundeskreis und Familie. Man hat es mir nicht angesehen, dass ich krank bin. Ich nehme von Anfang an ein Basismedikament, Cortison und Schmerzmittel. Ohne dies hat Es nicht funktioniert. Mein Leben hat sich total verändert. Ich komme damit zurecht. Es war ein langer Weg bis dahin. Mir wurde es auch noch schwer gemacht, weil ich seronegativ bin. Dazu kam noch, dass mein Rheumatologe stur und fest behauptete, dass ich es nur in den Händen habe. Obwohl nach jeder OP gesagt wurde, sie haben da auch Rheuma. LG Adolina
Ein liebes Hallo, ich bin echt tief gerührt von den bewegenden Geschichten und Erfahrungen, die ihr machen musstet. Es gibt mir Mut, dass ich irgendwann die Krankheit nehme wie sie ist. Heute habe ich wieder geschwollene Hände, meine Füße tuen weh, ich fühle mich komplett steif und habe Gedächtnisprobleme. Aber Aufgeben kommt nicht in Frage, ich habe Mut geschöpft, habe mir einiges vorgenommen was ich selber noch für ein besseres Lebensgefühl und gegen die Krankheit tuen möchte und schaue erstmal optimistisch in die Zukunft. Liebe Grüße, Thorsten
Hallo Torti, du bist mit dieser Einstellung auf dem richtigen Weg. Meine Hände waren auch geschwollen, ich hatte kleine Hügel. Mir hat MTX und Prednisolon geholfen. LG Adolina
Und sportliche Bewegung, am besten gleich morgens .... ähm ... jeden morgen. Klingt grausam, ist es auch, aber es hilft wirklich sehr. Ich gehe morgens erst schön heiss duschen (hab echt Angst vor der Gasrechnung), damit die erste Steifigkeit schon mal aus den Gelenken ist. Dann kommt 5 Minuten Muskeltraining mit dem Terraband, 5 Minuten Stretch- Balance- und Dehnübungen, 2-3 Minunten Rückentraining und 5 Minuten progressive Muskelentspannung. Danach ist die Steifigkeit einigermaßen weg und ich kann in den Tag starten. Muss nicht bei jedem so funktionirten, aber bei mir klappt das recht gut, auch wenn der Schweinehund jeden Tag sehr groß ist. Damit das morgens gut klappt, nehme ich vor dem Einschlafen 2 mg Lodotra (langsam wirkendes Prednisolon). Damit ist die Steifigkeit morgens schon nicht mehr ganz so heftig. Liebe Grüße und gut Besserung mit Bewegung wünscht Manoul
@Torti.72 Gegen die Müdigkeit, Erschöpfung und Vergesslichkeit haben mir Vitaminkuren geholfen. Wegen dem Kortison ist vor allem Vitamin D sehr wichtig. Einerseits zur Osteoporosevorbeugung, andrerseits gegen die Müdigkeit. Um aus dem Tief heraus zu kommen habe ich mir auch mal eine Weile Vitasprint gegönnt, das hat gut geholfen, ist aber nichts für auf die Dauer. Ausreichend Zeit draußen im Tageslicht bringt auch sehr viel um die Erschöpfung los zu werden. Ist im Winter nicht so einfach, aber ich mache ganz bewusst Sonnenbäder, wenn es sich ermöglichen lässt. Täglich 15 bis 20 Minuten in der Sonne mit möglichst viel Haut am Licht und die Erschöpfung lässt deutlich nach. Jetzt im Winter geht das leider kaum, aber Bewegung, z. B. Spazieren gehen im Tageslicht hilft auch schon ganz gut. Ich bin jetzt echt nicht so ein Fitnessguru, eher im Gegenteil, und aller Anfang ist schwer, aber es hilft ja nix, wir müssen was machen um die Lebensqualität zu erhalten und die Leistungsfähigkeit zu verbessern bzw. wiederzuerlangen. Also raus ins Tageslicht 15 Minuten um den Block latschen und gucken wie die Weihnachtsbäume bei den Nachbarn aussehen. Nach ein paar Tagen merkt man wie man langsam wieder Energie bekommt auch wenn die Füße noch mehr weh tun als sonst. LG Manoul Edit = Toppfehler
Moin und ein frohes neues Jahr, das sind echt ne Menge guter Tipps. Vielen lieben Dank dafür. Ich werde davon mal einige in meinen Alltag einbauen und schauen ob sie mir auch helfen Liebe Grüße, Thorsten